Norwegen zahlt zusammen mit Island und Lichtenstein in jeder EU-Haushaltperiode
Ausgleichszahlungen an EU-Mitgliedsstaaten mit unterdurchschnittlichem Entwicklungsstand - so auch an
Ungarn - als Kompensation für den Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Die Zahlungen sollen zivilgesellschaftlichen Initiativen zugute kommen, welche unabhängig von der jeweiligen Regierung sind, wobei über die geförderten Organisationen Konsens zwischen den zwei Staaten herrschen soll. Ungarn hat als einziges Land die Vereinbarung
einseitig aufgekündigt, denn nach der Beurteilung der Regierung gehört eine der Organisationen dem "Soros-Netzwerk" an. Die Abrufbarkeit der Mittel ist damit laut Norwegen hinfällig, die ungarische Regierung wiederum spricht vom "Diktat der Geberländer", kündigt rechtliche Schritte an und überprüft laut einer Verordnung des Ministerpräsidenten die wirtschaftlichen Beziehungen zu Norwegen (
mehr zu dem Thema in der
NZZ). Der Publizist János Széky
kommentiert die paradoxe, ja absurde Situation. "Das Problem ist einerseits, dass die Regierung des EU-Mitglieds Ungarn, mit ausreichend Zeit und Kapazität ausgestattet, seit 2010 Techniken perfektionierte,
Brüssel für dumm zu halten und - siehe die Geschichte des EU-Haushaltes und des Corona-Hilfspakets - zu erpressen. Norwegen ist aber nicht die EU und auch nicht Deutschland. (...) Schon die 'Rechtsgrundlage' ist eine propagandistische Dummheit, also dass das Königreich Norwegen Ungarn diese Summe 'schuldet', weil 'es die Vorteile des Binnenmarktes der EU genießt', genau so wie die Gelder aus den EU-Kohäsionsfonds Ungarn 'zustehen'. Nicht mit dem 'Ziel', dass das Land sich schneller entwickelt, sondern aus dem 'Grund', dass private Firmen
Euromilliarden in Form von Gewinnen aus dem Land herauspumpten, was jetzt die west-europäischen Steuerzahler lediglich zurückzahlten. Wenn jemand das hier zum ersten Mal liest: dieses auf betriebswirtschaftlichen Analphabetismus ruhende Geschwätz wurde vor Jahren entwickelt und seitdem mantraartig von Regierungsmitgliedern und Staatspresse wiederholt - dagegen soll man argumentieren, wenn man es mit der Lautstärke hinbekommt."