Magazinrundschau
Hey, hier ist Amerika
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
Wired (USA), 12.07.2012
Außerdem denkt der Science-Fiction-Autor Bruce Sterling in einer Rede zum 100. Geburtstag von Alan Turing darüber nach, warum wir eine Künstliche Intelligenz, aber keine Künstliche Weiblichkeit zu programmieren versuchen, warum Künstliche Intelligenzen in unserer Vorstellung zwar menschlich sein, aber keinen Todestrieb aufweisen sollen und wie das alles womöglich damit zusammenhängt, dass Turing schwul und Nerd in einer Zeit war, die für beides kein Verständnis hatte.
Le Monde (Frankreich), 16.07.2012
Harper's Magazine (USA), 16.07.2012
Julie Otsuka, deren Roman über japanische "Fotobräute" in den 30ern, 40ern wir vorgeblättert haben, erzählt im Interview, wie sie auf dieses Thema gestoßen ist: "Während ich [für einen anderen Roman] getourt bin, sprach ich mit einer Anzahl von Kaliforniern, die während des Zweiten Weltkriegs gelebt hatten und die mir erzählten, sie hätten 'nicht gewusst', dass es Lager [für Japaner] gegeben hätte. Ich fragte mich, wie das sein konnte. Wie konnten sie nicht bemerken, dasss ihre Nachbarn und Klassenkameraden verschwanden? Die Evakuierungs-Zettel hingen überall und konnten kaum übersehen werden. Eine Frau, die in der ersten Klasse war, als der Krieg ausbrach, erzählte mir, dass sie in der Schule neben einem japanisch-amerikanischen Mädchen saß. Eines Tages verschwand das Mädchen und sie fragte sich immer, was aus ihr geworden sein. Darum war ich vor allem interessiert, wie weiße Kinder das Verschwinden ihrer japanischen Klassenkameraden verarbeiteten. Was erzählten ihnen ihre Lehrer, was erzählten ihnen ihre Eltern? Ich erinnere mich, dass meine Mutter mir nach ihrer Rückkehr aus dem 'camp' nach dem Krieg erzählte, keine ihrer Klassenkameraden habe sie jemals gefragt, wo sie die letzten dreieinhalb Jahre gewesen war. Sie kannte diese Klassenkameraden, seit sie fünf Jahre alt war. Sie sagten nur Hallo, als sei nichts passiert."
Elet es Irodalom (Ungarn), 13.07.2012
London Review of Books (UK), 19.07.2012
Außerdem: Adam Shatz schreibt Tagebuch in Ägypten. Christian Lorentzen verfolgt aufmerksam Paul Krugmans Besuch in Großbritannien und wundert sich dabei gehörig über den Geisteszustand des New-York-Times-Kolumnisten. Andrew O'Hagan macht sich Gedanken über den Sadomaso-Beststeller "50 Shades of Grey". Rosemary Hill besucht die Ausstellung "The Capture of Westmorland" im Ashmolean Museum in Oxford.
Le Monde diplomatique (Deutschland / Frankreich), 13.07.2012
Außerdem: Jean-François Boyer berichtet aus Mexiko ebenfalls sehr spannend vom Krieg gegen die Drogen und dem Terror der Kartelle. Shervin Ahmadi reist noch einmal in den Ferienort ihrer Kindheit, nach Gorgan im Norden des Iran.
Bloomberg Businessweek (USA), 10.07.2012
Hierzu passt Nicholas Shaxons Artikel in Vanity Fair, der darlegt, dass der schwerreiche Mitt Romney in seinem Geschäftsleben die Grauzonen keineswegs scheute und dass praktisch kaum Aufschluss über den Umfang seines Vermögens zu bekommen ist, das offenbar auch in Steueroasen geparkt ist. Und übrigens hat Romney bei einem Jahreseinkommen von 42,5 Millionen Dollar in den Jahren 2010 und 11 nur 6,2 Millionen Dollar an Steuern bezahlt. 15 Prozent Steuern - weit weniger, als ein Amerikaner mit mittlerem Einkommen zahlen muss.
Folio (Schweiz), 16.07.2012
In einem ziemlich wütenden Artikel beschreibt Petra Reski den Ausverkauf Venedigs durch die Exkommunisten: "Barockpalazzi, Renaissancejuwele, ganze Inseln - alles muss raus... Seitdem der langjährige und von den Medien gehätschelte 'Philosophenbürgermeister' Massimo Cacciari die Zukunft Venedigs in der Privatisierung sah, wird das venezianische Rathaus auch Ca' Farsetti Real Estate genannt."
Und Luca Turin erklärt, dass er nur in den Möbel der klassischen Moderne leben kann: "Bis zum heutigen Tag finde ich nur in ihrer Umgebung Frieden - oder ich muss jede Menge Codein schlucken."
Prospect (UK), 20.06.2012
Slate (USA), 11.07.2012
Wie ein Krimi liest sich ein spektakulärer Fall aus den sechziger Jahren, den William McGowan schildert: Fast zehn Jahre lang wurden tausende Persönlichkeiten, darunter ranghohe Politiker, Militärs, Richter, Wissenschaftler sowie Film- und TV-Stars wegen ihrer Homosexualität erpresst. Von Strichern, die als Lockvögel fungierten, wurden sie in verfängliche Situationen verwickelt, bei denen sie dann von Gangstern, die sich als Polizisten ausgaben, ertappt wurden. Um ihre homosexuellen Neigungen geheim zu halten und ihre Ehen und Familien nicht zu belasten, zahlten sie erhebliche Schweigegelder. Das Ausmaß des Betrugs und die Dreistigkeit der angeblichen Polizisten sind verblüffend, aber geschichtlich bedeutend ist der Fall aus einem anderen Grund: "Das Bemerkenswerteste ist, wie sich Polizei und Staatsanwaltschaft über ihre eigenen Vorurteile hinwegsetzten. Es ist das erste Mal, dass die Strafverfolgung tatsächlich im Dienste drangsalierter Homosexueller gehandelt hat, anstatt sie einzusperren oder die Angelegenheit zu ignorieren."
Polityka (Polen), 13.07.2012
New York Times (USA), 15.07.2012
In der Book Review bespricht Liesl Schillinger John Lanchasters Roman "Capital", der zeigt, wie die Finanzspekulationen in London nicht nur gierige Banker, sondern auch einen Teil der Gesellschaft beeinflusst hat, der mit ihnen fett wurde.