Itamar Ben-Gvir ist im Kabinett Netanjahus Israels neuer
Minister für Nationale Sicherheit. Er ist außerdem Vorsitzender der rechtsextremen Partei
Otzma Yehudit (Jüdische Kraft), Nachfolgeorganisation der ebenso rechtsextremistischen Kach, und
vorbestraft in mindestens acht Fällen, "unter anderem wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Aufstachelung zum Rassismus",
schreibt Ruth Margalit in einem wirklich beunruhigenden Porträt. "'Sein Strafregister ist so lang, dass wir die Tinte des Druckers austauschen mussten, als er vor den Richter trat', sagte mir Dvir Kariv, ein ehemaliger Beamter des Geheimdienstes Shin Bet. Noch im Oktober letzten Jahres
weigerte sich Netanjahu, mit ihm die Bühne zu teilen oder sich mit ihm auf Fotos zu zeigen. Doch eine Reihe enttäuschender Wahlen hat Netanjahu dazu bewogen, seine Meinung zu ändern." Und
auch die Wähler haben ihre geändert. Vor einigen Jahren noch wurde die Bewegung "als marginal betrachtet. 'Es war ein Witz, wie klein sie war', sagte Kariv, der ehemalige Shin Bet-Beamte. Inzwischen hat sie sich zu einer politischen Partei (Jewish Power), einem finanziellen Arm (Fund to Save the People of Israel) und einer militanten Anti-Assimilationsgruppe (Lehava, oder Flamme) entwickelt. Bei der letzten Wahl stimmte nach einer Schätzung
ein Drittel aller israelischen Soldaten für Ben-Gvir. Als er in die Regierung eintrat, betonte er, dass er
gemäßigter geworden sei, und versicherte einem Publikum, dass er nicht mehr der Meinung sei, dass '
Araber getötet werden sollten'. Zwei seiner Mentoren von der extremen Rechten brachen sogar mit ihm, weil sie das als inakzeptable Zugeständnisse ansahen. ... Ein Insider sagte mir, dass die Kluft real sei: Marzel ist eine mürrische Figur, ein 'Kahanist der ersten Generation'. Ben-Gvir ist ein 'Kahanist der zweiten Generation', der seine Bigotterie mit einem
internetfreundlichen Sinn für Humor abmildert. Einige seiner Aktivisten tragen T-Shirts mit dem Aufdruck 'Notorious I.B.G.'. (In einem seiner TikTok-Videos, das 1,3 Millionen Mal angesehen wurde, tritt er einen Fußball, der seiner Meinung nach arabische Politiker repräsentiert. 'Ich übe gerade, Odeh, Tibi und Abbas
nach Syrien zu kicken', sagt er.) Aber die Spaltung half Ben-Gvir auch bei den Wahlen. Er konnte nun plausibel behaupten, dass er
nicht mehr das äußerste Ende der israelischen Rechten vertritt."
Kimon de Greef
begab sich für den
New Yorker in die Hölle von
Südafrikas illegalen Minen: "Als der Bergbau in Welkom in den neunziger Jahren zusammenbrach, entstand an seiner Stelle eine dystopische kriminelle Wirtschaft mit Tausenden von Männern, die in die verlassenen Stollen eindrangen und mit rudimentären Werkzeugen nach dem verbliebenen Erz gruben. Da es kaum Kosten oder Sicherheitsstandards gab, konnten diese illegalen Bergleute in einigen Fällen reich werden. Viele andere blieben in Armut oder starben unter Tage. Die Bergleute wurden als
Zama-Zamas bekannt, ein Begriff aus der Zulu-Sprache, der frei übersetzt so viel wie '
ein Risiko eingehen' bedeutet. ... Da es schwierig ist, in die Minen einzudringen, bleiben die
Zama-Zamas oft monatelang unter der Erde, wo sie von Scheinwerfern beleuchtet werden. Unter Tage können die Temperaturen auf
über hundert Grad ansteigen, und die Luftfeuchtigkeit ist erdrückend. Steinschläge sind keine Seltenheit, und die Retter haben schon Leichen gefunden, die von Felsbrocken von der Größe eines Autos erdrückt wurden. 'Ich glaube, sie gehen alle
durch die Hölle', sagte mir ein Arzt in Welkom, der Dutzende von
Zama-Zamas behandelt hat. Die Männer, die er sah, waren
grau geworden, weil ihnen das Sonnenlicht fehlte, ihre Körper waren abgemagert, und die meisten von ihnen hatten Tuberkulose, weil sie den Staub in den unbelüfteten Tunneln eingeatmet hatten. Nach der Rückkehr an die Oberfläche waren sie stundenlang geblendet. ... In keinem anderen Land der Welt findet der illegale Bergbau in so riesigen Industrieschächten statt. Analysten schätzen, dass etwa
ein Zehntel der jährlichen Goldproduktion Südafrikas auf den illegalen Bergbau entfällt, obwohl die Bergbauunternehmen, um die Investoren nicht zu beunruhigen, das Ausmaß des kriminellen Handels eher herunterspielen. Die Aktivitäten im Untergrund werden von mächtigen Syndikaten kontrolliert, die das Gold dann in legale Lieferketten einschleusen."
Die erste englische Übersetzung des Berichts von
Jacques Besse über seine Schizophrenie und einen höchst imaginativen Spaziergang, der ihm die Musikalität des Straßenlärms offenbart,
nimmt Marco Roth zum Anlass, sich diesem schwebenden Text zu widmen, der den Psychoanalytiker
Félix Guattari und den Philosophen
Gilles Deleuze zu ihrer großen Abrechnung mit der Institution der Psychiatrie und der freudianischen Psychoanalyse inspiriert hat. Nicht nur über die ganz anders strukturierten Denkweisen des Schizophrenen denkt Roth nach, auch darüber, was es bedeutet, sich als Resultat einer krankheitsbedingten Vereinsamung viel auf den Straßen zu bewegen und ständig mit Ordnungsmächten wie Polizei und Psychiatrie konfrontiert zu sein. Aus den von Besse beschriebenen Ereignissen der 1960er Jahre zieht er Parallelen zur heutigen Zeit: "Der New Yorker Bürgermeister, Eric Adams, hat eine aggressivere Durchsetzung des bestehenden Rechts angekündigt, insbesondere durch das New York Police Department, das psychisch Kranken - um in der Bürokratensprache zu bleiben - '
unfreiwillige Unterstützung' leisten soll, auch wenn gar keine direkte Gefahr besteht, dass sie gegen sich oder andere gewalttätig werden. Konkret bedeutet diese 'Unterstützung', dass Menschen, denen das Label 'verrückt' verpasst wird - so wie Jacques Besse -
aus dem öffentlichen Raum entfernt und in überfüllten, finanziell unterversorgten und inadäquat ausgestatteten Psychiatrien, Obdachlosenunterkünften oder Gefängnissen verwahrt werden."
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besucht die
Vermeer-Schau im Rijksmuseum. Und Adam Gopnik
liest ein Buch über die Gefahren der
Lichtverschmutzung.