So schrecklich er die Ermordung der Ägypterin
Marwa al-Sherbini in einem Dresdner Gericht fand, einige der
harscheren Reaktionen in Ägypten haben Abdel-Moneim Said doch auch
einiges Unbehagen eingeflößt. "Der Vorfall in Dresden war ohne Frage schrecklich und verdammenswert. Aber diesen Vorfall in einen bitteren Konflikt zwischen den Zivilisationen umzuwandeln, wäre gleichbedeutend mit einem
zweiten Mord an Marwa, dem Menschen und der Akademikerin: einmal durch eine böse Hand und ein zweites Mal durch die Hysterie, die zum Tod anderer führt und dem Zerreißen von Beziehungen, die untrennbar sein sollten. Andererseits könnte der Vorfall auch ein Ausgangspunkt für etwas Positives sein, so dass Marwas Blut nicht vergebens geflossen ist. In ihrem Namen könnten die Menschen eine
arabisch-muslimisch-europäische Front bilden, zusammen mit anderen Glaubensrichtungen, um gegen Fanatismus, Bigotterie und Diskriminierung auf beiden Seiten aufzustehen."
Reem Leila
beschreibt die Reaktionen auf den Mord in der muslimischen Welt und berichtet, der ermittelnde Staatsanwalt habe eine
Nachrichtensperre verhängt, nachdem das Magazin
Focus berichtet hatte, der Mord sei vorbereitet gewesen. "Al-Sherbinis Familie reagierte verärgert auf die Sperre und beschrieb sie als einen Versuch, die Medien zum Schweigen zu bringen und die Wahrheit zu verbergen. 'Die Sperre hat uns überrascht', sagte Marwas Vater Ali al-Sherbini. 'Ich bin sicher, dass sie versuchen
Informationen zu verbergen, etwa über die Verzögerung, mit der das Gericht die Polizei rief, nachdem meine Tochter angegriffen worden war, und über den Sicherheitsmann, der auf meinen Schwiegersohn Elwi Ali Okaz schoss.' Okaz, der ernstlich verletzt wurde, war versehentlich von einem Gerichtswärter angeschossen worden, als er seine Frau zu verteidigen suchte. Ali al-Sherbini fügte hinzu, er glaube, die Nachrichtensperre solle
Deutschlands Ansehen im Ausland schützen statt das Interesse an dem Fall zu fördern. 'Deutschland erlaubt den Medien nicht über den Fall zu berichten um die Verurteilung durch andere Länder zu vermeiden', sagte er."
Warum gelingt es den Arabern nicht, einen
modernen Staat aufzubauen? Am Westen liegt es jedenfalls nicht,
meint Hussain Abdul-Hussain. "Es ist wahr, Amerika und westliche Hauptstädte haben gravierende Irrtümer im Umgang mit Arabern begangen, aber immer
nur andere für die eigenen Fehler verantwortlich zu machen, kann kaum die Lösung sein. Schließlich hat
Indien - jetzt eine aufsteigende Macht - seine Unabhängigkeit vom imperialen Britannien 1947 gewonnen, einige Jahre, nachdem die meisten arabischen Länder - die immer noch versuchen herauszufinden, wie man heute einen Staat aufbaut - bereits unabhängig waren."
Nehad Selaiha
zeigt sich überrascht von der Menge an
Klassikern, die beim Ägyptischen National Theater Festival aufgeführt wurden, das in früheren Jahren sehr abenteuerlustige und unkonventionelle Arbeiten gezeigt hat. "Es scheint als seien die jungen Regisseure
etwas ängstlich geworden", grummelt sie. Bestimmt hat sie Recht, aber wir sind trotzdem tief beeindruckt von der
Liste der aufgeführten Autoren: Sechs mal Shakespeare, Ionesco, Max Frisch, Eugene O'Neill, Nazim Hikmet, Tankred Dorst, Friedrich Dürrenmatt, Victor Hugo, Harold Pinter, Alfred Farag, Tawfiq El-Hakim, Bahig Ismail, Mahmoud Diab und Nagib Mahfouz. In
Deutschland gibt es kein Theaterfestival mit einem vergleichbaren Angebot an nichteuropäischen Autoren. Autoren.