Magazinrundschau
Kalt, intellektuell, straffes Haar
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
08.01.2008. In Outlook India fühlt sich Taslima Nasrin wie eine lebende Tote. Die New York Review of Books stellt ein Irak-Blog vor. Die Gazeta Wyborcza hat eine zündende Idee für den Warschauer Kulturpalast. Der New Yorker erklärt die Besonderheit von Larry Page und Sergey Brin. Plus-Minus bewundert den Umgang der Schweden mit ausländischen Kulturgütern. Der Guardian stellt die Bibliotheraphie vor. In der Weltwoche erklärt General David H. Petraeus die Antiraucher-Strategie von Al Qaida. Die New York Times präsentiert eine Sonderausgabe zum Thema Islam.
Outlook India (Indien), 14.01.2008
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q15/A19336/outlook.jpg)
Hier ist die Übersicht der achtzehn Artikel, daneben noch Listen zu Buzzwords, zu interessanten Büchern und Filmen des vergangenen Jahres.
New York Review of Books (USA), 17.01.2008
Michael Massing lobt die US-Zeitungsgruppe McClatchy, die ein einzigartiges Blog auf die Beine gestellt hat: "Vor ziemlich genau eine Jahr hat die Zeitungsgruppe ein Blog ausschließlich für Beiträge ihrer irakischen Mitarbeiter gegründet. Es heißt 'Innenansichten des Irak' und mehrmals in der Woche schreiben irakische Mitarbeiter der Zeitung über ihre Erfahrungen und Eindrücke... 'Es gibt Irakern die Möglichkeit, sich direkt an eine amerikanische Leserschaft zu wenden', sagt Leila Fadel, die aktuelle Büroleiterin, deren Vater aus dem Libanon kommt und deren Mutter aus Michigan stammt, die in Saudi-Arabien aufgewachsen ist und gerade einmal sechsundzwanzig Jahre alt ist. Das Blog füllt eine beträchtliche Lücke in der Berichterstattung... 'Es gibt zu wenige Informationen über irakische Bürger, nicht die Politiker in der Grünen Zone, sondern ganz normale Leute', meinte ein Fernsehjournalist. 'Wir müssen auch ihre Stimmen zu Gehör bringen."
Weitere Artikel: Von einem Besuch in Teheran berichtet Max Rodenbeck. Ian Buruma stellt der amerikanischen Leserschaft zwei Meisterwerke vor: Alfred Döblins kaum zu übersetzenden und nur in unangemessener englischer Übersetzung vorliegenden Roman "Berlin Alexanderplatz" und Rainer Werner Fassbinders nun auf DVD erschienene Verfilmung fürs Fernsehen. Besprochen werden unter anderem J.M. Coetzees neues Buch "Diary of a Bad Year" und der Martin Filler begeisternde Bau des New Museum of Contemporary Art in New York. Abgedruckt wird eine kurze Erinnerung von Literaturnobelpreisträger Derek Walcott an die verstorbene Kritikerin und Autorin Elizabeth Hardwick.
Weitere Artikel: Von einem Besuch in Teheran berichtet Max Rodenbeck. Ian Buruma stellt der amerikanischen Leserschaft zwei Meisterwerke vor: Alfred Döblins kaum zu übersetzenden und nur in unangemessener englischer Übersetzung vorliegenden Roman "Berlin Alexanderplatz" und Rainer Werner Fassbinders nun auf DVD erschienene Verfilmung fürs Fernsehen. Besprochen werden unter anderem J.M. Coetzees neues Buch "Diary of a Bad Year" und der Martin Filler begeisternde Bau des New Museum of Contemporary Art in New York. Abgedruckt wird eine kurze Erinnerung von Literaturnobelpreisträger Derek Walcott an die verstorbene Kritikerin und Autorin Elizabeth Hardwick.
Nepszabadsag (Ungarn), 05.01.2008
Der Piaristenpater György Bulanyi, ein - auch für die Kirche - unbequemer Oppositioneller des sozialistischen Regimes in Ungarn, findet es schwer, im Alter seinen Optimismus zu bewahren: "Es ist schwer zu akzeptieren, dass die Menschheit nicht in der Lage ist, den Kurs der Geschichte zu ändern. Dass knapp neun Jahrzehnte meines Lebens verstrichen sind, und ich dennoch feststellen muss, dass die Welt Jesus nicht glauben will, was man ja noch hinnehmen könnte - aber sie will sogar Bulanyi nicht glauben?"
Folio (Schweiz), 07.01.2008
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q8/A19327/folio.jpg)
Der Schriftsteller Doron Rabinovici beschreibt, wie Juden um die jüdische Identität genauso erbittert streiten wie ihre Gegner. So habe etwa Bruno Kreisky gern behauptet, die Juden seien kein Volk, und er folglich kein Jude: "Er sagte: 'Schauen Sie, da werd ich ihnen einen jüdischen Witz erzählen. Geht 1938 ein orthodoxer Jud über die Urania. Hält ihn ein Polizist auf und sagt ihm: Hören S', gehen Sie da nicht weiter, weil da drüben sind die Nazibuam, und die werden Sie piesacken. Darauf der Jude mit den Pejes, dem Kaftan und dem Jarmikel: Danke, Herr Inspektor! Aber ach, ich werd mich nicht zu erkennen geben. Und sehen Sie', schloss Kreisky, 'so geht es mir manchmal auch'."
Weitere Artikel: Mikael Krogerus lässt sich von einer anonym bleibenden Frau erklären, warum sie sich nicht unbedingt in einen Mann verliebt, weil auch er Jude ist, aber dass dies hilft. Ein orthodoxer 22-jähriger Jude erzählt, wie er in Zürich lebt. Und SchriftstellerInnen stellen ihre jiddischen Lieblingswörter von Feh über Knipl und Kvetshn bis Zindig vor.
Und die Duftnote: Das beste Parfüm der Welt heißt "Nombre Noir", und Luca Turin (hier ein Auszug aus seinen Erinnerungen) hat es von einem besonderen Freund geschenkt bekommen.
Gazeta Wyborcza (Polen), 05.01.2008
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q83/A19329/gazeta.jpg)
Außerdem wird ein Fragment aus der gerade erschienen polnischen Übersetzung von Jan T. Gross' "Fear" abgedruckt, und alle fragen sich, ob eine neue "Jedwabne-Debatte" droht (wir gaben schon die Antwort).
New Yorker (USA), 14.01.2008
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q19/A19324/ny.jpg)
Weitere Artikel: Dana Goodyear besucht das Chateau Elysee, das so genannte Celebrity Center von Scientology, in Los Angeles. Ryan Lizza wirft noch einmal einen Blick auf den Caucus von Iowa und glaubt, dass Hillary Clinton mit ihrer "Nostalgietour" in New Hamsphire besser ankommen dürfte. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Wakefield" von E.L. Doctorow und Lyrik von Marie Howe und Michael Dickman.
David Denby widmet sich anlässlich des Erscheinens von zwei Biografien dem Werk des Regisseurs Otto Preminger, dessen tyrannisches Regime bei den Filmarbeiten legendär war und doch stets im Dienst von Toleranz und offenem Meinungsaustausch stand. Sasha Frere-Jones besichtigt das Phänomen des britischen Fräuleinwunders auf MySpace und stellt mit der Sängerin Kate Nash eine der Protagonistinnen vor. Und Anthony Lane sah im Kino den spanischen Horrorfilm "The Orphanage" von Juan Antonio Bayona.
Plus - Minus (Polen), 05.01.2008
Nicht ganz ohne politische Hintertöne berichtet Anna Nowacka-Isaksson aus Stockholm über die Ausstellung "Kriegsbeute" im Königlichen Zeughaus. "Hätten wir die königliche Schatzkammer in Warschau nicht geplündert, würde heute niemand den Helm Iwans des Schrecklichen bewundern können", argumentieren die Schweden. (Nebenbei gesagt, wurde er vorher von den Polen aus Moskau entwendet). "Schweden hat wie kein anderes Land sehr systematisch über lange Zeit Kulturgüter gesammelt. Deshalb sind so viele noch übrig." Vieles davon wurde im Dreißigjährigen Krieg aus Tschechien oder im Ersten Nordischen Krieg aus Polen mitgenommen. "Nach 350 Jahren glauben die Schweden, dass diese Schätze angestammter Besitz sind. Das ist eher eine Frage von Moralität und gutem Willen als von Recht".
Guardian (UK), 05.01.2008
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Weiteres: Anlässlich einer Londoner Retrospektive preist Chris Petit die frühen Rock'n'Roll-Filme Wim Wenders', besonders "Alice in den Städten". Zum Buch der Woche gekürt wird Oliver James' Studie "The Selfish Capitalist", nach der wir selbst nun doch nicht an Affluenza zugrunde gehen werden, sondern die anderen an unserem Wohlstand.
Economist (UK), 03.01.2008
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Hoch interessant findet der Economist auch ein Buch des Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Sowells Buch über "Fakten und Fehlschlüsse in der Ökonomie". Keine Frage, dass Sowells Marktradikalismus viele erzürnen werde. Kapitel für Kapitel gebe es jedoch verblüffende Einsichten und Statistiken wie die folgende: "Heute haben nie verheiratete, kinderlose Akademikerinnen zwischen vierzig und vierundsechzig ein um 7.000 Dollar höheres Einkommen als Männer in vergleichbarer Lage."
Weitere Artikel: Wir erfahren, welche Chancen und Probleme der Zustrom russischer Juden nach Deutschland für die jüdischen Gemeinden hierzulande mit sich bringt. Vorgestellt wird die pfingstlich inspirierte Universale Kirche (spanische Website) Brasiliens, die sich mit Erfolg an die Erfolgs- und Aufstiegsorientierten in Lateinamerika wendet. Besprochen werden die Ausstellung deutscher expressionistischer Kunst aus dem Ersten Weltkrieg im Pariser Musee Maillol und ein Buch über den pakistanischen "Nuklear-Dschihadisten" Abdul Qadeer Khan, der Atombomben-Informationen an Iran, Libyen und Norkorea verriet.
Weltwoche (Schweiz), 03.01.2008
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q26/A19330/weltwoche.jpg)
Weiteres: Alix Sharkey erinnert sich an ein Treffen mit Carla Bruni, bei dem sich das Model freimütig zu Raffgier und Habsucht bekannte. Sharkey kann eine Heirat mit Nicolas Sarkozy deshalb nur gutheißen: "Mal ehrlich: Was könnte in diesen trüben Zeiten des Starkults glanzvoller, skandalöser, lächerlicher - und passender sein?!" Franziska K. Müller schildert, was sich Karriere-Frauen so alles an miesen Tricks angeeignet haben.
Spectator (UK), 03.01.2008
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Weitere Artikel: Andrew Lambirth mahnt alle, die die große John Everett Millais-Retrospektive in der Tate Britain noch nicht gesehen haben, dies bis zum 13. Januar unbedingt nachzuholen - Millais erweise sich in der Schau als bedeutendster der Präraffaeliten. Besprochen werden unter anderem Marios Vargas Llosas neuer Roman "The Bad Girl", Ignacio Ramonets "monumental unkritisches" Interview-Buch mit Fidel Castro und Christopher Bookers und Richard Norths "Scared to Death", eine Auseinandersetzung mit aktuellen Katastrophenszenarien von BSE bis Klimawandel.
Nouvel Observateur (Frankreich), 03.01.2008
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q9/A19328/nouvelobs.jpg)
New Statesman (UK), 03.01.2008
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Weitere Artikel: Als überaus schädlich für die Aussichten progressiver Politik betrachtet Matthew Taylor den Pessimismus in westlichen Gesellschaften, der schon deshalb erstaunlich sei, weil er sich meist auf die allgemeine, gar nicht so sehr auf die persönliche Situation bezieht. Helena Drysdale zeigt sich fasziniert von Nicholas Ostlers Biografie des Lateinischen mit dem optimistischen Titel "Ad Infinitum"
Moskowskije Novosti (Russland), 07.01.2008
Der Streitfall um Falanster, eine der besten Buchhandlungen intellektueller Literatur in Moskau hat in der russischen Öffentlichkeit große Proteste ausgelöst. Die Behörden legen seinem Inhaber Boris Kuprijanow zur Last "Bücher mit pornografischem Inhalt verbreitet zu haben" (hier ein Video mit ihm). Zu diesen Bücher gehören Virginie Despentes' "Baise Moi" (mehr) und Lydia Lunchs "Paradoxia: A Predator's Journey" (mehr). "Für die Anklage gibt es mehrere Motive, aber sie alle haben unvermeidlich politischen Charakter", schreibt Juri Aprischkin in seinem Artikel. "Falanster ist als Ort der Freidenker bekannt. Hier haben viele Lesungen von linken und oppositionellen Autoren stattgefunden. Der Verlag Ultrakultura, mit dem die Buchhandlung zusammengearbeitet hat, wurde bereits von den Behörden mehrmals angegriffen. Die Werke zu Philosophie, Geschichte und Soziologie, die hier verkauft werden, kann man sonst nirgends mehr in Moskau finden. Die Schließung des Buchladens hätte schwere Folgen für das kulturelle Klima im Land." (Mehr über Ultrakultura hier - zum Artikel "Publishers protest russian book bans" scrollen - und hier).
New York Times (USA), 06.01.2008
Die Sunday Book Review hat eine große Sonderausgabe mit Rezensionen und Essays zum Thema Islam.
Darin beklagt die Autorin Lorraine Adams, dass der allergrößte Teil der Literatur islamischer Autorinnen und Autoren hinter einer Art Literaturbetriebs-Burka verborgen bleibt: "Viele Amerikaner begreifen nicht, dass Muslime Araber, Afrikaner oder Asiaten sein können, von Europäern oder Amerikanern ganz zu verschweigen... Nichts wissen wir über das ganze Spektrum des Islam in den Leben von Autoren und ihren Figuren. Es gibt säkulare Muslime, die von der Kultur beeinflusst sind, aber die Religion nicht praktizieren; moderate Muslime, die sie praktizieren, aber tolerant sind; und radikale Fundamentalisten, anti-westlich und mörderisch. Eine Verallgemeinerung freilich trifft zu: Ein großer Teil der zeitgenössischen muslimischen Literatur wird nie ins Englisch übersetzt."
Der reformorientierte Islam-Prediger Tariq Ramadan erklärt, was es heißt, den Koran zu lesen, und betont dabei die Pluralität möglicher Lektüren und Interpretationen: "Genauso wie wir das Werk eines menschlichen Autors, vom Marx bis Keynes, auf engstirnige und rigide Weise lesen können, können wir uns auch der göttlichen Offenbarung auf diese Weise nähern. Stattdessen sollten wir aber kritisch, offen und genau sein."
Die Publizistin, Ex-Politikerin und Politikberaterin Ayaan Hirsi Ali bespricht Lee Harris' beinahe apokalyptische Zukunftsprognose "Der Selbstmord der Vernunft". Harris argumentiert darin, dass der Westen mit seinem Glauben an die Vernunft den expansiven Fanatismus, der den Islam fundamental ausmacht, nicht begreifen kann und ihm deshalb unterliegen wird. Hirsi Ali sieht sich selbst als Beispiel dafür, dass, anders als Harris meint, auch die zum Islam Erzogenen nicht zum Fanatismus verdammt sind: "Ich bin nicht im Westen geboren. Ich bin nach den Lehren des Islam erzogen und bekam von Geburt an die geistigen Vorstellungen eines Stammes indoktriniert. Aber ich habe mich verändert, ich habe die Werte der Aufklärung übernommen... Warum habe ich das getan? Weil das Leben in einer Stammesgesellschaft brutal und entsetzlich ist." (Um Ayaan Hirsi Ali, Tariq Ramadan und ihre Positionen zum Islam kreiste auch die große Debatte bei Perlentaucher und signandsight.com - die Beiträge sind inzwischen auch im Band "Islam in Europa" nachzulesen.) Besprochen wird außerdem Matthias Küntzels Buch "Jihad and Jew-Hatred" über die frühen Beziehungen zwischen Islamismus und Nationalsozialismus (mehr auch hier).
Weitere Artikel: Fouad Ajami, Professor für Nahost-Studien, gesteht, dass er Samuel Huntingtons von ihm einst bekämpfte Positionen zum "Kampf der Kulturen" heute für beängstigend plausibel hält. Besprochen werden außerdem John Kelseys Studie über den "gerechten Krieg" im Islam und das Buch "Amerikanischer Halbmond" des in den USA lebenden schiitischen Predigers Hassan Qazwini. Auch im Magazine findet sich ein zum Thema passender Artikel. Nicholas Schmidle informiert über den wachsenden Einfluss der Taliban vor allem auf die jüngere Generation von Islamisten in Pakistan.
Darin beklagt die Autorin Lorraine Adams, dass der allergrößte Teil der Literatur islamischer Autorinnen und Autoren hinter einer Art Literaturbetriebs-Burka verborgen bleibt: "Viele Amerikaner begreifen nicht, dass Muslime Araber, Afrikaner oder Asiaten sein können, von Europäern oder Amerikanern ganz zu verschweigen... Nichts wissen wir über das ganze Spektrum des Islam in den Leben von Autoren und ihren Figuren. Es gibt säkulare Muslime, die von der Kultur beeinflusst sind, aber die Religion nicht praktizieren; moderate Muslime, die sie praktizieren, aber tolerant sind; und radikale Fundamentalisten, anti-westlich und mörderisch. Eine Verallgemeinerung freilich trifft zu: Ein großer Teil der zeitgenössischen muslimischen Literatur wird nie ins Englisch übersetzt."
Der reformorientierte Islam-Prediger Tariq Ramadan erklärt, was es heißt, den Koran zu lesen, und betont dabei die Pluralität möglicher Lektüren und Interpretationen: "Genauso wie wir das Werk eines menschlichen Autors, vom Marx bis Keynes, auf engstirnige und rigide Weise lesen können, können wir uns auch der göttlichen Offenbarung auf diese Weise nähern. Stattdessen sollten wir aber kritisch, offen und genau sein."
Die Publizistin, Ex-Politikerin und Politikberaterin Ayaan Hirsi Ali bespricht Lee Harris' beinahe apokalyptische Zukunftsprognose "Der Selbstmord der Vernunft". Harris argumentiert darin, dass der Westen mit seinem Glauben an die Vernunft den expansiven Fanatismus, der den Islam fundamental ausmacht, nicht begreifen kann und ihm deshalb unterliegen wird. Hirsi Ali sieht sich selbst als Beispiel dafür, dass, anders als Harris meint, auch die zum Islam Erzogenen nicht zum Fanatismus verdammt sind: "Ich bin nicht im Westen geboren. Ich bin nach den Lehren des Islam erzogen und bekam von Geburt an die geistigen Vorstellungen eines Stammes indoktriniert. Aber ich habe mich verändert, ich habe die Werte der Aufklärung übernommen... Warum habe ich das getan? Weil das Leben in einer Stammesgesellschaft brutal und entsetzlich ist." (Um Ayaan Hirsi Ali, Tariq Ramadan und ihre Positionen zum Islam kreiste auch die große Debatte bei Perlentaucher und signandsight.com - die Beiträge sind inzwischen auch im Band "Islam in Europa" nachzulesen.) Besprochen wird außerdem Matthias Küntzels Buch "Jihad and Jew-Hatred" über die frühen Beziehungen zwischen Islamismus und Nationalsozialismus (mehr auch hier).
Weitere Artikel: Fouad Ajami, Professor für Nahost-Studien, gesteht, dass er Samuel Huntingtons von ihm einst bekämpfte Positionen zum "Kampf der Kulturen" heute für beängstigend plausibel hält. Besprochen werden außerdem John Kelseys Studie über den "gerechten Krieg" im Islam und das Buch "Amerikanischer Halbmond" des in den USA lebenden schiitischen Predigers Hassan Qazwini. Auch im Magazine findet sich ein zum Thema passender Artikel. Nicholas Schmidle informiert über den wachsenden Einfluss der Taliban vor allem auf die jüngere Generation von Islamisten in Pakistan.