Magazinrundschau
Perliges Neo-Champagner
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
New York Times (USA), 28.06.2020

New Yorker (USA), 06.07.2020

In der gleichen Ausgabe stellt Anna Wiener sogenannte "Ghost kitchens" vor, also virtuelle Restaurants, die nur noch für Lieferdienste produzieren und keinen Gastraum bieten: "Einige Restaurantbesitzer betreiben zehn virtuelle Marken von einer einzigen Küche aus. Im Februar, als der Stadtrat von New York eine Aufsichtsanhörung über die Auswirkungen von Geisterküchen auf lokale Unternehmen abhielt, sagte Matt Newberg, ein Unternehmer und unabhängiger Journalist, aus, er habe einen CloudKitchens-Beauftragten in Los Angeles besucht, wo siebenundzwanzig Küchen auf 11.000 Quadratmetern einhundertfünfzehn Restaurants auf Lieferplattformen betreiben. Newberg stellte ein Video online, auf dem Köche gezeigt wurden, die in ein fensterloses Lagerhaus gepfercht sind und über die Geräusche von Tabletts und Telefone hinweg Bestellungen brüllen. Für die Menschen, die in Geisterküchen arbeiten, hat diese Umgebung nichts Gespenstisches an sich, höchstens für die Kunden; die Geister sind die Arbeiter selbst. Die Logik der Plattformen zur Lieferung von Lebensmitteln ist die Logik des digitalen Marktplatzes. Genauso wie es vier verschiedene Amazon-Listen unter vier verschiedenen Markennamen für dasselbe USB-Kabel gibt, kann ein in einer Geisterküche hergestelltes Sandwich auf mehreren Speisekarten mit verschiedenen Namen erscheinen. Virtuelle Restaurantmarken haben oft auffällige und mit Worten spielende Namen, und einige scheinen wie aus einer Kurzgeschichte von Lorrie Moore gerissen zu sein: Á La Couch, Endless Pastabilities, Mac to the Future, Bad Mutha Clucka."
Weiteres: Sehr detailliert erläutert Jeffrey Toobin, wie der Mueller-Report an der Sabotage durch Justizminister William Barr scheiterte.
London Review of Books (UK), 02.07.2020

Amia Srinivasan räumt ein, dass sie von ihren verblendeten Eltern gelernt hat, es sei unhöflich, in Gegenwart einer Person nicht ihren Namen, sondern das Personlapronomen zu benutzen. Aber ihre Uni hat sie eines Besseren belehrt. Zuerst sollte in Seminaren nämlich die Frage geklärt werden, mit welchem Pronomen über jemanden gesprochen werden soll: Er oder sie? "Ich schickte meinen StudentInnen einen Entschuldigung. Sie akzektierten sie und wir diskutierten, wie ich in Zukunft diese Dinge besser handhaben kann. Ich werde nun jedes Semester damit beginnen, meine StudentInnen per E-Mail zu fragen, ob sie mir und den anderen Studierenden ihr bevorzugtes Pronomen nennen möchten. Es ist keine perfekte Praxis, aber ich hofffe, sie wird mir helfen, weitere Fehler zu vermeiden."
El Pais Semanal (Spanien), 30.06.2020

La regle du jeu (Frankreich), 29.06.2020

Guardian (UK), 29.06.2020

New Statesman (UK), 26.06.2020

Novinky.cz (Tschechien), 26.06.2020

Weitere Stimmen: Ondřej Slačálek urteilt in a2larm.cz übrigens noch gnadenloser: Er wirft dem Autor Boulevardjournalimus und gar alte Methoden der Staatssicherheit vor, nämlich die Missachtung der Intimsphäre. Jana Machalická schreibt in den Lidové noviny über den Rummel vor der Veröffentlichung: "Was bisher über das Buch, und damit über Kundera geschrieben wurde, sagt vor allem etwas über uns selbst aus, über unsere gespaltene Gesellschaft und unsere Schwarz-Weiß-Sicht." Den Inhalt des Buchs kann sie nicht ernstnehmen. Geradezu komisch sei Nováks Aussage, Kundera schreibe so authentisch übers Denunziantentum, dass er das selbst durchlebt haben müsse - als gäbe es nicht so eine Kategorie wie schriftstellerisches Können. Ihr Fazit: "So viel Arbeit, so viele Seiten, und doch so wenig über den wirklichen Kundera. Über seine lebenslange Zurückgezogenheit, den Fluch, sich von anderen abzusondern, über seine Überempfindlicheit. Auch nichts über das Thema des Mitleids, das in seinem Werk so besonders durchscheint. Kundera ist nicht unkritisierbar, aber so einen gnadenlosen Beschuss mit Mist, wie Pavel Kosatík treffend auf Facebook schreibt, hat er nicht verdient."
Magyar Narancs (Ungarn), 25.06.2020

Aktualne (Tschechien), 25.06.2020

New York Magazine (USA), 26.06.2020
Dass die amerikanischen K-Pop-Fans für politischen Trubel sorgen - erst haben sie einen von Rassisten verwendeten Twitter-Hashtag gekapert, dann eine Trump-Kundgebung so sabotiert, dass der Präsident vor einer halbleeren Halle sprach -, hätte man durchaus kommen sehen können, meint T.K. Park. Stattdessen reagierten weite Teile der Öffentlichkeit mit völliger Überforderung und blanker Unkenntnis der Materie. Aber woher kommt dieser hohe Grad an Online-Kompetenz gerade in diesem an sich wenig politischen Segment der Popkultur? Zum einen erfahren wir, dass in den USA tatsächlich viele Schwarze Jugendliche diese Musik hören und das Media-Hacking quasi zum Alltag dazugehört: "Fan einer angesagten K-Pop-Gruppe zu sein verlangt einem mehr ab als, sagen wir, Fan von Taylor Swift zu sein ... Jede K-Pop-Band kommt mit einer Reihe vorgefertigen Kennzeichen für die Fans: Spitznamen für die Unterstützer (BTS hat seine 'Army', Blackpink nennt sie Blinks), Farben (die Farbe von NCT ist 'perliges Neo-Champagner'), Hymnen und Slogans. Jede Fangemeinde fordert ihre jeweiligen Anhänger zu koordinierten Aktionen auf, um ihre Stars zu unterstützen, etwa massenhaft bei Radiosendern anzurufen, sich ein bestimmtes Lied zu wünschen, oder abgesprochenes Streaming bestimmter Stücke zu einer bestimmten Zeit - alles, um die Chartposition der Stars zu verbessern. Um das Image ihrer Stars aufzupolieren, organisieren die Fanclubs Spendenaufrufe und andere ehrenamtliche Dienste in deren Namen. Wichtig ist dabei: All diese Aktivitäten kommen ohne herausragende Prsonen oder Hierarchien aus. Vielmehr entfalten sie sich horizontal durch Echtzeit-Kommunikation auf Sozialen Netzwerken. Unter dem Strich steht damit eine partizipatorische Erfahrung von Popkultur. Eine K-Pop-Fangruppe liebt ihre Stars nicht nur für ihre Musik, ihr Aussehen oder ihre Choreografie, obwohl das alles häufig notwendige Voraussetzungen sind. Die engagiertesten K-Pop-Fans kultivieren mit ihrem Zeit- und Energieaufwand zugunsten ihrer Stars ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu ihren Stars und, noch wichtiger, untereinander. Als Kollektiv prägt die Fangruppe den Weg des Idols zum Star - der Erfolg des Idols ist auch der Erfolg der Fans."