9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 02.12.2022 - Internet

Es hat sich durch die Übernahme von Elon Musk herausgestellt, dass Twitter ein kapitalistisches Unternehmen ist. Nun bleiben nur noch die Alternativen des "Fediverse", des "Universums der föderierten Netzwerke", insistiert der Netzaktivist Ulf Schleth in der taz. Daran mäkeln aber prominente Linke mit Iphone herum. Die Twitter-Alternative Mastodon sei etwas für Nerds, hat Sascha Lobo etwa gesagt. Und "selbst Georg Diez von The New Institute, wo nichtkommerzielle Plattformen gefordert werden, schreibt, Mastodon funktioniere nur 'sehr holprig'. Beides Falschaussagen, aber woher kommen sie? Dezentrale, föderierte Netzwerke funktionieren anders als die bekannten Plattformen, Nachrichten können mal eine Weile brauchen, bis sie rund um die Welt sind, wenn sie nicht auf einem Server liegen." Mastodon, das Lastenfahrrad unter den sozialen Netzen.

Äh, und dann noch diese Meldung, gefunden (über Twitter natürlich) bei axios.com. Musk rudert zurück: "Ye, früher bekannt als Kanye West, wurde von Twitter suspendiert, nachdem er am Donnerstagabend ein Bild mit einem Hakenkreuz in einem Davidstern gepostet hatte, teilte Elon Musk mit."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.11.2022 - Internet

Twitter mag nicht ideal gewesen sein, aber ein Zusammenbruch von Twitter wäre ein weiterer Schaden an jener neuen Öffentlichkeit, die erst durch das Internet entstanden ist, schreibt Goerg Diez in seiner taz-Kolumne: "Die alte Macht, Verlage, Fernsehsender, aber auch Parteien, Regierungen, Staaten bis zu autokratischen Regimen, standen einer neuen Macht gegenüber, die schwer zu definieren war und sich erst nach und nach fand: Da waren Menschen, die Revolutionen antrieben, da waren Stimmen, die eine Reichweite bekamen, die größer war als alle traditionellen Medien im jeweiligen Land zusammen. Es geriet etwas, buchstäblich, in Bewegung: Seit etwa 2010 war das Zeitalter der sozialen Medien auch das Zeitalter der sozialen Bewegungen, vom Arabischen Frühling 2011 über #MeToo 2017 bis zu #BlackLivesMatter 2013 und vor allem seit 2020 nach dem Tod von George Floyd."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.11.2022 - Internet

In der SZ macht sich der Fernsehmoderator Micky Beisenherz (300.000 Follower bei Twitter) wenig Sorgen um die Twitterer: "Unser Narzissmus ist ein helles Licht - und es ist dieses Licht, das uns, komme, was wolle, immer wieder zusammenführen wird!" Zur Not eben bei Mastodon.

Elon Musk hat durch eine Twitter-Abstimmung, an der sich ein winzige Minderheit beteiligte, durchsetzen lassen, dass Donald Trump wieder twittern darf - der ziert sich noch. Nebenbei ist eine andere Regeländerung kaum aufgefallen, schreibt Markus Beckedahl in Netzpolitik. "Negative Tweets", also solche, die früher als Hate Speech bezeichnet wurden, sollen per Algorithmus degradiert werden. Beckedahl glaubt nicht dran: "Das ist natürlich ein Versprechen, das er zumindest für den Moment gerne geben kann, denn Werbetreibende gibt es ja kaum noch. Aber es stellen sich natürlich viele weitere Fragen: Wer ist denn vom Personal noch übrig, um diese Regeln durchzusetzen, wenn drei Viertel der Belegschaft schon gekündigt ist und gekündigt hat? Ist das neue Modell auch konform mit den kommenden Regeln des Digital Services Act (DSA), koharänte und nachvollziehbare Moderationsregeln anbieten zu müssen? Was ist mit den zahlreichen 'negativen Tweets' von Musk, werden die jetzt auch auf digitale Trampelpfade geschickt?"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 21.11.2022 - Internet

Elon Musk und Mark Zuckerberg erträumen sich die sozialen Medien als Dorfplatz. Das suggeriert friedliches Beisammensitzen und Plauschen auf einer Parkbank, aber der Dorf- oder Marktplatz war so idyllisch nie, meint Joshua Beer in der SZ. "Forschende an der Medizinischen Universität in Wien - Abteilung: Wissenschaft komplexer Systeme - legten 2020 in einer Studie dar, wie Menschen sich übervernetzen. In sozial ausbalancierten Gesellschaften stärke Konnektivität den Zusammenhalt nur bis zu einem kritischen Schwellenwert, darüber hinaus 'zerfällt Gesellschaft in Gruppen von Individuen, die untereinander positive Verbindungen und zwischen den Gruppen negative haben'. Ein Weg aus der Fragmentierung sei es, 'die Anzahl der Interaktionspartner zu reduzieren (social distancing)'." Das ginge über die Twitter-Alternative Mastodon, so Beer.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 19.11.2022 - Internet

Da Elon Musk Twtter zu zerstören droht, muss sich die Öffentlichkeit nach Alternativen umsehen. Johannes Drosdowski fragt in der taz, ob mit der Open-Source-Idee eine ähnlich lebendige Szenerie entstehen kann und erklärt den Dienst Mastodon, zu dem viele Twitter-Nutzer abgewandert sind, und das "Fediverse", in dem sich Mastodon mit anderen alternativen Diensten verbindet. Noch klingt, was er über Mastodon erzählt, ein wenig trocken aktivistenhaft: "Die Server dieses Dienstes werden von vielen Einzelpersonen und Gruppen betrieben und betreut. Sie werden Instanzen genannt und wer sich auf Mastdon rumtreiben will, muss sich bei der Registrierung für eine Instanz entscheiden. Manche dieser Instanzen haben ein bestimmtes Interessengebiet, das die Teilnehmenden teilen, sind regional oder bieten Schutzräume etwa für LGBT*QI. Die Instanzen sichern auch, dass die Last des Dienstes auf vielen verschiedenen Schultern ruht."

In der New York Times schreibt Yoel Roth, ehemals Chef von "Trust and Safety" bei Twitter, der nach der Übernahme durch Elon Musk gekündigt hat. Noch hält das alte System der Sicherungen, wenn auch notdürftig: "Die Werbetreibenden haben bisher die stärkste Rolle dabei gespielt, die Ambitionen von Herrn Musk in Bezug auf die Meinungsfreiheit zu bremsen. Solange 90 Prozent der Einnahmen des Unternehmens aus Anzeigen stammen (wie es der Fall war, als Musk das Unternehmen kaufte), hat Twitter kaum eine andere Wahl, als so zu agieren, dass die Einnahmequellen, die das Unternehmen am Leben erhalten, nicht gefährdet werden. Dies hat sich bereits jetzt als Herausforderung erwiesen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 18.11.2022 - Internet

Man fragt sich ja fast, ob Elon Musk von Putin geschickt wurde, um Twitter zu zerstören - oder von den Mullahs, denn Twitter ist für die iranische Protestbewegung sehr wichtig. Alex Heath and Mia Sato informieren bei The Verge über den deprimierenden neuen Stand: Musk stellte dem Rest des Personals per Google Vote ein Ultimatum: Entweder sie machen bei "Twitter 2.0" mit, oder sie gehen. "Twitter hatte vor dem Stichtag am Donnerstag noch etwa 2.900 Mitarbeiter, da Musk bei seinem Amtsantritt kurzerhand etwa die Hälfte der 7.500 Mitarbeiter entließ und spontane Kündigungen folgten. Verbleibende und ausscheidende Twitter-Mitarbeiter sagten gegenüber The Verge, dass sie angesichts des Ausmaßes der Entlassungen in dieser Woche davon ausgehen, dass die Plattform bald zusammenbrechen wird. Einer sagte, dass sie 'legendäre Ingenieure' und andere, zu denen sie aufblicken, einen nach dem anderen haben gehen sehen."

Hannah Murphys Artikel in der Financial Times lässt ebenfalls nur den Schluss zu, dass hier ein Terminator am Werk ist: "Musk warnte vergangene Woche auch die Mitarbeiter, dass ein Konkurs nicht ausgeschlossen sei. 'Wie macht man ein kleines Vermögen in den sozialen Medien? Fang mit einem großen an', twitterte Musk, als die Kündigungen eintrudelten. In der Zwischenzeit wird Musk von Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt verstärkt unter die Lupe genommen." Mehr zum Thema bei Reuters.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.11.2022 - Internet

Der Soziologe Armin Nassehi macht es mal anders als alle anderen und schimpft in der Zeit nicht einfach über die sozialen Medien, sondern denkt über sie nach. Besonders interessiert ihn natürlich vor dem aktuellem Hintergrund, wie Twitter funktioniert, das Elon Musk zu demontieren droht. Nassehi bleibt trotzdem: "Twitter dürfte die Plattform sein, in der die Logik der sozialen Medien am deutlichsten sichtbar wird: Es sieht in der Kommunikation so aus, als setze man etwas in die Welt und bekomme darauf Antwort. Oder man antwortet selbst, und es sieht aus wie ein Zwiegespräch. Aber es sieht nur so aus, denn jegliche Form der Kommunikation auf Twitter lebt davon, dass es stets einen dritten Adressaten gibt, die Beobachterposition: Man sieht den anderen beim Zusehen zu. Man beobachtet Beobachtungen." Und übrigens: "Auf Twitter stoße ich auf Dinge, die ich nicht gesucht habe. Ich hätte sie aber gesucht, hätte ich gewusst, dass es sie gibt. Das ist eins der produktivsten Urteile, die man über ein Ärgernis formulieren kann." Genauso hat man früher über Zeitungen geredet.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.11.2022 - Internet

Elon Musk scheint Twitter - trotz allem die wichtigste Plattform der internationalen Öffentlichkeit - systematisch zugrunde richten zu wollen. Die Washington Post (nicht online) und  Alex Heath in The Verge berichten heute, dass die Top-Datenschutz- und Sicherheitsingenieure Twitter verlassen haben. Heath zitiert aus einer Slack-Botschaft eines Firmen-Justiziars: "Elon hat gezeigt, dass seine einzige Priorität bei den Twitter-Nutzern darin besteht, sie zu monetarisieren. Ich glaube nicht, dass er sich um die Menschenrechtsaktivisten, die Dissidenten, unsere Nutzer in nicht monetarisierbaren Regionen und all die anderen Nutzer kümmert, die Twitter zu dem globalen Marktplatz gemacht haben, den Sie alle so lange aufgebaut haben und den wir alle lieben." Twitter hat zugleich Ärger mit der Federal Trade Commission (FTC), berichtet Heath. Musk scheint sich nicht an einen Vergleich zu Datenschutzfragen halten zu wollen und riskiert Klagen in Höhe von Milliarden von Dollar.
Stichwörter: Twitter, Musk, Elon, Datenschutz

9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.11.2022 - Internet

Twitter ist einfach zu bedienen, aber natürlich ist es im Hintergrund sehr komplex. Darum sind die "site reliability engineers" so wichtig, die so eine Plattform zuverlässig am Laufen halten, schreibt Chris Stokel-Walker in einem viel retweeteten Artikel der MIT Technology Review, für den er mit dem Experten Ben Krueger gesprochen hat. Elon Musk hat bekanntlich die Hälfte der Twitter-Belegschaft gefeuert. "Die verbleibenden Twitter-Ingenieure waren in den letzten Tagen weitgehend damit beschäftigt, die Website stabil zu halten... Während das Unternehmen versucht, zu einem gewissen Grad an Normalität zurückzukehren, geht ein Großteil der Zeit dabei verloren, Musks (oft anstrengenden) Launen in Bezug auf neue Produkte und Funktionen nachzukommen, anstatt das Bestehende am Laufen zu halten. Dies ist laut Krueger besonders problematisch für eine Website wie Twitter, bei der es zu unvorhergesehenen Spitzen in Bezug auf Nutzerzahlen und Interesse kommen kann."
Stichwörter: Twitter, Musk, Elon

9punkt - Die Debattenrundschau vom 08.11.2022 - Internet

In der SZ ist Julia Jäkel - ehemals Vorstandsvorsitzende von Gruner & Jahr und Vorsitzende der Bertelsmann Content Alliance, heute in in mehreren Aufsichtsräten, unter anderem von Holtzbrinck, - entsetzt über das erratische Verhalten von Elon Musk bei Twitter. Der soll beispielsweise nach dem Anschlag auf den Ehemann Nancy Pelosis auf eine Verschwörungswebseite mit Fake News verlinkt haben. Um das zu ändern, wünscht sich Jäkel von Werbung schaltenden Firmen eine stärkere "Corporate Media Responsibility", die mit Anzeigenboykott droht: "Der Werbeumsatz von Twitter ist in den letzten Tagen massiv eingebrochen. Ob Musk, dieser herausragende Erfinder von Autos und Raketen, darüber hinaus ein ökonomisch erfolgreicher Medienmogul mit abseitigen politischen Meinungen wird - darüber können viele mitentscheiden. Die Gesetzgeber, die Unternehmensverantwortlichen. Und: die Nutzer."