Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
06.02.2007. Das NRC-Handelsblad fordert nach Lektüre der christlichen Schulausgabe des holländischen Dudens eine zünftige "Halal"-Edition. The Nation berichtet, wie ägyptische Blogger einen Fall von Polizeifolter publik machten. Al Ahram wirft einem UN-Report über die arabische Welt feministische Propaganda vor. In der New York Times erklärt Tariq Ramadan Ian Buruma, was islamische Weiblichkeit ist. Ayaan Hirsi Ali erklärt dem Observer, wer Tariq Ramadan ist. In Folio erklärt die Teheraner Künstlerin Jinoos Taghizadeh, warum sie auch am Privatpool lieber keinen Badeanzug trägt. HVG beschreibt Schandtaten und Nöte rumänischer Journalisten. DU reist nach Asakusa. Die London Review of Book reist ins Second Life.
NRC Handelsblad (Niederlande), 02.02.2007

The Nation (USA), 19.02.2007

Internationale Politik (Deutschland), 01.02.2007

Al Ahram Weekly (Ägypten), 01.02.2007

Weiteres: Rania Khallaf (hier) und Hadeel Al-Shalchi (hier) schildern ihre Eindrücke von der 39. Internationalen Buchmesse Kairo, auf der es offenbar nur wenig internationale Literatur zu lesen gibt (dafür war die Lesung des islamkritischen algerischen Religionswissenschaftlers Mohamed Arkoun gut besucht). Und im Interview mit Ezzat Ibrahim erläutert der amerikanische Politikwissenschaftler Ian Shapiro ("Containment: Rebuilding a Strategy against Global Terror") seinen Vorschlag zu einer neuen US-Politik in Nahost: Kontrolle statt Konfrontation.
New York Times (USA), 04.02.2007

Guardian (UK), 04.02.2007
Im Observer, der Sonntagsausgabe des Guardian, stellt Andrew Anthony die jetzt auf Englisch erschienene Autobiografie von Ayaan Hirsi Ali vor. In seiner Besprechung porträtiert er sie - nicht ohne Bewunderung - als jemanden, der "kein Blatt vor den Mund nimmt". Aber entfremdet dieser Klartext die Muslime nicht noch mehr von der westlichen Gesellschaft, fragt Anthony. Hirsi Ali fährt zwar nicht aus der Haut, "aber es ist ganz klar eine Anklage, die sie irritierend findet. 'Tariq Ramadan ist voller Geringschätzung für Muslime, weil er glaubt, sie seien unfähig zur Vernunft', antwortet sie in einem verführerisch freundlichen Ton, als würde sie anmerken, dass er einen exzellenten Geschmack bei der Wahl seiner Hemden beweist. 'Wenn ich sage, Terrorismus wird im Namen des Islam ausgeübt, dann soll das zu terroristischen Anschlägen führen? Er schreibt mir viel mehr Macht zu als ich habe. Warum machen meine Bemerkungen aus ihm keinen Terroristen? Weil er darüber steht. Wie viele Anhänger des Multikulturalismus setzt er sich aufs hohe Ross." Auf den Vorwurf, sie spreche vor allem weiße Liberale an, antwortet sie, "dass es wichtig sei, diese anzusprechen, denn sie müssten sich von der Selbszensur, der Folge postkolonialer Schuldgefühle befreien. 'Wenn ihr euch schuldig fühlen wollt', schnappt Hirsi Ali zurück, 'fühlt euch schuldig, weil ihr uns nicht mit John Stuart Mill bekannt gemacht und uns nur dem Koran überlassen habt. Es hilft nicht weiter, wenn ihr sagt, eure Vorfahren hätten unsere Vorfahren unterdrückt, und euch für immer schuldig fühlt.'"
Folio (Schweiz), 05.02.2007

Die mittlerweile in Zürich lebende Zeichnerin Parsua Bashi schildert die alltäglichen Zumutungen eines Lebens unter Männern, vor denen auch der Tschador nicht schützt: "Bis zum Büro waren es etwa zehn Minuten. Wenn ich an Leuten vorbeiging, sah ich Fußpaare, weibliche Füße, männliche Füße, Kinderfüße, zu zweit, allein, zu dritt, in einer Reihe. Ich wich allen Blicken aus und wünschte mir auch nichts zu hören: 'Baby!' - 'Dich vernasch ich!' - 'Schau dir diese Titten an!' - 'Willst du meine Telefonnummer?'"
Weiteres: Bahman Nirumand erinnert sich von Berlin aus sehnsuchtvoll an Teheran, das er unter dem Schah hatte verlassen müssen, in das er 1979 zurückgekehrt war, nur um drei Jahre später wieder flüchten zu müssen. Farsin Banki und Victor Kocher liefern Eindrucke aus den vergnüglichen Nischen des Gotteststaat. Ulrich Tilgner berichtet, wie Teherans Studenten die Buchmesse nutzen, um Kontakte zum Westen zu knüpfen. Und Rudolph Chimelli entschleiert die vielen Gesichter des Mahmud Ahmadinedschad. Und schließlich: Luca Turin hat den Glauben an die Parfümiers wiedergefunden - Chanels neuer Duft "Rue Cambon", auf der Basis eines Pfeffer-Iris-Akkords, löste bei ihm ein Gefühl aus, "das ich seit Jahren nicht mehr verspürt hatte: die erregende Spannung weiblicher Schönheit".
HVG (Ungarn), 01.02.2007

Nouvel Observateur (Frankreich), 01.02.2007

Zu lesen ist außerdem ein Beitrag des Wissenschaftlers, Theologen und Dominikaners Jacques Arnould zu seinem neuen Buch, in dem er sich ein weiteres Mal kritisch mit dem Kreationismus auseinandersetzt: "Dieu versus Darwin. Les creationnistes vont-ils triompher de la science?" (Albin Michel).
Spectator (UK), 03.02.2007

Gazeta Wyborcza (Polen), 03.02.2007

Nepszabadsag (Ungarn), 01.02.2007

DU (Schweiz), 05.02.2007

Letras Libres (Spanien / Mexiko), 01.02.2007
"Operacion Che": Pünktlich zum 30. Todestag Ernesto Che Guevaras wurden im Sommer 1997 auf Anordnung Fidel Castros in einer großen Haupt- und Staatsaktion die von einem kubanischen Suchtrupp "endlich gefundenen und identifizierten" sterblichen Überreste des "Guerrillero Heroico" von Bolivien nach Kuba überführt und im eigens geschaffenen Mausoleum von Santa Clara beigesetzt. Oder war das alles nur ein Fake? Das behaupten gut dokumentiert Maite Rico und Bertrand de la Grange in der neuen Ausgabe der mexikanisch-spanischen Zeitschrift Letras Libres, die mittlerweile zu großen Teilen frei im Netz lesbar ist: "Die Knochen und die medizinischen Daten gehören zu einundderselben Person - nur ist es nicht der Che. Der 'Fund' seiner Überreste war weder eine Heldentat noch ein Wunder: es handelte sich um eine als wissenschaftliche Mission getarnte Geheimdienstoperation. Höchstwahrscheinlich erfolgte die Manipulation der Grabstelle noch vor dem Eintreffen der renommierten argentinischen Forensiker. Wie schafften es die Kubaner aber, aus sechs Leichen sieben Skelette zu zaubern?"
Der polnische Lyriker Adam Zagajewski sorgt sich derweil um das aus dem Gleichgewicht geratene Verhältnis von Zentrum und Peripherie in der Literatur: "Die neue Vorherrschaft der Provinzen sorgt für einen Überschuss an Literatur, die sich vornehmlich mit den Menschen als Kollektiv beschäftigt, mit der Politik, der Unterdrückung, der Gesellschaft, etc. Heute steht manchmal die Erinnerung der Imagination im Wege, als fände neben soviel geschichtlicher oder persönlicher Erinnerung die Imagination ihren eigenen Ort nicht mehr."
Der polnische Lyriker Adam Zagajewski sorgt sich derweil um das aus dem Gleichgewicht geratene Verhältnis von Zentrum und Peripherie in der Literatur: "Die neue Vorherrschaft der Provinzen sorgt für einen Überschuss an Literatur, die sich vornehmlich mit den Menschen als Kollektiv beschäftigt, mit der Politik, der Unterdrückung, der Gesellschaft, etc. Heute steht manchmal die Erinnerung der Imagination im Wege, als fände neben soviel geschichtlicher oder persönlicher Erinnerung die Imagination ihren eigenen Ort nicht mehr."
London Review of Books (UK), 08.02.2007

Weitere Artikel: In einem interessanten Artikel rollt Thant Myint-U die Geschichte Burmas seit 1885 auf, um am Ende ein paar Ratschläge für die Zukunft anzubringen. Dazu gehört: Der Westen sollte Burma wirtschaftlich unterstützen und dabei gleichzeitig helfen, Reformen auf den Weg zu bringen, statt auf Reformen zu warten und dann erst zu helfen. Und James Meek stellt ein Buch des Journalisten Lawrence Wright über den Weg Al Qaidas bis zum 11. September vor: "The Looming Tower".
New Yorker (USA), 12.02.2007

Weiteres: Zu lesen ist ein Interview mit Ann Goldstein, die Primo Levis Kurzgeschichte "A Tranquil Star" übersetzt hat und eine amerikanische Gesamtausgabe seiner Schriften vorbereitet. Peter Schjeldahl schreibt über eine große Tintoretto-Retrospektive im Prado in Madrid, die zweite seit 1937 überhaupt. Und Anthony Lane begeistert sich für den Film "Das Leben der Anderen" - "ein Regiedebüt, auf das wir mit Recht neidisch sein können" - und findet, "wenn es irgendeine Gerechtigkeit gibt", müsse er den Oscar als bester ausländischen Film bekommen.