"Dein Gesicht morgen." Héctor Abad macht sich
Gedanken über die aktuellen und künftigen Möglichkeiten der
Gesichtserkennung: "Der
Economist berichtete neulich, Michal Kosinski von der Stanford University sei es gelungen, ein Artificial Intelligence-Programm dazu zu befähigen, dem Gesicht eines Menschen abzulesen, ob dieser
hetero- oder homosexuell orientiert sei. In Russland und China wiederum kann man mittlerweile in manchen Restaurants mithilfe enstprechender Programme seine Rechnung
mit einem bloßen Lächeln in die Kamera bezahlen. Ebenso genügt ein Foto, um herauszufinden, wie jemand heißt, und wer ein bisschen mehr bezahlt, erfährt auch, wie viel der
Abgebildete verdient, was seine Hobbys sind und wie es um seine Kreditwürdigkeit steht. Bis vor kurzem verdeckten bloß die Frauen der Taliban oder schamhafte Verbrecher (wie etwa ETA-Terroristen) ihr Gesicht mit Burkas, Strumpfmasken oder schwarzen Sonnenbrillen. Vielleicht werden schon bald Millionen ihrem Beispiel folgen, weil sie nicht nur
nicht wollen, dass eine Maschine weiß, wo sie geboren sind, wie viel sie verdienen und was sie wollen, sondern auch nicht, wovor sie Angst haben, was sie
nicht sind und was sie
nicht wollen."