Hector Abads Faciolinces Erinnerungsbuch an seinen Vater, einen Arzt, der von kolumbianischen Paramilitärs ermordet wurde, war ein sehr wichtiges Buch für Kolumbien, weil es nach Jahrzehnten, in denen die Literatur den Narco, den Outlaw feierte, endlich einmal
das Opfer in den Mittelpunkt stellte,
schreibt Jorge Volpi. "Nach Ansicht einiger Kritiker hat der Narco zu Beginn des 21. Jahrhunderts den Magischen Realismus als Lateinamerikas auffälligstes Merkmal ersetzt. Gerade als einige Autoren dachten, sie hätten sich endlich vom Exotismus
fliegender Frauen a la Garcia Marquez befreit, verschlingt die seltsame Welt der Drogenbosse und Auftragskiller die Vorstellungskraft Lateinamerikas und überschattet andere Entwicklungen - etwa den Triumph der Linken in einer Reihe südamerikanischer Länder - die damit nichts zu tun haben. ... Weil es ein Erinnerungsbuch ist, und wegen seiner Ernsthaftigkeit und dem zurückhaltenden Ton, kann 'Oblivion' [auf Deutsch:
Brief an einen Schatten] nicht als Narco-Literatur bezeichnet werden. Aber als es 2006 erschien, in einer Kultur, die von Nachrichten über die
Gewalttaten des Tages geprägt war, wurde es als notwendige Alternative wahrgenommen - so sehr, dass es sich seit seinem Erscheinen zu einem Bestseller für den kolumbianischen Verleger Planeta entwickelt hat. zu einem Zeitpunkt, als fast jedes literarische Werk seine Aufmerksamkeit auf das brutale und
verrückte Universum der Killer richtete, hat Hector Abad Faciolinces Lobgesang auf seinen Vater die Opfer zurück auf die Bühne geholt."
Der Prozess gegen
Pussy Riot ist Teil einer größeren Attacke auf die Opposition in Russland,
berichtet Katrina vanden Heuvel. In der Kampagne gegen die Band ist die
Orthodoxe Kirche der wichtigste Partner des Staatschefs: "Deren Sprecher hat verkündet,
Gott persönlich habe ihm mitgeteilt - 'genauso wie er die Evangelien der Kirche verkündet hat' - dass er den Protest von Pussy Riot 'verdamme'. Ob zynisch oder im Ernst, die Kirchenführer pflegen eine patriarchalische Form des Patriotismus. Die Staatsanwaltschaft führt in der Begründung für die Angklageschrift gegen die Bandmitglieder 'blasphemische Akte' und das '
schwere Leiden'
der Gläubigen an, trotz Russlands angeblicher Trennung von Staat und Kirche."