Magazinrundschau
Bandbreiten des kriechenden Schreckens
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
21.03.2017. Vanity Fair betrachtet die Spaltung der USA in Kolonie und Nation. The Nation porträtiert die algerischen Verleger Sofiane Hadjadj und Selma Hellal. Buzzfeed schildert die Methoden russischer Regierungshacker. En attendant Nadeau erzählt, wie die Soziologie die Philosophie erledigt und weiterführt. Die New York Times begleitet einige Aktivisten des arabischen Frühlings ins Gefängnis.
Vanity Fair (USA), 01.04.2017

Das Metropolitan Museum in New York hat seinen Direktor Thomas Campbell gefeuert, der offenbar alles falsch machte, was man sich nur vorstellen kann, wie William Cohan zusammenträgt: Campbell behandelte seine Mitarbeiter schlecht, belästigte Frauen und setzte die Digitalisierung in Sand, obwohl die zuständige Abteilung am Ende mehr Mitarbeiter beschäftigte als alle anderen Abteilungen zusammen. Die bedeutendste Kulturinstitution der Menschheit verlor den Anschluss. Besonders verübelt wurde Campbell allerdings, dass er sich mit einer Großschenkung von Leonard und Ronald Lauder dazu drängen ließ, jetzt auch auf moderne Kunst zu setzen, als wäre nicht das Museum of Modern Art gleich nebenan. Und was Berliner Museumsmanager aufhorchen lassen sollte: "Beobachter hielten es auch für falsch, dass das Met sich darauf einließ, einen eigenen Flügel für Lauders Kubisten-Sammlung zu bauen. Robert Storr, Professor an der Yale School of Art und lange Zeit Kurator am Moma, hält es für eine Sache das Prinzips. 'Es ist eine Sache, eine solche Sammlung anzunehmen. Eine andere ist es, für die geschenkten Schätze die Räumlichkeiten erweitern zu müssen. Es macht eine bedeutende Museumsammlung aus, dass sie eben keine Kapellen für eine Kunstrichtung oder für einzelne Sammlungen errichtet.' Als noch problematischer erwies sich Cambells Entscheidung, das Projekt zu lancieren, bevor er überhaupt die nötigen 600 Millionen Dollar beisammen hatte. Denn das Geld floss nur spärlich. Der Vorstand unterstützte das Vorhaben nur zögerlich. Angeblich waren nur die beiden Blackstone-Partner, Tony James und Tom Hill, dafür und spendeten jeweils zehn Millionen Dollar - aber selbst das ließ den Großteil der Summe offen. Im Januar musste das Museum die peinliche Ankündigung machen, dass der neue Flügel auf unbestimmte Zeit verschoben werde."
Aktualne (Tschechien), 20.03.2017

Ai Weiwei, Law of the Journey, Installationsansicht. Bild courtesy Nationalgalerie Prag
Als Teil der Ausstellung "Law of the Journey" hat der chinesische Künstler Ai Weiwei im Prager Messepalast Veletržní palác ein 17 m langes schwarzes Schlauchboot installiert, das mit über 250 Flüchtlingsfiguren vollgepfercht ist. Martin Fendrych zeigt sich beeindruckt von dem erhöht im Raum schwebenden Boot (unter dem sich der Betrachter wie hilflos im Wasser fühlt) und erinnert daran, dass der funktionalistische Messepalast in den Jahren 1939 bis 1941 von den Nazis als Versammlungsort für Juden diente, die nach Theresienstadt deportiert wurden. "Es ist unmöglich, diesen höllischen Zusammenhang zu ignorieren, wo wir Tschechen uns gerade weigern, auch nur tausend Muslime aufzunehmen." Tatsächlich hat sich Weiwei gezielt Tschechien als Ausstellungsort ausgesucht, wie er im Interview sagt, ein Land, das selbst eine starke Migrationsgeschichte habe und sich in der Flüchtlingspolitik nun unglücklich verhalte. (Das Interview ist auf Englisch geführt und lässt sich am Ende des Artikels aufrufen.) Auf die Frage, wie der Westen auf die chinesische Politik Einfluss nehmen könnte, antwortet Weiwei recht dezidiert, der Westen solle sich nicht in China einmischen, sondern sich um seine "sogenannten westlichen Werte" und die Menschenrechte kümmern, die in vielen westlichen Ländern nicht konsequent eingehalten würden.
The Nation (USA), 14.03.2017

Fathom (Großbritannien), 20.03.2017

Buzzfeed (USA), 19.03.2017

New Yorker (USA), 20.03.2017

Außerdem: Michael Schulman stellt das kritische Gegenwartstheater der Dramatikerin Lynn Nottage vor. Und Jane Mayer porträtiert den steinreichen Hedgefonds-Manager Robert Mercer als Strippenzieher hinter Trumps Präsidentschaft.
LA Review of Books (USA), 11.03.2017

En attendant Nadeau (Frankreich), 14.03.2017

New York Times (USA), 20.03.2017

John Herrman macht uns darauf aufmerksam, dass heute alles "zur Waffe gemacht" wird, Tweets, fake news, ein Lächeln. Das geschieht nicht ohne Absicht: "Der Vorwurf, etwas werde zur Waffe gemacht, wird sowohl dazu verwendet, um eine Rhetorik zu beschreiben, die zur Gewalt anstiften kann, als auch dazu, eine gewaltsame Rhetorik zu kritisieren. Er wird gegen das Gewaltmonopol des Staates erhoben, aber auch gegen die, die den Staat herausfordern. Er führt zu falschen Gleichsetzungen und bietet eine Entschuldigung für denjenigen, der selbst Gewaltsames im Schilde führt. Als Metapher führt er zu Paranoia und hinterlässt den Eindruck, dass nichts vom kriegerischen Element verschont ist. Plötzlich lauern die Mittel der Gewalt überall und warten nur darauf, von unseren Feinden benutzt zu werden."
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