Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
17.03.2003. Der New Yorker erinnert an die Ermordung des britischen Colonels Gerard Leachman, der im Ersten Weltkrieg für die Iraker kämpfte. Laut Outlook India verfallen nun auch die Inderinnen dem Cricket. Im Espresso wünscht sich Umberto Eco eine Ruth Benedikt für den Irak. Die New York Times Review of Books fragt, ob es in den USA überhaupt noch liberale Medien gibt. Das TLS bewundert die unversöhnliche Maggie.
New Yorker (USA), 24.03.2003
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Außerdem zu lesen: die Erzählung "On the Streets" von William Trevor (mehr hier), Hendrik Hertzberg denkt über Terror und Folter nach und fragt sich, was in Lagern wie Guantanamo wohl vor sich geht ("Die meisten wollen es gar nicht wissen"), und Hampton Sides berichtet über ein Seminar der amerikanischen Armee, das Journalisten auf die Kriegsberichterstattung aus dem Irak vorbereiten sollte. Dort wurden auch ernste Fragen wie die folgende erörtert: "Was mache ich, wenn ich in meine Gasmaske kotze?"
Besprechungen: Louis Menand hat "To the Finland Station" (deutsch: "Auf dem Weg zum finnischen Bahnhof. Über Geschichte und Geschichtsschreibung") von Edmund Wilson wiedergelesen, eine Art "historische Liebesgeschichte" über den sowjetischen Kommunismus, der 1940 erschien. "Es war nicht der beste Augenblick für ein Buch, dessen Held Lenin ist. (?) 1940 hatte sich bei den westlichen Intellektuellen bereits die Enttäuschung über den Kommunismus breit gemacht. Andre Gide, George Orwell und Dos Passos hatten ihre Augenzeugenberichte über die Brutalität und Heuchelei des Kommunismus geschrieben - Gide und Dos Passos nach Russlandreisen, Orwell nach seiner Teilnahme am Spanischen Bürgerkrieg." Vorgestellt wird der Roman "The Stone of Virgins" (Farrar, Straus & Giroux) von Yvonne Vera, einer Schriftstellerin aus Zimbabwe (mehr hier). Und es gibt Kurzbesprechungen, darunter ein Buch des Philosophen Peter Singer (mehr hier) über seinen im Holocaust umgekommenen Großvater David Oppenheim, der zum inneren Kreis von Sigmund Freud gehörte und ein guter Freund Alfred Adlers war.
Peter Schjeldahl stellt eine Ausstellung in der Gagosian Gallery mit Arbeiten der Künstler Douglas Gordon und Franz West vor, und Anthony Lane schreibt über eine Nicholas-Ray-Retrospektive.
Nur in der Printausgabe: ein Porträt von Clint Eastwood, ein Bericht über die "Manöver" des saudi-arabischen Botschafters in Amerika, ein Text über einen in der Überschrift nicht namentlich genannten deutschen "Musik-Guru" und Lyrik von Anne Carson und Eliza Griswold.
Times Literary Supplement (UK), 15.03.2003
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Wer eine Lektion in Unerbittlichkeit, Todesmut oder den eigenen Gesetzen der Grausamkeit benötigt, hat gerade die freie Wahl, wie A.N. Wilson meint: Er kann sich in der Royal Academy eine Ausstellung über die Azteken ansehen - oder bei ITV die böse Dokumentation "Maggie - The First Lady". "Der Film erinnert uns daran, dass Mut vielleicht die höchste der Tugenden ist, aber nicht unbedingt eine attraktive." Wofür Wilson diese Szene heranzieht: "Nachdem Thatcher Arthur Scargill vernichtend geschlagen und die Arbeiterklasse gedemütigt hatte, meinten ihre Berater, dass es wohl vernünftig wäre, jetzt wenigstens versöhnlich zu erscheinen. Da sagte Thatcher zu ihrem Berater Stephen Sherbourne: 'Die Leute haben mir gesagt, ich dürfe jetzt nicht in Häme verfallen. Aber genau das werde ich tun!' Das war nicht der einzige Moment des Film, von dem ich dachte, dass er mit Wagner unterlegt sein sollte."
Carolyne Larrington empfiehlt Daniel Donoghues Biografie "Lady Godiva", die die Geschichte der angelsächsischen Edlen fern von Freud und Peeping Tom erzählt, dafür "fundiert und gedankenreich" als Geschichte einer tugendhaften und barmherzigen Frau. Und Jonathan Clarke diskutiert Annabel Pattersons Geschichte des englisch-amerikanischen Liberalismus "Nobody's perfect".
Espresso (Italien), 20.03.2003
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Online gibt es diese Woche sonst nichts Großartiges. Leider nur im Print zu lesen ist Andrzej Stasiuks Geschichte über Zigeuner, die in der Erde leben.
Outlook India (Indien), 24.03.2003
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Weitere Artikel: Anita Pratap stellt in einem bissigen Kommentar klar, dass Hindu-Politiker mit ihren Kampagnen rund um die Heiligen Kuh vor allem auf Wählerfang sind, Prem Shankar Jha erklärt, warum die Voraussetzungen für eine Entspannung zwischen Indien und Pakistan seit langem nicht so günstig waren wie im Moment, und eine Rezension widmet sich dem neuen Buch des Ökonomen und Philosophen Amartya Sen "Rationality And Freedom".
Spiegel (Deutschland), 17.03.2003
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Online und kostenlos lesen dürfen wir einen Artikel über die Krise der überregionalen Tageszeitungen. Die Krise ist nicht ausgestanden, so die Diagnose. "Dabei haben fast alle Verlage, mal konsequent und schnell, mal zaghaft-spät, ihre Hausaufgaben gemacht: Personal abbauen, Kosten drücken, Umfänge kürzen, Beilagen streichen. Und vor allem: alle weiter gehenden Träume (Fernsehen, Internet, Radio) schnellstens beerdigen." Wenn das nicht auch wieder Fehler sind.
Weiter online: ein Interview mit dem Moraltheologen Hans Küng, der sich gegen den Krieg äußert. Und ein Artikel über den erstaunlichen Erfolg von "Professor Blumes Bildungsserver für Chemie" im Internet.
New York Times (USA), 16.03.2003
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Leon Aron zeigt sich schwer beeindruckt von William Taubmanns "monumentaler Biografie" Nikita Chruschtschows, Totengräber des Stalinismus. Zwei Jahrzehnte hat Taubmann an seinem Porträt geschrieben, und es ist unwahrscheinlich, schwärmt Aron, dass es in absehbarer Zeit eine Studie zu Chruschtschow geben wird, die diese hier übertrifft, weder in punkto Reichhaltigkeit noch in der Komplexität. "Dieser Band ist in jeder Hinsicht ein Erfolg: Bandbreite, Tiefe, Lebendigkeit, Farbe, Tempo". Zudem, so Aron, ist das Buch "eine facettenreiche Untersuchung der wirtschaftlichen und politischen Kräfte der ersten 47 Jahre des Sowjetstaates". Und natürlich liefere Taubmann "eine ganze Reihe" von Gründen, die Chruschtschows überraschende Abkehr von Stalin auf der Geheimrede des Parteitags erklären. Alles in allem, jubelt Aron, wird Taubmanns Studie "auf Jahre hinaus" den Standard in Sachen Chruschtschow setzen.
Weitere Besprechungen: Bruce Bawer ist fasziniert, wie anziehend John Banville (hier liest er) in seinem Roman "Shroud" (erstes Kapitel) seinen hassenswerten Protagonisten zeichnet. Banville hat den wegen angeblicher Kollaboration mit den Nazis in Verruf geratetenen und vor 20 Jahren gestorbenen Humanisten Paul de Man (Bibliografie) als Vorlage für seine Hauptfigur genommen. Jean Thompson lobt die "talentierte" ZZ Packer, die in den acht Novellen von "Drinking Coffee Elsewhere" (erstes Kapitel) eine Welt erschaffen habe, die "bevölkert ist von lauten, traurigen und unbedingt kennenlernenswerten Menschen, die einem ein Versprechen geben: dass noch mehr kommen wird". Helen Stevensons "Instructions for Visitors", die Memoiren des Zusammenlebens mit einem unmöglichen Mann in einem fremden Land, sind "eher witzig als albern", konstatiert Alida Becker. Stevenson schreibe amüsant über ihre Umgebung, "am besten aber ist sie,wenn sie ihre eigenen Emotionen schildert".
Economist (UK), 14.03.2003
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Was seine außenpolitische Linie angeht, hat Jacques Chirac zwar die Unterstützung sowohl der öffentlichen Meinung in Frankreich als auch seiner politischen Gegner, doch werden jetzt auch kritische Stimmen laut vonseiten der sogenannten "Atlantizisten", die ihm die Verantwortungslosigkeit seiner Politik vorwerfen. Es bleibt nur zu hoffen, so der Economist, dass Chirac in seiner Einschätzung, dass weder das transatlantische Verhältnis noch die EU dauerhaften Schaden davontragen werden, Recht behält.
Weitere Artikel: Auch jenseits des Atlantiks gibt es Zeichen der Anspannung: Die immer schon zwiespältige Beziehung zwischen Kanada und den USA wird im Zuge des Irak-Konflikts auf eine harte Probe gestellt. Außerdem denkt der Economist nach, wie die britische Politik nach Tony Blair aussehen könnte, und die Antwort lautet: "Nicht wirklich anders." Und zum Thema Alleingang gibt es eine Besprechung von Thomas Laqueurs Kulturgeschichte der Selbstbefriedigung ("Solitary Sex - A Cultural History of Masturbation", Zone Books).
Außerdem erfahren wir etwas über islamistische Videospiele, dass es höchste Zeit ist, sich mit Nordkorea zu befassen, warum dem Economist die Politik der Zentralbanken angesichts der schwachen Weltwirtschaftslage missfällt, welche Entdeckungen die Computer-Anthropologie über Gruppenverhalten gemacht hat, wie karitative Verbände und Terrorismus zusammenhängen, dass die Weltwirtschaftslage nicht nur unter dem Irak-Konflikt leidet, und was genau am Irak-Konflikt die Wirtschaft verunsichert.
Gerne hätten wir auch erfahren, was mit "Saddams letztem Sieg" gemeint ist, doch das ist den Lesern der Printausgabe vorbehalten.
Nouvel Observateur (Frankreich), 13.03.2003
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Weitere Artikel: Im Debattenteil kommt in dieser Woche der amerikanische Schriftsteller Norman Mailer (mehr hier) zu Wort. Der Nouvel Obs druckt Auszüge eines Vortrags, den Mailer im Commonwealth Club in San Francisco hielt. Darin bezeichnet er Bush als "amerikanischen Albtraum" und erklärt, warum der Krieg gegen den Irak "der erste Schritt Amerikas zur Beherrschung der Welt sei". Ansonsten gibt es Besprechungen, darunter einer Biografie des Kritikers, Essayisten und ehemaligen Leiters der Nouvelle Revue Francaise, Jean Paulhan ("La NRF de Paulhan", Gallimard, mehr zu Paulhan hier).