Magazinrundschau - Archiv

Der Spiegel

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Magazinrundschau vom 17.01.2023 - Spiegel

Eine Gruppe von Journalisten will ein Mietshaus in der Kreuzberger Oranienstraße an Investoren verkaufen, das es 1991 gekauft hatte: Schätzwert: 12 Millionen Euro. Es handelt sich um linke Journalistin wie die ehemalige Chefredakteurin der Berliner Zeitung, Brigitte Fehrle. Damals marode, wurde das Haus mit Mitteln des Senats renoviert. Es gab da so eine Formel für ehemalige Hausbesetzer, die aber versprechen mussten, im Haus wohnen zu bleiben, so Frauke Hunfeld im Spiegel. 85 Prozent der Renovierung wurde dann vom Senat bezahlt: "Von geplanten Gemeinschaftsräumen ist die Rede, von Flächen, die man zu kleinen Mieten Gruppen und Projekten zur Verfügung stellen wolle. Man wisse, so die künftigen Selbsthelfer in ihrer Projektbeschreibung, dass 'die Nachfrage gerade von sozialen Projekten nach preiswertem Gewerberaum riesengroß' sei. Um die 'Nahversorgung der Straße' will man sich ebenso kümmern. Für eine der Gewerbeeinheiten stellt man sich einen 'Bäcker vor, einen Gemüse- oder einen Milchladen'. Es klingt sozial, ambitioniert, fantastisch." Gemeinschaftsräume gibt's dann allerdings doch nicht, so Hunfeld: "Auch die gewünschte Hauswerkstatt wird nicht eingerichtet, und anscheinend bekommt kein soziales Projekt Platz zu günstigen Mieten." Und die Eigentümer wohnen zumeist nicht in dem Haus, obwohl sie das als "Selbsthilfegruppe" sollten, sondern montieren nur Klingelschilder mit ihren Namen an die Türen und vermieten unter der Hand.

Magazinrundschau vom 05.10.2021 - Spiegel

Im Spiegel eröffnet der amerikanische Autor Jonathan Rauch, dessen Buch "The Constitution of Knowledge" bald auch auf Deutsch erscheint, eine Serie zur Zerstörung der Wahrheit. Rauch sieht die Etablierung von Wissen, die gemeinsame Realität von zwei Seiten in Gefahr: Einerseits durch die soziale Medien, deren Filter - anders als bisherige Wissensinstitutionen - Unwahrheiten, Propaganda und Desinformation  nicht stoppen, sondern befördern, andererseits durch die Cancel Culture, die Kritik mit Beleidigung gleichsetze: "Das Grundgesetz des Wissens hat zwei entscheidende Regeln. Die erste laut, dass niemand das letzte Wort hat. Eine Erkenntnis ist immer nur vorläufig und hat nur so lange Bestand, wie sie einer Überprüfung standhält. Niemand, keine Autorität, kein Aktivist, kann eine Debatte endgültig entscheiden oder unterbinden oder deren Ergebnis vorherbestimmen. Wer das versucht, entfernt sich aus der Wissensproduktion. Die zweite Regel fordert den Verzicht auf persönliche Autorität. Jede Aussage muss für jeden überprüfbar sein. Niemand, der eine These aufstellt, erhält einen Freifahrtschein, egal wer er ist oder zu welcher Gruppe er gehört.".

Magazinrundschau vom 23.05.2014 - Spiegel

Cordt Schnibbens lange Spiegel-Geschichte über "Meinen Vater, den Werwolf" steht jetzt online. Unter anderem stellt er sich die Frage, die auch eine zentrale Frage aller "Vergangenheitsbewältigung" ist: Warum hat er seinen Vater nicht zur Rede gestellt, als noch Zeit war? "Bei meinen Freunden lief es zu Hause ähnlich, wir rechneten mit der Generation unserer Väter ab, ohne mit unseren Vätern zu reden. Wir fragten nicht, wir urteilten, wir gaben ihnen nicht die Chance, uns ihre Welt zu erklären. Wir haben in uns einen eisernen Vorhang hochgezogen, um uns vor der Geschichte unserer Eltern zu schützen, wir haben uns eingebildet, unberührt und elternlos die Welt verändern zu können."

Magazinrundschau vom 11.11.2008 - Spiegel

Im Interview (leider nicht online) spricht der Autor Boris Akunin über den schlechten Zustand der Intelligenzija in Russland, die sich von Putin und Medwedew korrumpieren ließ und die Reaktion der russischen Regierung auf sein Interview mit dem inhaftierten Michail Chodorkowski - sie hat dessen Haft verschärft. "Sie wollte ein Zeichen setzen. Weniger gegenüber Chodorkowski, weil sie versteht, dass sie ihn auch nach fünf Jahren Haft nicht brechen kann. Sondern vielmehr, um andere Schriftsteller davor zu warnen, dieses öffentliche Gespräch über den Zustand unseres Landes fortzusetzen."

Magazinrundschau vom 09.09.2008 - Spiegel

Manches Erstaunliche im Spiegel dieser Woche. Zum einen war das Magazin - wie dem Artikel "Das Wagnis" zu entnehmen ist - in die Entscheidungsfindung zu Frank-Walter Steinmeiers Kanzlerkandidatur offenbar früher eingeweiht als beispielsweise Fraktionschef Peter Struck.

Aber auch die Baader-Meinhof-Titelgeschichte birgt manche Überraschung. Etwa die, dass der in gewaltigem Unfrieden gegangen wordene Ex-Chef Stefan Aust jetzt wieder für den Spiegel schreibt, als wäre nichts gewesen - nämlich gemeinsam mit Helmar Büchel über Abhöraktionen in Stammheim. Dirk Kurbjuweits Titelgeschichte selbst wiederum bestätigt die schlimmsten Befürchtungen über die Machenschaften der Firma Constantin, die den Film "Der Baader Meinhof Komplex" produzierte. Vor einigen Wochen hatte sie den exklusiv eingeladenen Kritikern einer Vorabaufführung jedes Interview zum, jede Äußerung über den Film vor dem 12. bzw. 17. September bei einer Strafe von 100.000 Euro untersagt (hier die Meldung der SZ) - mit dem nachgereichten Argument, es solle da niemand bevorzugt werden. Kurbjuweit freilich berichtet nun nicht nur von den Dreharbeiten und Gesprächen mit den Beteiligten, sondern schreibt ganz fröhlich - und natürlich positiv - auch über den Film selbst, unter anderem dies: "Ein Kino in Hamburg, der Film beginnt. Er beginnt am Strand von Sylt, Ulrike Meinhof macht Urlaub mit ihrer Familie. In den folgenden Minuten wird Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen, und Rudi Dutschke wird von einem rechtsradikalen Spinner angeschossen, und man kennt das alles. Noch zwei Stunden. Aber dann passiert etwas mit diesem Film, und am Ende stellt sich das Gefühl ein, dass es ein Gewinn war, ihn gesehen zu haben, nicht nur wegen der großartigen Darsteller."

Magazinrundschau vom 24.07.2007 - Spiegel

In einem epischen Interview, das auszugsweise online zu lesen ist, spricht der große Alexander Solschenizyn über die schleppende Aufarbeitung der sowjetischen Vergangenheit, seine von Trotzki inspirierte Ablehnung der Parteien sowie die "verantwortungslosen" Reformer Gorbatschow und Jelzin. Und er erklärt, warum er kein Problem damit hat, von KGB-Mann Wladimir Putin den russischen Staatspreis zu erhalten: "Putin übernahm ein Land, das ausgeplündert und völlig aus dem Gleichgewicht gebracht worden war, mit einer großenteils entmutigten und verarmten Bevölkerung. Er schickte sich an, das zu tun, was möglich war - und möglich war eben ein langsamer, schrittweiser Wiederaufbau. Diese Bemühungen wurden nicht gleich bemerkt und erst recht nicht gewürdigt. Können Sie überhaupt Beispiele aus der Geschichte nenen, wo Bemühungen um die Wiederherstellung einer starken Staatsführung von außen wohlwollend registriert wurden?"

Magazinrundschau vom 30.01.2007 - Spiegel

Im Interview mit Matthias Schepp und Martin Doerry spricht der russische Schriftsteller Wladimir Sorokin über seinen neuen Roman "Der Tag des Opritschniks", die "finsteren Energien" in seinem Land und die Ohnmacht des russischen Volkes: "Ein Deutscher, ein Franzose und ein Engländer können von sich behaupten: 'Der Staat, das bin ich.' Das kann ich nicht sagen. Das können in Russland nur die Leute im Kreml. Alle anderen Bürger sind nicht mehr als Menschenmaterial, mit dem man alles Denkbare treiben darf... Der Westen soll noch stärker die Menschenrechte anmahnen. Bei allem Verständnis für Kompromisse frage ich, ob Russland auf eine Demokratie zusteuert. Ich denke nein! Russland fällt Schritt für Schritt in ein autoritäres Imperium zurück. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist die Gleichgültigkeit des Westens, wenn ihn außer Öl und Gas nichts interessieren würde. Ich wundere mich, wenn ich den Wetterbericht im deutschen Fernsehen sehe. Er zeigt die Karte von Europa und die Kamera geht nach rechts. Da kommt Kiew, dann Moskau und danach hört alles auf. So scheint der Westen unsere Land zu sehen - hinter Moskau beginnt das wilde Russland, und da sollte man lieber nicht hingucken. Das ist ein großer Fehler."

Magazinrundschau vom 01.02.2007 - Spiegel

In einem Essay sieht der niederländische Schriftsteller Leon de Winter für Israels Zukunft rabenschwarz: "Die Antisemiten des Nahen Ostens sind in ihrer Sprache so offen, wie Adolf Hitler es war, und ihre Taten zeigen, dass es keine leeren Sprüche sind: Israel ist umgeben von Iran, Syrien, Hisbollah und Hamas, und ihr Sprecher, Präsident Ahmadinedschad drückt klar ihren tiefsten Wunsch aus: Israel zu eliminieren, die Arroganz der Juden zu bestrafen und sie zu einer Minderheit unter islamischer Herrschaft zu degradieren. Um zu überleben, muss Israel seine Feinde vernichten und sie im Stil des Alten Testaments auslöschen. Aber Israel wäre nicht mehr Israel, wenn es das täte. Es sieht nicht so aus, als ob seine Gegner solche Gewissensbisse hätten. Die Gegner bemühen sich fieberhaft, die Technologie zur Zerstörung Israels zu entwickeln, und eines Tages werden sie angreifen und einen neuen Holocaust auslösen. Den ersten leugnen sie und träumen doch gleichzeitig vom nächsten."

Magazinrundschau vom 10.10.2006 - Spiegel

Ein gruseliges Bild zeichnet der Spiegel vom bevorstehenden Besuch Wladimir Putins in Deutschland. "Wenn Putin am Dienstag dieser Woche zum Staatsbesuch in Deutschland eintrifft, tritt er nicht mehr als Bittsteller, sondern als Investor auf. Längst geht es nicht mehr ausschließlich darum, ob sich deutsche Großunternehmen wie E.on oder BASF an der Ausbeutung russischer Gasfelder beteiligen können. Jetzt weht der Wind aus einer anderen Richtung. Bald schon könnten Haushalte in Nordrhein-Westfalen oder Bayern ihre Gas- und Ölrechnungen an russische Firmen überweisen, die darauf drängen, sich in Deutschland endlich einkaufen zu können... Ganz oben auf der Einkaufsliste aber stehen deutsche Firmen. Wenn Putin zum Staatsbesuch nach Dresden und München einschwebt, wird er der Kanzlerin erneut seine Lieblingsidee vortragen: Hiesige Auto-, Chemie- oder Maschinenbaukonzerne dürfen sich stärker auf dem russischen Markt engagieren. Im Gegenzug beteiligt sich die Putin AG an deutschen Elektrizitätswerken, Autozulieferern oder Flugzeugbauern."

Weiteres: Der Titel greift Bob Woodwards neues Buch "State of Denial" (hier ein Auszug) auf und kolportiert allerhand Lügen und Halbwahrheiten, mit denen Washington die Lage im Irak schönredet. Und Markus Brauck berichtet, dass die 1414, unter der Gelegenheits-Paparazzis ihre Fotos an die Bild-Zeitung schicken können, vor allem die freien Fotografen aufbringt: "Für ein bundesweit veröffentlichtes Foto zahlt die Zeitung den Fotografen oft weniger als 150 Euro. Die Leser kriegen 500."

Magazinrundschau vom 12.09.2006 - Spiegel

Der Spiegel bringt einen Vorabdruck aus Gabor Steingarts neuem Buch "Weltkrieg um Wohlstand". Darin schwant Steingart, dass die Globalisierung auch negative Folgen haben könnte! "Der Westen besitzt bis heute keine Bedrohungsanalyse. In der Stunde der Herausforderung sind Gegner wie Freunde der Globalisierung im Irrtum vereint. Die Globalisierungsbefürworter glauben, sie könnten mit Hilfe eines weltweiten Kapitalmarkts gefahrlos ihre Absatzgebiete erweitern. Die Antreiber des Prozesses, so denken viele, seien automatisch auch die Gewinner. Die Globalisierungsgegner sehen mit den gleichen Augen auf die Welt, nur durch eine anders gefärbte Brille. Die internationale Wirtschaftsverflechtung bedeutet für sie immer noch Ausbeutung der Dritten Welt. Die Staaten des Westens zählten für sie per Naturgesetz zu den Profiteuren. In Wahrheit haben Gewinner und Verlierer im Weltkrieg um Wohlstand die Rollen getauscht. Die neue Stärkung der Asiaten führt zur Schwächung der Westens."

In einem nahegehenden Interview mit Annette Großbongardt und Daniel Steinvorth spricht der Schriftsteller Feridun Zaimoglu über das Busunglück in der Türkei, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen und er selbst nur knapp dem Tod entronnen ist: "Das war das Merkwürdige. Ich fühlte überhaupt keine Angst, alles war seltsam leicht. So leicht, dass ich dachte, das muss jetzt der Tod sein, jetzt ist es vorbei. Die Überlebenden riefen 'Allahü ekber', Gott ist groß, und begannen zu beten. Auch ich sprach das islamische Glaubensbekenntnis. Ich bin nicht religiös, aber gläubig."