Diskussionen über
Werte und Moral gehören zur Demokratie, und ein Kompromiss ist nicht immer möglich, konstatiert im
Interview der amerikanische
Philosoph Michael Sandel. "Keine Gesellschaft ist im Stande, in moralischen Fragen Einigkeit zu erzielen. In der Demokratie gibt die Meinung der Mehrheit den Ausschlag, aber in einer offenen Debatte muss diese Mehrheit die moralischen oder religiösen Anschauungen anderer ernst nehmen. Wichtig ist, dass das System
offen bleibt." Sandel geht von der Unvereinbarkeit gegensätzlicher Moralvorstellungen zum Beispiel in der Abtreibungsdebatte aus. Hier versuchen einige Politiker, "weltanschauliche
Neutralität vorzutäuschen, statt von Werten überhaupt zu sprechen. So zu tun, als ob reale Unterschiede und Konflikte nicht existierten, ist oft schlimmer als eine freie und offene Debatte."
Was ist den
jugoslawischen Gastarbeitern geblieben?
fragt Dubravka Ugresic. Und antwortet selbst: "Nichts. Geld, das sinnlos ausgegeben wurde für protzige Grabmäler, Häuser, die im Bürgerkrieg zerstört wurden und Autos. Das war das einzige, womit sie ihr gedemütigtes Ego beruhigen konnten. Sie waren
Diener in Ländern, die sie nie als eigene akzeptiert haben, und sie waren Diener im ehemaligen Jugoslawien, wo sie als erste nationalistischen Anführern aus Serbien. Bosnien und Kroatien nachliefen."
Außerdem: Juliusz Kurkiewicz zeichnet ein längeres
Porträt des Journalisten und Schriftstellers
Bruce Chatwin ("Wer war er? Diejenigen, die ihn kannten, wissen es bis heute nicht.") Und: die Debatte um den kulturellen Nachlass des
Realsozialismus hat nach der Architektur die
Neonwerbung erreicht: Eine polnische Fotografin aus London hat daraus eine Ausstellung gemacht (
hier ein paar Bilder), die ausgerechnet im Warschauer Kulturpalast gezeigt wird. "Das entstehende
Museum für Moderne Kunst hatte sich jetzt bereit erklärt, die Neonreklame in ihr Programm zu integrieren. Es soll eine Freilichtausstellung entstehen, und ihre Geschichte erforscht werden",
kündigt die
Gazeta Wyborcza an.