Magazinrundschau
Der Mann zeigte mir seine Liebe
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
18.01.2011. In The Nation singt Roberto Bolano das Lied vom Leiden des Exils nicht mit. Czeslaw Milosz litt laut Polityka gerade an der Schönheit des Exils. Al Ahram verirrt sich in einen literarischen Workshop mit Ingenieuren. In The Morning News erinnert sich Tyler Stoddard Smith daran, wie er als Neunjähriger Allen Ginsberg erschoss. In Le Monde wirft Antonio Tabucchi BHL und Fred Vargas Verachtung der italienischen Justiz vor. Prospect erklärt den Architekten der chinesischen Firewall, Jiang Zemin, zu einem Mann der Zukunft. Newsweek feiert die tunesischen Blogger. Die NYT versucht eine fliegende Kuh vorauszusehen.
The Nation | Guardian | Le Monde | Chronicle | Elet es Irodalom | Babelia | Prospect | Tehelka | London Review of Books | Newsweek | Polityka | Open Democracy | New York Times | New Statesman | Al Ahram Weekly | Slate | Magyar Narancs | Morning News | Eurozine
The Nation (USA), 31.01.2011
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q25/A29776/nation.jpg)
Alexandra Schwartz hat Nicole Krauss' neuesten Roman "The Great House" ("Das große Haus") mit wenig Begeisterung gelesen: "Wo ist der Humor?" Greg Mitchell listet noch einmal detailliert auf, welche Erkenntnisse wir WikiLeaks verdanken: über die saudischen Finanziers des Terrors, Korruption bei Boeing oder Papst Benedikts Widerstand gegen die Untersuchung von Kindesmissbrauch.
Polityka (Polen), 14.01.2011
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New Statesman (UK), 13.01.2011
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q28/A29771/newstatesman.jpg)
Al Ahram Weekly (Ägypten), 13.01.2011
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q73/A29781/ahram.jpg)
Angesichts des Terroranschlags auf die koptische Kirche in Alexandria beklagt Khalil El-Anani die religiöse Bigotterie auf allen Seiten (auch wenn kein Terroranschlag von Kopten auf Moscheen bekannt ist) und sieht den Staat in der Pflicht: "Statt politische Institutionen zu stärken, statt Parteien zu ermutigen und zivilgesellschaftliche Bewegungen zuzulassen, hat der Staat sie zurückgewiesen und in den Schlamm gezerrt. Die einzigen, die sich halten konnten, waren die traditionellen Strukturen der Kirchen und Moscheen, deren Macht nun beispiellos ist. Als Ergebnis sehen wir jetzt die primitivsten Formen religiöser Diskurse erblühen."
Slate (USA), 15.01.2011
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q74/A29779/slate.jpg)
Außerdem: Simon Doonan ruft ein hipp-hipp-hurra auf "gals currently sporting sequins, satins, and lame during the day" im allgemeinen und Alber Elbaz im besonderen.
Magyar Narancs (Ungarn), 06.01.2011
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Morning News (USA), 05.01.2011
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Eurozine (Österreich), 10.01.2011
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q196/A29784/eurozine.jpg)
Guardian (UK), 15.01.2011
Kapka Kassabova empfiehlt den britischen Lesern German Sadulajews Roman "Ich bin Tschetschene": "Dies ist das erste Buch eines tschetschenischen Autors, das es geschafft hat, in der jüngeren Vergangenheit ins Englische übersetzt zu werden. Und es ist ein willkommenes Antidot gegen unsere kollektive Ignoranz." (Bei uns hatte man an diesem Antidot kein Interesse: Der 2009 auf Deutsch erschienene Roman ist nur einmal besprochen worden - von der kosmopolitischen NZZ.)
In einem sehr schönen Artikel über die Filme von Howard Hawks beschreibt David Bromwich, wie der amerikanische Regisseur kleinere Dreh-Unfälle - wie ein abgebrochener Absatz Katherine Hepburns oder ein versehentlicher Purzelbaum James Cagneys - zu nutzen und in die Handlung zu integrieren wusste. "Hawks hat nie versucht, jede Bewegung anzuweisen. Er war die Art Regisseur, in dessen Gegenwart solche Dinge passierten."
Weitere Artikel: Zu Kafkas Geburtstag hat John Banville noch einmal "Der Prozess" gelesen und schließt sich der Meinung Elias Canettis über den Ursprung des Romans an: "'Der Prozess ... zwischen ihm und Felice ... verwandelte sich in diesen anderen Prozess ...'" Amerikanische Schriftsteller schreiben am liebsten über einsame Farmer, die fast abgeschnitten von der Welt leben. Mit Fernsehen und Internet wollen sie nicht belästigt werden, spottet Laura Miller in einem Essay über die amerikanische Gegenwartsliteratur. Bloß keine Gegenwart! Inzwischen gibt es aber Autoren, die sich durchaus mit dem Internet beschäftigen - Jonathan Lethem, Jess Walter, Nick Laird, Jonathan Franzen, Gary Shteyngart, Jennifer Egan -, die sie näher betrachtet. Besprochen werden u.a. Philip Mansels Geschichte der Städte Alexandria, Beirut und Izmir (Smyrna): "Levant: Splendour and Catastrophe on the Mediterranean".
In einem sehr schönen Artikel über die Filme von Howard Hawks beschreibt David Bromwich, wie der amerikanische Regisseur kleinere Dreh-Unfälle - wie ein abgebrochener Absatz Katherine Hepburns oder ein versehentlicher Purzelbaum James Cagneys - zu nutzen und in die Handlung zu integrieren wusste. "Hawks hat nie versucht, jede Bewegung anzuweisen. Er war die Art Regisseur, in dessen Gegenwart solche Dinge passierten."
Weitere Artikel: Zu Kafkas Geburtstag hat John Banville noch einmal "Der Prozess" gelesen und schließt sich der Meinung Elias Canettis über den Ursprung des Romans an: "'Der Prozess ... zwischen ihm und Felice ... verwandelte sich in diesen anderen Prozess ...'" Amerikanische Schriftsteller schreiben am liebsten über einsame Farmer, die fast abgeschnitten von der Welt leben. Mit Fernsehen und Internet wollen sie nicht belästigt werden, spottet Laura Miller in einem Essay über die amerikanische Gegenwartsliteratur. Bloß keine Gegenwart! Inzwischen gibt es aber Autoren, die sich durchaus mit dem Internet beschäftigen - Jonathan Lethem, Jess Walter, Nick Laird, Jonathan Franzen, Gary Shteyngart, Jennifer Egan -, die sie näher betrachtet. Besprochen werden u.a. Philip Mansels Geschichte der Städte Alexandria, Beirut und Izmir (Smyrna): "Levant: Splendour and Catastrophe on the Mediterranean".
Le Monde (Frankreich), 15.01.2011
Cesare Battisti ist schuldig, schreibt der italienische Schriftsteller Antonio Tabucchi und verteidigt die italienische Justiz gegen ihre Kritiker. Französischen Intellektuellen wie Bernard-Henri Levy, Fred Vargas oder Philippe Sollers, die den italienischen Linksterroristen immer wieder verteidigt und gegen seine Auslieferung nach Italien Front gemacht haben, wirft Tabucchi Arroganz und Ahnungslosigkeit vor: "Sie wissen nicht, welch wertvolle Dienste Richter für die Demokratie und die italienische Verfassung geleistet haben. Sie wissen nicht, dass die Gerichte zahlreiche Mafiosi, Terroristen und korrupte Politiker hinter Gitter gebracht haben. Und sie wissen nicht, dass viele Richter dafür mit ihrem Leben bezahlt haben. Und ganz offensichtlich wissen sie nicht, dass Berlusconi schon bei seinem Amtsantritt den Richterstand als 'ein zu entfernendes Krebsgeschwür' bezeichnet hat. Von seiner Warte aus gesehen, ist das tatsächlich eine Gefahr, denn der Richterstand in Italien ist unabhängig, und unterliegt nicht der Aufsicht des Justiziministers, wie das in Frankreich der Fall ist."
Zu lesen ist außerdem ein Beitrag, in dem der Schriftsteller Yannik Haenel die literarische Vermischung von Realität und Fiktion verteidigt.
Zu lesen ist außerdem ein Beitrag, in dem der Schriftsteller Yannik Haenel die literarische Vermischung von Realität und Fiktion verteidigt.
Chronicle (USA), 17.01.2011
Eines Tages verliebte sich Sherry Turkle vom MIT in einen Roboter namens Cog. Aber ihr wissenschaftlich geschultes Hirn sagte ihr sofort: Quark, berichtet Jeffrey R. Young, und sie forschte 15 Jahre diesem Gefühl hinterher: "Ihre Vorhersage: Firmen werden bald Roboter verkaufen, die Kinder hüten, Krankenschwestern ersetzen und behinderte Menschen mit Gefährten versorgen. Turkle findet das alles erniedrigend, 'übergriffig', und verheerend für unseren Sinn für Menschlichkeit. Sie hat nichts gegen Roboter als Helfer - Autos bauen, Korridore saugen, kranke Menschen baden, das ist eine Sache. Sie fürchtet Roboter, die Kumpel sein wollen, die indirekt eine emotionale Verbindung suggerieren, die sie nie aufbauen können." [Hüstel, der erste Roboter, in den wir uns verknallt haben, war Kismet, Anm. puterroter Perlentaucher]
Elet es Irodalom (Ungarn), 14.01.2011
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Babelia (Spanien), 15.01.2011
Woran denken Politiker? Was sollen sie bedenken? Von einer öffentlichen Diskussion in Paris über diese Frage berichtet der spanische Soziologe Daniel Innerarity. Neben Innerarity auf dem Podium saßen Anthony Giddens, die Philosophin Myriam Revault d'Alonnes und Daniel Cohn-Bendit. Während Letzterer frotzelte, die Politiker dächten weniger an die Zukunft der Bevölkerung als an ihre eigene Zukunft, plädiert Innerarity für einen neuen, zeitgemäßen Blick aufs Politische. Der Expertenblick muss entzaubert werden, ohne dass man auf ihn verzichtet, meint er: "Zudem kommt heute wieder eine politische Tugend ins Spiel, die die ideologischen Gewissheiten lange Zeit hatten überflüssig erscheinen lassen: die Bescheidenheit. Die Gesellschaft muss wieder damit umgehen lernen, dass man Vieles eben nicht so genau weiß. Das macht die politische Arbeit heute so unbefriedigend: Mit all den Einschränkungen der Gegenwart zurechtkommen und Entscheidungen ständig mit anderen abstimmen zu müssen, hat längst nicht den Sex-Appeal souveräner Machtausübung früherer Zeiten."
Prospect (UK), 15.12.2010
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Tehelka (Indien), 22.01.2011
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London Review of Books (UK), 20.01.2011
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Weitere Artikel: Über das Staats-, Geheimnis- und Machtverständnis von WikiLeaks und Folgen für die Öffentlichkeit denkt Slavoj Zizek nach: "Wir können jetzt nicht mehr so tun, als wüssten wir nicht all das, von dem jeder wusste, dass wir es wissen." Ob das gut ist, ist freilich, so Zizek, eine andere Frage. Iain Sinclair schildert, wie Londons Bürgermeister Boris Johnson nach Pariser Vorbild die Fahrräder nach London brachte. Jenny Diski fragt sich, was der Nutzen des neuen Google-Spielzeugs ngram-Viewer sein könnte. Peter Campbell besucht eine Norman-Rockwell-Ausstellung in der Dulwich Picture Gallery und Brian Dillon eine Ausstellung mit Fotografien von Francesca Woodman in der Galerie Victoria Miro.
Newsweek (USA), 15.01.2011
Mike Giglio besingt die tunesischen Blogger, die es mit einer staatlichen Zensur aufgenommen haben, die gleich hinter der von China und Iran rangiert: "Die Aktivistin und Bloggerin Lina Ben Mhenni zum Beispiel, begann, durch das Land zu reisen, um auf Fotos und Videos Proteste aufzunehmen und die Menschen, die, wie sie sagt, bei den Niederschlagungen getötet wurden. 'Es gibt keine Journalisten, die das tun. Die offiziellen Medien haben sogar noch angefangen, Lügen über die Ereignisse zu verbreiten', sagt Ben Mhenni und fügt hinzu, dass sie sich entschieden hat, unter ihrem wirklichen Namen zu bloggen. 'Selbst wenn man ein Pseudonym benutzt, finden sie einen', meint sie. Man kann anderen ein Beispiel geben. Sie sagen dann: Seht, sie hat keine Angst.'"
Weiteres: Daniel Lyons erklärt Rupert Murdoch neue Online-Strategie: "Worauf es ankommt, ist Knappheit. Im Netz gibt es keine." Und Dan Ephron stellt den israelisch-palästinensischen Schriftsteller Sayed Kashua vor, der es schafft, mit seinen Haaretz-Kolumnen und Romanen Israelis und Palästinenser gleichermaßen gegen sich aufzubringen.
Weiteres: Daniel Lyons erklärt Rupert Murdoch neue Online-Strategie: "Worauf es ankommt, ist Knappheit. Im Netz gibt es keine." Und Dan Ephron stellt den israelisch-palästinensischen Schriftsteller Sayed Kashua vor, der es schafft, mit seinen Haaretz-Kolumnen und Romanen Israelis und Palästinenser gleichermaßen gegen sich aufzubringen.
Open Democracy (UK), 17.01.2011
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q155/A29777/opendemocracy.jpg)
New York Times (USA), 16.01.2011
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q12/A29774/nyt.jpg)
Außerdem: In der Titelgeschichte fragt Paul Krugman, ob die europäischen Demokratien die gemeinsame Währung retten werden oder das europäische Projekt sterben lassen. Steven Erlanger beschreibt das sehr komplizierte Verhältnis zwischen Nicolas Sarkozy und Angela Merkel und endet mit einer Prognose des ehemaligen amerikanischen Botschafters in Berlin, John Kornblum: Der "sieht die Vereinigten Staaten als Vorbild für Deutschland - wegen ihrer Fähigkeit, Europa nach dem Krieg zusammenzuhalten, bei Meinungsverschiedenheiten zu vermitteln und Kompromisse zu finden. 'Die Deutschen verstehen das noch nicht', sagt er. 'Aber sie werden die Rolle der Vereinigten Staaten in Europa und die ausgleichende Rolle, die wir lange Zeit hatten, übernehmen müssen.' In dem Moment wird Deutschlands Ehe mit Frankreich nicht mehr eine so große Rolle spielen."
In der Sunday Book Review versucht Ian Buruma den Übertreibung von Michel Houellebecq und Bernard-Henri Levy in "Volksfeinde" etwas Komisches abzugewinnen, schafft es aber nicht: "As the people Houellebecq has always supported like to say: 'Oy vey!'" Jessica Kerwin Jenkins stellt eine Geschichte von Chanels No. 5 vor. Und Francine Prose bespricht Colm Toibins Roman "The Empty Family".
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