Magazinrundschau
Kollaps im Innern
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
19.05.2015. In der LRB behauptet Seymour Hersh, dass Osama bin Laden jahrelang vom pakistanischen Geheimdienst gefangen gehalten wurde. Im New Yorker erkundet Karl Ove Knausgard die innere Kriegskultur des Anders Breivik. Wired verfolgt weiter die Ermittlungen gegen die Drogen-Plattform Silk Road. In Clarin beweist Héctor Abad die Kraft magischen Denkens. In Nepszabadsag spricht Regisseur László Nemes über seinen Film "Son of Saul". Und Movie Mezzanine stellt sich gegen eine Armada von Marvel-Helden.
New Yorker (USA), 25.05.2015
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London Review of Books (UK), 21.05.2015
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Viele amerikanische Medien haben Hershs Bericht entweder ignoriert oder, wie das Wall Street Journal, umgehend von den CIA-Chefs dementieren lassen. In der Columbia Journalism Review vermisst Trevor Timm eine dezidiert journalistische Antwort: "Statt den Einzelheiten der Geschichte nachzugehen oder seine Schlüsse durch eigene Recherchen zu widerlegen, versuchten viele Journalisten, den Überbringer der Nachricht zu erledigen."
Mike Jay liest Laure Murats politische Geschichte des Wahnsinns "The Man Who Thought He Was Napoleon" und lernt, dass Revolutionen auch der geistigen Stabilität abträglich sind. So beschrieb bereits der Psychiater Philippe Pinel 1790, dass durch die Französische Revolution zwar die nationale Psyche gestärkt worden sei, aber nicht die individuelle: "Einige von der Revolution in Mitleidenschaft Gezogenene waren Enthusiasten, deren anfängliche Freude ins Delirium umschlug. Ein typischer Fall war der Mann, der sich der Nationalversammlung als Repräsentant des Himmlischen Vaters vorstellte, um sie ihrer Aufgaben zu entheben und selbst Frankreich neue Gesetze zu geben. Andere waren ihre Opfer: Männer, deren Glück umschlug und die geistig verwirrt wurden aus Angst vor Beschlagnahmungen, staatlicher Verfolgung und der Guillotine."
Weiteres: Außerdem berichtet Gaith Abdul Arad aus Sanaa von der Machtübernahme durch die Houthi-Rebellen. Und Andrew O"Hagan konstatiert, dass Saul Bellow vielleicht einen "schlechten Charakter" hatte, aber mit Zachary Leader einen viel "besseren Biografen" bekommen hat als Norman Mailer und John Updike.
Wired (USA), 12.05.2015
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New York Review of Books (USA), 04.06.2015
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Weiteres: Elizabeth Drew beschreibt dann genau, mit welchen Unsummen Konzerne und Tycoons im amerikanischen Wahlkampf mitmischen, allen voran der erzkonservative Casino-Betreiber Sheldon Adelson. Daniel Mendelsohn blickt mit Spike Jonzes "Her" und Alex Garlands "Ex Machina" auf die Geschichte der Humanoidenfantasien zurück, die bekanntlich in Homers "Iliad" ihren Anfang nahmen, in der Werkstatt des Hephaistos.
Aeon (UK), 12.05.2015
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Ed Lake denkt noch einmal über den Fall Aaron Swartz nach, dem für das unerlaubte Herunterladen akademischer Aufsätze 26 Jahre Haft und eine Million Dollar Bußgeld drohten. 2013 beging der erfolgreiche Programmierer im Alter von 26 Jahren Selbstmord. "Armer Junge, richtig? Nun, ja. Er war um einiges mächtiger, als es dieses Bild nahelegt. Er hatte ein bequemes Geldpolster. Seine Entwicklerarbeit an RSS hatte ihm enormes soziales Kapital unter Alpha-Nerds eingebracht. Einflussreiche Freunde hatten ihm die Türen zu Recht, Politik, Medien geöffnet. Er war äußerst charismatisch. Vor allem aber war er schlau: diese geduldige, brutal praktische Intelligenz, die tatsächlich etwas zustande bringt (und damit ist noch nichts über seine Fähigkeiten als Programmierer gesagt). Es ist gut vorstellbar, dass er ohne seinen unsicheren Seelenzustand den Angriff hätte abwehren können. Es haben schon kleinere Davids ihre Goliaths geschlagen."
Clarin (Argentinien), 18.05.2015
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Nepszabadsag (Ungarn), 15.05.2015
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Svobodne forum (Tschechien), 15.05.2015
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Les inrockuptibles (Frankreich), 15.05.2015
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Außerdem gibt es ein Interview mit James Ellroy.
Quietus (UK), 18.05.2015
David Stubbs beleuchtet windungsreich die verwickelte Beziehung von Pop und Politik. Ist Musik heute wirklich weniger politisch als früher? Oder übersehen wir bei unserer Sehnsucht nach der alten "Doc Martens-Energy" nur gern, dass Joy Division die Tories wählten und David Bowies Faszination für Uniformen und Führer ziemlich faschistoid war? "Vielleicht war es einfacher, Pop-Staub aufzuwirbeln, als es noch etwas gab, wogegen man rebellieren konnte, aber seit den 80ern scheint die Pop-und Rockmusik in dieser Hinsicht zu retardieren. In welchen Charts wird man noch so viele demonstrativ ethnisch gemischten Bands finden wie The Beat, The Specials oder The Selector? Und wo sind die Schwulenbands von früher, die Somervilles, die Erasures, Georges Michaels oder die Pet Shop Boys? Es ist doch ironisch, dass sie gerade in der Zeit aufblühten, als die Regierung das Gesetz zur Unterbindung der "Förderung von Homosexualität" verabschiedete. Heute haben die Tories einen Wagen auf der Pride Parade und die Pop-und Rockmusik ist zu einem standartisierten hetero Modus zurückgekehrt."
Hier ein bisschen die gute Laune der 80er. Und immer an die Zukunft denken!
Hier ein bisschen die gute Laune der 80er. Und immer an die Zukunft denken!
Movie Mezzanine (USA), 13.05.2015
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Dazu passend: Ein Essay von Kevin Lincoln auf Grantland, der mit sichtlicher Faszination nachzeichnet, welche Verstrebungen die einzelnen Franchise-Filme zueinander unterhalten - und welche Herausforderungen für den nächsten Teil des Masterplans - nicht weniger als weitere elf Filme sind für die kommenden fünf Jahre geplant - damit einhergehen.
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