Magazinrundschau - Archiv

The Nation

162 Presseschau-Absätze - Seite 6 von 17

Magazinrundschau vom 07.07.2015 - The Nation

Was fasziniert junge muslimische Frauen so sehr an religiösen Extremisten? Dieser Frage geht Rafia Zakaria in einer Reportage an einem Beispiel aus Pakistan nach. Die 26jährige Uzma Qayyum schloss sich den Islamisten der Roten Moschee und der Koranschule Jamia Hafsa in Islamabad an. Daraufhin zog ihr Vater vor Gericht: "Uzma Qayyums Fall enthüllt die berauschende Mischung aus Ermächtigung, Flucht und militanten Zielen, die die Frauenkader extremistischer Gruppen jungen Mädchen aus der ganzen Welt bieten. Die Ironien in diesem Fall sind bemerkenswert. Auf der einen Seite Uzma Qayyum, eine unverheiratete muslimische Frau, und Jamia Hafsa, ein militant religiöses Seminar, die zusammen für das Recht junger Frauen eintreten, ihrer Berufung zu folgen. Auf der anderen Seite stehen Uzmas Vater und seine jungen Anwälte die argumentieren, dass das Gericht nach dem pakistanischen Gesetz die unverheiratete Frau in die Obhut ihres Vaters zurückgeben muss. Denn dieser sei nach islamischem Recht ihr legaler Vormund."

Außerdem: Barry Schwabsky sucht auf der Biennale von Venedig nach Inseln der Bedeutung. Michael Saler liest Yuval Noah Hararis etwa 400 Seiten starke, 70.000 Jahre umspannende Menschheitsgeschichte "Sapiens. A Brief History of Humankind" als Beispiel für einen neuen Trend zur "Deep History".

Magazinrundschau vom 23.06.2015 - The Nation

Doch, es lohnt sich über die Zeiten des Terrorismus und der linksextremen Gewalt in den USA um 1970 nachzudenken, findet Rick Perlstein in einer Besprechung des Buchs "Days of Rage" (Auszug) von Bryan Burrough, und zwar vor allem wegen des Umfelds der Sympathisanten, die sie möglich machten. Und das waren stets ähnlich bleiche weiße Jungs wie die Terroristen, alle auf der Suche nach dem historischen Subjekt: "Manche fingen an, Amerikas Gefängnisse nicht mehr als ein Randphänomen im Land der Freien anzusehen, sondern als seine bloße Essenz. Pionier dieser Idee war Eldridge Cleaver, schreibt Burroughs, der argumentierte, dass die "am schärfsten Unterdrückten, die schwarzen Gefängnisinsassen und Gang-Mitglieder, die natürlichsten Revolutionäre seien, eine Idee die allen weißen Radikalen auf der Suche nach schwarzer Echtheit sehr gut gefiel."

Magazinrundschau vom 09.06.2015 - The Nation

Vivian Gornick hat für The Nation ein großes Porträt des 1913 in Brooklyn geborenen Dichters Delmore Schwartz verfasst. Schwartz war der Sohn rumänischer Immigranten, die mehr Yiddisch als Englisch sprachen. Die englische Sprache war sein Traum, so Gornick. Schwartz "ist für die jüdisch-amerikanische Literatur, was Richard Wright für die afroamerikanische Literatur ist. Er ist ein Autor ohne den, einer, dessen Werk die Brücke konstituiert zwischen der Literatur der Immigranten und dem, was wir heute für authentische jüdisch-amerikanische Literatur halten. Als solches ist sein Werk so bewegend wie instruktiv. Es verkörpert den Schritt, den an den Rand gedrängte Menschen notwendig machen müssen, um kulturelle Gleichheit zu erreichen. Den Schritt, der erfordert, dass sie auf höchstem Level imitieren, während gleichzeitig ihr eigenes heimatliches Material die konventionellen Regeln des Spiels unterwandert. [...] Wenn er mit seinen Freunden in einem Café in Greenwich Village plauderte, war er, wo er herkam, auf dem Papier war er, wo er hinwollte."

Hier findet man einige Gedichte von Schwartz. Und hier kann man ihn lesen hören:


Magazinrundschau vom 26.05.2015 - The Nation

In The Nation wundert sich Bob Dreyfuss über die harsche Kritik amerikanischer Journalisten an Seymour Hershs Artikel in der London Review. Hersh hatte die Version der amerikanischen Regierung zur Ergreifung und Tötung Osama bin Ladens als Propagandamärchen beschrieben. Tatsächlich seien die Amerikaner von einem pakistanischen Überläufer über den Aufenthaltsort bin Ladens informiert worden und hätten den Mann dann mit Einverständnis des pakistanischen Geheimdienstes ISI exekutiert. "Die Reaktion der Mainstream-Medien auf Hershs Scoop war vorhersehbar: Ungläubigkeit. Viele warfen ihm vor, seine Quellen nicht genannt zu haben - obwohl in Fällen von Spionage und Betrug die wenigsten Quellen genannt werden wollen - und eine Konspirationstheorie zusammengebraut zu haben. Nur wenige fühlten sich in diesem Urteil gestört von der Tatsache, dass Hersh seit fast 50 Jahren Regierungsverbrechen und -korruption aufdeckt. ... Ist Hershs Reportage also akkurat? Ich glaube sie ist es. Wie auch immer: der Maßstab für eine solche Einschätzung kann nicht in der Meinung von Bloggern, Kritikern und Medienbeobachtern begründet liegen, er kann nur von harten Nachrecherchen von Reportern geliefert werden, die Erfahrung haben mit Südasien und der trüben Welt der Geheimdienste."

Magazinrundschau vom 28.04.2015 - The Nation

Warum gewinnen schwule Männer den Kampf für die gleichgeschlechtliche Ehe, während Frauen die Kampf um ihre Rechte - insbesondere das Recht auf Abtreibung - verlieren, fragt Katha Pollitt in The Nation. Ihre bittere Antwort: "Gleichgeschlechtliche Ehen sind etwas, das Männer wollen. Lesbische Paare gehen zwar die Mehrzahl der gleichgeschlechtlichen Ehen ein, aber selbst der umgangssprachliche Begriff "Schwulenehe" definiert sie als männliches Anliegen. Das macht sie für jedermann interessant, denn alles Männliche ist von allgemeinem Interesse. ... Bei Reproduktionsrechten geht es dagegen unvermeidlich um Frauen. Die allgegenwärtige Misogynie führt nicht nur dazu, dass diese Rechte stigmatisiert werden - zusammen mit den Frauen, die sie ausüben - sondern auch, dass Männer sie nicht als wichtig erachten, während Frauen nur begrenzte Macht haben, sie voranzutreiben. Selbst diese Macht ist leicht gefährdet, wenn sie sich mit mehr als nur der kraftlosesten Form des Feminismus identifiziert."

Und nicht nur das, Frauen arbeiten oft genug auch gegeneinander, wie man in der Debatte um diesen und einen zweiten Text sehen kann, in der Pollitt von Vertreterinnen von Transgender-Gruppen kritisiert wurde, weil sie von "Frauen" sprach, nicht von "Menschen". Als würde die Abschaffung des Wortes "Frauen" das Abtreibungsproblem lösen.

Magazinrundschau vom 12.05.2015 - The Nation

Amerikanische Bibliothekare haben nicht nur eine glorreiche Vergangenheit als mutige Kämpfer für die Meinungsfreiheit, sie stehen auch heute, im Zeitalter der staatlichen Massenüberwachung, ganz vorne, erzählt Zoë Carpenter. Unter dem Patriot Act kann das FBI nämlich nicht nur nachfragen, welche Bücher jemand ausgeliehen hat, sondern auch alle Spuren abfangen, die ein bestimmter Nutzer auf einem der Bibliothekscomputer hinterlassen hat. "Amy Sonnie, eine Bibliothekarin und Aktivistin aus Oakland, erzählte mir, dass es eine Debatte innerhalb der Zunft gibt, ob das Bibliothekswesen politisch neutral ist oder sein sollte. "Ich kann und sollte ein Anwalt sein, wenn es um die Bedingungen geht, unter denen wir unseren Beruf ausüben, und Privatspäre ist ein solches Thema, sagt sie. Für Sonnie und ihre Kollegin Alison Marcina ist Privatsphäre nicht nur ein Bestandteil intellektueller Freiheit, sondern auch der sozialen Gerechtigkeit. "Wir dienen Mitgliedern der Gemeinden, die historisch gesehen unter größerer Überwachung stehen als der Rest der Gesellschaft: Immigranten, amerikanische Muslime, Schwarze, politische Dissidenten", sagt Macrina."

Magazinrundschau vom 17.03.2015 - The Nation

The Nation übersetzt einen Artikel Stéphane Delormes aus den Cahiers du Cinéma, der auf einen traurig-ironischen Aspekt der Pariser Massaker hinweist: "In einer Zeit mit moribunder Presse, in der auch Charlie in den Abgrund starrte, sind die Terroristen die letzten, die ihr solche Bedeutung zumessen. Es ist fast beängstigend paradox: Prophetenbilder finden sich überall im Internet, aber nur im Print zählen sie als Blasphemie. Islamische Terroristen, die sich auf eine Buch-Religion beziehen, mögen die letzten sein, die an die Macht der Presse glauben."

Außerdem in The Nation: Thomas Meaney liest neue Bücher Francis Fukuyamas und John Dunns über die chinesische Herausforderung.

Magazinrundschau vom 03.03.2015 - The Nation

J. Hoberman, einer der Veteranen der amerikanischen Filmkritik, meditiert klug und kenntnisreich über einen Band mit Vorlesungen, die Jean-Luc Godard 1978 an der Concordia-Universität von Montreal hielt - einem Auszug aus seinem unendlichen Selbstgespräch mit dem Publikum, wie immer voller messerscharfer Sentenzen und dahingesagter Perfidien. Hoberman sieht sich auch Godards neusten Film "Adieu au langage" (Trailer) an, und er kommt zu einem Schluss, der Godards Kino sehr gut beschreibt: "Godards Grundidee, die ihn von André Bazin unterscheidet und in der Tradition Eisensteins positioniert, ist, dass Kino (das er einmal als "Malerei, die sich wie Musik konstruieren lässt" beschreibt) auf Kontrasten basiert, auf der Konkurrenz von einer Einstellung, einem Sound zu einem anderen, vor allem aus einem Gegenüber von Dingen, die antithetisch erscheinen mögen: "Schnitt ist anders und allein dem Kino eigen." Das Medium wird durch die Montage definiert, einem Begriff, der im Französischen "zusammenbauen" oder "verbinden" bedeutet. Das ist der Sinn des Titels "One plus One", den er seinem Rolling-Stones-Film gab und den sein Produzent in "Sympathy for the Devil" umtitelte."

Magazinrundschau vom 17.02.2015 - The Nation

Der 1979 geborene Dichter und Schriftsteller Ben Lerner gilt nach zwei Romanen als der neue junge Romancier, der unsere Zeit erfasst. Jon Baskin ist leicht überrascht. Ihm erscheinen die Protagonisten in beiden Romanen als bemerkenswert selbstbesessene, an anderen nur vage interessierte Figuren. "Dass beide Bücher aus einer so begrenzten und partiellen Perspektive aus geschrieben sind muss nicht notwendig gegen sie sprechen. Seit dem Modernismus wissen wir, dass literarische Meisterwerke gänzlich aus dem Gespräch eines Protagonisten mit sich selbst bestehen können. Betrachtet man jedoch den allgemeinen Konsens, dass Lerners Roman etwas über unser gegenwärtiges literarisches Klima aussagen, ist es interessant zu analysieren, worauf das hindeutet." Was Baskin dann auch in aller Ausführlichkeit tut.

Magazinrundschau vom 23.12.2014 - The Nation

Der Historiker Piotr H. Kosicki feiert Polens junge Intelligenzija, die der polnischen Geschichte ein besseres Denkmal setzt als all die neuen historischen Museen, die an die Solidarność oder den Warschauer Aufstand erinnern. Und die sich besonders in den neuen Zeitschriften findet: "Krytyka Polityczna stellt den Versuch dar, das Erbe der alten Dissidenten so gut wie möglich zu bewahren, und zugleich nationale polnische Traditionen mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden - ohne Fremdenfeindlichkeit, Klerikalismus und politischen Illiberalismus. Das Programm der Krytyka Polityczna unterstreicht die Schwierigkeit, über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg uniforme politische Begriffe wie Links und Rechts anzuwenden. In Polen muss "links" nicht Antinationalismus implizieren, während "rechts" nicht das Eintreten für soziale Gerechtigkeit ausschließt. Ganz im Gegenteil: Links und Rechts konkurrieren in ihrem wohlfahrtsstaatlichen Engagement. Ebenso faszinierend ist die Nähe der jungen Aktivisten von Krytyka Polityczna und Polens zu den selbsterklärten jungen Liberalen um die Zeitschrift Kultura Liberalna."

Tim Weiner macht für die Folterpraktiken der CIA vor allem den Kongress verantwortlich, der sich mit dem 11. September von allen Kontrollaufgaben verabschiedet hat: "Der Präsident war ein Schurke, und der Kongress hat nicht den Mut aufgebracht, ihn für die geheimen Operationen zu verurteilen, nicht einmal für die eindeutig illegalen. Es war nicht so, dass CIA-Beamte in Afghanistan am Lagerfeuer saßen und einer sagte: "Hey, ich habe eine prima Idee. Lasst uns die Jungs foltern!" Nein, das waren der Präsident, der Vizepräsident, ihre Anwälte und die smarten CIA-Chefs, die - allzeitbereit! - ihre Befehle ausführten."