Der überraschende Gewinner des Festivals des Polnischen Films in Gdingen,
"Rewers", kommt in die Kinos und die Kritiker sind einheilig begeistert. Der Film - Drama? oder schwarze Komödie? - spielt in
Warschau zu Zeiten des Stalinismus, doch von Politik ist nicht die Rede. Darin genau liegt das Brisante des Films,
schreibt Janusz Wroblewski. "'Rewers' zeigt auf listige Art das, was das polnische Kino über ein halbes Jahrhundert lang nicht zeigen konnte. Nicht nur wird den
normalen Menschen Recht gegeben, die mit dem Heldentum der kämpfenden Opposition nichts zu tun hatten. Es wird auch bewiesen, dass beide Erfahrungen nicht voneinander zu trennen sind". Die surreale Story wird mit postmodernen Methoden erzählt, doch macht sie auch klar, dass die Volksrepublik
sich nicht einfach
aus dem Gedächtnis tilgen lässt, schreibt Wroblewski. Man müsse lernen, mit diesem Virus zu leben, wozu solche Filme taugten.
20 Jahre Mauerfall - die Zeit ist reif für ein Resümee der deutschen Wiedervereinigung. Was unterschiedliche Mentalitäten von ost- und Westdeutschen angeht,
hat Adam Krzeminski keine Sorgen: "Das heutige Ostdeutschland hat mit der ehemaligen DDR wenig gemeinsam. Die
Generation 89 denkt nicht daran, in jener Vergangenheit zu verwurzeln. Für sie ist ihr 'Ossitum' kein Deckname für Sehnsucht nach der DDR, sondern es bezeichnet das Bewusstein einer anderen Erfahrung mit ihrem Zwischenstatus - nach dem Verschwinden der DDR, und dem Noch-nicht-Ankommen im vereinigten Deutschland. (...) Die Unzufriedenheit der Ostdeutschen ist lediglich ein
psychisches Unbehagen, kein Pulverfass. Der von einigen prophezeite Generationenkrieg findet nicht statt - nicht heute, nicht in fünf Jahren, nicht 25 Jahren nach der Einigung." Krzeminski erinnert außerdem daran, dass
in Polen schon 1989
niemand der
DDR nachgeweint oder sich der Wiedervereinigung in den Weg gestellt hat.
Nur im Print nachzulesen: Der Anthropologe Piotr Szarota hat eine Kulturgeschichte der
polnischen Mode geschrieben. Seine Schlussfolgerungen sind wenig erbaulich, vor allem in Hinblick auf die
Männer: "Die Mehrheit kann sich nicht überwinden, sich mit dem eigenen Aussehen zu beschäftigen, sich freimutig nach Kleidung umzuschauen oder sie anzuprobieren.
Alte Komplexe, Vorurteile, Gewohnheiten spielen eine große Rolle bei der inneren Blockade der Mehrheit der polnischen Männer. Indem sie sich gegen die Mode wehren, haben sie das Gefühl,
ihre Männlichkeit zu verteidigen". Daran haben zwanzig Jahre bunter Kapitalismus (noch) nicht viel geändert, so Szarota.