Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
17.05.2005. Der New Yorker macht Tina verantwortlich für den drastischen Anstieg von Aids bei Amerikas Homosexuellen. In Le Point streiten Alain Finkielkraut und Francois Geze über den "Rassismus gegen Weiße". Die London Review liefert eine Reportage aus dem Nordirak. Espresso stellt das Online-Kunstportal Rhizome vor. In der Gazeta Wyborcza meditiert Kinga Dunin über das Bild des Fremden in Polen. Commentary erklärt den Unterschied zwischen Dietrich Fischer-Dieskau und Richard Tauber. Al Ahram verteidigt Brecht gegen seine Interpreten. Le Monde diplomatique enthüllt, was im Iran ein auf links getragener Tschador bedeutet. Der Economist rühmt "Freakonomics" für seine unkonventionelle ökonomische Weisheit.
New Yorker (USA), 23.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q19/A10713/ny.jpg)
Außerdem in dieser brillanten Nummer des New Yorker: die neue Erzählung "Two's Company" von Jonathan Franzen über das perfekte Paar Pam und Paul, die sich in jungen Jahren in Kalifornien niederließen, um Komödien zu schreiben, Judith Thurmans Besprechung der Chanel-Ausstellung im Metropolitan Museum, Joshua Micah Marshalls ausführliche Besprechung von David McCulloughs (mehr hier) Buch "1776" über die Gründung der USA und Anthony Lanes respektlose Begutachtung von "Star Wars: Episode III".
Point (Frankreich), 12.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q39/A10711/point.jpg)
Einschlägig Interessierten empfehlen wir David Pryce-Jones' epischen Artikel über "Juden, Araber und die französische Diplomatie", der sich auch mit den hier angesprochenen Themen auseinandersetzt, in der neuesten Nummer von Commentary.
London Review of Books (UK), 19.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q10/A10708/lrb.jpg)
Weitere Artikel: Der erste Teil von John Haffendens ausufernder Biografie des Dichters, Kritikers und Weltreisenden William Empson ("William Empson: Vol. I: Among the Mandarins") hat Frank Kermode große Freude bereitet. Als wahre Offenbarung eines Genies der Muster preist Peter Campbell die ungewöhnliche Matisse-Ausstellung in der Royal Academy, in deren Mittelpunkt Matisses umfangreiche und bislang ungesehene Textilsammlung steht. Gespalten äußert sich Partha Dasgupta über Jared Diamonds Buch "Collapse: How Societies Choose to Fail or Survive", das der Frage nachgeht, warum manche Kulturen überleben, während andere untergehen.Und schließlich klärt Thomas Jones uns auf, warum in einer politischen Polemik das Klischee der Dinner Parties nicht fehlen darf.
Espresso (Italien), 19.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q17/A10704/espresso.jpg)
Die kapriziösen Franzosen haben ja keine Ahnung, wie gut sie es in Europa haben, meint der marokkanische Schriftsteller Tahar Ben Jelloun, der in seinem Kommentar wie derzeit viele andere Intellektuelle auch um das "Ja" zur Verfassung bangt. In einem für den Espresso verwunderlichen Schulterschluss mit der kapitalistischen Welt kündigt Carlotta Magnanini die neueste Brause aus Atlanta an, Coke Zero. Und Cesare Balbo informiert über eine Star-Wars-Ausstellung bei der Mailänder Triennale.
Gazeta Wyborcza (Polen), 14.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q83/A10706/gazeta.jpg)
Adam Michnik setzt seine Essayreihe fort (die vorigen Beiträge sind hier und hier abrufbar), in der Parallelen zwischen der nachrevolutionären Restaurationszeit in Frankreich und der gegenwärtigen innenpolitischen Lage in Polen gezogen werden. "In unserer Welt gibt es keine großen Ideen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Es gibt auch keinen Napoleon unter uns, und kein Versprechen des großen Ruhms. Wir wurden vom Glauben an die absolute Gerechtigkeit geheilt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir Gemeinheit und absolute Ungerechtigkeit akzeptieren. Wir, Nutznießer der Revolution, preisen die Errungenschaften: bürgerliche Freiheiten, offene Grenzen, freie Zeitungen, freien Markt etc. Die Verlierer, jene Ausgeschlossenen und Gedemütigten, werden die Welt verfluchen und uns vielleicht eines Tages eine bittere Rechnung ausstellen. Uns, den Nutznießern."
Commentary (USA), 01.05.2005
Am 28. Mai wird Dietrich Fischer-Dieskau achtzig Jahre alt. Der Musikkritiker Terry Teachout fragt sich, was von diesem Bariton bleiben wird, den die einen als größten Liedersänger seiner Zeit feierten, die anderen ebenso vehement als pingelig, schlaff und schmachtend kritisierten. Teachout zählt zu den Bewunderern, doch hat er sich im Laufe der Jahre auch mit einer älteren Schule angefreundet - der von Richard Tauber. Den Unterschied verdeutlicht er an einem Beispiel, Schuberts "Gute Nacht", das Tauber mehr wie eine Ballade sang, Fischer-Dieskau dagegen wie ein Schauspieler, der einen Monolog in der ersten Person hält. "Sicher, Fischer-Dieskau singt 'Gute Nacht', er rezitiert es nicht. Seine Interpretation ist genauso tief in Schuberts Musik verwurzelt wie in Müllers Worten. Dennoch könnte der Unterschied zu Tauber kaum größer sein. Ich bin versucht, die beiden Stile mit denen von Frank Sinatra und Bing Crosby zu vergleichen: Sinatras emotionale Aufrichtigkeit steht in starkem Kontrast zur undurchdringlichen Reserve Crosbys, der einst den Lyriker Johnny Burke gebeten hatte, keine Lieder für ihn zu schreiben mit der Phrase 'Ich liebe dich'. Anders als Sinatra war er nie ein bekennender Künstler und die Intensität, die frühe Aufnahmen von Balladen wie 'Stardust' hatten, war eher musikalisch als dramatisch."
Weitere Artikel: Unbedingt lesenswert ist eine Studie des britischen Publizisten David Pryce-Jones über das Verhältnis der französischen Elite zu Arabern und Juden. "Viel wurde geschrieben über die Rolle europäischer Akademiker, Intellektueller und Journalisten, die muslimischen Antisemitismus entschuldigen, rechtfertigen oder damit sympathisieren. Nicht weniger, ja sogar mehr, gilt dies für (französische) Politiker." Und dann macht sich Pryce-Jones auf (ausgedruckten) 19 Seiten daran, die in dieser Hinsicht wenig ruhmreiche Geschichte des Außenministeriums am Quai d'Orsay auseinanderzunehmen.
Weitere Artikel: Unbedingt lesenswert ist eine Studie des britischen Publizisten David Pryce-Jones über das Verhältnis der französischen Elite zu Arabern und Juden. "Viel wurde geschrieben über die Rolle europäischer Akademiker, Intellektueller und Journalisten, die muslimischen Antisemitismus entschuldigen, rechtfertigen oder damit sympathisieren. Nicht weniger, ja sogar mehr, gilt dies für (französische) Politiker." Und dann macht sich Pryce-Jones auf (ausgedruckten) 19 Seiten daran, die in dieser Hinsicht wenig ruhmreiche Geschichte des Außenministeriums am Quai d'Orsay auseinanderzunehmen.
Al Ahram Weekly (Ägypten), 12.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q73/A10705/ahram.jpg)
Amina Elbendary hat sich Ridley Scotts Kreuzzug-Epos "Königreich der Himmel" angeschaut und ist enttäuscht, wenn auch aus anderen Gründen als erwartet: Der Film sei sich der Implikationen seiner Geschichte - und seiner Schreibung von Geschichte - zu bewusst, um eine platte historische Variante des "Kampfes der Kulturen" abzuliefern, sei aber zugleich, und zwar gerade in seinem Bemühen um verschiedene Perspektiven und um eine Revision der christlichen Heldensaga, schlaff, inkonsequent - und, ja, stereotyp.
Weitere Artikel: Anouar Abdel-Malek sagt eine weltpolitische Renaissance der Staaten Südamerikas voraus. Jason Erb und Noha Bakr erklären, warum der angebliche "Kampf der Kulturen" in Wirklichkeit ein "Kampf der Fundamentalismen" ist: "Koexistenz und Kooperation zwischen Zivilisationen sind nicht nur möglich, sie sind auch der historische Normalfall." Und Nevine El-Aref hat dank der parallel von einem ägyptischen, einem amerikanischen und einem französischen Forschungsteams gefertigten Computerscans gesehen, wie Tutanchamon wirklich aussah. (Oder nicht? Die FAZ meinte jedenfalls am vergangenen Freitag, die französische Büste sehe aus wie "die junge Josephine Baker", die amerikanische dagegen wie eine Mischung aus Brad Pitt und Will Smith.)
Polityka (Polen), 12.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q95/A10707/polityka.jpg)
Eine interessante Reportage ist der gespenstischen Ruine des nie fertig gestellten Atomkraftwerks in Zarnowiec gewidmet. Seit 1982 baute man an diesem ambitionierten sozialistischen Projekt, 1989 wurde ein Baustopp verhängt. Die Anlage verfiel, und von den riesigen Industrie- und Wohnanlagen blieb nur ein Wohnblock mit einem letzten ehemaligen Angestellten als Bewohner. Ironie der Geschichte ist, dass "Polen in 15 Jahren die Emissionsgrenzen in der EU überschreiten wird, und somit der Bau eines Atomkraftwerks unumgänglich scheint. Das Recht erlaubt zwar aus Sicherheitsgründen nicht, die eingestellten Bauarbeiten wieder aufzunehmen. Aber das neue Kraftwerk kann neben den alten Fundamenten errichtet werden. Die Nachricht von dem Regierungsbeschluss, ein neues atomares Kraftwerk zu bauen, erreichte Zarnowiec in dem Moment als die letzten Bewohner der Arbeiterhäuser ausgezogen waren".
Times Literary Supplement (UK), 13.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q23/A10712/tls.jpg)
Nepszabadsag (Ungarn), 09.05.2005
Europa, sprich zu deinen Bürgern! - ruft der Publizist Laszlo Szöcs. Wer versteht die Sprache, wer kennt die Institutionen? "Alle fünf Jahre versinkt das Europaparlament in tiefe Verzweiflung, weil schon wieder eine äußerst geringe Wahlbeteiligung droht. Die EU-Kommission wird in Frankreich für ultraliberal, in Großbritannien für eine hyperbürokratische Planwirtschaft gehalten. Kein Wunder, dass Kommissionspräsident Barroso vor der Kampagne für die EU-Verfassung sowohl von Paris als auch von London ausgeladen wurde - genau aus gegensätzlichen Gründen."
Der Verhaltensforscher und Essayist Vilmos Csanyi spricht im Interview über die größten Erfolge seines Lebens: im Sternbild "Der Große Hund" wurde ein Stern nach ihm benannt, und er wurde auf der Straße von Unbekannten angehalten, die zu seinem neuen Buch "If Dogs Could Talk" gratulierten - jedoch nicht dem Verfasser, sondern seinem Hund Jeromos, dem "wichtigsten Mitarbeiter" und der Hauptfigur des Buches. Csanyi gibt außerdem bornierten Geisteswissenschaftlern eine mit: "Weltweit ist der Zutritt für fahrende Ritter der Naturwissenschaften in die festen Burgen der Geisteswissenschaften streng verboten. Die Geisteswissenschaftler sind nicht einmal bereit, naturwissenschaftliche Grundkenntnisse zu erwerben, die man zur Orientierung in der modernen Welt unbedingt braucht. ... Ein bekannter Philosoph erklärte neulich in einem Interview, dass er nicht an der Evolution glaube. Das ist so schrecklich, als wenn ich erklären würde, ich glaube nicht an die Reparaturwerkstatt."
Weiteres: Aus New York wird gemeldet, dass "El perro negro", ein auf privaten Filmaufnahmen basierender Dokumentarfilm über den spanischen Bürgerkrieg des ungarischen Filmemachers Peter Forgacs, den Preis für den besten Dokumentarfilm des Tribeca Film Festivals gewonnen hat.
Der Verhaltensforscher und Essayist Vilmos Csanyi spricht im Interview über die größten Erfolge seines Lebens: im Sternbild "Der Große Hund" wurde ein Stern nach ihm benannt, und er wurde auf der Straße von Unbekannten angehalten, die zu seinem neuen Buch "If Dogs Could Talk" gratulierten - jedoch nicht dem Verfasser, sondern seinem Hund Jeromos, dem "wichtigsten Mitarbeiter" und der Hauptfigur des Buches. Csanyi gibt außerdem bornierten Geisteswissenschaftlern eine mit: "Weltweit ist der Zutritt für fahrende Ritter der Naturwissenschaften in die festen Burgen der Geisteswissenschaften streng verboten. Die Geisteswissenschaftler sind nicht einmal bereit, naturwissenschaftliche Grundkenntnisse zu erwerben, die man zur Orientierung in der modernen Welt unbedingt braucht. ... Ein bekannter Philosoph erklärte neulich in einem Interview, dass er nicht an der Evolution glaube. Das ist so schrecklich, als wenn ich erklären würde, ich glaube nicht an die Reparaturwerkstatt."
Weiteres: Aus New York wird gemeldet, dass "El perro negro", ein auf privaten Filmaufnahmen basierender Dokumentarfilm über den spanischen Bürgerkrieg des ungarischen Filmemachers Peter Forgacs, den Preis für den besten Dokumentarfilm des Tribeca Film Festivals gewonnen hat.
Le Monde diplomatique (Deutschland / Frankreich), 13.05.2005
In einem sehr interessanten Beitrag beschreibt Fariba Adelkhah, wie Liebe und Sex im Iran immer offener diskutiert werden. "Zur Religiosität gehört durchaus auch der Lebensgenuss, den das stereotype Bild der schwarz verschleierten Republik gern verbirgt, über den in den theologischen Schulen aber offen debattiert wird. Und in der Tat verhindert das allgemeine Tabu, mit dem die Wünsche der Frau in der Öffentlichkeit belegt werden, nicht, dass dieses Thema allgegenwärtig ist. Wie wäre es sonst zu erklären, dass in aller Offenheit darüber diskutiert wird, wie Impotenz oder vorzeitige Ejakulation das harmonische Eheleben gefährden? Und die Frau selbst verfügt durchaus über Worte oder vielmehr Zeichen, um ihre diesbezüglichen Wünsche zum Ausdruck zu bringen. So signalisiert zum Beispiel ein auf links getragener Tschador, dass die Frau bereit ist, eine Ehe auf Zeit einzugehen. Und wenn Frauen versuchen, mit verschlüsselten Worten einen Geistlichen um einen intimen Rat zu bitten, dann spielen sie mit Formulierungen wie 'ein umgedrehter Schuh' oder 'der auf dem Kopf stehende Besen' auf die Zulässigkeit von Analverkehr an."
Erstaunlich findet Philipp Ther, wie wenig sich die Deutschen der jahrhundertelangen gemeinsamen Geschichte mit Polen bewusst sind. "Und das, obwohl von 1772 bis 1918 Polen und Deutsche in einem Staat lebten, weil sich Preußen im Zuge der drei Teilungen Polens einen erheblichen Anteil des Nachbarstaates einverleibt hatte. Nur dadurch war Preußen zur europäischen Großmacht aufgestiegen. Und auch die Gründung des Deutschen Reiches von 1871 beruhte auf dem Fortbestand der Teilung Polens. Insofern kann man nur eingeschränkt von einem Nationalstaat sprechen... Die deutsche Geschichte bekommt jedoch eine andere Färbung, wenn man Preußen, das wilhelminische Deutschland und noch die Weimarer Republik aus einer polnischen oder einer zentraleuropäischen Perspektive betrachtet. Das Deutsche Reich erscheint dann - seinem Namen entsprechend - viel stärker als ein multinationales Imperium. Deutsch war dieses Reich in seinen östlichen Gebieten wie der Lausitz, Schlesien, Pommern, Westpreußen und Ostpreußen nur bedingt oder auf sehr spezifische Weise. Polnische Einflüsse und Einwanderer prägten aber nicht nur die östlichen Gebiete des Reiches, sondern auch das Ruhrgebiet."
Außerdem zu lesen ist Amartya Sens Plädoyer für eine Wiederbelebung der indisch-chinesischen Beziehungen nach altem Muster: China bereichert Indiens materielle Sphäre, Indien sorgt für geistige Erneuerung in China. Richard Hatcher beschreibt, wie zunehmend private Firmen das Management britischer Schulen übernehmen. Und für Liebhaber durchdringt Slavoj Zizek die "ultimative postmoderne Ironie" der sechsten "Star Wars"-Episode.
Erstaunlich findet Philipp Ther, wie wenig sich die Deutschen der jahrhundertelangen gemeinsamen Geschichte mit Polen bewusst sind. "Und das, obwohl von 1772 bis 1918 Polen und Deutsche in einem Staat lebten, weil sich Preußen im Zuge der drei Teilungen Polens einen erheblichen Anteil des Nachbarstaates einverleibt hatte. Nur dadurch war Preußen zur europäischen Großmacht aufgestiegen. Und auch die Gründung des Deutschen Reiches von 1871 beruhte auf dem Fortbestand der Teilung Polens. Insofern kann man nur eingeschränkt von einem Nationalstaat sprechen... Die deutsche Geschichte bekommt jedoch eine andere Färbung, wenn man Preußen, das wilhelminische Deutschland und noch die Weimarer Republik aus einer polnischen oder einer zentraleuropäischen Perspektive betrachtet. Das Deutsche Reich erscheint dann - seinem Namen entsprechend - viel stärker als ein multinationales Imperium. Deutsch war dieses Reich in seinen östlichen Gebieten wie der Lausitz, Schlesien, Pommern, Westpreußen und Ostpreußen nur bedingt oder auf sehr spezifische Weise. Polnische Einflüsse und Einwanderer prägten aber nicht nur die östlichen Gebiete des Reiches, sondern auch das Ruhrgebiet."
Außerdem zu lesen ist Amartya Sens Plädoyer für eine Wiederbelebung der indisch-chinesischen Beziehungen nach altem Muster: China bereichert Indiens materielle Sphäre, Indien sorgt für geistige Erneuerung in China. Richard Hatcher beschreibt, wie zunehmend private Firmen das Management britischer Schulen übernehmen. Und für Liebhaber durchdringt Slavoj Zizek die "ultimative postmoderne Ironie" der sechsten "Star Wars"-Episode.
Economist (UK), 13.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q14/A10702/economist.jpg)
Weitere Artikel: Die Geister, die ich rief - Im Aufmacher warnt der Economist Europa und Asien davor, die nukleare Aufrüstungspolitik von Nordkorea und Iran als rein amerikanisches Problem anzusehen oder gar als George Bushs gerechte Strafe durch die von ihm dämonisierte "Achse des Bösen". Ferner gewinnt der Economist zunehmend den Eindruck, dass es die Türken sein könnten, die der EU eine Absage erteilen, weil ihnen der Abschied vom Atatürkismus als Preis für den EU-Beitritt zu hoch ist. Und schließlich findet der Economist es auffällig, in welch engem Verhältnis die Wahlergebnisse der Labour-Partei mit der Vergabe von öffentlichen Geldern stehen. In den Midlands und im Norden, wo in den letzten Jahren große Summen verwendet wurden, genieße die Blair-Regierung weitaus mehr Zuspruch als anderswo.
New York Times (USA), 15.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q12/A10703/nytb.jpg)
Aus den Besprechungen: Für einen "Triumph der Beobachtung" hält Steve Erickson Hector Tobars Studie "Translation Nation". In einer Mischung aus Alexis de Toquevilles "Democracy in America" und Che Guevaras "Motorcycle Diaries" erzähle Tobar, wie die lateinamerikanischen Einwanderer allmählich das Gesicht der Vereinigten Staaten veränderten. Als angenehm bescheiden würdigt William Deresiewicz die Memoiren "If This be Treason" des Übersetzers Gregory Rabassa, dem einige lateinamerikanische Autoren wie Miguel Angel Asturias, Gabriel Garcia Marquez, Julio Cortazar, Mario Vargas Llosa, Jorge Amado und Antonio Lobo Antunes ihren erfolgreichen Eintritt in die englische Welt verdanken. Wenn Crack Dealer so viel verdienen, warum wohnen sie immer noch bei ihrer Mutter?" Interessante Fragen, die der Ökonom Steven D. Levitt in "Freakonomics" (erstes Kapitel) beantwortet. Und das "unterhaltsalm" und "lehrreich", wie ihm ein von so viel interdisziplinärer Chuzpe sichtlich begeisterter Jim Holt bescheinigt.
Im New York Times Magazine, einer Architektur-Ausgabe, wird die bevorstehende Historisierung der Moderne behandelt. Nicolai Ouroussoff sorgt sich um das architektonische Gedächtnis Moskaus. Bauwerke der russischen Avantagarde und der Stalinzeit werden in rekordverdächtigem Tempo abgerissen, meist um gleich darauf in einer gefälligeren Fassung wiederaufzuerstehen. "Das Hotel Moskau, gebaut zwischen 1934 und 1936, auf der Höhe der Schauprozesse Stalins, zählte nicht zu den besten Werken Schtschussews. Trotzdem belegte es einen bedeutenden Platz in der Stadtgeschichte. Seine brütende, vage moderne Form, verbrämt mit klassischen Referenzen, Schmucksäulen und Kasettendecken, weist auf die inneren Kämpfe hin, die die sowjetischen Architekten ausfochten, um Stalins ästhetischen Launen zu genügen.(Die berühmten ungleichen Türme des Hotels gehen laut Gerücht auf einen Flüchtigkeitsfehler in Stalins Notizen zurück, der ihn dazu brachte, zwei rivalisierende Entwürfe zu genehmigen.)"
Weiteres: Michael Kimmelmann porträtiert Oscar Niemeyer, deutsches Urgestein der Moderne und Erbauer von Brasilia. Pilar Viladas beschreibt, wie der Sotheby-Angestellte James Zemaitis das Interesse für Möbel des 20. Jahrhunderts steigerte, und damit nebenbei deren Wert. Matt Steinglass erzählt, was der Architekt Vann Molyvann für Phnom Penh, die Hauptstadt des unabhängigen Kambodscha plante. Bis dann die Roten Khmer kamen.