Magazinrundschau
Das Land der sauberen Hände
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Freitag Mittag
14.03.2014. Mario Vargas Llosa erklärt in El País die Wut der Protestler in Venezuela. Der New Yorker rollt nach 40 Jahren den Mord an Kitty Genovese wieder auf. New Yorks Hipster werden von Darwin eingeholt, meldet Slate.fr: Anpassung ist die neue Abhebung. Marcel Ophüls erzählt in Les Inrocks, weshalb Spielfilme befriedigender sind als Dokumentationen. Und Men's Journal berichtet von Chinas boomendem Elfenbeinmarkt.
SZ-Magazin (Deutschland), 07.03.2014
Vor einer Woche ließ Sibylle Lewitscharoff in einer Rede ihrem Abscheu vor künstlicher Befruchtung freien Lauf (mehr hier). Im SZ-Magazin berichtete wenig später die Embryologin Helena Angermaier, die das Verfahren der "Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion" (ICSI) mitentwickelt und auf diesem Weg rund 10 000 Kinder gezeugt hat, in einem Interview mit dem Autor Andreas Bernard von ihrer Arbeit. Dabei bekennt Angermaier, dass sie die fehlende Langzeiterfahrung durchaus beunruhigt: "Ich bin ja kein Befruchtungsautomat, sondern ein Mensch mit Gedanken und Gefühlen, und ich frage mich immer noch oft: Was passiert eigentlich wirklich in der Eizelle, wenn ich in sie hineinsteche? Ich mische doch das ganze Zytoplasma durcheinander!" Trotzdem ist sie mit ihrer Lebensleistung im Reinen: "Tausende von Kindern im Labor zu zeugen ist mir einfach lieber, als ein einziges eigenes zu haben. Ich sage das zuweilen auch ganz offen: dass mir Kinder am sympathischsten vor dem fünften Lebenstag sind. Da kann ich sie in den Brutschrank stellen, und sie sind still. Wenn meine Patienten dann später mit ihren Neugeborenen in der Praxis vorbeischauen, freue ich mich natürlich schon, weil ich meinen beruflichen Erfolg in dem Moment ganz anschaulich vor mir sehe. Dann sage ich meinen Standardspruch: "Dich habe ich schon als Vierzeller gekannt", und diese Tatsache wird ihre Faszination nie verlieren."
El Pais (Spanien), 06.03.2014
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Men's Journal (USA), 18.02.2014
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Mit seinem Hedgefund hat Tom Steyer innerhalb von 20 Jahren aus 8 Millionen 30 Milliarden Dollar gemacht. Dass Steyer seinen Reichtum dafür nutzt, Lobbyisten zu lancieren und Druck auf politische Entscheidungen auszuüben, entspricht dem Schema. Ungewöhnlich ist jedoch, dass sich Steyers Engagement gegen Klimawandelleugner, Ölkonzerne, Umweltverschmutzer und die geplante Megapipeline Keystone XL richtet. Joe Hagan widmet dem "all-American overachiever" ein lesenswertes Porträt: "Als Investor machte er seine Milliarden, indem er mit gefährdeten Vermögenswerten Risiken einging, bei denen sich einem der Magen umdrehte. Jetzt wendet er dieselbe Strategie auf Washington an und wettet auf den ultimativen gefährdeten Vermögenswert: die Erde... Dass auch er jede Menge Geld in die Politik fließen lässt, mag nicht Jedermanns Vorstellung einer hochgeistigen Lösung sein. Doch Steyer nimmt die Nullsummen-Sicht ein: wenn die kapitalgestützten Interessen der Ölindustrie die Politik davon abhalten, dem Klimawandel effektiv zu begegnen, dann sind Antagonisten mit Kapital gefragt, um ihnen von links entgegenzutreten."
Les inrockuptibles (Frankreich), 11.02.2014
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Slate.fr (Frankreich), 04.03.2014
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Guardian (UK), 12.03.2014
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Erben wie Mary-Kay Wilmers gibt es in Deutschland nicht, gesegnet mit Geld und Verstand! Im Guardian porträtiert Elizabeth Day die 75-jährige Herausgeberin der grandiosen London Review of Book: "Bei allem Erfolg schafft es die LRB kaum, Geld zu machen. Sie verdankt ihre beständige Existenz Wilmers" Großzügigkeit, die regelmäßig Gelder aus ihrer Familienstiftung abzapft. Ihr deutscher Vater war der Gründer eines multinationalen Energieunternehmens und die Vorfahren ihrer Mutter waren russische Juden, zu denen der Psychoanalytiker Max Eitington gehörte wie auch Leonid Eitington, ein stalinistischer Agent, der als Mastermind hinter der Ermordung von Leo Trotzki stand."
New Yorker (USA), 10.03.2014
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Elet es Irodalom (Ungarn), 06.03.2014
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MicroMega (Italien), 06.03.2014
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New York Times (USA), 12.03.2014
Senatorin Dianne Feinstein, die Vorsitzende des Senate intelligence Committee, galt bisher immer als treue Verteidigerin der Geheimdienste. Nun hat sie spektakulär mit der CIA gebrochen und sie der Einschüchterungsversuche gegenüber Politikern beschuldigt, berichten Mark Mazzetti und Jonathan Weisman: "Als Schlüsselereignis für die Aufsicht über amerikanische Geheimdienste bezeichnet Frau Feinstein das Vorgehen der CIA, Dokumente von Computern verschwinden zu lassen, an denen Mitarbeiter des Geheimdienstkomittees des Senats an einem Bericht über das Haftprogramm der CIA arbeiteten. Nachdem der Bericht fertiggestellt war, durchsuchte die CIA die Computer und leitete ein Strafverfahren ans Justizministerium weiter, um die Untersuchungen des Komitees zu durchkreuzen." Großartig Feinsteins Erklärung zu der Sache, die die NYTimes per Video eingebunden hat.
Das NYT Magazin bringt einen rührenden Text des Pulitzerpreisträgers Ron Suskind. Garantiert ohne Einflussnahme von Disney verfasst, heißt es, was in diesem Fall besondere Bedeutung hat, denn Suskind schildert, wie sein autistischer Sohn Owen mit Hilfe von Disneyfilmen die Fähigkeit zur Kommunikation wiedererlangte: "Indem er die Filme wieder und wieder sah, zeichnete er Töne und Rhythmen auf. Sprache hat ihre eigene Musikalität, die die meisten von uns nicht hören. Für ihn waren Intonation und Takt über Jahre alles, was er hörte, als würde jemand ohne Japanischkenntnisse einen Kurosawa-Film memorieren. Auf einmal lernte er Japanisch, indem er die übertriebenen Gesichtsausdrücke der animierten Charaktere und ihre Interaktion mit der jeweiligen Situation dazu nutzte, all die merkwürdigen Geräusche zu definieren … Diese gespeicherten Töne halfen wir ihm zu kontextualisieren, indem wir mit ihm sprangen, herumwirbelten, lustige Fratzen zogen, genau wie im Dschungelbuch … Wir lebten ein Doppelleben. Tagsüber gingen meine Frau, Owens Bruder Walt und ich unseren Geschäften nach, abends schlüpften wir in die Rollen von animierten Disney-Figuren."
Außerdem zu lesen: Ein sehr interessantes Porträt der indischen Autorin und Aktivistin Arundhati Roy, die gerade an einem neuen Roman arbeitet. Und ein Interview mit Alan Rusbridger, Chefredakteur des Guardian, über Zukunftspläne für das Blatt und Post-Snowden-Mysterien, wie Buchstaben, die schon beim Tippen vom Bildschirm verschwi…
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Außerdem zu lesen: Ein sehr interessantes Porträt der indischen Autorin und Aktivistin Arundhati Roy, die gerade an einem neuen Roman arbeitet. Und ein Interview mit Alan Rusbridger, Chefredakteur des Guardian, über Zukunftspläne für das Blatt und Post-Snowden-Mysterien, wie Buchstaben, die schon beim Tippen vom Bildschirm verschwi…
Magyar Narancs (Ungarn), 20.02.2014
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