9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 21.12.2022 - Internet

Die Tatsache, das Elon Musk wie ein Berserker mit Twitter umspringt, bedeutet nicht, dass die vorherige Führungsmannschaft harmlos war. Die Welt übernimmt einen Artikel von Bari Weiss von ihrem Blog The Free Press, der zeigt, mit welchen Tools Twitter bestimmte Positionen fördern oder boykottieren konnte, eine davon ist das sogenannte "Shadow Banning", das die Sichtbarkeit eines Nutzers für andere einschränkt, ohne dass ihm dies klar wird. Weiss bezieht sich auf interne Twitter-Dokumente: "Es überrascht nicht, dass wir bei der Suche nach Beweisen für Shadow Banning nichts in den Twitter-Dateien gefunden haben. Das ist hauptsächlich eine Frage der Wortwahl. Die Twitter-Führungskräfte bevorzugen den Begriff 'Sichtbarkeitsfilterung' oder 'VF' (visibility filtering), was in den Dateien überall zu finden ist. Mehrere hochrangige Quellen bei Twitter haben die Bedeutung dieser Begriffe bestätigt. 'Betrachten Sie die Sichtbarkeitsfilterung als eine Möglichkeit für uns, das, was die Leute sehen, auf verschiedenen Ebenen zu unterdrücken. Es ist ein sehr mächtiges Werkzeug', sagt uns ein leitender Twitter-Mitarbeiter. Tatsächlich handelt es sich um eine Reihe von Tools, die unter anderem dazu dienen, Nutzer aus der Suche auszuschließen und zu verhindern, dass die Tweets einiger Nutzer als trending angezeigt werden - worüber unzählige andere Nutzer erfahren, was auf Twitter beliebt ist oder worüber gerade gesprochen wird."

Musk hat inzwischen angekündigt, als Twitter-Chef zurücktreten zu wollen, allerdings erst, "sobald ich jemanden finde, der dumm genug ist, den Job zu übernehmen", meldet unter anderem Spiegel online.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.12.2022 - Internet

Elon Musk hat bekanntlich (unser Resümee) über sein weiteres Schicksal bei Twitter abstimmen lassen. Seitdem herrscht Funkstille, notiert Eshe Nelson in der New York Times: "Mehr als 17 Millionen Stimmen wurden abgegeben und ergaben ein klares Urteil: 57,5 Prozent sprachen sich in der Twitter-'Umfrage', die am Montag nach 12 Stunden geschlossen wurde, für seinen Rücktritt aus. Musk hatte erklärt, er werde sich an das Ergebnis der Abstimmung halten. Doch auch Stunden nach Abschluss der Abstimmung gab es keine Bestätigung von Musk auf Twitter."
Stichwörter: Musk, Elon

9punkt - Die Debattenrundschau vom 19.12.2022 - Internet

Es wurde so viel auf die sozialen Netze geschimpft, dass kaum mehr wahrgenommen wurde, welche Rolle sie für die Öffentlichkeit spielen. Dies ist ist die Perspektive, aus der Elon Musk kritisiert werden muss, schreibt Tanja Tricarico  in der taz: Fakt sei, "dass viele, die Twitter als Informationsplattform nutzen, keine andere Wahl haben, als zu bleiben. Alternativen wie Mastodon haben zu wenig Reichweite. Nicht nur aktuell, sondern auch auf längere Sicht hin. Den Aktivist:innen im Iran, den Ortskräften in Afghanistan oder kurdischen Protestierenden läuft die Zeit davon, ihre Kontakte auf anderen Plattformen aufzubauen. Hinzu kommt, dass ihre Adressat:innen - darunter auch Ministerien, Nichtregierungsorganisationen, andere Aktivist:innen -, weltweit nicht zwingend auf der selben Plattform unterwegs sein würden."

Musk kann Twitter im Grunde nur zugrunderichten, schreibt Linette Lopez in einem lesenwerten kleinen Essay im Business Insider. Musks Prinzip bei seinen anderen Unternehmen war stets, in eine Lücke zu stoßen, wo noch keiner war, weltveränderde Versprechen zu machen und Geld von Fanboy-Milliardären und Staaten einzuwerben. "Twitter ist das Gegenteil einer 'Elon-Musk-Firma'. Es ist ein einflussreicher aber kleiner Player in einem Feld, das von gigantischen und gut mit Geld ausgestatteten Wettbewerbern dominiert wird. Regierungen weisen Twitter eher in Schranken, als es mit Staatsaufträgen zu versorgen. Und Twitter-Angestellte haben Optionen: Sie können den Laden verlassen und für Firmen arbeiten, die sie besser behandeln, als Musk es je tun würde."

Musk fährt inzwischen mit seinem Chaostreiben fort: Er sperrt die Konten von Journalisten und lässt sie wieder zu, verbietet Links zu anderen sozialen Plattformen (mehr hier) und killt die Seite, wo er das angekündigt hat - und jetzt lässt er darüber abstimmen, ob er Twitter-Chef bleiben soll, meldet unter anderem Spiegel online. Im Moment hat er 56 Prozent gegen sich.

Und er droht dann auch gleich mit dem Ende von Twitter:

9punkt - Die Debattenrundschau vom 16.12.2022 - Internet

Die mutwillige Zerstörung Twitters, der wichtigsten Plattform der internationalen Öffentlichkeit, durch ihren Besitzer Elon Musk schreitet voran, berichtet eine Reportergruppe im Guardian: "Die Konten von Tech-Journalisten bei CNN, der Washington Post, Mashable und der New York Times wurden am Donnerstagabend kurz nacheinander gesperrt. Alle hatten kürzlich Artikel über Musks Sperrung eines Twitter-Accounts veröffentlicht, der öffentlich zugängliche Daten über die Bewegungen seines Privatjets geteilt hatte. Jeder dieser Artikel hatte die Spannung zwischen Musks erklärtem Engagement für die 'freie Meinungsäußerung' und seiner Entscheidung, einen Account zu sperren, der ihm persönlich missfiel, hervorgehoben."

Musk hat die Journalisten Matt Taibbi, Bari Weiss und den Autor Michael Shellenberger beauftragt, die sogenannten "Twitter-Files" auszuwerten, berichtet indes Lucien Sherrer in der NZZ. Denn "Musk ist überzeugt, dass Twitter den öffentlichen Diskurs in den letzten Jahren manipuliert und zensuriert hat - zugunsten der Demokraten." Ergebnisse haben die drei bereits präsentiert: "Matt Taibbi sagte in einem Podcast, das Ausmaß der Kontrolle über jeden einzelnen Account habe ihn und seine Kollegen schockiert: Twitter tausche Unmengen Daten aus mit staatlichen Behörden wie dem Federal Bureau of Investigation (FBI). Diese würden die Daten mit Bemerkungen versehen und zurückschicken. In internen Twitter-Berichten heiße es dann, das FBI habe dies und das markiert, und man diskutiere darüber, ob ein Konto gesperrt oder mit einem 'Shadow-Ban' belegt werden solle."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.12.2022 - Internet

Was Lars Weisbrod in der Zeit über die Twitter-Alternative Mastodon schreibt, klingt wirklich irre aufregend: "Hier geht es zu wie auf Twitter, bloß langsamer und langweiliger. Und vielleicht ist schon das ein Indiz dafür, dass Mastodon wirkt. Dass sich hier tatsächlich ein Gegenmodell abzeichnet zur hochgezüchteten Aufmerksamkeitsökonomie, der wir uns zu lange unterworfen hatten. Wenn auf Mastodon die Timeline nicht lädt, wenn ein Bild nicht gesendet wird, wenn man ein Detail nicht versteht, dann sind das keine Gegenargumente, sondern Gründe, die für dieses Netzwerk sprechen. Der Umzug von Twitter zu Mastodon gleicht gewissermaßen der unter Großstädtern grassierenden Flucht aufs Land..."
Stichwörter: Mastodon

9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.12.2022 - Internet

Jeremy W. Peters hat in der New York Times versucht, ein nuanciertes Bild von Elon Musk zu zeichnen und ihn politisch nicht in eine Ecke zu stellen. Aber das ist ein Irrtum, meint Charlie Warzel in Atlantic. Schon Musks jüngster Tweet "My pronouns are Prosecute/Fauci", wo er sich in fünf Wörtern über trans-Leute, das Gendern und die Corona-Politik Joe Bidens lustig macht, zeigt: "Musk unterstützt aktiv das politische Projekt der extremen Rechten. Er ist ein rechtsextremer Aktivist." Auch "Musks Argument - dass ein gemäßigter Liberaler, der sein Leben lang der Linken angehört hat, keine andere Wahl hat, als rechte Anliegen zu unterstützen - ist unter rechtsextremen Aktivisten eine gängige Phrase. Sie wurde von vielen im sogenannten 'intellektuellen Dark Web' und von Influencern wie Dave Rubin, Joe Rogan, Glenn Greenwald und anderen verwendet."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 12.12.2022 - Internet

Harald Staun ist in der FAZ doch nur mäßig begeistert von der KI-Software ChatGPT. Beauftragt man sie etwa mit Romananfängen "im Stile von", höre man doch bald das Klappern der Mechanik. "Je ungenauer man die Parameter spezifiziert, desto hölzerner und klischeehafter setzt das Programm die Anfrage um. Schließlich ist es nicht mehr als eine gigantische und eloquente Autovervollständigungssoftware, die Wörter ergänzt, die nach seinem statistischen Modell der Sprache als Nächstes folgen. Es greift nicht auf Wissen zurück, sondern reproduziert Muster."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.12.2022 - Internet

Vor einem Jahr verkündete Mark Zuckerberg groß, dass mit seinem "Metaverse" die Zukunft anbricht. Aber seine "virtuelle Realität" hat sich bisher nicht realisiert, im Gegenteil, berichtet Steve Rose im Guardian. Zuckerberg hat gerade 11.000 Mitarbeiter seines Konzerns entlassen: "Die Kassenschlager Facebook und Instagram verlieren Marktanteile und Nutzer der Generation Z an frischere Konkurrenten wie TikTok und Snapchat. Apples Änderungen am Datenschutz im letzten Jahr haben ebenfalls die Einnahmen dezimiert - die Einführung einer 'ask not to track'-Option auf iPhones hat Facebook effektiv um die lukrativen Daten gebracht, die es für gezielte Werbung nutzt. In der Zwischenzeit hat Meta bis heute unglaubliche 100 Milliarden Dollar in die Forschung und Entwicklung von Metaversen investiert, 15 Milliarden Dollar allein im letzten Jahr - und hat offenbar wenig vorzuweisen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 06.12.2022 - Internet

Twitter war so etwas wie das chaotische, aber doch höchst lebendige Hirn einer mit sich selbst diskutierenden Welt. Nun wird es zum Spielzeug eines durchgedrehten Milliardärs, schreibt Hendrik Wiedwulit für die FAZ. Aber ist Mastodon eine Alternative? "Die Welt von Mastodon wirkt etwas plüschig, aktivistisch und kommunenhaft. Sie fußt auf einer föderalen, anarchistischen und anti-datenkapitalistischen Idee: An die Stelle profitorientierter, zentral verwalteter Plattformen mit unstillbarem Aufmerksamkeitshunger und zahlungskräftigen Werbekunden tritt eine 'Föderation' (Federation) von Servern und bildet so das 'Fediverse'. 'Die Allgemeinheit' soll diese Plattformen steuern, so, wie sich Idealisten das schon lange vorstellen. Doch in der Realität regieren die Server-Administratoren - nach eigenen Regeln."
Stichwörter: Twitter, Mastodon, Soziale Medien

9punkt - Die Debattenrundschau vom 03.12.2022 - Internet

Hate Speech ist auf Twitter seit der Übernahme durch Elon Musk drastisch angewachsen, berichten Sheera Frenkel und Kate Conger in der New York Times unter Bezug auf Studien verschiedener Organisationen: "Konten, die Twitter früher regelmäßig entfernt hat - wie etwa solche, die sich als Teil des Islamischen Staates zu erkennen gaben und die verboten wurden, nachdem die US-Regierung ISIS als Terrorgruppe eingestuft hatte - sind wieder aufgetaucht. Konten, die mit QAnon, einer weit verbreiteten rechtsextremen Verschwörungstheorie, in Verbindung gebracht werden, haben für den Verifizierungsstatus bei Twitter bezahlt und diesen erhalten, was ihnen einen Anschein von Legitimität verleiht. Diese Veränderungen sind alarmierend, sagen die Forscher und fügen hinzu, dass sie noch nie einen so starken Anstieg von Hassrede, problematischen Inhalten und ehemals gesperrten Konten in einem so kurzen Zeitraum auf einer Mainstream-Social-Media-Plattform gesehen hätten."