Stunde der Präsident(inn)en, die zweite: Vor fast auf den Tag genau zwei Monaten
berichtete der Perlentaucher vom, wie man so sagt, "kometenhaften" Aufstieg der chilenischen Verteidigungsministerin
Michelle Bachelet (s. a.
hier) zur "Top-Anwärterin" auf das Präsidentenamt. Dieser Trend scheint sich fortzusetzen, was jedoch nicht nur zu Irritationen beim Konkurrenten von der chilenischen Rechten,
Joaquin Lavin, führt, sondern mindestens so sehr bei der regierungskoalitionsinternen Hauptrivalin, der derzeitigen chilenischen Kanzlerin
Soledad Alvear: Alvear soll nun nach dem Willen ihrer Berater versuchen "
mas natural" und "
menos estructurada"
aufzutreten, um das "
fenomeno Bachelet" auszubremsen,
berichtet die neueste Ausgabe von
Reportajes, der Wochenendbeilage der chilenischen Tageszeitung
La Tercera (Zugang nach kostenloser Registrierung).
Vielleicht hätte
Jose Maria Aznar seinerseits versuchen sollen, "mit
mehr Natürlichkeit und weniger strukturiert" aufzutreten, um das Debakel der von ihm geführten Regierung zu verhindern. Im
Interview mit Juan Pedro Valentin zeigt er sich in dieser Hinsicht wenig lernfähig: "Tragen Sie die
Schuld an der Wahlniederlage? - Ich habe mich nicht zur Wahl gestellt, aber ich gehöre zum Partido Popular, deshalb sind wir alle verantwortlich. Man bedarf eines gewissen Abstandes, um zu analysieren, warum es zu diesem Ergebnis gekommen ist. Auf jeden Fall bin ich dankbar dafür, dass neun Millionen sechshunderttausend Spanier uns ihre Stimme anvertraut haben."
Ebenfalls in Reportajes zeichnet
Alvaro "neoliberalisimo" Vargas Llosa, der
Sohn Mario Vargas Llosas, der unmittelbar vor der spanischen Wahl sich eine Niederlage Aznars weder vorstellen konnte noch wollte (s. dazu
hier), ein überaus negatives
Bild des derzeitigen
argentinischen Präsidenten Nestor Kirchner. Im Gegensatz zu den vielen lobenden Kommentaren, die Kirchners Politik weltweit erfährt, stört sich der studierte Historiker Vargas Llosa insbesondere an Kirchners
Attacken auf den früheren argentinischen Präsidenten
Carlos Menem: "Jemand sollte dem argentinischen Regierungschef klar machen, dass die Aufgabe politischer Führer darin besteht, ihre Länder voranzubringen, während die Historiker (und, falls nötig, die Gerichte) sich damit beschäftigen, über die Vergangenheit zu urteilen."
Allerdings hat sich eben dieser Carlos Menem
nach Chile geflüchtet, wo inzwischen ein Streit darüber ausgebrochen ist, ob er nach Argentinien ausgeliefert oder aber ihm politisches Asyl gewährt werden solle. Der (noch)
Präsident Chiles Ricardo Lagos versucht in dieser Situation die Quadratur des Kreises,
berichtet Vanessa Azocar: "Weder den Bestrebungen der Regierung von Nestor Kirchner
nachgeben und Menem nach Argentinien zurückschicken, noch Kirchner
offen herausfordern, indem man einem Asylersuchen des argentinischen Expräsidenten nachkommt." Was aber dann? Präsident werden ist schwer, Präsident sein noch mehr, am schwersten ist allerdings ganz offensichtlich, Präsident gewesen zu sein.