Magazinrundschau
Es gibt nur Stilisierungen
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
19.05.2009. Wie findet man Lebensglück?, fragt The Atlantic. Outlook India feiert den Sieg der säkularen Politik in Indien. Der Spectator sieht die Stunde der Mediävisten gekommen. Der Economist erklärt, warum der Perlentaucher lebenswichtig ist. Der New Statesman kauft Damenunterwäsche in Saudi-Arabien. Magyar Narancs fragt sich, was der 8. Mai eigentlich in Ungarn bedeutet. Die afghanischen Ehegesetze widersprechen dem Koran, erklärt Nasr Abu-Zayd in ResetDoc. Jazz stirbt in Polen, erkennt Polityka.
Outlook India (Indien), 18.05.2009
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Nouvel Observateur (Frankreich), 14.05.2009
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Begleitend analysiert der französische Indien-Experte Christophe Jaffrelot in einem weiteren Interview die Trümpfe und Schwächen der "größten Demokratie der Welt". Auf den Buchseiten beschäftigt sich Philippe Sollers mit bisher unveröffentlichten Texten des "absoluten Misanthropen" Emil Cioran, in denen er sich mit 22 Jahren als glühender Anhänger des Faschismus und Hitlers offenbart.
Economist (UK), 15.05.2009
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Ein zweiter, umfangreicher Artikel stellt die neue Welt der Nachrichten schon etwas detaillierter vor. Es geht darin unter anderem um unpersönliche Aggregatoren wie Google News. Und persönlichere, die ein wichtiger Teil der Zukunft sein dürften: "Manche davon sind reichlich eklektisch, wie The Daily Beast und der Druge Report - der Großvater der individuelleren Aggregatoren. Andere sind spezifischer, wie der Perlentaucher, eine deutsche Website, die sich auf Kultur spezialisiert... Altgediente Nachrichtenmenschen beschweren sich immer häufiger, diese Aggregatoren seien 'Parasiten', die von ihrer Arbeit profitieren. In gewisser Weise sind sie das auch; allerdings können Parasiten auch sehr nützlich sein. Je erratischer die Qualität des Journalismus wird, desto lebenswichtiger wird das Filtern."
La vie des idees (Frankreich), 15.05.2009
Wie kommt es, dass manche Länder ihre Filme exportieren, während andere sich damit begnügen, die Importware zu sehen? Monique Dagnaud untersucht in einem Essay, weshalb gerade Frankreich, Indien und die USA, nachweislich die cinephilsten Nationen der Welt, mit völlig unterschiedlichen künstlerischen und wirtschaftlichen Modellen so erfolgreich auf dem Weltmarkt sind. Zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen, wie Nationen es anstellen, mittels einer Bild-Industrie die eigene Identität zu schaffen und zu behaupten, macht sie ihre Unterscheidung von drei Grundmustern: "Indiens Kino pflegt mit Glück seine Traditionen und seine Romantik für ein inbrünstiges einheimisches Publikum: Der Erfolg dieser Industrie wurzelt in der kulturellen Geschichte dieses Landes. Die USA verbinden die Kultur des Massenkinos mit ökonomischer Effektivität: Sie gehorchen mittels Megaproduktionen und Genrevielfalt einer Logik der Sättigung heimischer und fremder Märkte, aber indem sie auch Talente aus aller Welt aufnehmen, führen sie damit die Werte des Melting-Pot weiter. Frankreich beweihräuchert das Kino als eigene Kunstgattung und stützt dessen Betrieb eifrig mittels einer staatlich gelenkten Politik."
The Atlantic (USA), 01.06.2009
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Magyar Narancs (Ungarn), 14.05.2009
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Boston Globe (USA), 18.05.2009
Richard Thompson Ford, Jurist und Bürgerrechtler und einer der bekanntesten schwarzen Intellektuellen Amerikas, zieht kurz nach der Wahl des ersten schwarzen Präsidenten Bilanz zu den Fragen der Rassendiskriminierung. Rassismus ist nicht mehr das eigentliche Problem, meint Ford, sehr wohl aber die soziale Trennung, die aus dem Rassismus von einst erwuchs: "Das größte Rassenproblem liegt in der Ungleichheit, die fast zwei unterschiedliche Amerikas geschaffen hat, ein schwarzes und armes Amerika und einen wohlhabenderen, vielrassigen Mainstream... In der Isolation entwickeln die Ghettobewohner eigene Sprachmuster und Haltungen, die mögliche Arbeitgeber abschrecken und so die ökonomische Bedürftigkeit noch verschärfen. Jenseits legaler Arbeitsmöglichkeiten stolpern dann viele auf den halblegalen grauen Markt oder ins Verbrechen."
Spectator (UK), 16.05.2009
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ResetDoc (Italien), 16.05.2009
Die berühmt-berüchtigen neuen Ehegesetze für Schiiten in Afghanistan widersprechen dem Koran, meint der liberale islamische Denker Nasr Abu-Zayd in dem interkulturellen Magazin ResetDoc.org: "Der Koran brach mit der alten arabischen Tradition, die den ältesten Sohn zum einzigen Erben des Vaters machte. Er verteilte das Erbe stattdessen an alle Söhne, Töchter und die Ehefrau. Ironischerweise spricht der Koran im Kontext des Erbe-Themas nur von einer Frau, von mehreren Frauen ist nicht die Rede. Frauen hatten also ihren Anteil. Die Ehe wird im Koran in Begriffen der gegenseitigen Liebe vorgestellt; der Ehemann ist das Gewand der Gattin und umgekehrt. Sie enthalten einander. Verglichen mit der Scharia, wo die Heirat in Begriffen des Kaufs und Verkaufs behandelt wird und die Frau eine Ware ist, verleiht der Koran der Ehe einen hohen Status."
New Statesman (UK), 14.05.2009
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Außerdem: Sophie Elmhirst porträtiert Abdul Wahhab, den Gründer des Wahhabismus. Der Jazzkritiker Sholto Byrnes erinnert sich an seine Kindheit in Saudi-Arabien.
Polityka (Polen), 13.05.2009
Jazz scheint auch in Polen, wo diese Musik einst blühte, den Barmusiktod zu sterben. Polityka übersetzt einen Artikel von Dorota Szwarcman, die in Kattowitz ein Symposion über die Geschichte des Jazz in Polen besucht und zitiert den Kritiker Tomasz Szachowski: "Sie spielen Mainstream oder Hard Bop, sagen wir mal im Stile von Adderley, denn Charlie Parker wäre für sie schon zu schwer. Free Jazz taucht überhaupt nicht auf. Es gibt nur Stilisierungen, wunderbare Stilisierungen aber altmodische. Es wäre schön, wenn junge Musiker mit einer eigenen Vision überraschen würden. Aber das kommt nicht vor."
New Yorker (USA), 25.05.2009
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Als "verkappten Hardliner" porträtiert Jeffrey Toobin John Roberts, jenen obersten Richter der USA, der Barack Obama bei dessen Vereidigung den Amtseid falsch vorsagte. Roberts, der sich als "Schiedsrichter" versteht, der die Regeln nicht mache, sondern lediglich anwende, und für seine Amtsführung "Bescheidenheit und Demut" versprach, habe nach vier Jahren allerdings weniger die Bilanz "eines demütigen Bescheidenen, sondern eher eines doktrinären Konservativen vorzuweisen. Die von ihm favorisierte Art der Demut spiegelt eine Auffassung wider, wonach sich der Gerichtshof fast immer den bestehenden gesellschaftlichen Machtverhältnissen fügen sollte. Seit er der siebzehnte oberste Richter wurde, ergriff Roberts in jedem bedeutenden Fall die Partei der Anklage gegenüber dem Angeklagten, des Staats gegenüber dem Verurteilten, der Exekutive gegenüber der Legislative und des Beschuldigten eines Unternehmens gegenüber dem Einzelkläger."
Weiteres: Paul Goldberger gratuliert dem Guggenheim-Museum zum 50. Geburtstag. Und David Denby sah im Kino "Angels & Demons" (Originaltitel von "Illuminati") von Ron Howard und "Summer Hours" ("L'heure d'ete") von Olivier Assayas. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Ava's Apartment" von Jonathan Lethem und Lyrik von Robert Gibb und Philip Levine.
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