zuletzt aktualisiert 04.10.2023, 14.15 Uhr
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Berlinale Blog "Außer Atem"
Außer Atem: Das Berlinale Blog
621 Artikel - Seite 1 von 42
Auf dem Narrenschiff: "Sur L'Adamant" von Nicolas Philibert (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
25.02.2023
Die Adamant ist ein
echtes Narrenschiff
, ein wunderschönes Hausboot mit hölzernen Verschlägen, das an einem Quai der Seine mitten in Paris vor Anker liegt, im Schatten der Hochbahn und riesiger Platanen. Das Schiff dient mehreren psychiatrischen Krankenhäuser als
Tagesklinik
, sie ist das selten gewordene Beispiel einer zugewandten, offenen und freien Psychiatrie. Man kann nicht sagen, ob und wie die Patientinnen und Patienten hier therapeutisch behandelt werden, davon sehen wir nichts.
Von
Thekla Dannenberg
Monologe der Frustration: "Mal Viver - Bad Living" von João Canijo (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
24.02.2023
Der leidensfördernde Wettbewerbsfilm "Mal Viver" ist Teil eines ungewöhnlichen
Diptychs
, denn gleichzeitig ist in der Encounters-Sektion "Viver Mal", ebenfalls von João Canijo, zu sehen. Warum man die beiden Teile auf zwei verschiedene Sektionen verteilt hat, erschließt sich nicht. Beide Arbeiten widmen sich
familiären Abgründen
in einem Hotel nicht unweit Portos.
Von
Patrick Holzapfel
J-Pop und Fantasy: "Suzume" von "Makato Shinkai (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
23.02.2023
Seit der verehrungswürdige
Hayao Miyazaki
seine Ghibli-Studios geschlossen hat, wird dem japanischen Regisseur
Makoto Shinkai
gern die Rolle des legitimen Nachfolgers zugeschrieben. Seine Animes brechen in Japan alle Kassenrekorde. Und natürlich verbinden sich auch in Shinkais Filmen ganz wie bei Miyazaki das Realistische und das Fantastische, das Heute und das Gestern, der Mythos und die Hypermorderne.
Von
Thekla Dannenberg
Ballett der Blickkontakte: "Roter Himmel" von Christian Petzold (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
22.02.2023
So durfte sich Editorin Bettina Böhler selten austoben bei einem Film von Christian Petzold. Selbst bei den kürzesten Wegen der Figuren durch das etwas marode, aber charmante Ferienhaus an der Ostsee, in das sich Schriftsteller Leon (Thomas Schubert) und der angehende Fotograf Felix (Langston Uibel) eigentlich zum Arbeiten zurückziehen wollen, folgen fast im Sekundentakt Schnitte, die das Geschehen dynamisieren und eine Art virtuoses
Ballett der Blickkontakte
erzeugen. Bilder, die man stehen lassen könnte, werden geradezu weggewischt. Wer immer noch behauptet, dass Petzold der gleichen "Schule" wie beispielsweise Angela Schanelec angehört, war lange nicht im Kino. "Roter Himmel", der zweite Teil einer mit "Undine" begonnen Liebestrilogie, offenbart einen Filmemacher auf der mal erfrischenden, mal verkrampften Suche nach Leichtigkeit.
Von
Patrick Holzapfel
So wie es ist: "20.000 Bienenarten" von Estibaliz Urresola Solaguren (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
22.02.2023
Auch
bukolischen Idyllen
(aber sind nicht alle Idyllen bukolisch?) sollte man nicht über den Weg trauen. Was dort behauptet wird, stimmt regelmäßig auch nicht ganz. Und irgendwann bricht immer
ein Gewitter
aus. Aber dieser Film ist nun mal eine Landpartie. Er folgt damit einer Tradition aus glücklicheren, romanischen Gefilden. Solche Muster kennt man aus Frankreich, Italien oder Spanien - in diesem Fall spielt die Geschichte im Baskenland, im spanischen und französischen. Selbst nicht so reiche Familien wie die um die dreifache Mutter und zurecht verhinderte Künstlerin Ane haben dort eine Großmutter auf dem Land und zudem eine Großtante, die Imkerin ist und bei der sie ihre Ferien verbringen können. Sie erweist sich in diesem Film als noch wichtiger als die Großmutter.
Von
Thierry Chervel
Die Gewalt zum System gemacht. "El Juicio" von Ulises de la Orden (Forum)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
22.02.2023
Keine andere Militärdiktatur in Lateinamerika wütete so brutal und so grausam wie die
argentinische Junta
. Schon nach offiziellen Berichten fielen ihrer Herrschaft zwischen 1976 und 1983 mindestens 10.000 Menschen zum Opfer, Menschenrechtsorganisationen schätzen die Zahl der Toten eher auf 30.000. Erstaunlich ist, wie wenig diese Verbrechen im kollektiven
Gedächtnis der Welt
präsent sind, verglichen etwa mit Pinochets Herrschaft in Chile. Liegt es daran, dass Pinochets Putsch die sozialistische Utopie Salvador Allendes zerstörte? Oder an der Scham der Europäer, die 1978 die Fußball-WM in Argentinien feierten, ohne sich um das grausame Regime und seine Opfer zu scheren?
Von
Thekla Dannenberg
Sonne durch grüne Blätter: "And, Towards Happy Alleys" von Sreemoyee Singh (Panorama Dokumente)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
22.02.2023
Die indische Regisseurin
Sreemoyee Singh
hat eine berührende Dokumentation über den Iran gedreht, über sein Kino, seine Poesie und seine Musik. Und vor allem über die Menschen, die sich mit ihrer Kunst gegen die Unterdrückung durch das Regime wehren.
Von
Alice Fischer
Einzeln und kühn: "Music" von Angela Schanelec (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
21.02.2023
Irgendwann, wenn man schon lang begriffen hat, dass die zeitlichen Abläufe von Angela Schanelecs "Music" anderen, organischeren Gesichtspunkten folgen als in den anderen Filmen des Festivals, erscheint eines der größten Bilder auf der Leinwand, die man seit langem gesehen hat. Eine Frau steht
am Rand einer Klippe
.
Von
Patrick Holzapfel
Verrate mich nicht: "Le Grand Chariot" von Philippe Garrel (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
21.02.2023
Philippe Garrels
Film "Le Grand Chariot" beginnt mit einem faszinierenden Moment: Am Anfang, wenn sich der Film noch dokumentarisch gibt, verfolgt die Kamera hinter der Bühne eine
Equipe von Puppenspielern
, die gerade ein Stück aufführen. Wir sehen die Kulissen, die hochkonzentrierten Gesichter der Spieler, ihre emporgereckten Arme mit den Puppen über der Hand, die wirbelnde Choreografie: Der Prinz lässt eine Nachricht überbringen, rufen sie. Ist es Prinz Herzmund oder Prinz Honigbart? Auf jeden Fall eine Nachricht für Prinzessin Transuse. Helle Aufregung im Puppenland! Man hält inne und stutzt: Schauspieler spielen in einer angetäuschten Doku Puppenspieler, die in Bruchstücken ein Stück spielen - und man folgt ihnen gebannt wie ein Vorschulkind. Der Trick funktioniert auch bei "Hanswursts Beerdigung".
Von
Thekla Dannenberg
Für einen Moment des Glücks: "Totém" von Lila Avilés (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
20.02.2023
Ein Totem steht in vielen Naturvölkern für ein pflanzliches oder tierisches Wesen, das
als Verwandter
eine Familie repräsentiert, schützt und zusammenhält. Im Endeffekt beschreibt die mexikanische Filmemacherin Lila Avilés mit dem Titel ihres Films also dessen mystischen Auftrag. Es geht ihr um die Beschwörung einer familiären Kraft, die sich mit emotionaler Geborgenheit gegen die Vergänglichkeit stemmt.
Von
Patrick Holzapfel
Selig durchs Kanonenrohr: "Superpower" von Sean Penn (Spezial) und "W Ukrainie" von Piotr Pawlus und Tomasz Wolski (Forum)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
20.02.2023
Man braucht sich nur einmal die Statements anzuhören, mit denen sich die viele RegisseurInnen und SchauspielerInnen auf den Pressekonferenzen um eine Position zum Ukraine-Krieg herumwinden, um
Sean Penns
aufrichtiges Engagement zu schätzen zu wissen. Die meisten belassen es bei einem "Ich bin immer für Frieden." Sean Penn Dokumentation "Superpower" ist ein honoriges Unterfangen, die Lauterkeit des Aktivisten wiegt die Eitelkeit des Schauspielstars auf, der häufiger im Bild ist als alle Ukrainer zusammen.
Von
Thekla Dannenberg
Mit Muskeln und Herz: "Disco Boy" von Giacomo Abbruzzese (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
19.02.2023
Mit seinem vibrierenden Nachtstück "Disco Boy" versetzt der italienische Regisseur
Giacomo Abbruzzese
dem vor sich hindümpelnden Wettbewerb einen gehörigen Adrenalistoß. In dem hochaufgeladenen Film ist alles
Energie, Lebenshunger und dunkle Poesie
.
Von
Thekla Dannenberg
Diese furchtbare Liebe: "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste" von Margarethe von Trotta (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
19.02.2023
Es ist nur wenige Monate her, dass der Suhrkamp Verlag den Briefwechsel zwischen
Ingeborg Bachmann und Max Frisch
veröffentlichte, dem tragischen Liebespaar der deutschen Literatur. Bachmann selbst wollte nicht, dass ihre Briefe veröffentlicht werden, sie hatte sie nach der Trennung von Frisch vergeblich zurückgefordert, damit "niemand ein Schauspiel hat eines Tages". Es ist gut, dass sich Bachmanns Geschwister - fünfzig Jahre nach ihrem Tod - über diesen Willen hinweggesetzt haben und die Publikation erlaubten. In ihnen stehen Sätze voller Schönheit: "Du bist ein Meertier, das nur im Wasser seine Farben zeigt. Du bist schön, wenn man Dich liebt, und ich liebe Dich", schreibt Frisch etwa.
Von
Thekla Dannenberg
Streamingaffiner First-World-Eskapismus: "Past Lives" von Celine Song (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
19.02.2023
Mit der geradlinigen Tearjerker-Romanze "Past Lives" legt die US-amerikanische Produktionsfirma A24 den nächsten sicheren Arthouse-Hit vor. Ein Satz wie aus einem Werbeprospekt, der hier nicht ganz umsonst am Anfang steht. Denn egal, ob man sich mitnehmen lässt von dieser Geschichte einer unerfüllten Liebe, die sich über Orte und Zeiten am Leben hält, oder nicht, es muss zumindest registriert werden, dass die Berlinale endgültig jedweden filmischen oder politischen Anspruch aus ihrem Hauptwettbewerb entfernt hat.
Von
Patrick Holzapfel
Dröhnende Kraftmeierei: "Manodrome" von John Trengove (Wettbewerb)
Außer Atem: Das Berlinale Blog
19.02.2023
Ralphie ist ein
Ubermann
: Seit er seinen Job verloren hat, kutschiert er die Leute in seinem Wagen durch die verödete Industriestadt im kalten Norden Amerikas, ohne damit recht über die Runden zu kommen. Und alle trampeln auf ihm herum. Wenn er eine Sekunde zu lange in den Rückspiegel blickt, beschimpft ihn die stillende Mutter auf dem Rücksitz als Psycho.
Von
Thekla Dannenberg
⊳