Im Kino
Welt ohne Mesalliancen
Die Filmkolumne. Von Ekkehard Knörer
20.06.2007. In "Shrek 3" wird nun auch noch die Artus-Legende ins skrupellos synkretistische Oger-Universum gemischt. Mehr als eine gelegentlich komische Nummern-Revue ist es beim dritten Mal aber nicht geworden. Der spanische Film "Obaba" erzählt in loser Verknüpfung Geschichten aus der baskischen Vergangenheit und Gegenwart.
Von einem, der auszieht, um keinesfalls König zu werden, erzählt entsprechend der Film. Des Ogers Chance ist ein natürlicher Sohn des Froschkönig-Schwiegervaters, ein Weichei mit Namen Artie (the prince formerly known as Artus). Weil sie noch fehlte im skrupellos synkretistischen Shrek-Märchenreich, wird nun auch noch die Artuswelt inkorporiert ins Zeichentrick-Universum. Artie geht hier, der Wink Richtung Zielgruppe muss sein, noch zur mittelalterlichen Highschool, wo man ihn behandelt wie den Idioten, der er leider auch ist.
Damit ist als Erzählbogen eine Selbstfindungsgeschichte vorprogrammiert - die,

Das einzige, worauf dabei wirklich Verlass ist, ist, dass alles kommt, wie es kommen muss. Wenn auch auf Umwegen, die dann schon keine mittelalterliche Questen-Struktur, aber doch, wenn auch nur gerade mal so, etwas wie einen Plot hergeben. Der ist konsequenterweise bar jeder Originalität und droht jederzeit in mal hübsche, mal dümmliche komische Nummern auseinanderzufallen. Überhaupt ist der Unterschied etwa zum dritten Teil des "Pirates of the Caribbean"-Blockbusters gewaltig, der - wie Henry Jenkins recht überzeugend argumentiert - an der Verfertigung eines Großmythos arbeitet, in dem jeder Winkelzug und jede Variation ihre Bedeutung hat.

Hineingemischt ist diesmal, für einen Umsturzversuchs-Subplot, wieder der aus der Art geschlagene Märchenprinz Prince Charming. Von Charme keine Spur, vielmehr ist er ein Ekel sondergleichen mit Königsthronambition. Er rottet sich mit allerlei ungutem Gesindel zusammen, überfällt das Königsschloss und bereitet ein Theaterstück vor, in dessen Verlauf Oger Shrek - von einem Kräuterhippie namens Merlin (sic!) rechtzeitig zurückgezaubert nach Weitweitweg - auf offener Bühne der Garaus gemacht werden soll. Man verrät kaum zuviel, wenn man sagt: Es kann und wird nicht gelingen. Die Märchenform bleibt natürlich gewahrt: Der Oger muss nicht König sein, da Artie sich gut gemacht hat. Shrek überwindet sein Vaterschaftstrauma und im Klein- bzw. Großfamilienverbund leben er und Prinzessin Fiona und die vielen kleinen Ogerlein glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Oder jedenfalls bis zum nächsten Sequel.
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Lourdes studiert Film an der Universität, nach Obaba kommt sie, um die Vergangenheit des Dorfs, seiner Bewohnerinnen und Bewohner auf Video zu dokumentieren. Ein Foto wird zum Ausgangs- und Sammelpunkt der nach und nach als verknüpft sich erweisenden Biografien. Das Foto ist vierzig Jahre alt und zeigt eine Schulklasse; die Schüler umringen die sehr junge, sehr gut aussehende Lehrerin. In einer Rückblende erzählt "Obaba" die Geschichte dieser Lehrerin, die ein Verhältnis mit einem Schüler beginnt, sich mit in die Berge zurückzieht - und nun doch wieder im Dorf leben.
Der Film beruht auf einem viel gelobten und viel verkauften Erzählungsband des

Tatsächlich sieht man "Obaba" ungefähr so, wie man einen Erzählungsband liest. Es gibt starke, auch stark erzählte Geschichten - die der Lehrerin gehört dazu. Andere verbleiben eher im Belanglos-Ungefähren, so etwa die eines Jungen, dessen Vater (Peter Lohmeyer) einst aus Hamburg nach Obaba kam. Auch die Liebesgeschichte von Lourdes und dem Dorfschönling Miguel (Juan Diego Botto) hat so ihre Mühe, ihre Notwendigkeit zu erweisen. Dennoch: "Obaba" ist eher apartes Stickwerk als banales Stückwerk und insgesamt recht diskret in der Handhabung seiner die Arthouse-Konvention nie verlassenden Mittel. Muss man nicht sehen, wird aber selten unangenehm.
Shrek der Dritte. USA 2007 - Regie: Chris Miller, Raman Hui - Darsteller: (Stimmen) Esther Schweins, Sascha Hehn, Marie-Luise Marjan, Benno Fürmann, Thomas Danneberg, Wolfgang Spier - Länge: 93 min.
Obaba. Spanien / Deutschland 2005 - Regie: Montxo Armendariz - Darsteller: Barbara Lennie, Pilar Lopez de Ayala, Juan Duego Botto, Peter Lohmeyer, Eduard Fernandez, Mercedes Sampietro, Hector Colome, Txema Blasco - Fassung: O.m.d.U. - Länge: 107 min