Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
13.04.2004. Lecturas Dominicales erzählt die Geschichte der Leidy Tabares, deren Leben aus dem Ghetto von Medellin nach Cannes und zurück in den Knast führte. Der Spiegel besucht New London in einer 5,8 Quadratmeter großen Wohnung. Die Kommune wünscht sich "eine Landung der neuen Welt-Geschichte am Omaha Beach". Der Economist analysiert den spirituellen Zustand des gebrochenen Herzens. Outlook India fragt, wo die indischen Grenzen der Vernunft liegen. Im Espresso beschwört Bruce Sterling die Cyber-Rebellen der Zukunft. Der New Yorker präsentiert einen Gelehrten für schmutzige Witze.
Lecturas Dominicales (Kolumbien), 11.04.2004
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Weiterhin bringt Lecturas Dominicales einen Vorabdruck aus "Delirio", dem neuen Roman der Kolumbianerin Laura Restrepo. "Ich merkte, das etwas für immer zerbrochen war, als mir ein Mann die Tür jenes Hotelzimmers öffnete und ich im Hintergrund meine Frau sitzen sah, die auf eine sehr merkwürdige Art und Weise aus dem Fenster schaute", heißt es dort. Erzählt wird die Geschichte von Aguilar, einem Literaturdozenten, und seiner Frau Agustina, die aus anfangs unerfindlichen Gründen wahnsinnig geworden ist. Schauplatz ist auch hier das heutige Kolumbien. "Delirio" ist in Spanien mit dem diesjährigen Alfaguara-Preis des gleichnamigen Verlagshauses bedacht worden (also 175.000 US-Dollar, hier das Pressedossier). Auf Deutsch sind von Laura Restrepo bislang die gleichfalls empfehlenswerten "Der Engel an meiner Seite", "Die dunkle Braut" und "Der Leopard in der Sonne" erschienen.
Außerdem in dieser Beilage und dieser Zeitung: ein Interview mit dem kürzlich verstorbenen kolumbianischen Maler Enrique Grau sowie eine ausführliche Berichterstattung über das am Sonntag zu Ende gegangene internationale Theaterfestival, das alle zwei Jahre die Hauptstadt Bogota in Aufruhr versetzt. Viel Applaus ernteten dort auch die deutschen Inszenierungen der "Emilia Galotti" vom Deutschen Theater sowie "Bernarda Albas Haus" vom Thalia Theater.
Spiegel (Deutschland), 12.04.2004
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Das Titelthema zu Ostern beschäftigt sich mit den Gründen für den Erfolg von Mel Gibsons Jesus-Film. Es wird auch eine ziemlich innovative Idee für ein Drehbuch zum Gegenfilm angeboten: "In der Bibel der Muslime, dem Koran, wird das Jesus-Drama anders erzählt."
Kommune (Deutschland), 01.04.2004
In einem furiosen Beitrag fordert Karl H. Klein-Rusteberg die Europäer auf, sich endlich der totalitären Herausforderung des islamistischen Terrors zu stellen. "Was Deutschland und die Länder Kerneuropas nach 1989 und nach dem 11. September benötigen, ist keine Selbstbestätigung in ihren Erfolgen, 'richtige' moralische Konsequenzen aus der eigenen Geschichte gezogen zu haben. Ein Neubeginn des Politischen, eine Landung der neuen Welt-Geschichte am Omaha Beach des politischen Lernens wird zur großen Herausforderung, weil die Vorgeschichte totaler Herrschaft in Gestalt des islamistischen Terrors unsere Gegenwart ist. Diese Zeit hat ihren 'D-Day' in den nunmehr alten, europäischen Mittelmächten Deutschland und Frankreich noch nicht erlebt. Es wird eine Landung in der eigenen Gegenwart sein müssen, die nur transatlantisch zu bestehen sein wird. Ob wir an den Illusionen des goldenen Zeitalters identitär-selbstbezogen hängen bleiben oder der Gegenwart gerecht werden, hieran entscheidet sich, ob wir uns erneut in die totalitäre Versuchung führen lassen."
In einem weiteren Highlight wirft Raja Menons (mehr hier) einen Blick auf Mittelasien, von wo richtiger Ärger zu drohen scheint: "Die Umgebung des erweiterten Mittelasiens ist ideal für die Zwecke von al-Qaida und andere radikale islamistische Bewegungen. Die unerfreulichen sozialen und wirtschaftlichen Transformationen, die auf den Zusammenbruch der Sowjetunion folgten, haben überall Armut und Arbeitslosigkeit hervorgebracht.... Außerdem ist Mittelasien eine Region der Instabilität und der allgegenwärtigen Korruption. Diese Bedingungen machen es leicht, Geld zu waschen, Waffen zu schmuggeln und sich durch den Drogenhandel Geld zu verschaffen. Und das gilt vor allem, weil die Regierungen in Mittelasien, obwohl zumeist autoritär, schwach sind und, was ihre Stabilität betrifft, von Führern abhängig sind, deren Nachfolge alles andere als vorhersehbar oder durchsichtig ist."
In weiteren Artikel: Thomas Heberer blickt auf 25 Jahre ökonomischen und politischen Wandels in China zurück und hält fest: " Was wir in China beobachten können, ist eine Verbesserung von Governance, das heißt eine Effektivierung und Rationalisierung der Tätigkeiten des Staates und der Partei, um das Gesamtsystem transparenter zu gestalten, Korruption zu mindern und den Partizipationsgrad zu erhöhen." Mit einer Demokratisierung sollte man dies nicht verwechseln. Jörg-Michael Vogl fürchtet, dass die Politik in Zeiten der kontinuierlichen Ökonomisierung zur bloßer Vollzieherin des Notwendigen verkommt. Otto Singer beobachtet mentale Wachstumsblockaden im Auslaufmodell Deutschland. Und Evelyn Hanzig-Bätzing bedauert die neuesten Erfolge der Stammzellenforschung.
In einem weiteren Highlight wirft Raja Menons (mehr hier) einen Blick auf Mittelasien, von wo richtiger Ärger zu drohen scheint: "Die Umgebung des erweiterten Mittelasiens ist ideal für die Zwecke von al-Qaida und andere radikale islamistische Bewegungen. Die unerfreulichen sozialen und wirtschaftlichen Transformationen, die auf den Zusammenbruch der Sowjetunion folgten, haben überall Armut und Arbeitslosigkeit hervorgebracht.... Außerdem ist Mittelasien eine Region der Instabilität und der allgegenwärtigen Korruption. Diese Bedingungen machen es leicht, Geld zu waschen, Waffen zu schmuggeln und sich durch den Drogenhandel Geld zu verschaffen. Und das gilt vor allem, weil die Regierungen in Mittelasien, obwohl zumeist autoritär, schwach sind und, was ihre Stabilität betrifft, von Führern abhängig sind, deren Nachfolge alles andere als vorhersehbar oder durchsichtig ist."
In weiteren Artikel: Thomas Heberer blickt auf 25 Jahre ökonomischen und politischen Wandels in China zurück und hält fest: " Was wir in China beobachten können, ist eine Verbesserung von Governance, das heißt eine Effektivierung und Rationalisierung der Tätigkeiten des Staates und der Partei, um das Gesamtsystem transparenter zu gestalten, Korruption zu mindern und den Partizipationsgrad zu erhöhen." Mit einer Demokratisierung sollte man dies nicht verwechseln. Jörg-Michael Vogl fürchtet, dass die Politik in Zeiten der kontinuierlichen Ökonomisierung zur bloßer Vollzieherin des Notwendigen verkommt. Otto Singer beobachtet mentale Wachstumsblockaden im Auslaufmodell Deutschland. Und Evelyn Hanzig-Bätzing bedauert die neuesten Erfolge der Stammzellenforschung.
Economist (UK), 09.04.2004
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Passend dazu verdeutlicht das kleine Porträt einer russischen Familie, wie eng der atheistische Kommunismus Judentum und Christentum miteinander verschlungen hat.
In weiteren Artikeln ist zu lesen, dass der Bush-Regierung verstärkt vorgeworfen wird, erheblichen Einfluss auf die Welt der wissenschaftlichen Forschung zu nehmen, warum der im Irak andauernde Konflikt kein zweites Vietnam ist, wie es zum 100. Geburtstag der Entente Cordiale um die europäischen Freundschaften steht (mittelprächtig), welche neuen Töne aus den Reihen der Hamas zu vernehmen sind, und dass die ultimative Biografie des Kult-Kinderbuchautors und Wortschöpfers Theodor Seuss Geisel noch aussteht (Philip Nels Buch "Dr. Seuss: American Icon" ist dem Economist zwar genehm, aber eigentlich zu unkritisch). Angesichts der Debatte um die freie Wahl der Krankenversicherung und der Schulen hat der Economist eine Umfrage in Auftrag gegeben, die erforschen soll, was die Briten bevorzugen: Wenige Wahlmöglichkeiten zu haben oder viele. Fazit der Umfrage: Wenn sie die Wahl hätten, hätten sie lieber weniger Wahlmöglichkeiten.
Outlook India (Indien), 19.04.2004
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Weitere Artikel: Sugata Srinivasaraju und Savitri Choudhury haben nach brandheißen Meinungsumfragen in drei Bundesstaaten schlechte Nachrichten für die Kongresspartei. Arvind Krishna Mehrotra verweist auf eine postume Sammlung von Gedichten Agha Shahid Alis, der 2001 für den National Book Award nominiert war. Und Vaishna Roy ist ganz beschwipst, dass in Indien jetzt auch Wein angebaut wird.
Espresso (Italien), 15.04.2004
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Andre Glucksmanns Polemik gegen das vom Terrorismus eingeschüchterte Europa scheint europaweit gefragt. Nach der FAZ (siehe Feuilletonrundschau vom 7. April) wettert er nun auch im anderen politischen Lager gegen den Kotau vor den Bombenlegern. "Das Schicksal hat zwei Mal zugeschlagen: September 2001, das zahlenmäßig bedeutendste Terrorattentat der Menschheitsgeschichte. März 2004, das qualitativ wirksamste Attentat gegen die Demokratie. Eine mit Pendlern besetzte Waggons fliegen in die Luft, und siehe da, drei Tage später dreht sich das Wahlergebnis, entgegen aller Vorhersagen. Wie regulär und vorbehaltlos legal der Ausgang des Urnengangs auch sein mag, versucht nun noch einmal den Attentätern zu erklären, sie hätten keinen Einfluss gehabt!"
In der Dienstleistungsgesellschaft kommen nur Bücklinge nach vorne, schimpft Giorgio Bocca, "all diese unbekannten aber empfohlenen Inkompetenten". Im Aufmacher veröffentlicht der Espresso das Tagebuch des Stefano Tanzi, Juniorchef des skandalträchtigen Parmalatkonzerns. "Ohne Datum: Ronaldo 5 1/2 Millionen im Jahr. Chile 10% weniger Budget. Kolumbien: in Dollars Februar 11 Prozent runter und 17 in lokaler Währung." Ein fußballliebender Entscheider, ohne Zweifel.
Leider nur im Print fordert Enzo Bianco eine Superprocura zur Terroristenbekämpfung und Naomi Klein fragt sich vor Ort, ob die USA im Irak nach einem Plan handeln.
New Yorker (USA), 26.04.2004
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Die Kurzbesprechungen widmen sich unter anderem Romandebüts und einer Studie über Ratten, deren Autor die Tiere "für ein Spiegelbild der menschlichen Rasse" hält.
In einem kleinen Film- und Hollywood-Schwerpunk erklärt Tad Friend, warum die Filme des Drehbuchautors und Regisseurs Harold Ramis ("Und täglich grüßt das Murmeltier", mehr hier) schon seit 25 Jahren erfolgreich komisch sind. Elizabeth Kolbert fragt sich, warum Politiker in Talk Shows auftreten. Und Ian Parker stellt ein Projekt der Farrelly-Brüder vor, die "The Three Stooges", die Helden einer bis in die fünfziger Jahre erfolg- und umfangreichen Kurzfilmreihe von Columbia (mehr hier und hier), wieder zum Leben erwecken wollen.
Weiteres: Ben McGrath porträtiert den schwarzen Cartoonisten Aaron McGruder und untersucht, warum Zeitungsverleger dessen beliebte, aber eben auch scharfe Polit-Cartoonserie "The Boondocks" zunehmend von ihren bunten Seiten verbannen. David Remnick kommentiert den sich ausweitenden Krieg im Irak, und Joshua Kurlantzick erklärt, was an John Kerrys gutem Französisch dann doch schlecht ist. Ian Frazier liefert eine hübsche allegorische Glosse über den Alltag eines Mörders ("Heute wünscht er sich, er hätte mehr Leute umgebracht, als er noch jung genug war"). Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Cat ' n ' Mouse" von Steven Millhauser.
Besprechungen: Nancy Franklin stellt die TV-Serie "Showbiz Moms & Dads" über die elterlichen Manager von Kindern im Showgeschäft vor. John Lahr bespricht die Theaterproduktionen "Intimate Apparel" und "Match", Alex Ross schwärmt von einem "ausgelassenen" Schubert-Abend des Pianisten Leon Fleischer in der Carnegie Hall, und David Denby sah den zweiten Teil von Quentin Tarantinos "Kill Bill".
Nur in der Printausgabe: Eine Analyse des Lustigkeitswerts von Hallmark-Grußkarten, ein Bericht, wie man Komiker am Times Square wird, die Reportage über eine Haussuche in Europa, der Versuch einer Beantwortung der Frage, ob man den Schriftsteller und Verfasser humoristischer Bücher P. G. Wodehouse (mehr hier und hier) zu sehr lieben kann, und Lyrik von Gerald Stern und Charles Simic.
Times Literary Supplement (UK), 09.04.2004
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Weiteres: Richard Vinen schickt verspätete und recht giftige Glückwünsche nach Paris, zum dreißigsten Jubiläum der Liberation: "Wie es sich für eine talentierte und verdorbene Jugend gehört, profitierte sie von einem gehörigen Maß an Nachsichtigkeit." Den Geburtstagsband lobt er gemeinerweise als schönes Coffeetable-Buch.
D.J. Taylor stellt eine Reihe von Neuerscheinungen über den Autor George Gissing vor (mehr hier), der an seinem Sterbebett behauptet hat, H.G. Well hätte ihn vergiftet. Besprochen werden außerdem Alan Hollinghursts neuer Roman "The Line of Beauty" und Iain Bamforths Anthologie "The Body in the Library", die - von Dickens über Tschechow bis Benn - Texte von Medizinern versammelt, die sich als Schriftsteller hervorgetan haben.
New York Times (USA), 11.04.2004
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Weitere Artikel: Fareed Zakaria weiß nach Hans Blix' Erinnerungen (erstes Kapitel) über seine Zeit als UN-Waffeninspektor im Irak nun, dass Washington "mit ein wenig Anstrengung" seine Ziele im Irak auch durch internationale Strukturen und Institutionen erreicht hätte. Wer Mary Stuart wirklich kennenlernen möchte, dem empfiehlt Gerard Kilroy John Guys skrupulöse Biografie der tragischen Königin. Erstmals seien die verschiedenen Versionen der Geschichte unter einem Buchdeckel versammelt. Und Richard Eder mag den "halluzinatorischen, widersprüchlichen, erratischen Realismus", mit dem der somalische Autor Nuruddin Farah in seinem Roman "Links" die lange Phase der Gewalt und der Clankriege seines Landes schildert.
In ihrer Kolumne plädiert Margo Jefferson für das schamlose Kopieren von Passagen, die uns etwas sagen. Mit der Zeit entstehe so ein informelles Logbuch der Lektüre und der Befindlichkeiten. Jefferson notierte sich 1971 eine bitterschöne Zeile von W.E.B. Du Bois. "Was wir fürchten ist, dass unsere Unzulänglichkeiten mehr sind als nur allzumenschliche Schwächen."
Im New York Times Magazine plädiert James Traub in einem dieser endlos-kundigen Artikel für das harte Geschäft des Nation Building. Zufrieden mit seiner von kurzfristigen Jahresbudgets bestimmten Regierung ist er nicht. "Die Größe des Ziels zeigt nur die intellektuelle Armut und die ideologische Selbstversenkung der Nachkriegsplanung."
Außerdem porträtiert Herbert Muschamp Miuccia Prada, die als Kunstmäzenin ebenso "bilderstürmerisch" agiert wie als Modeschöpferin. Und Tina Rosenberg wirbt für das in Verruf geratene Pestizid DDT, das in der Dritten Welt noch gute Dienste leisten könnte.