Magazinrundschau - Archiv

Outlook India

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Magazinrundschau vom 24.01.2012 - Outlook India

In Indien häufen sich islamische Proteste gegen Salman Rushdies angekündigten Besuch beim Jaipur Literaturfestival, berichtet Saba Naqvi, die sich sehr darüber ärgert, dass die Behörden tatsächlich vor einigen Mullahs und Obskurantisten in die Knie zu gehen scheinen: "Die Affäre um Rushdie macht ein größeres Problem kenntlich: Heutzutage kann jede beliebige Gruppierung behaupten brüskiert worden zu sein, oder ein Werk der Kunst, der Geschichtsschreibung oder der Literatur der Blasphemie bezichtigen. Grundsätzlich wollen die Politiker keinen vor den Kopf stoßen - eher würden sie gerne jedem gefallen. Vom Erfolg der Extremisten Rama Sene und Shiv Sena, den Maler M.F. Husain ins Exil zu verbannen, wo er letztes Jahr starb, bis zur Streichung von A.K. Ramanujans Essay über das Ramayana aus dem Lehrplan der Universität von Delhi - allzu oft obsiegt der intellektuelle Tunnelblick. Schließlich ist die öffentliche Empörung über ein Buch oder ein Kunstwerk immer auch eine verlässliche Strategie, einer kleinen Gruppe von Schlägern und Obskurantisten, Medienberichterstattung zu sichern."

Magazinrundschau vom 13.12.2011 - Outlook India

Indien trauert um Dev Anand, eine Ikone des indischen Kinos und gewissermaßen der "indische Gregory Peck". Hier der Nachruf von Namrata Joshi. Madhu Jain fragt sich, wie überhaupt mit dem Tod von Ikonen solchen Ranges umzugehen sei, und findet hierfür einen ganz und gar rührenden Einstieg: "Es war, als wäre Peter Pan gestorben. Dev Anand, dieser starrköpfig optimistische Zeitdieb, hat mit sich ein Gutteil unseres Glaubens an die Unsterblichkeit mit sich genommen. Hier war ein Mann, der den Lauf der Zeit zum Stillstand bringen, der die Zeiger der universalen Uhr anhalten wollte, um ihr Ticken zumindest in seinen eigenen Ohren zum Schweigen zu bringen."

Hier ein Stück, in dem das Spitzbübische Anands ganz wunderbar zum Ausdruck kommt (mehr in dieser Playlist):


Magazinrundschau vom 17.10.2011 - Outlook India

Viel hängt für Shahrukh Khan von seinem neuen, massiv beworbenen Film "Ra.One" ab, in dem der Bollywood-Star einen Superhelden nach amerikanischem Vorbild spielt: Zwar ist Khan für den Exportmarkt noch immer das Synonym für Bollywood, doch ist sein Stern im Heimatland empfindlich im Sinken begriffen. Ob nun ausgerechnet ein Superheldenfilm in der Lage ist, generationsumfassend ein Publikum zu binden, fragt sich Namrata Joshi: "'Ra.One' steht an einem wichtigen Punkt in Shahrukhs Leben als Star. Als Produkt seiner Zeit personifizierte er den rastlosen Geist Indiens nach der Liberalisierung - ambitioniert, durchsetzungsfähig und dennoch gutgelaunt -, genau wie zuvor Amithabh Bachchan das angstbeherrschte Indien der 70er und 80er repräsentierte. Doch benötigt die Gesellschaft keinen herausstechenden Botschafter des Konsums mehr, da diese Haltung im urbanen Indien mittlerweile fest als Lebensstil verankert ist."

Magazinrundschau vom 13.09.2011 - Outlook India

In rasantem Tempo entwickelt sich die Kinosituation in Indien - und zwar in Richtung der bei uns und vor allem aus den USA bereits bekannten Verhältnisse. Blockierung möglichst vieler Leinwände durch Blockbuster-Filme, möglichst schnelles Einspiel aus Angst vor den Internetpiraten. Namrata Joshi schildert die Lage: "2011 ist das Jahr, in dem das Blockbuster-Spiel seinen bislang schärfsten Twist erlebt hat. Die neuen Stichwörter sind 'möglichst breitflächiger Einsatz' und 'schnelldrehende Filme': Ausbeutung des Potenzials der Filme in der ersten Startwoche... Man könnte auch Flächenbombardierung dazu sagen: 'Bodyguard', der aktuelle Superhit, hatte einen Start mit bislang kaum fassbaren 2600 Leinwänden im ganzen Land. Die digitale Technologie hilft, die Kosten der Einzelkopien zu drücken und ermöglicht so Starts dieser Art. Uday Kaushish vom Sheila-Kino in Delhi meint, dass die Bedrohung durch die Piraterie diesen Trend zum Flächenstart ausgelöst hat. Während große Filme früher mit 13 oder 14 Kopien in Delhi anliefen, werden heute 16 bis 18 Vorstellungen am Tag programmiert, und zwar in einem einzigen Multiplex, alle halbe Stunde fängt eine neue Vorstellung an. 'Sholay', der größte Hit der Siebziger dagegen, startete nicht mal in ganz Indien, erinnert sich sein Regisseur Ramesh Sippy: 'Wir haben ihn zunächst gar nicht in Delhi gezeigt, von den USA ganz zu schweigen.'"

Hier die Hitler-Parodie aus "Sholay":


Magazinrundschau vom 06.09.2011 - Outlook India

Auch in Indien beginnt die "erwachsene" Version des Comic, die "graphic novel", nun Fuß zu fassen. Smit Mitra stellt die jungen Verleger Anindya Roy und Sarnath Banerjee (der zugleich auch Künstler und Autor von "graphic novels" ist) vor. "'Es ist kein Mainstream-Medium', erklärt Banerjee, 'darum ist es einfacher, eher subversive Dinge zu versuchen'. Und darum hat er als Verleger gemeinsam mit Roy auch als allererstes zwei 'graphic novels' zum Thema Terrorismus veröffentlicht. Während 'Kashmir Pending' die Geschichte eines bekehrten Terroristen erzählt, dreht sich 'The Believers' um zwei muslimische Brüder, von denen der eine säkular ist, der andere aber eine fundamentalistische Gruppe anführt. In beiden Geschichten geht es um die Suche nach den Bedingungen für Terror - die globale Entfremdung der muslimischen Community und der tägliche Horror, die tägliche Gewalt im von Kämpfen zerrissenen Kaschmir. Angesichts der 'Islamophobie', die die ganze Welt ergriffen habe, sei es, so Banerjee, 'kein großes Risiko gewesen', diese zwei Bände verlegerisch zu unterstützen."

Magazinrundschau vom 30.08.2011 - Outlook India

Angesichts näher liegender Unruhen hat die gewaltige Volksbewegung in Indien hierzulande vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gefunden. Mit einem Hungerstreik hat der 74jährige Anna Hazare die Massen für seinen Kampf gegen die Korruption mobilisiert. Nun hat die Regierung eingelenkt. Outlook India widmet fast seine ganze Ausgabe diesem erfolgreichen Aufstand. Vinod Mehta hofft im Leitartikel, dass dieses Ereignis positive Folgen für die politische Kultur Indiens haben wird: "Kompromiss ist derzeit ein schmutziges Wort in unserem Lexikon. Man könnte behaupten, dass das Schlamassel, in dem wir uns befinden, der Tatsache gedankt ist, dass Kompromisse in der Vergangenheit die Regel eher als die Ausnahme war. (...) Die letzten zwei Wochen waren nervenzermürbend fürs Land. Wir sind der Anarchie in unserer Suche nach einer 'zweiten Unabhängigkeit' nahe gekommen. Noch ist die Gefahr nicht vorüber. Jedoch gibt es nun die Gelegenheit, unsere Demokratie, zu vertiefen und zu bereichern, durch die wirkliche Beteiligung des Volkes als kontinuierlicher Prozess statt einer nur alle fünf Jahre stattfindenden Übung. Ergreifen wir diese Chance."
Stichwörter: Unabhängigkeit, Hungerstreik

Magazinrundschau vom 23.08.2011 - Outlook India

Nicht nur die Zensur ist im indischen Kino ein Problem. Immer wieder kommt es in einzelnen Staaten zu Protesten, Boykotten und Störungen, weil einzelne Gruppen sich beleidigt fühlen. Die Regierungen der Einzelstaaten erlassen dann oft präventive Verbote. Aktueller Anlass des Berichts von Namrata Joshi ist die Zensur gegen Jakash Pras Film "Aarakshan" in Uttar Pradesh (weil sich angeblich die Dalits in schlechtem Licht dargestellt sehen). Der unabhängige Filmemacher Rakesh Sharma griff zuletzt zu Guerilla-Methoden, um seinen - übrigens auch auf der Berlinale gezeigten - Dokumentarfilm "Final Solution" über die Aufstände in Gudscharat unter die Leute zu bringen: "Er startete eine 'raubkopiert und verteilt'-Bewegung und bot jedem, der zehn weitere Kopien zu erstellen und weiterzubreiten versprach, eine Gratis-Kopie seines Films. Für ihn ging es vor allem darum, dass sein Werk überhaupt sichtbar bleibt. 'Je stärker diese außerhalb der Gesetze agierenden Zensoren den Film zu begraben suchen, desto mehr sollte er gesehen werden', erklärt er seinen Aufruf zum zivilen Kino-Ungehorsam."
Stichwörter: Indisches Kino

Magazinrundschau vom 02.08.2011 - Outlook India

Auch in Indien hat Anders Breiviks Manifest ein kleines Erdbeben ausgelöst, weil er sich auf die Hindu-Bewegung bezieht. Da stellt sich für Saba Naqvi die Frage: "Was ist der Unterschied zwischen der extremen Rechten weltweit und den Islamisten? Die Rechten - von den USA über Europa bis nach Indien - schwadronieren über Minderheiten, Muslime, Hispanics, Schwarze. Die islamischen Radikalen wiederum schimpfen über die Politik des Westens, den 'großen Satan' Amerika, und - wenn man sich die Mails ansieht, die eine Gruppe verschickt, die sich 'Indische Mudschajedin'nennt, dann sind sie gegen das indische System, - über 'anti-muslimische' Anwälte und die Gerichtsbarkeit'." Gleichzeitig, so Naqvi, gibt es eine "Übereinstimmung zwischen dem Vokabular rechter Verrückter im Westen und ihrem Gegenpart in Indien. Beide spiegeln den Extremismus in der Mehrheit der Gesellschaft wieder, die glaubt, sie würde von muslimischen Horden oder Farbigen ausgebootet, die bald die Herrschaft übernehmen."

Neha Batt singt ein Loblied auf die Lokaljournalistin Geeta Mohanpuria, die sich von einem scheuen Mädchen, das "nicht aus dem Haus gehen mochte", in eine echte Powerfrau verwandelt hat, die ein kleines feines lokales Blatt für Dörflerinnen rausbringt, Khabra Ri Potli. Und was macht die Chose möglich? Moderne Kommunikationsmittel. "Auf der Höhe der Zeit hat ein neuer wacher Newsservice im Dorf Rampur-Mathura im Bezirk Uttar Pradesh ein junges Mädchen als Reporterin engagiert, während in Andhra Pradesh über 50 Frauen für Kurzfilme und Nachrichten ausgebildet wurden, die regelmäßig von den regionalen Fernsehsendern zitiert werden. Einige dieser Geschichten, die zum Beispiel die Korruption in Negra behandeln, werden von überregionalen Zeitungen aufgegriffen."

Magazinrundschau vom 19.07.2011 - Outlook India

Erneut hat es in Mumbai Terroranschläge gegeben. Die Stadt steht kurzfristig unter Schock; die Auswirkungen der ständigen Gefahr sind freilich - wie Smruti Koppikar in der Titelgeschichte meint - mit Sicherheit von längerer Dauer: "Tief im Herzen vieler Mumbaikar mischen sich die Gefühle in seltsamer Weise - Wut, Bitterkeit, Hilflosigkeit, Angst, Verletzlichkeit und eine Frage: Warum wird meine Stadt wieder und wieder attackiert? 'Ich weiß, dass es logisch ist, Mumbai anzugreifen, weil die Arterien des Landes durch die Stadt laufen; es gibt eine unmittelbare, globale Reaktion, aber diese Logik ändert nichts daran, dass wir Angst haben', meint Rajit Kapoor, ein bekannter Schauspieler, der in Mumbai lebt. Diese Angst, die die Mehrzahl der Mumbaikar heute resignativ akzeptiert, ist spürbar in den Augen all jener sieben Millionen, die die Vorstadtzüge besteigen, von denen jeder eine bewegliche Bombe sein könnte. Im Schritt der vier Millionen, die zu Bushaltestellen schleichen, die potenzielle Ziele sein könnten. Mumbai ist in der Tat eine mit Narben bedeckte Stadt."

In Indien hat eine große Studie begonnen, die der einfach klingenden, aber gar nicht leicht zu beantwortenden Frage nachgeht, wie viele Sprachen im riesigen Land eigentlich gesprochen werden. Die letzte Untersuchung zum Thema stammt aus dem Jahr 1894 und wurde vom britischen Linguisten George Abraham Grierson erstellt (Hörproben). Erste Ergebnisse der neuen Studie lassen, wie Degarshi Dasgupta berichtet, Hochrechnungen zu: "Ganesh Devy ist der Vorsitzende der Organisation Bhasha, die sich für marginalisierte indische Sprachen einsetzt und die Studie initiiert hat, erwartet, dass es am Ende auf 'rund 900' Sprachen hinauslaufen wird. Grierson dagegen war auf 179 Sprachen und 544 Dialekte gekommen. 'Wenn es 900 Sprachen werden, dann erwarte ich 9000 Kontroversen', meint Devy. 'Ich halte diese Debatte aber für entscheidend, da sie eine Linguistik in Frage stellt, die Sprachen nur für eine einzigarte Sprachform halten. Hier zeigt sich nämlich, dass Menschen ihre linguistische eng mit ihrer ethnischen Identität assoziieren und davon ausgehen, dass eine separate ethnische auch eine separate sprachliche Identität impliziert.'"

Magazinrundschau vom 12.07.2011 - Outlook India

Ein recht neues Phänomen stellt die Titelgeschichte vor: Amateur-Autoren bei englischsprachigen indischen Verlagen, die keine literarischen Ambitionen, aber ein in die Millionen zählendes Publikum haben. Also so etwas wie die Autoren-Variante des Amazon-Rezensenten: "Es hilft für ihren Erfolg, dass diese neuen 'Autoren aus Zufall', wie einer von ihnen sich selbst beschreibt, 'nicht von irgendwelchen Vorstellungen von sprachlicher Reinheit' oder dem literarischen Stil, den traditionelle Verlagshäuser von ihren Autoren erwarten, 'belastet sind'. In der Tat lehnen fast alle von ihnen literarische Schriftsteller als zu westlich, zu umständlich, zu weit entfernt vom Wirklichen Indien ab und halten sie für Verfasser von Bücher, die keiner mehr lesen will, in einem Stil, 'der echt anstrengend ist', für den man Wörterbücher beim Lesen benötigt. Ihr Englisch ist, im Gegensatz dazu, eine indische Version eines Englisch, mit dem man sich wohlfühlt, eine 'dil ki bhasha' (Sprache des Herzens) im Unterschied zu einer 'pet ki bhasha' (Sprache des Kommerzes)."