9punkt - Die Debattenrundschau
Ein bisschen mehr Telefonüberwachung
Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
Religion
Gesellschaft
Im Interview mit Zeit online erzählt Charlotte Roche, dass ihr WDR-Filmchef Gebhard Henke (der alle Vorwürfe bestreitet) bei einer Veranstaltung mit der rechten die Hand schüttelte und die linke auf ihrem Hintern abgelegt habe. Warum sie nicht lauthals protestiert hat, versteht sie bis heute nicht: "Wenn ich zum Beispiel im Nachtleben unterwegs bin, erwarte ich, dass so etwas passieren kann. Da habe ich schon viele Male richtig reagiert, geschubst, geschrien, mich gewehrt. Aber auf dieser Veranstaltung fühlte ich mich sicher, ich kannte viele Leute, ich mochte die. Deshalb war ich komplett perplex. Ich weiß noch, dass ich dachte: Wenn ich den Mann von mir wegstoße und schreie, was ein normales Verhalten wäre, dann verursache ich damit den Eklat des Abends."
Außerdem: Im multikulturellen Berlin-Neukölln gibt es immer öfter Angriffe auf Homosexuelle und Transmenschen, meldet Helena Piontek im Tagesspiegel: "Allein von 2015 auf 2016 stiegt die Anzahl an Hasskriminalität wegen sexueller Ausrichtung in Berlin um zwölf Prozent, auf 291 Übergriffe - auch weil Hasskriminalität mittlerweile häufiger als solche erkannt und angezeigt wird."
Europa
In Italien zeichnet sich ein Regierungsbündnis aus den linkspopulistischen Fünf Sternen und der rechtspopulistischen Lega Nord ab. Damit würde erstmals ein Gründungsmitglied der EU von EU-skeptischen Politikern regiert, schreiben Jacopo Barigazzi und Giulia Paravicini in politico.eu und zählen einige Konsequenzen für Europa auf - eine davon: die Russlandsanktionen: "Im April sagte Matteo Salvini von der Lega, dass er 'die absurden Sanktionen, die der italienischen Wirtschaft unschätzbaren Schaden bereiten' abschaffen würde. Die Verbindungen zwischen der Lega und Russland sind besonders eng. Letztes Jahr unterzeichnete die Partei einen 'Kooperationsvertrag' mit Wladimir Putins Regierungspartei. Fünf-Sterne-Politiker haben ebenfalls dazu aufgerufen dazu aufgerufen, mit Blick auf italieinische Unternehmen Sanktionen auszusetzen."
Außerdem: Die ganz aktuelle Reuters-Meldung, dass die Soros-Stiftung in Budapest schließt und ihre Zentrale nach Berlin verlegt.
Überwachung
Internet
Endlich mal ein Protest gegen die kommende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die sämtlichen Webseitenbetreibern Schweißperlen auf die Stirn treibt - aus Angst vor Abmahnanwälten, die irgendwelche Verstöße aufgreifen werden. Im Techblog t3n schreibt der Mediengestalter Enno Park: "Die DSGVO überzieht zahllose Menschen mit einem bürokratischen Irrsinn und treibt diejenigen, die das vermeiden wollen, zu den großen Plattformen, die sich unter dem Deckmantel der 'Einwilligung' dann allerlei erlauben können."
Marcel Weiß schreibt dazu in seinem Neunetz: "Sowohl in der Datenschutzdebatte als auch bei Themen wie zum Beispiel der Netzneutralität (in der US-Debatte) wird der private/halb-private/freie Teil des Webs nicht mitgedacht. Dabei ist es das Kostbarste, das das Internet der Öffentlichkeit mitgegeben hat. Gleichzeitig ist es auch das Fragilste." Auch auf Sascha Lobos Spiegel-online-Kolumne zum Thema ist nochmal hinzuweisen.
Politik
Wissenschaft
Kulturpolitik
"Ein radikaler Kulturwandel wie in Frankreich ist nicht zu erkennen", kritisiert dagegen Jörg Häntzschel in der SZ, vor allem, wenn es um die Frage der Restitution gehe: "Zu prüfen sei, 'ob ein regelrechter Rechtsanspruch auf Rückgabe des (…) Sammlungsstückes besteht.' Wenn nicht, seien öffentlichen Institutionen die Hände gebunden: 'Eine Weggabe von Eigentum (...) darf eigentlich nur dann erfolgen, wenn es hierfür eine gesetzliche Grundlage gibt.' Was die Autoren nicht sagen, ist, dass dieser Anspruch ohne bilaterale Abkommen so gut wie nie besteht."