Viktor Orbán zeichnet nach seiner Amerikareise
Donald Trump als Friedensengel, der die Unterstützung für die Ukraine beenden werde: "Zuallererst wird er für den Krieg zwischen der Ukraine und Russland
keinen Penny ausgeben", zitiert ihn die
FAZ in einer kurzen Meldung. "Trump habe 'ziemlich detaillierte Pläne, wie dieser Krieg zu beenden ist', sagte Orbán. Diese Pläne stimmten mit den Interessen Ungarns überein." Im
Guardian ist der Politologe
Jan-
Werner Müller über das Trump-Orban-Treffen
nicht erstaunt, seit Jahren pilgern Republikaner nach Ungarn, um zu studieren, wie man seine politischen Gegner am effektivsten ausschaltet, so Müller: "Natürlich spricht nur Trump den leisen Teil laut aus und verkündet seine
Wünsche nach Diktatur; er schwärmt von Orbán als 'starkem Mann' und echtem 'Boss'. Trumps Gefolgsleute sind eher zurückhaltend. Ein Bereich, in dem sie sich jedoch nicht zurückhalten, ist die Bildung - sie schwärmen immer wieder von 'Orbáns Modell'. J.D. Vance, der republikanische Senator aus Ohio, hat die Universitäten zum 'Feind' erklärt und dazu geraten, dass 'das, was die Konservativen bisher am ehesten erreicht haben, um erfolgreich gegen die linke Vorherrschaft an den Universitäten vorzugehen, Viktor Orbáns Ansatz in Ungarn ist'. ... Das Ideal besteht nicht nur darin, die
Kontrolle über Bildung und Kultur zu erlangen, sondern auch darin, den Staat als solchen zu einem parteiischen Instrument zu machen. Wie andere Rechtspopulisten hat Orbán Berufsbeamte durch Loyalisten ersetzt - eine Lektion, die die US-Rechtsextremisten eifrig aufgreifen."
Er sitze nicht im Gefängnis, weil er
Putin nie beleidigt, sondern immer
respektvoll behandelt habe, behauptet im
SZ-Gespräch der nicht zur Präsidentschaftswahl zugelassene Oppositionspolitiker
Boris Nadeschdin, der mit Silke Bigalke auch über die Nervosität der Behörden vor der Wahl spricht: "Wenn das Regime erkennt, dass es
keine große Unterstützung hat, fängt es an, sich rückzuversichern. Die Behörden erwarten von überall
Bedrohungen,
Streiks und so weiter. Mir scheint diese Angst übertrieben zu sein. Ich sehe kein Potenzial für eine echte Revolution. Ich habe auch immer gesagt, dass ich nicht genehmigte Kundgebungen ablehne, mich an das Gesetz halte, nicht zu Aufständen aufrufe. Man muss wählen gehen, um die Verhältnisse auf friedliche Weise zu ändern. Diese Position erhält viel mehr Unterstützung als Aufrufe dazu, den Kreml zu stürmen. Die meisten Menschen sind nicht bereit dazu, ihre Freiheit, ihre Sicherheit für politische Aktionen zu opfern."
In der
Welt hält
Hans Michael Rühle, ehemaliger Nato-Referatsleiter, die Befürchtung, Putin wolle sich nach der Ukraine das Baltikum oder Polen einverleiben für "zumindest grob fahrlässig". Die Ukraine sei ein Sonderfall, "weil sie weit mehr als jedes andere Nachbarland unmittelbar mit der Geschichte und dem Selbstbild Russlands verknüpft war", meint er und glaubt, dass Russland nicht mal die militärischen Fähigkeiten habe, die Nato herauszufordern. Vielmehr gehe es bei dem
Alarmismus darum, die
deutschen Rüstungsausgaben zu erhöhen. Aber die Strategie werde nicht aufgehen: "Der westliche Druck auf die Ukraine, sich auf
Verhandlungen einzulassen, wird steigen, auch wenn weiterhin Waffen geliefert werden, um Kiew eine bessere Ausgangslage für solche Gespräche zu verschaffen."
Anders sieht das die Politologin
Hanna Notte auf
Zeit Online, wenn auch mit Blick auf Russlands
Machtstreben im Nahen Osten: Hier richtet Putin sein Politik auf
totale Konfrontation mit dem Westen aus, so Notte, die unter anderem auf Putins geänderte Position im Nahostkonflikt blickt: "Mit propagandistischem Pathos spielt sich Russland ... medial und diplomatisch als Fürsprecher der palästinensischen Zivilbevölkerung auf. Ganz so, als würde es selbst nicht fast täglich zivile Infrastruktur in der Ukraine bombardieren. Angesichts der weltweiten Entrüstung über das unverantwortliche Vorgehen Israels in Gaza trifft Russlands Litanei über die westliche Doppelmoral, so zynisch sie auch sein mag, einen wunden Punkt. Russlands Machthaber nutzen den Konflikt für ihre antiwestliche Politik aus. Und der proisraelische Nahostkurs von US-Präsident Joe Biden bietet Moskau hierfür reichlich Angriffsfläche. Überdies unterstützt Moskau heute stärker als je zuvor die sogenannte
Achse des Widerstands, eine vom
Iran angeführte und explizit israelfeindliche und antiwestliche Ansammlung von Bewegungen, der etwa die Terrororganisation Hamas, der palästinensische Islamische Dschihad (PIJ), die jemenitischen Huthi-Kämpfer, irakische und syrische Milizen und die libanesische Hisbollah angehören. Es gibt Anzeichen wachsender russischer militärischer Zusammenarbeit mit dieser sogenannten Achse, auch wenn das Niveau der Kooperation überschaubar bleibt."
Auch die Historikerin
Beatrice Heuser erwartet sich nichts Gutes von einem Frieden mit Putin
auf Kosten der Ukraine, berichtet Thomas Speckmann, der für die
FAZ einen Aufsatz Heusers in der
Zeitschrift Sirius gelesen hat, in dem sie mehrere Szenarien für ein Kriegsende durchspielt: "Aber keiner hätte in ihren Augen das Potential, die Basis für einen
halbwegs dauerhaften Friedensschluss zu bilden. Vielmehr zeigt sich die in Glasgow lehrende Historikerin davon überzeugt, dass
in der Konfrontation mit einem derart nationalistisch und kompromisslos auftretenden Akteur wie Putins Russland der einzige Weg zu einem beständigen Frieden ein Regimewechsel sei. Ein solcher allerdings könne und dürfe nicht von außen bewirkt werden."
Im "10 nach 8"-Blog der
Zeit erinnert die tschetschenische, in Wien lebende Journalistin
Maynat Kurbanova an die brutale
Vernichtung der Tschetschenen in den vierziger Jahren. Bis heute wird den Tschetschenen die
Erinnerung, die sich vor allem in einem 1992 errichteten Mahnmal zeigte, durch die Russen genommen: "Im Jahr 2014 folgte der endgültige Abbau. Die Grabsteine blieben auf einem eingezäunten Lagerplatz mehrere Monate willkürlich übereinander geworfen liegen. Was übrig blieb, bildet heute einen Teil des neu errichteten Denkmals für Menschen, die im Kampf gegen Terrorismus gefallen sind - auf russischer Seite. So wird das Mahnmal unserer größten Tragödie für
Propagandazwecke benutzt, die Opfer und ihre Nachkommen verhöhnt und die
Erinnerung ausgemerzt. Tschetscheninnen und Tschetschenen dürfen heutzutage am Tag der Deportation, dem 23. Februar,
nicht mehr öffentlich trauern. Sie finden dennoch Wege: Die Menschen öffnen an diesem Tag stillschweigend die Tore und Türen ihrer Häuser weit - es ist eine alte tschetschenische Tradition der Trauerbekundung."