Magazinrundschau - Archiv

Der Spiegel

163 Presseschau-Absätze - Seite 7 von 17

Magazinrundschau vom 08.03.2004 - Spiegel

Marcel Reich-Ranicki bespricht den letzten Roman Undine Gruentners "Der verschlossene Garten": "Vielleicht haben wir noch nicht ganz begriffen, welche Lücke der Tod Undine Gruenters hinterlassen hat. Dieser Ton ist einmalig, diesen Stil gibt es nicht mehr in der deutschen Literatur."

Nur im Print: Ein Gespräch mit dem Sammler Friedrich Christian Flick über seine Familie und das umstrittene Berliner Museum für seine Bilder. Der Titel widmet sich "Merkels Präsident" Horst Köhler, der dem Spiegel ein Interview gewährt.

Magazinrundschau vom 01.03.2004 - Spiegel

Der Spiegel druckt Martin Walsers Abschiedsbrief an die "liebwerten Damen, werten Herren" des Suhrkamp Verlags. Darüber und über die Reaktionen haben wir schon heute morgen in der Feuilletonrundschau berichtet.

Nur im Print: In der Reihe über den Ersten Weltkrieg beschreibt der Historiker Vejas Gabriel Liulevicius (mehr hier und hier), wie die Kämpfe im Osten "Hitlers mörderisches Weltbild" prägten. Der Titel fragt: Wird Amerika wieder demokratisch?
Stichwörter: Der Spiegel, Suhrkamp Verlag

Magazinrundschau vom 23.02.2004 - Spiegel

McKinsey hat die neue Liebe der Deutschen zum Discount untersucht. Alexander Smoltczyk war bei der Präsentation der Ergebnisse im 20. Stock des Japan-Towers in Frankfurt dabei, und hat etwas gelernt: "Die Mitte ist tot. Das ist die Botschaft von Aldi, hervorgezaubert von den Gutbetuchten im 20. Stock: Hinter der Banalität des Billigen verbirgt sich ein Versagen. Ein Versagen der Eliten hinter dem Ladentisch. Der deutsche Supermarkt, die Ikone des Wirtschaftswunders, hat den Kontakt zum Volk verloren. Der Deutsche will kein Drumherum. Der Deutsche will Führungsstärke am Regal. Er will klare Verhältnisse auf dem Etikett und Ehrlichkeit im Angebot. Aldi und Lidl haben verstanden, was Rot und Grün bis heute ein Rätsel geblieben ist."

Außerdem: In diesem Jahr jährt sich zum sechzigsten Mal das gescheiterte Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944, und im nächsten Jahr das Kriegsende. Nikolaus von Festenberg gibt einen Überblick über die bereits abgedrehten und noch geplanten Kino- und Fernsehproduktionen von unter anderem Heinrich Breloer, Jo Baier, Lutz Hachmeister und Dominik Graf. Als Hitler versuchen sich Bruno Ganz, Udo Schenk und der gebürtige Tiroler Tobias Moretti - "auch eine deutsche Rache an Österreich, schließlich kam der braune Bösewicht aus der stickigen Inzestwelt des Innviertels, wohin Maria Theresia einst ihre Tunichtgute geschickt hatte".

Nur im Print: Botho Strauß' Reflexionen "über Gene, Liebe und die Verbrechen der Intimität". Die Texte erscheinen demnächst unter dem Titel "Der Untenstehende auf Zehenspitzen" bei Hanser. Außerdem gibt es zwei Interviews: mit der für den Oscar nominierten deutschen Regisseurin Katja Esson und mit dem Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein. Schließlich wundert sich der Spiegel über den Wirbel um Sibel Kekillis "Porno-Vergangenheit": "So freizügig sich eine Gesellschaft auch gibt - pseudoprüde Empörung zieht immer noch." Wohl aus diesem Grund konnte es der Spiegel nicht lassen, eins der Porno-Foto aus der Bild-Zeitung abzudrucken.

Der Rosenmontags-Titel fragt, angesichts der vielen Polit-Pannen der letzten Monate: "müssen wir die Karnevalisierung der Politik mit Humor nehmen?"

Magazinrundschau vom 16.02.2004 - Spiegel

Ausgesprochen dürftig ist diese Woche die Ausbeute im Netz. Lesen darf man einen Bericht von Walter Mayr über den "zeitweise verschollenen" russischen Präsidentschaftskandidaten Ivan Rybkin. Im Kulturteil schreibt Ulrike Knöfel über die Ausstellung "Body Extensions. Wie wir den Körper erweitern" in Zürich.

Nur im Print: Elke Schmitter ärgert sich über die oft miserablen Übersetzungen amerikanischer Romane. Als Beispiel nennt sie Colson Whiteheads "John Henry Days", aber auch Jonathan Franzens "Korrekturen". Schuld seien die Verlage, die an Übersetzerhonoraren sparten, und die Kritiker: "Eine Literaturkritik, die sich Runde um Runde am Nasenring der Verlage führen lässt, verliert in jedem Sinn ihre Autorität."

Außerdem: Günter Grass hat vorgeschlagen, eine der sieben Lübecker Kirchen zur Moschee umzuwidmen und damit einen "Kulturkampf" entfacht, erzählt Gunther Latsch. Und Susanne Mayer stellt einen wiederentdeckten "Skandalroman" vor: Edith Templetons "Gordon" (Leseprobe). Der Titel ist diesmal dem Ersten Weltkrieg gewidmet und eröffnet zugleich eine neue Spiegel-Serie, in der "prominente Historiker aus dem In- und Ausland die 'Urkatastrophe' des 20. Jahrhunderts" analysieren werden. Diesmal beschreibt Hans-Ulrich Wehler den Ersten Weltkrieg "als Auftakt und Vorbild für den Zweiten Weltkrieg". Und John Röhl, Biograf von Kaiser Wilhelm II., schreibt über "die Verantwortung des Kaisers für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs".

Magazinrundschau vom 09.02.2004 - Spiegel

Henryk M. Broder hat sich beim Rowohlt Verlag umgehört, um zu erfahren, warum Thor Kunkels neues Buch "Endstufe" dort abgelehnt wurde: Kunkel ist "ein 'Rasender', einerseits 'völlig ahnungslos', andererseits 'sehr von sich angetan - die Wiedergeburt Parzifals als rechter Schläger'", zitiert Broder den Rowohlt-Verlagsleiter Alexander Fest.

Thor Kunkel hat inzwischen per Mail einen Offenen Brief veröffentlicht, in dem er Broder vorwirft, dieser habe "unautorisierte Textpassagen aus längst verworfenen Manuskriptstadien zitiert". Auch Alexander Fest beziehe sich auf eine "von mir Mitte 2002 geschriebene Rahmenhandlung von 'Endstufe' - die Geschichte einer abwegigen Recherche, also Prosa in Reinkultur". Kunkel "verurteilt die Greuel des Nazi-Regimes, so wie jeder halbwegs vernunfbegabte Mitmensch". Er habe beim Schreiben "bewusst auf alle hinlänglich bekannten Klischees des 'Genres' verzichtet, um endlich - ENDLICH - die subtilere Form des Bösen hinter dem braunen Kolorit sichtbar zu machen".

Jack Nicholson
kennt, in einem Interview mit Urs Jenny und Martin Wolf, den Unterschied zwischen den USA und Europa: "Amerikaner mögen es, wenn Filme sexy sind; Europäer bevorzugen Filme mit Sex." Und dass die Amerikaner eine Obesssion für "nackte Tatsachen" hätten, während "so etwas" in Europa "kaum registriert" würde, mag er dann auch nicht so einfach bestätigen: "Falls die deutschen Zuschauer nicht lachen, wenn mein Arsch zu sehen ist, werde ich Ihnen Recht geben."

Alexander Osang hat Norah Jones (mehr hier) in New York getroffen, wenige Stunden bevor ihre neue Platte "Feels Like Home" erschien: "Man denkt an die schöne Frau auf dem Coverfoto, die verträumt mit vollem, offenem Haar an einer warmen Wand entlangläuft, und dann kommt dieses Mädchen, das in einer Videothek in Brooklyn arbeiten könnte, zur Tür herein. Es trägt eine Brille, einen Pferdeschwanz und lächelt. Es ist, als würde man Cinderella rückwärts abspielen." Außerdem online: zwei Artikel zum US-Präsidentschaftswahlkampf (hier und hier).

Im Print: Christoph Heins "Landnahme" wird auch hier als "großartiger Roman" gefeiert. Außerdem: "Ist die dubiose Mossad-Story 'Ich musste auch töten' noch zu retten?" Sowie ein kurzer Beitrag zur Premiere von Rolf Hochhuths Anti-Berater-Stück "McKinsey kommt" und ein kurzes Interview mit dem Zeitungswissenschaftler Horst Röper über Pressefusionen.

Im Titel diesmal: "Der halbierte Kanzler" und die Frage, was folgt.

Magazinrundschau vom 02.02.2004 - Spiegel

Ein Artikel erzählt die Geschichte des Berater-Booms in der deutschen Politik: "Zum Großangriff auf Deutschlands Amtsstuben bliesen Manager der Unternehmensberatung McKinsey am 30. März 2001". Da nämlich hatte die Zentrale "zum 'Kick-off Meeting' - so reden Unternehmensberater - ins Berliner Westin Grand Hotel geladen. Dort erhielten jetzt zahlreiche 'Meckis' (Branchen-Jargon) aus den Büros von Hamburg bis München ihre Instruktionen: 'Fast 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen in Deutschland in Staatshand', dozierte ein Berater. 'Zur Verbesserung von Effizienz und Effektivität in den verschiedensten Bereichen des öffentlichen Sektors' müsse McKinsey seine Expertise anbieten. Damit jeder verstand, worum es ging, lieferte der Dozent anschließend gleich die Leitformel: 'Qualität der öffentlichen Dienste verbessern - Öffentliche Gelder einsparen' - und vor allem: 'Großen Markt für McKinsey entwickeln'." Dürfte nicht ganz leicht sein, nach Enron.

Weitere Artikel: Erklärt wird, warum Berlins Diplomaten nach dem Gefangenenaustausch zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz an eine wichtige Maklerrolle Deutschlands im Nahen Osten glauben, warum die Russen Kant ignorieren, warum immer mehr amerikanische Filmstudios in Berlin filmen. Im Interview spricht Romuald Karmakar über seine beiden Filme, die auf der Berlinale laufen ("Land der Vernichtung" und "Die Nacht singt ihre Lieder"), und verkündet sein Credo: "In meinen Filmen muss immer der Zuschauer entscheiden, wer der Arsch ist."

Der Titel berichtet von archäologischen Funden in ostdeutschen Kohlegruben und fragt: "Wurde der Mensch zum Geistwesen, weil er Unmengen an Fleisch verzehrte?"

Magazinrundschau vom 26.01.2004 - Spiegel

Jana Hensel schildert die äußerst gereizten Reaktionen der Erfurter auf Ines Geipel und ihr Buch "Für heute reicht's" über die Hintergründe von Robert Steinhäusers Amoklauf im Jahr 2002 am Erfurter Gutenberg-Gymnasium. Darin schreibt sie: "Die spezifische Identitätsschwäche der Elterngeneration verlängert sich in den Jahren der politischen Neuordnung in Ostdeutschland - in der Zeit also, da Robert Steinhäuser nächtelang vor dem Computer sitzt - wirkmächtig in die Kinder hinein." Nachdem sie eine Lesung der Autorin in Erfurt beobachtet hat, kann Hensel dem eigentlich nur beipflichten: "Die Vorwürfe sind immer dieselben: Die Autorin sei eine Fremde und in der Sache nicht aussageberechtigt; formale Einwände gegen den Text sind wichtiger als dessen sachliche Fragen; solange die Informanten nicht öffentlich gemacht sind, werden die Fakten angezweifelt. Was aber ist daran ostdeutsch? Der Osten Deutschlands steckt noch immer in einer Identitätskrise ..."

Im Print: Ein Interview mit Walter Kempowski "zum Streit über sein Anonyma-Gutachten", ein Interview mit Kevin Costner über "die Wiederkehr des Westerns" und seinen neuen Film "Open Range". Schließlich ein Artikel über den Maler und Regisseur Julian Schnabel. "Ein Atomkrieg rückt näher" - so Chefwaffeninspektor Mohamed El Baradei im Titel - der diesmal davon handelt, "wie hilflos die Uno-Kontrolleure gegen die Weiterverbreitung von Kernwaffen sind. Nordkorea, Iran und Libyen haben sich bei Pakistans Atompiraten wohl schon bedient - wer kommt als Nächster?"

Magazinrundschau vom 19.01.2004 - Spiegel

Hans Hoyng berichtet, was Paul O'Neill, einst Finanzminister im Kabinett Bush, so alles dem Pulitzerpreisträger Ron Suskind anvertraut hat - und nun in dessen Buch "The Price of Loyalty" (letzte Woche, vielbeachtet, in den USA erschienen) nachzulesen ist: "Kraft seines Amtes ist der Finanzminister auch Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat. Schon auf dessen erster Sitzung am 30. Januar 2001, zehn Tage nach der Vereidigung des neuen Präsidenten, vollzog sich ein grundlegender Richtungswechsel amerikanischer Außenpolitik. Präsident Bush gab die Devise aus, sich aus den Unwägbarkeiten des Nahost-Konflikts rauszuhalten. Stattdessen, forderte Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, müsse man sich auf Saddam Hussein konzentrieren, der die ganze Region destabilisiere. Nach knapp einer Stunde Diskussion gab Bush Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Auftrag, 'unsere militärischen Optionen zu prüfen'."

Elke Schmitter hat die Ausstellung "Das große Fressen" in Bielefeld besucht, die den in den sechziger Jahren einsetzenden Trend in der Kunst zur Traktierung von Lebensmitteln dokumentiert - und findet, dass die Schau, "eine Trennung der Alten von der Neuen Welt überraschend deutlich" macht: "... der Amerikaner zeigte die Dose, der Europäer die Suppe - gelegentlich, wie bei Spoerri, gleich selbst gekocht. Gegen die Feier des sterilen Immergleichen aus den USA steht hier das Vergängliche und Einzelne: in den Tieropfern des Happening-Künstlers Nitsch, in den Stillleben von Dieter Roth, in denen Salami und Käse eine stinkende Landschaft bilden, und schließlich in den Schlachtparaden eines Damien Hirst (mehr), der Insektenschwärme sich nähren, vermehren und vergehen lässt."

Nur im Print: Ein Interview mit Sozialministerin Ulla Schmidt und eins mit Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, über "den deutschen Weg zur Elite-Uni". Thema des Titels ist der "Erfinder der Plastination" Gunther von Hagens.

Magazinrundschau vom 12.01.2004 - Spiegel

Ein Artikel sammelt Erklärungen für das schwierige Verhältnis der Polen zur EU: Der konservative Europa-Abgeordnete Elmar Brok glaubt, es gehe den Polen "schlicht ums Prinzip - und um ihre nationale Befindlichkeit. 'Über Stolz aber kann man nicht verhandeln', so Brok. Ist es die Überreaktion einer ewig zu spät kommenden Nation, die Polen auftrumpfen lässt? Oder die Großmannssucht eines Parvenüs, der in den letzten Jahren wirtschaftlich gewaltig aufgeholt hat? Ein Minderwertigkeitskomplex treibe die polnische Außenpolitik an, lautet der Befund des Polen-Politologen Lang, eine aus der Geschichte tief verankerte Angst, an den Rand gedrängt zu werden. 'Manchmal ist es schwieriger, mit einem schwachen als mit einem starken Partner zu verhandeln', sagt sein Warschauer Kollege Aleksander Smolar."

Nur im Print: ein den Beitrag über Polen ergänzendes Interview mit Präsident Aleksander Kwasniewski über "das Verhältnis zur Europäischen Union" und "die Spannungen zwischen Polen und Deutschland", sowie ein Interview mit Edgar Bronfman und Israel Singer über Judenfeindlichkeit in Europa. Der Titel weiß diesmal: "das Land braucht Akademiker künftig mehr denn je" und fragt, ob Studiengebühren dabei helfen werden.

Magazinrundschau vom 05.01.2004 - Spiegel

Der Historiker Paul Kennedy ("Aufstieg und Fall großer Mächte") glaubt im Interview, dass die Bush-Administration von Sendungsbewusstsein getrieben ist - und erklärt, woran man unter den aktuellen Bedingungen ein Imperium erkennt: "Wenn Sie sich heutzutage jene Länder anschauen, in denen der amerikanische Einfluss so enorm ist - Südkorea, die Philippinen bis nach Afghanistan, die Golfstaaten -, nun, das sieht aus wie ein Imperium, handelt wie ein Imperium, läuft wie ein Imperium, und es quakt wie ein Imperium - wahrscheinlich ist es ein Imperium."

Weitere Artikel: Veronika Hackenbroich berichtet, dass deutsche Psychiater, die Depressionen bei türkischen Migranten behandeln, "einer faszinierenden kulturwissenschaftlichen Frage auf der Spur sind: Wie kulturgebunden ist das Erscheinungsbild einer Krankheit? Äußert sich etwa eine Schizophrenie in Anatolien anders als in Ostfriesland? Und eine Depression in Istanbul anders als in Bottrop?" Gerald Traufetter stellt zwei neue Bücher vor, die das Image des britischen Antarktis-Abenteurers Ernest Shackleton ankratzen. Und Volkhard Windfuhr und Dieter Bednarz melden: Görings Yacht sucht neuen Besitzer.

Nur im Print: Im Interview gibt sich Bundeskanzler Gerhard Schröder entschlossen, weitere Reformen durchzusetzen. Angesichts eines ganzen Ensembles von geplanten Holocaust-Denkmälern in Berlin - das eine "Hierarchie von Nazi-Opfern" produziere, "die einen werden bedacht, die anderen vergessen" - fragt ein Beitrag: "Wäre ein Mahnmal für alle Opfer nicht doch sinnvoller gewesen?". Im Kulturteil wird Sofia Coppolas neuer Film "Lost in Translation" vorgestellt.

Der Titel zum demographischen Wandel in Deutschland hebt hervor, dass sich "gerade Akademikerinnen" ("vier von zehn") oft "für den Verzicht aufs Kind" entscheiden - und gefragt: "Was müsste passieren, damit das anders wird?"