Magazinrundschau
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08.07.2008. In der Gazeta Wyborcza fordert Adam Michnik: Finger weg von Lech Walesa! Auch Polityka verteidigt ihn gegen den Hass der Kaczynskis. In Vanity Fair liefert Christopher Hitchens ein Highlight des investigativen Journalismus und lässt sich foltern. Fahren Sie nach Indien, besuchen Sie einen Slum, ermuntert Suketu Mehta im Espresso. Elet es Irodalom staunt über die Holländer in Ungarn. Der Diskurs der Vielfalt, meint Kenan Malick im New Humanist, ende leider oft im Rassismus.
Gazeta Wyborcza | Elet es Irodalom | Guardian | Point | Economist | Folio | New Statesman | New Humanist | Vanity Fair | La vie des idees | The Nation | Espresso | Believer | Magyar Narancs | Spectator | Polityka
Gazeta Wyborcza (Polen), 05.07.2008
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Außerdem freut sich Dawid Warszawski mal über ein positives Zeichen aus dem IPN, dem polnischen Institut der nationalen Erinnerung: Dort ist Bozena Szaynoks Buch über die polnisch-israelischen Beziehungen 1944-1968 erschienen. "Es ist nicht nur unentbehrlich für diejenigen, die sich für die Diplomatie der Volksrepublik Polen interessieren. Es ist auch ein Register der verspielten Chancen. Nicht nur aus historischen Gründen war Polen bis 1967 wichtig für Israel - der israelische Staat wurde zum großen Teil von polnischen Juden erbaut, die Eliten waren polnischssprachig. Für Polen, das im Ostblock gefangen war, hätte Israel wiederum ein Fenster zur Welt sein können. Der von den kommunistischen Machthabern nach dem Sechstagekrieg angestachelte Mob begleitete die des Landes verwiesenen israelischen Diplomaten mit Schlägen und Anfeindungen und schlug dieses Fenster damit endgültig zu."
Vanity Fair (USA), 01.08.2008
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Außerdem: Bryan Burrough enthüllt in einem ausführlichen Bericht, unter welch seltsamen, wenn nicht gar skandalösen Umständen die Außenseiterbank Bear Stearns zu Fall gebracht wurde. Gail Sheehy liefert den postmortem-Bericht von Hillary Clintons Wahlkampagne.
La vie des idees (Frankreich), 01.07.2008
Blaise Wilfert-Portal stellt das Manifest "Pour une litterature-monde" (Gallimard) vor, in dem unter der Ägide der Herausgeber Michel Le Bris und Jean Rouaud zwölf Autoren der Frage nach Rolle und Bedeutung der französischen Sprache beziehungsweise Literatur in der globalisierten Welt nachgehen. "Die Autoren führen eine Reihe von Anekdoten an, die zeigen, dass ein entscheidender Teil ihrer Rolle in der Welt der französischen Literatur darin besteht, als mehr oder weniger exotische freundliche Aushilfskräfte zu figurieren, die möglicherweise für das Widerstandsprogramm gegen die Dominanz des Englischen brauchbar sind. Worin man den Ursprüngen des Begriffs Frankophonie wiederbegegnet, der Ende des 19. Jahrhunderts von Onesime Reclus ersonnen wurde, um der französischen Republik ein neues schlagkräftiges Instrument im Konkurrenzkampf der Imperien zu verschaffen: Sprache und Literatur sollten die schwache Geburtenrate und wirtschaftlichen Expansionsgrenzen Frankreichs kompensieren und den Kampf gegen die englische oder deutsche Machtstellung ermöglichen."
The Nation (USA), 21.07.2008
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Espresso (Italien), 07.07.2008
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Believer (USA), 01.07.2008
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Außerdem: Haruki Murakami schreibt drei kurze Essay über Jazz (online ist nur der über Billie Holiday), Rick Moody verteidigt den Prog Rock, Andie Beta interviewt den Begründer des Weltmusiklabels Sublime Frequencies. Ange Mlinko geht dem obskuren Vaudeville-Charme von Bree Benton nach. Und Davy Rothbart singt ein Loblied auf Rap-CDs, die er auf der Straße kauft.
Magyar Narancs (Ungarn), 04.07.2008
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Spectator (UK), 05.07.2008
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Das Ende ist nah, ruft Theo Hobson und meint damit die gute alte anglikanische Staatskirche. "Im Lauf der letzten Jahre hat sich die Kirche von England zunehmend als Teil der globalen anglikanischen Gemeinschaft präsentiert. Das schien ein Weg zu sein, sich neu zu erfinden und ein wenig vom peinlichen Bild der Staatskirche wegzukommen. Das Ergebnis dieses Manövers ist verheerend. Es führte zum Untergang der KvE und hat eine Kirche, die als friedfertig und tolerant bekannt war, zum erschöpften Kollaps geführt. Am Vorabend der Lambeth-Konferenz (sie beginnt am 16. Juli) können wir das Ende der Kirche von England beobachten. Die Meckerfraktionen in der weltweiten anglikanischen Gemeinde haben unserer Kirche entzwei gerissen."
Polityka (Polen), 08.07.2008
In einem sehr schönen und sehr ausführlichen Artikel (auf Deutsch) porträtieren Krzysztof Burnetko und Wieslaw Wladyka den großen Lech Walesa und stellen klar, dass die jetzigen IM-Vorwürfe gegen ihn persönlichen und politischen Motiven entspringen: "In einem der heikelsten Momente der polnischen Transformation rückte Walesa nicht von den Reformen ab - auch nicht von den schwierigen, die ständig mit dem damals immer weniger populären Namen Leszek Balcerowicz' identifiziert wurden. Im Endeffekt bestätigte er, dass er der Präsident der III. Republik war. Und deshalb ist er bis heute der von der IV. Republik meistgehasste Politiker der III. Republik Polen. Diese Hassgefühle werden natürlich von dem persönlichen Groll der Brüder Kaczyński gespeist, die er einst von seinem Hof verjagte, wie viele andere vorher und nachher. Aber sie rühren auch daher, dass er sich insgesamt politisch nicht austricksen und ausnutzen ließ, dass er so unabhängig und 'selbstverwaltet' war wie seine Gewerkschaft... Das Gefühl ist recht verbreitet, dass ihn ein unverdientes Unrecht trifft, dass man, indem man Wałęsa beleidigt, eine der größten polnischen Legenden, eine der größten polnischen Siege mit Schmutz bewirft."
Elet es Irodalom (Ungarn), 04.07.2008
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Guardian (UK), 05.07.2008
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Der Schriftsteller Will Self bekennt sich zwar zur SMS, betont aber, niemals auch nur ein einziges Apostroph auszulassen. Lynne Truss ("Hier steht was alle suchen" - Eats, Shoots & Leaves) sieht dagegen im selben Artikel einige schwierige Fragen der Etikette berührt: "Ob man SMS in Gesellschaft lesen sollte, ist eines der vertracktesten Probleme. In Amerika, wo fast jeder einen Blackberry zu besitzen scheint, gibt es einen neuen Gesichtsausdruck, wie ich beobachtet habe, ein festgefrorenes Lächeln mit sich panisch bewegenden Augen, was bedeutet: 'Ich hör' Dir zu, ich seh' nur gerade, dass ich eine SMS hab, aber, ehrlich, Ich höre zu, Ich les' sie später, also, jetzt sag noch mal, was Du gerade gesagt hast, wenn ich nur mal eben diese blöde SMS lesen könnte.'"
Point (Frankreich), 03.07.2008
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Anlässlich des Erscheinens seines Essays "La tentation de l'impossible" (Gallimard) über Victor Hugo und dessen Roman "Les Miserables" spricht Mario Vargas Llosa in einem Interview über sein Interesse an Hugo und die Rolle der Literatur und des Schriftstellers in gefestigten Demokratien. "In offenen Gesellschaften, Demokratien, ist der Schriftsteller jemand geworden, der ein alternatives Leben anbietet. Die Literatur lässt einen träumen, den Alltag verlassen, stellt aber auch Fragen. Sie verunsichert Sie in ihren Gewissheiten. Ich glaube, dass es weniger Freiheit in der Welt gibt, die von den Medien erzeugt wird, als Freiheiten, welche die Literatur erschafft."
Economist (UK), 04.07.2008
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In weiteren Artikeln geht es um die Bedeutung von Michelle Obama für den Wahlkampf und die Erfolgsaussichten ihres Ehemanns, um das Ende der Institution College-Jahrbuch in Zeiten von Facebook und Myspace und um eine Abgabe, die lebenden und den Erben verstorbener Künstler prozentuale Anteile bei Verkäufen sichert. Besprochen werden ein Buch über Lewis Carroll alias Charles Dodgson als Mathematiker, eine Essaysammlung des indischen Autors Amit Chaudhuri, eine Geschichte des Kommunismus in seinen Witzen und eine Londoner Ausstellung des großen dänischen Innenraum-Malers Vilhelm Hammershoi.
Folio (Schweiz), 07.07.2008
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Weiteres: Martin Johnson schildert nächtliche Merkwürdigkeiten und ausladende Dekadenz: "Dubai ist eine vielköpfige Hydra, die erst in der Nacht so richtig zum Leben erwacht." Der ebenfalls nach Dubai geholte Kulturmanager Michael Schindhelm macht einen Hausbesuch bei Zaki Nusseibeh, einst Dolmetscher von Scheich Zayed.
New Statesman (UK), 03.07.2008
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Lucy Beresford hat Patrick McGraths (Autor u.a. des von David Cronenberg verfilmten Romans "Spider") jüngsten Roman "Trauma" gelesen - als Vergnügen würde sie die Lektüre nicht bezeichnen, aber es ist ein faszinierendes Buch: "'Trauma' ist das ungeschönte Expose eines Lebens im Hinterland geistiger Gesundheit - es beschreibt eine Welt der Flashbacks, der Alpträume, des Alkoholmissbrauchs und der Depression."
New Humanist (UK), 01.07.2008
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