Viel zu lesen diesmal. Der Schriftsteller
Peter Schneider teilt in einem
Essay heftig an beide Seiten aus: die Gegner und die Befürworter eines Irakkriegs. Am Ende plädiert er für eine neue Arbeitsteilung zwischen Europa und den USA: "Der
anmaßende und
selbstgerechte Stil der gegenwärtigen amerikanischen Administration sollte von den Europäern als eine Gelegenheit wahrgenommen werden, sich endlich ein politisches Gesicht zu geben. Die erste Bedingung für diesen Qualitätssprung wäre freilich die Verabschiedung von einer Arbeitsteilung, aus der Europa viel
falsches Selbstbewusstsein zieht: Wenn es darauf ankommt, sagen wir, verstehen sich die Amerikaner nur aufs Schießen und aufs Bomben, wir schicken dann die Sanitäter und bauen wieder auf. Die Überzeugung, dass 'das Böse', von dem die Amerikaner so gern sprechen, nur eine amerikanische Obsession sei, ist selbstverständlich eine
europäische Illusion. Ein neues Europa mit der alten Arbeitsteilung - es wäre nur das alte,
besserwisserisch-geschwätzige und ohnmächtige Europa."
Alice Schwarzer fordert anlässlich des
"Kopftuchstreits",
der demnächst vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden muss, "endlich Schluss zu machen mit der
gönnerhaften Pseudotoleranz - und anzufangen mit ernsthaftem Respekt." Kopftücher in Schulen zu tolerieren, würde ein fatales politisches Symbol setzen, meint Schwarzer. Das Kopftuch sei kein Ausdruck freier Religionsausübung, sondern - weil kein zwingender Bestandteil islamischer Religösität - vor allem ein Mittel zur
Unterdrückung muslimischer Frauen. Auch die klagende Lehrerin Ludin ist, wie Schwarzer zu belegen versucht, eine politisch motivierte Fundamentalistin.
Weitere Artikel: Dieter Bednarz
schreibt über die Lage im
Iran. "Etwa zwei Drittel der 70 Millionen Iraner sind jünger als 30 Jahre, leiden unter Arbeits- und Perspektivlosigkeit, jeder zweite ist ohne festen Job. Das ganze
Ausmaß der Frustration lassen die Ausschreitungen der vergangenen Woche allenfalls erahnen." Und er zitiert den Chef des exil-iranischen Senders NITV: "Iran kann sich jetzt befreien". Im
Interview verrät
Hamas-Führer Mahmud al-Sahar in einem abgründigen Moment, wonach er den
Erfolg seiner Terrororganisation bemisst. Früher, sagt er, "entsprachen einem getöteten Israeli etwa 20 palästinensische Opfer. Heute ist das Verhältnis eins zu drei." Bernhard Zand
berichtet, dass der neue amerikanische Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, sich von den
irakischen Oppositionsgruppen abwendet. Und Thomas Schulz
berichtet, wie gerade das Großprojekt der
deutschen Musikindustrie zu scheitern droht, dem
Apple-Vertrieb von Musik im Internet Konkurrenz zu machen.
Im Print: der Regisseur
Rassul Sadr-Ameli (
"I'm Taraneh, 15") spricht über die
Demonstrationen in Teheran. Ein Bericht stellt die Initiative "Film 20" vor, die
private Geldgeber für
deutsche Kinofilme auftreiben will. Und der Titel? Schwamm drüber.