9punkt - Die Debattenrundschau

Omas wählen signifikant progressiver

Kommentierter Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
21.02.2024. Das Bemerkenswerte an Alexej Nawalny war, dass er auch gegen die lange Tradition imperialer Machtausübung in Russland kämpfte, hält der Historiker Martin Schulze-Wessel auf Zeit Online fest. Auf geschichtedergegenwart glaubt die Politikwissenschaftlerin Hanna Perekhoda, dass die russischsprachigen Ukrainer die Russen lehren können, wie man ohne Imperium leben kann. In der FAZ legt Felix Klein dar, wie der Postkolonialismus auf die Relativierung des Holocausts setzt, um sein starres Täter-Opfer-Schema durchzusetzen. Und alle trauern um Jan Assmann.
Efeu - Die Kulturrundschau vom 21.02.2024 finden Sie hier

Europa

Im Westen wurde von manchen gern auf nationalistische Positionen des jungen Alexej Nawalny verwiesen, schreibt der Historiker Martin Schulze-Wessel auf Zeit Online, das ist "sachlich richtig", ignoriert aber, was das bemerkenswerte an Nawalnys Position war, auch aus historischer Sicht: "Demokratisch gesinnte Russen opponierten im 19. und 20. Jahrhundert gegen die Autokratie, akzeptierten oder bejahten aber meist die imperiale Form der Herrschaft über nicht russische Territorien. Erstaunlich ist insofern nicht, dass sich Nawalny in einer Reihe mit Solschenizyn fühlte, sondern dass er seine Position radikal überdachte. Nach der russischen Invasion in die Ukraine forderte Nawalny am 2. März 2022 seine russischen Mitbürger zu täglichen Demonstrationen gegen den Krieg auf. Ende 2022 entwarf er in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einen Ausweg aus dem 'imperialen Autoritarismus' Russlands. Der Krieg könne nur durch die Niederlage der russischen Invasionsarmee beendet werden. Anders als viele russische Regimegegner der Vergangenheit kämpfte Nawalny am Ende nicht nur gegen die polizeiliche Unterdrückung der Russen, sondern auch gegen die lange Tradition imperialer Machtausübung, die Russlands Nachbarn unterdrückt und Russland selbst vergiftet.

Auf geschichtedergegenwart zeichnet die Politikwissenschaftlerin Hanna Perekhoda sehr ausführlich die Entstehung des russischen Imperialismus nach, der sich nicht nur in den Köpfen der russischen Eliten, sondern auch bei "Durchschnittsbürgern" festgesetzt habe. Hoffnung für ein demokratisches Russland setzt Perekhoda in die "russischsprachigen Ukrainer, die teilweise in ebenjenem russischen imperialen Diskurs aufgewachsen sind, die aber zugleich Zugang zu alternativen, antiimperialen Narrativen gefunden haben. Der Krieg hat Millionen von Ukrainern die Erfahrung von Solidarität, Selbstorganisation und horizontaler Vernetzung gegeben, im Zuge dessen sich eine politische 'Nation' formiert, wenn wir eine solche als politische Solidargemeinschaft betrachten. Diese Ukrainer könnten den Russen demonstrieren, wie man ein politisches Gemeinwesen aufbauen und ohne Imperium leben kann. Sie könnten dafür die russische Sprache nutzen, die kein exklusives Eigentum der Russen und schon gar nicht Putins ist, um mit ihrer Hilfe eine emanzipatorische Kultur zu schaffen und Russland zugleich das Monopol auf die russische Sprache zu nehmen."

Julija Nawalnaja will das Erbe ihres Mannes fortführen, aber schafft sie es auch, fragt Alexander Kauschanski auf Spon: "Es sei schwer einzuschätzen, wie Nawalnaja sich als Oppositionspolitikerin machen wird. Das schreibt die russische Politikanalystin Tatiana Stanovaya. Nawalnaja müsse aus dem 'Schatten von Nawalny' heraustreten, um nicht nur als Witwe bemitleidet, sondern als unabhängige Persönlichkeit wahrgenommen werden. Sollte Nawalnaja sich dann allerdings zu 'prowestlich' positionieren, würde sie dem russischen Publikum als Verräterin gelten, die für den Feind arbeite, Russland eine Niederlage zufügen wolle. Kremlnahe Medien würden schon jetzt bizarre Gerüchte verbreiten, sie habe ihren Mann getötet, um seinen Platz einzunehmen." Auch Maxim Kireev hat auf Zeit Online Sorge, ob Julija Nawalnajas ein politisches Lager einen kann, "das nicht nur untereinander verfeindet und zerstritten ist, sondern auch in Russland zuletzt zunehmend an Einfluss und Bedeutung verloren hat."

Alexander Estis und Leni Karrer haben für die FAZ mit oppositionellen Russen gesprochen, die in Berlin Alexej Nawalnys gedachten und nicht mehr weiter wissen: "Es offenbart sich die totale Hilflosigkeit oppositioneller Russen angesichts des übermächtigen, unmenschlichen und jedem menschlichen Zugriff entzogenen Apparates. Die naive Hoffnung, das Putin-Regime von Berlin aus durch friedliche Aktionen irgendwie zu treffen, die Vorstellung, Nawalnyj hätte selbst aus dem Lager heraus etwas gegen das Regime anrichten können, das mit seinen Gewaltapparaten das Land unter strengster Kontrolle hält - beides dürfte illusorisch sein. In einer Art Schockstarre steht auch der Journalist Arsenij auf dem Platz, den jemand mit einem Schild in Nawalny-Platz umgetauft hat. Arsenij kannte Nawalny persönlich. Sein Tod sei der größte Schlag gegen Russlands Opposition, für sie sei jede Hoffnung verloren, zumindest innerhalb Russlands. Es könne dort zwar noch einzelne Protestaktionen geben, aber nur von anderen Kräften wie den Soldatenmüttern, glaubt Arsenij. Alle hätten in Nawalny den Anführer der Oppositionsbewegung gesehen, alle hätten seine politische Autorität anerkannt."

Am 20. Februar 2014 eskalierte die Situation zwischen Demonstranten und den Schergen des Regimes von Viktor Janukowitsch auf dem "Platz der Unabhängigkeit" in Kiew, erinnert Cathrin Kahlweit in der SZ. Das Massaker auf dem Euromaidan mit hunderten Toten, bei der die Sondereinheiten der Regierung ohne Erbarmen Zivilisten erschossen, ging in die Geschichte ein als "Geburtststunde der Nation", als entscheidender Schritt der Ukraine gen Westen: "Nun, zehn Jahre später, mitten in den Feierlichkeiten zum Jahrestag des Maidan-Massakers in Kiew, steht das Land vor einer weit größeren Katastrophe. Sie könnte das Land zerstören. Serhij Zhadan, eine der wichtigsten ukrainischen Stimmen, schreibt in seinem Essay 'Blut erregt immer Aufmerksamkeit' über die Begeisterung 2014 und die zunehmend leeren Versprechen der Verbündeten 2024: 'Uns in der Ukraine kommt es oft so vor, als hätte man uns in diesem Krieg allein gelassen mit dem Bösen und der Ungerechtigkeit, auf niemanden zählen zu können. Es bleibt dabei, dass man sich zuallererst auf sich selbst verlassen muss.'"
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Ideen

Die Feuilletons trauern um den Ägyptologen, Religionswissenschaftler und Kulturwissenschaftler Jan Assmann, der zusammen mit seiner Frau Aleida Assmann, den intellektuellen und fachlichen Diskurs in der Bundesrepublik "am stärksten" prägte, wie Marc Reichwein in der Welt schreibt. Ihnen ist es zu verdanken, so Reichwein, dass Begriffe wie "Erinnern" oder "kollektive Identität" "Einzug in den öffentlichen Diskurs der Deutschen gefunden haben", was ihm auch gelang, so Reichwein, weil er nie nur für ein Fachpublikum schrieb. "Vor allem wusste er, dass der Tod beziehungsweise der Wunsch, ihn zu überwinden, die jahrtausendealte Gedächtniskultur am Nil überhaupt erst hervorgebracht hatte: In einem seiner schönsten Aufsätze (über den Mythos von Isis und Osiris) heißt es: 'Wir verstehen jetzt, warum in der ägyptischen Grabplastik und in der Ikonographie der Gräber der Verstorbene so oft, geradezu regelmäßig, in Gemeinschaft seiner Gattin dargestellt ist, die einen Arm um seine Schulter legt oder ihn anderweitig berührt. Wenn die ägyptische Kultur … im Grunde als ein einziger Protest gegen den Tod und als das Projekt seiner Überwindung verstanden werden kann, dann steht im Zentrum dieses Projekts die Wiederherstellung des Paares und seiner innigen Gemeinschaft, die der Tod durch erzwungene Trennung zerrissen hat.'"

In der SZ schreibt Gustav Seibt zum Tod von Assmann: "In langer Perspektive gehört Assmann in eine Reihe, die mit Herders Bibelkritik beginnt, in Nietzsches Moralgenealogie einen ersten Höhepunkt fand und in die Synthese Thomas Manns aus Mythos und Monotheismus mündete, um danach noch einmal Wissenschaft, Ausgrabung, Philologie und Kulturtheorie zu werden. Ein lang nachwirkendes Gedächtnis ist dieser gewaltigen Lebensleistung gewiss." Es ist nicht gerade eine Selbstverständlichkeit, dass Assmann als Ägyptologe zu einem der einflussreichsten Geisteswissenschafler Deutschlands wurde, schreibt Patrick Bahners in der FAZ: "Den Griechen verdanken wir die eine Hälfte der außerägyptischen Nachrichten aus Ägypten, die andere der hebräischen Bibel. Jan Assmann führten seine Untersuchungen ... zu Gedanken über die welthistorische Alternative zwischen friedlichem Polytheismus und kriegerischem Monotheismus, die Theologen und kirchenfromme, aber nicht weniger genau lesende Literaturwissenschaftler provozierten."

Jan Assmann war auch Perlentaucher-Autor. Im Januar 2013 antwortete er in einem fulminanten Essay auf einen Text des Theologen Rolf Schieder in dessen Buch "Sind Religionen gefährlich?" Natürlich ging es um Assmanns berühmte "mosaische Unterscheidung" und die Frage, ob Monotheismus eine neue Form der Gewalt in die Geschichte gebracht habe. Daraus entstand eine Debatte im Perlentaucher mit Autoren wie Bernhard Giesen, Bernhard Lang, Peter Sloterdijk, Micha Brumlik, Marcia Pally, Jan-Heiner Tück, Daniele Dell'Agli und Reinhard Schulze und ein ganzes, von Rolf Schieder herausgegebenes Buch:  "Die Gewalt des einen Gottes". Assmann legt in seinem Eröffnungsessay dar, dass es ihm nicht darum gehe, den Polytheismus gegenüber dem von Ägyptern und Juden erfundenen Monotheismus zu idealisieren: "Wir wissen natürlich, dass die Geschichte der Menschheit, soweit sie sich anhand der Quellen zurückverfolgen lässt, voller Kriege und Gewalt war. Das gilt auch für die Religionen mit ihren blutigen Opferbräuchen und grausamen Initiationsfoltern. Dieser Art von Gewalt haben die monotheistischen Religionen sogar eher entgegengewirkt. Dennoch ist mit den monotheistischen Religionen eine bestimmte Form von Gewalt zuallererst in die Welt gekommen: die Gewalt im Namen Gottes. Das ist die Gewalt, mit der die Welt - die westliche und die östliche - heute konfrontiert ist und die uns, besonders nach den Ereignissen des 11.9.2001, beschäftigt, wenn es um die Frage 'Sind Religionen gefährlich?' geht." Die ganze Monotheismus-Debatte im Perlentaucher finden Sie hier.

Vergangene Woche wollte der postkoloniale Historiker Sebastian Conrad auf den Geisteswissenschaften-Seiten der FAZ nichts von Antisemitismus in seinem Fachgebiet wissen (unser Resümee). Heute sieht Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, ebenda in der postkolonialen Theorie die Wurzel des Antisemitismus an deutschen Unis: "Wie im Fall des israelbezogenen Antisemitismus wird Judenfeindlichkeit in postkolonialen Schriften meist nicht direkt, sondern über Kritik am westlichen Kolonialismus geäußert. In diesem Schema sind Juden weiße Kolonialisten, die die nichtweißen Palästinenser unterdrücken. Die Erinnerung an den Holocaust irritiert die Anhänger der postkolonialen Theorie genauso, wie sie diejenigen stört, die eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordern oder die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten als Vogelschiss der Geschichte bezeichnen. Die Relativierung des Holocausts ist für die Durchsetzung des starren Täter-Opfer-Schemas elementar. Dieses Muster wird wie eine Schablone auf sämtliche Konflikte dieser Welt gelegt. Oder besser: Könnte gelegt werden, denn akademische Unmutsäußerungen oder Massendemonstrationen angesichts der staatlichen Verfolgung der Uiguren in der Volksrepublik China, der Rohingya in Myanmar oder Massaker an Christen in Nigeria gibt es in der Regel nicht."
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Medien

Sechs Jahre ist der Mord an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Partnerin Martina Kusnirova nun her, aber mit Robert Ficos Wiederwahl im vergangenen Jahr sind die Verhältnisse von damals in der Slowakei fast wiederhergestellt, schreibt Ann-Kathrin Leclere in der taz: "Der prorussische Premierminister baut das Land seit seinem Amtseintritt vor vier Monaten nach seinen Vorstellungen um. Im Schnellverfahren hat Fico etwa eine Justizreform veranlasst, die Strafen für Korruption deutlich heruntersetzen könnte. 'Fico hat verstanden, dass ihn damals auch die unabhängigen Medien zu Fall gebracht haben', sagt Matus Kostolny, Chefredakteur der slowakischen Investigativzeitung Denník N. Deshalb gehe der Premierminister heute härter als in seinen bisherigen Amtszeiten gegen Medien vor. Zu seinem Diffamierungsprogramm gehört unter anderem die Androhung, den öffentlich-rechtlichen Sender RTVS zu zerschlagen. Das kritisierte Mitte Januar bereits das EU-Parlament in einer Resolution. Seit Januar beantwortet er außerdem keine Fragen von wichtigen Medien mehr, darunter das Nachrichtenportal Aktuality, für das Kuciak arbeitete."
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Gesellschaft

Lothar Müller verdeutlicht in der SZ, wie absurd es ist, dass jüdische Menschen von heutigen Israelkritikern als Teil der "White Supremacy" wahrgenommen werden. Mit den Studien des Historikers Sander L. Gilman vollzieht er den geschichtlichen Wandel nach, der dazu führte, dass Juden in den USA immer mehr der "Blackness" entrückt wurden, der sie im 19. Jahrhundert zugeordnet waren und stattdessen "der symbolischen Herrschaftsordnung der 'Whiteness'" zugerechnet wurden. Es ist "offenkundig und bizarr zugleich", konstatiert Müller, dass heutige Aktivisten Israel als "White Supremacy state" wahrnehmen: "Offenkundig, weil sie sich dies harmonisch einfügt in die Kritik Israels als Apartheidstaat. Je weißer der Staat Israel, desto leichter geht die Gleichung zwischen Palästinensern und den schwarzen Südafrikanern in der Ära Mandelas auf. Bizarr ist diese Übersichtlichkeit nicht lediglich im Blick auf die multikulturelle Zusammensetzung der israelischen Gesellschaft und ihre internen Konflikte, die Debatten über den antiarabischen Rassismus innerhalb der aktuellen Regierung einschließt. Bizarr ist er auch im Blick auf den Antirassismus der Aktivisten selbst. Hier betreiben Leute, die wahrscheinlich bei jedem 'Blackfacing' an die Decke gehen, ein radikal uniformierendes 'Whitewashing'."

"Wer wissentlich eine rechtsextreme Partei wählt, ist ein Rechtsextremist", schreibt Robert Misik, der in der taz vor allem mit dem "verstunkenen Kleinstbürger-Konservatismus" der Rechten mit Blick auf die Emanzipation abrechnet: "Wo immer die radikalen Neurechten etwas zu sagen haben, wird die Uhr für Frauen zurückgedreht. Abtreibungen werden erst erschwert, dann verboten. Um die natürliche Geschlechterordnung wiederherzustellen, werden die Frauen aus den Arbeitsmärkten herausgedrängt. Nachdem die rechtsextreme FPÖ in Salzburg vergangenes Jahr in eine Koalitionsregierung mit den Konservativen eingezogen ist, war das Erste, was sie verwirklichten: eine Prämie für Frauen, die ihre Kinder selbst daheim betreuen. Verständlich, dass Studien regelmäßig ergeben, dass junge Frauen heute markant linker wählen als junge Männer. Für diesen Trend gibt es ja schon seit Jahren starke empirische Daten. Und mag der Trend bei den jungen Kohorten besonders markant sein, zieht sich dieser Frauen-Männer-Gap beim Wahlverhalten doch über die verschiedensten Generationen. Also nicht nur die Enkelinnen, auch die Omas wählen signifikant progressiver als die Männer."
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Politik

Auch klassische Konservative, die keine Trump-Anhänger sind, werden Trump aller Voraussicht nach wählen, befürchtet Frauke Steffens in der FAZ: "Diese Wähler entscheiden nach dem, was in ihrem Interesse liegt - dass ein Republikaner Präsident wird und die Politik umsetzt, die sie richtig finden: von einer restriktiven Einwanderungspolitik über niedrigere Steuern bis hin zum Abbau von Umweltschutzauflagen. All das hatte Trump in seiner ersten Amtszeit begonnen. Manche dieser Wähler hätten auch andere Kandidatinnen wie die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley unterstützt, glauben aber, dass Trump die besten Chancen hat, ihre politischen Ziele umzusetzen. Diese decken sich mit vielem, was Republikaner in den letzten Jahrzehnten stets vertreten haben: 'law and order' etwa oder das Recht der Bundesstaaten, eigene Gesetze zu machen - was unter dem Stichwort 'states' rights' stets auch ein Mittel war, rassistische Regelungen in Kraft zu lassen."

Samuel Misteli weist in der NZZ auf den immer größer werdenden Einfluss der Arabischen Emirate auf die politische und wirtschaftliche Situation afrikanischer Länder hin:"Die VAE investieren in Afrika viele Milliarden Dollar." Zunächst einmal sind diese Investitionen in vielen Ländern sehr wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung, so Misteli, "und doch sind die Emirate ein destabilisierender Faktor in Afrika. Ihr geopolitischer Ehrgeiz hat auch einige der brutalsten Konflikte auf dem Kontinent befeuert. Manchmal mit Methoden, die jenen Russlands ähneln. Das beste Beispiel ist eine der größten humanitären Krisen der Welt. Seit bald einem Jahr findet im Sudan, Afrikas drittgrösstem Land, ein Krieg statt, der wenig Beachtung findet. Die Armee des Landes kämpft mit den Rapid Support Forces (RSF), einer reichen und mächtigen Miliz, die ihren Ursprung im Genozid von Darfur Anfang der nuller Jahre hat. Die Kriegsparteien haben die Hauptstadt Khartum zerstört, Tausende Personen getötet. Über zehn Millionen Menschen sind vertrieben - mehr als in jedem anderen Land."
Archiv: Politik