Magazinrundschau
Wir verlieren unsere Körper
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
09.11.2010. Wired erzählt, wie die chinesische Internetpolizei ausgetrickst wird. In El Pais Semanal erklärt Felipe Gonzalez, wie Macht funktioniert - außer im Vatikan. In Outlook India ruft Amartya Sen zu Sanktionen gegen Burma auf. Der Economist empfiehlt Anteile an der Piraten-Börse. Elet es Irodalom fragt, in welche europäische Kultur sich Einwanderer eigentlich integrieren sollen. Darf man die nackten Brüste seiner halbwüchsigen Tochter filmen, fragt Vanity Fair. In der New York Review of Books blickt Zadie Smith auf Facebook und schrumpft.
Wired (USA), 18.11.2010
In China funktioniert die Internetzensur ganz gut. Aber sie kann ausgetrickst werden. Wie, davon erzählt Vince Beiser. Zum Beispiel von dem Amerikaner Alan Huang, der bei einem Besuch in China 1999 als Falun-Gong-Mitglied verhaftet und erst nach zwei Wochen freigelassen wurde. "Er ist kein charismatischer Revolutionär. Aber bis 2002 hatte er ein Dutzend gleichgesinnter Kollegen versammelt. In der kleinen Garage neben seinem Vier-Zimmer-Bungalow, entwickelten sie eine digitale Waffe für ihre Landsleute in China: ein Programm, mit deren Hilfe Zensur und Überwachung umgangen werden können. UltraSurf, so der Name des Programms, ist seitdem eines der wichtigsten Tools für die Verteidigung der freien Rede im Internet. Es wird von Millionen Menschen genutzt - von China bis Saudiarabien. Es stellte sich heraus, dass eine andere Gruppe von Falun-Gong-Anhängern gleichzeitig an einem ähnlichen Programm arbeiteten. 2006 schlossen sich die beiden Gruppen zum Global Internet Freedom Consortium zusammen. Die meisten GIFC-Mitglieder verbringen ihre Tage als Programmierer und Ingenieure an Arbeitsplätzen von Microsoft bis zur NASA. Aber nach Feierabend, nachts und am Wochenende, führen sie einen digitalen Guerillakrieg gegen die Internetpolizei der chinesischen Regierung, und führen ihre technische Intelligenz, geschenkte Computer und die Ressourcen ihres häuslichen Arbeitszimmers gegen die zweitgrößte Supermacht der Welt ins Feld. Wieder und wieder hat Peking ihr die Firewall umgehendes Programm angegriffen. Wieder und wieder hat dieser zusammengewürfelte Trupp von Freiwilligen die Angriffe abgewehrt."
El Pais Semanal (Spanien), 07.11.2010
"Ich sollte entscheiden, ob wir die gesamte ETA-Führung in die Luft jagen. Ich sagte nein. Ob das richtig war, weiß ich nicht." Der spanische Schriftsteller Juan Jose Millas hat ein langes Gespräch über die Macht - wer hat sie, wer nicht - mit dem ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Felipe Gonzalez geführt: "Die ersten zwanzig Jahre lebt man. Den Rest überlebt man. Der Versuchung, eine Autobiographie zu schreiben, habe ich bis jetzt widerstanden. Politische Memoiren dienen normalerweise dazu, sich selbst von Schuld freizusprechen und andere schuldig zu sprechen. Es gibt aber auch die Dinge, die man nicht erzählen darf. Beim Kampf um die Macht spielen sich die Beziehungen unter der Erde ab, es ist wie bei einem Eisberg, vier Fünftel bleiben unsichtbar. Außer beim Vatikan, da bleibt absolut alles unter der Oberfläche. Wenn man bedenkt, wie viele Leute in den Putsch gegen die junge spanische Demokratie vom 23. Februar 1981 verwickelt waren... Und jetzt versetze dich mal in die Haut von Obama, der den ganzen Sicherheitsapparat von Bush übernehmen musste... Obama hat gesagt, Guantanamo könne er in zehn Monaten erledigen. Aus unserer Außenperspektive ist er dabei gescheitert. Aber es wird eine ganze Legislaturperiode nötig sein, um die Kontrolle über den Sicherheitsapparat zurückzugewinnen - es gab viel zu viele heimliche Flüge und Geheimgefängnisse, und die daran Beteiligten sitzen ja immer noch im Apparat. Selbst in den am stärksten gefestigten Demokratien gibt es unter der Oberfläche einen Kampf zwischen der zivilen und der militärischen Macht beziehungsweise der Macht der Geheimdienste."
Outlook India (Indien), 15.11.2010
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Economist (UK), 05.11.2010
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Elet es Irodalom (Ungarn), 05.11.2010
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Vanity Fair (USA), 01.12.2010
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q114/A29155/vanityfair.jpg)
MicroMega (Italien), 04.11.2010
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q221/A29141/micromega.jpg)
Prospect (UK), 20.10.2010
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q22/A29147/prospect.jpg)
Open Democracy (UK), 05.11.2010
Amal Nasr, die mit ihrer Familie seit 2000 in Gaza lebt, erzählt von den verschiedenen sozialen Verhaltensvorschriften, die Frauen in Gaza beachten müssen - je nachdem, in welchem Teil sie leben und welcher Schicht sie angehören. "Über die Jahre sind viele aus der palästinensischen Diaspora nach Gaza gezogen. Sie haben soziale Veränderungen mit sich gebracht. Viele dieser Flüchtlinge sind weniger religiös-konservativ als die herkömmliche Gesellschaft in Gaza. Das führt immer häufiger zu einem Zusammenprall der Lebensformen. Es gibt zum Beispiel Diskussionen über den Hijab, weil Frauen, die ihn nicht tragen, anfeindet wurden - vor allem in übervölkerten Orten wie Jabalia und Beit Lahya. Die 32-jährige Amiera Najar sagt: 'Mir werden manchmal ziemliche Beleidigungen an den Kopf geworfen. Leute verurteilen mich und bedrohen mich. Mir wurde geraten, den Hijab an bestimmen Orten zu tragen, um feindliche Reaktionen zu vermeiden.' Solche Verpflichtungen werden nicht aufgezwungen. Aber wenn die Mehrheit den Hijab trägt um nach sozialen Konventionen Bescheidenheit auszudrücken, dann steht die Minderheit schnell unter Druck, sich anzupassen."
Times Literary Supplement (UK), 06.11.2010
Robert Potts stellt den Dichter J. H. Prynne vor, dessen Poesie - "schwierig und obskur, radikal und extrem" - er bewundert. "In seinem jüngsten Band, 'Sub Songs', eine hübsche Produktion eines kleinen Verlags in einem sehr großen Format - vergleichbar mit einem Notenband - mischt er wieder seine schärfsten Lieblingszutaten: beunruhigende Entwicklungen in der Biotechnologie; politische, erotische und philosophische Fragen über Identität und Differenz; Terror und Krieg; die Rolle des Lieds in verschiedenen menschlichen und tierischen Zusammenhängen; Komplizenschaft und Handlungsmacht. Das Zickzack widersprüchlicher Bewegungen und Satzfetzen erinnert wie alles, was er geschrieben hat, an den späten Beckett. (...) Man kann immer noch sagen, worum es in diesen Gedichten geht; aber es ist unwahrscheinlich, dass irgendjemand sagen kann, was sie bedeuten." (Hier ein Beispiel aus dem Jahr 1998: "Rich in Vitamin C")
Polityka (Polen), 05.11.2010
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New York Review of Books (USA), 25.11.2010
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William Easterly verrät das schmutzige Geheimnis der Entwicklungshilfe: "Trotz gegenteiliger Rhetorik kümmern sich die Nationen und Organisationen, die Hilfe geben und verteilen, nicht viel um Demokratie und unterstützen noch immer aktiv Diktatoren. Die herkömmliche Sichtweise ist, dass Geber Diktatoren nur während des Kalten Kriegs unterstützten, seitdem aber die Demokratie fördern. Das stimmt nicht... Paul Biya, der Diktator von Kamerun begeht 2010 sein 28. Jahr an der Macht mit einem weiteren Kredit des Internationalen Währungsfonds unter einem Fantasietitel wie 'Armut reduzierende Wachstumshilfe'. Biya, dessen Regierung auch beträchtliche Öleinnahmen genießt, erhielt während seiner Herrschaft insgesamt 35 Milliarden Dollar Hilfe. Doch wurde weder die Armut weniger noch gab es Wachstum in seinem Land. Der durchschnittliche Kameruner ist heute ärmer als 1982, da Biya die Macht übernahm."
Außerdem: Mit den Kongresswahlen befassen sich im Blog Mark Lilla, Ronald Dworkin und Jonathan Raban. Besonderes Augenmerk wirft David Bromwich auf die Demagogen Rush Limbaugh und Glenn Beck. Besprochen werden die derzeit in der Wiener Albertina gastierende Ausstellung "Picasso: Peace and Freedom", zwei neue Bob-Dylan-Biografien von Sean Wilentz und Greil Marcus sowie James Baldwins Schriftensammlung "The Cross of Redemption".
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