Magazinrundschau - Archiv

Al Ahram Weekly

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Magazinrundschau vom 11.11.2008 - Al Ahram Weekly

Arabisch müsste man lesen können! Dina Ezzat stellt ein hochinteressantes Projekt der Bibliothek von Alexandrien vor: Sie dokumentiert im Internet die Geschichte Ägyptens von 1802 bis 1981. Die Webseite, die laufend ergänzt wird, bietet zur Zeit "20.000 Fotografien von historischen Ereignissen, 11.000 Dokumente, 1.200 Essays und Biografien und 5.800 Nachrichtenausschnitte. Außerdem 1.000 Reden ägyptischer Politiker und 250 Videoaufnahmen politischer Ereignisse" und Audiodateien. Es geht dabei nicht nur um Politik, sondern auch um Kultur, die Rolle der Frauen in der ägyptischen Kunst und im Journalismus, Gedichte von Biram Al-Tunsi oder Lieder von Sayed Darwish. Massenhaft Material also für Forscher und interessierte Leser. "'Tatsächlich hat Ägypten ein großes Problem mit dem Geschichtsunterricht. In den Schulen wird Geschichte auf eine Art gelehrt, die jedem wissenschaftlichen und analytischen Denken spottet. Und an den Universitäten lernen Geschichte nur die, die sich nirgendwo anders einschreiben konnten', sagt Magdi Guirguis", ein Historiker, der sein Familienarchiv zur Verfügung gestellt hat.

Besprochen werden der tschechische Film "Tobruk", der einen Einblick gibt in die "faszinierende" Beziehung der tschechischen Republik zu Ägypten, die arabische Seite allerdings etwas unterbelichtet lässt, meint Eric Walberg, und zwei Bücher, die sich kritisch mit dem heutigen Ägypten auseinandersetzen: Sophie Pommiers "Egypt, L'Envers du decor" (hier) und John R. Bradleys "Insight Egypt: the Land of the Pharaohs on the Brink of Revolution" (hier).

Magazinrundschau vom 14.10.2008 - Al Ahram Weekly

"Es sieht so aus, als hätte das Cairo International Festival for Experimental Theatre (CIFET) sich in diesem Jahr endlich entschieden, die Bewegung Unabhängiger Theater zu bemerken und ihre wertvollen Beiträge zu früheren Festivals anzuerkennen", spottet Nehad Selaiha. Es soll ein Symposium zum Thema geben. Und der Vorsitzende des Festivals, Fawzi Fahmi, habe der Bewegung in einer Ansprache bescheinigt, "sie 'stelle neue Stücke vor, trenne Theater von Literatur, gehe auf ganz neue Art mit dem Repertoire um, widersetze sich der Zensur und fordere finanzielle Unterstützung'. Die Repräsentanten des Unabhängigen Theaters in Ägypten tun gut daran, das am Runden Tisch zu zitieren, um den Kulturminister so zu beschämen, dass er auf ihre legitimen Forderungen antwortet. Es ist natürlich möglich, wie einige Zyniker behaupten, dass das ganze nur eine Show für die ausländischen Gäste ist, um ihnen die Idee anzudrehen, das ägyptische System und seine Kulturpolitiker unterstützten die freie Meinungsäußerung und regierungsferne Initiativen."

Magazinrundschau vom 02.09.2008 - Al Ahram Weekly

Ägypten versucht seit einiger Zeit, seine Bürger zum Lesen zu bringen. Ob mit Erfolg, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten, berichtet Dina Ezzat. "Die Schätzungen zur Anzahl derer, die öffentliche Leseeinrichtungen besuchen, variieren stark. Einige Beamte geben an, dass jedes Jahr etwa 20 Millionen Menschen vom Netzwerk der öffentlichen Bibliotheken und der 'Reading for All'-Kampagne profitieren, während andere überzeugt sind, dass es nicht mehr als drei Millionen sind. Im staatlichen Fernsehen und Radio wird Lesen ausgiebig beworben. Suzanne Mubarak ruft etwa in Spots jedes einzelne Familienmitglied auf, der Initiative beizutreten. Filmgrößen und Sportstars werben ebenfalls. Nichtsdestotrotz sind die meisten öffentlichen Büchereien, insbesondere die Mubarak-Bibliotheken - bald werden es zwölf in ganz Ägypten sein - und die Kulturzentren nach wie vor für viele in erster Linie ein Ort, um Sprachen zu lernen und Sommerprogramme zu besuchen, als ernsthaft zu lesen."
Stichwörter: Bibliotheken

Magazinrundschau vom 01.07.2008 - Al Ahram Weekly

Als wenig zielführendes Aneinandervorbeireden hat offenbar Rania Khallaf die erste Konferenz für arabische Literaturkritik und Literaturtheorie in Kairo empfunden. Es ging um Geschichte und Gegenwart, die einen warfen den anderen unkritische Übernahme westlicher Methoden und Scharlatanerie vor, die anderen versuchten sich in Computerphilologie. Der Libyer Hilal El-Atry etwa stellte fest: "Ich habe nichts gegen postmodernes Schreiben, sei es in literarischen oder literaturkritischen Werken. Aber Unbestimmtheit ist so sehr in Mode in der akademischen Forschung an arabischen Universitäten, dass es oft schwerer ist, die Kritiker zu verstehen als die Originaltexte, die sie eigentlich kommentieren sollen." Ganz negativ äußert sich der Nestor der ägyptischen Literaturkritik Mahmoud Amin El-Alem: "Die Krise der Literaturkritik ist nur das Symptom einer generellen Krise von Bildung, Politik und Wirtschaft. Wir erleben gegenwärtig einen der dunkelsten Momente in der modernen arabischen Geschichte."

Weitere Artikel: Hani Mustafa fragt nach den Chancen eines unabhängigen ägyptischen Kinos auf dem Weltkino- und internationalen Festival-Markt. Samir Farid stellt den jungen ägyptischen Regisseur Ibrahim El-Batout vor, der als Gewinner in Taormina und Rotterdam ein Musterbeispiel eines solchen Erfolgs wäre - hätte er nicht in Ägypten Schwierigkeiten mit der Zensur.

Magazinrundschau vom 03.06.2008 - Al Ahram Weekly

In Kairo wurde eine als Nostalgie-Veranstaltung geplante Konferenz von Israelis über die Geschichte der Juden in Ägypten sehr kurzfristig abgesagt. Dina Ezzat nimmt das zum Anlass, sich in einem sehr ausführlichen Artikel mit dem Thema zu befassen: "Heute leben in Ägypten nur noch siebzig Juden. Fast nur ältere Frauen, nicht mehr als zwei Männer... Diese geringe Präsenz ist weit entfernt von früheren Zeiten, in denen ägyptische Juden Teil aller Gesellschaftsschichten waren. Reiche Juden mit bekannten Namen wie Rolo, Cattawi, Menashe, Suares und Mosseri, bekannt für ihren Patriotismus im Angesicht der britischen Kolonisatoren... lebten in den besseren Stadtvierteln von Kairo und Alexandria und leisteten einen großen Beitrag zum kulturellen, ökonomischen und politischen Leben in Ägpypten. Ärmere Juden lebten gemeinsam mit dem Rest der ökonomisch benachteiligten Bevölkerungsteile, wahrten aber ihre religiöse Identität."

Weitere Artikel: Rania Khallaf berichtet von einer Konferenz über den auch fast zwanzig Jahre nach seinem Tod noch heftig umstrittenen ägyptischen Schriftsteller Youssef Idris.
Stichwörter: Nostalgie, Patriotismus

Magazinrundschau vom 20.05.2008 - Al Ahram Weekly

Die Übersetzerin Marilyn Booth schäumt heute noch, wenn sie daran denkt, wie sie bei "Girls of Riyadh" behandelt wurde. Die Autorin Rajaa Alsanea antwortete erst nicht auf ihre Mails und verschlimmbesserte schließlich alles noch mal im Alleingang. Der Penguin-Verlag ließ sie gewähren. Ein Symptom für eine fatale und grassierende Geringschätzung des Übersetzerhandwerks, meint Booth. "Die Änderungen von Alsanea entsprechen der flapsigen Hybridität, von der Verleger glauben, dass die Leser sie bevorzugen. Sonst müssten sie sich ja mit dem Text und der Kultur wirklich auseinandersetzen, sie wären gezwungen, ihre komfortablen Annahmen über den Rest der Welt in Frage zu stellen. sie müssten etwas Neues lernen. Das ist ein Teufelskreis. Wenn englischsprechenden Lesern vorgegaukelt wird, sie müssten sich mit anderen Kulturen nicht nach deren eigenen Regeln auseinandersetzen (in 'Girls of Riyadh' etwa umschreiben Jugendliche globale Konsumkultur mit ihren lokalen Ausdrücken), werden sie in ihren angenehm isolierten kulturellen Lehnstühlen sitzen bleiben und nichts mitbekommen von den reichhaltigen kulturellen Eigenheiten oder politischen Nuancen. Aufrüttelnde Leserlebnisse bleiben so aus."

Im Nationatheater in Kairo wird "Les Miserables" als reines Drama aufgeführt, und Nehad Selaiha hat auch ohne Musik eine ganze Packung Taschentücher vollgeheult, wie sie fröhlich berichtet. Und einen neuen Star entdeckt: Tamer El-Kashif,der noch auf der Schauspielschule ist.

Magazinrundschau vom 13.05.2008 - Al Ahram Weekly

Gamal Nkrumah erzählt die Geschichte des sudanesischen Kameramanns Sami Al-Haj, der 2001 von den Pakistanis festgenommen und den Amerikaner übergeben wurde, die ihn sieben Jahre lang ohne Anschuldigung in Guantanamo einsperrten - nun ist er als unschuldig entlassen worden: "Al-Haj sagt, dass man ihn mit Schlafentzug gefoltert hat und dass er grausamen Befragungstechniken unterworfen wurde. Er leidet an Rheuma und anderen Krankheiten, und ihm wurden Medikamente und medizinische Verdorgung vorenthalten. In den letzten 16 Monaten seiner Gefangenschaft ist er in den Hungerstreik getreten, um gegen seine illegale Inhaftierung zu protestieren. Und er sagt, dass er mit einem Tropf zwangsernährt wurde."

Heftig umstritten ist ein Beschluss des Präsidenten der ägyptischen Schauspielergewerkschaft, die Arbeit nicht-ägyptischer arabischer Darstellerinnen und Darsteller in ägyptischen Produktionen auf zwei Filme im Jahr zu begrenzen. Ein derartiger Protektionismus steht, wie Rania Khallaf feststellt, nicht nur im Widerspruch zu den "Initiativen der Regierung, panarabische Handelsbeziehungen auf den Weg zu bringen, in der Hoffnung auf einen gemeinsamen arabischen Markt", sondern auch zur Tradition des ägyptischen Kinos. Einige der noch heute beliebtesten Stars der Filmgeschichte waren - wie der "Vater der Komödie" Naguib El-Rihani, Sohn eines Irakers - keine Ägypter.

Magazinrundschau vom 06.05.2008 - Al Ahram Weekly

Magdy El-Shafie hat mit "The Metro" den ersten ägyptischen Comic-Roman geschrieben - der nun, Monate nach seiner Veröffentlichung, wegen angeblicher Obszönität und Verleumdung verboten wurde. Rhania Kallaf stellt den Comic, in dem es um einen Banküberfall geht, sowie den Autor und seine Einflüsse vor: "El-Shafie erkärt, dass auch die Blogger seinen Stil mitgeprägt haben. 'Blogger sind in Ägypten erstmals 2004 während der Demonstrationen für mehr demokratische Freiheiten in Erscheinung getreten. Sie schrieben ungeschliffen und ehrlich und ohne ideologische Festlegung. Das hat mich sehr berührt.' Der in Schwarz-Weiß gehaltene Roman spielt im Kairoer Viertel Maadi, das in zwei scharf voneinander geschiedene Teile getrennt scheint: den, in dem die obere Mittelschicht lebt und den, in dem die Armen leben. Er konzentriert sich auf das Leben der Armen und zeigt, wie Wanas, eine der Figuren des Romans, zum Bettler wird, nachdem die Regierung den Kiosk abgerissen hat, in dem er als Schuster seinen Unterhalt verdiente." (Hier ein längerer Auszug aus "The Metro" in englischer Übersetzung.)

Weitere Artikel: Anlässlich der Londoner Buchmesse im letzten Monat fragte der Independent, ob nach dem Erfolg von Khaled Hosseinis Roman "Der Drachenläufer" vielleicht ein Boom arabischer Literatur im Westen bevorsteht. Mona Anis ist da skeptisch: allzu klischeegeprägt sind die westlichen Vorstellungen, zu selbstherrlich halte man sich im Westen für allein 'universalistisch' und zu wenig verbreitet seien - anders als umgekehrt - Grundkenntnisse der Klassiker arabischer Literatur. Khali El-Alani sieht dringenden Reformbedarf bei der ägyptischen Gründungssektion der inzwischen weltweit verbreiteten Muslimbruderschaft.

Magazinrundschau vom 22.04.2008 - Al Ahram Weekly

Rania Khallaf porträtiert die russische Fotografin Xenia Nikolskaya, die seit Jahren in Ägypten arbeitet: "Die Diagnose lautet Ägyptomanie, unübersehbares Symptom sind wunderbare Fotografien, aufgenommen in ganz Ägypten, die die umfassende Begeisterung für das Land verraten... 'Mir erschien Ägypten als ganz besonderer Ort, weil hier so viele Kulturen aufeinandertreffen und jede ihre eigene Schönheit und ihren Charakter bewahrt', sagt Nikolskaya. 'Es ist anders als alle anderen Länder. Es ist riesig und man kann als Fotografin nicht einfach mal kurz vorbeischauen, ein paar Aufnahmen machen und dann wieder gehen. Man muss sehr viel Zeit und Anstrengung investieren, um die Spuren der vergangenen und modernen Zivilisationen, die hier unter demselben Himmel existieren, zu begreifen. Ich versuche immer, diese unterschiedlichen Elemente auf einmal zu fassen zu bekommen.'" Hier eine Reihe von Nikolskayas Fotografien.

Weitere Artikel: Gamal Nkrumah stellt die von Indien und Rabindranath Tagore faszinierte ägyptische Malerin Anna Boghiguian vor (hier einige Bilder). Caroline Boin and Alec van Gelder erklären, warum steigende Lebensmittelpreise für die armen Länder durchaus positive Auswirkungen haben können. Sehr harte Urteile gegen führende Vertreter der islamistischen Muslimbrüderschaft vermeldet Sophia Ibrahim. Serene Assir hat ein Kairoer Konzert des gefeierten Komponisten, Sängers und Oud-Spielers Marcel Khalifa besucht (hier ein Video bei Youtube). Nehad Selaiha war begeistert von Nora Amins Stück "Happiness Here".

Magazinrundschau vom 08.04.2008 - Al Ahram Weekly

Gamal Nkrumah sammelt erfreulich unterschiedliche Stimmen zu Geert Wilders Film "Fitna". Samir Farid, einer der führenden Filmkritiker in Ägypten, kritisiert das Diktat selbsternannter religiöser Autoritäten, denen es nur um die Macht gehe. "Meinungsfreiheit und Säkularismus waren einmal Kennzeichen unseres kulturellen Erbes. 1935 veröffentlichte ein ägyptischer Autor, Ismail Adham, ein Buch mit dem Titel 'Warum ich ein Apostat' bin. Niemand rief dazu auf, ihm den Prozess zu machen, oder forderte gar seinen Tod. Niemand nannte ihn einen Ungläubigen. Das war Meinungsfreiheit." Der islamische Wissenschaftler Gamal Qutb meint dagegen: "Der Film ist ein Affront gegen den Propheten Mohammed und den Islam. Wir haben das unveräußerliche Recht, die Werte des Islam und der montheistischen Religionen zu verteidigen. Im Westen mag man die Religion aufgegeben haben, wir im Osten halten ihre Heiligkeit hoch und ehren das Ansehen der alten Propheten; nicht nur des Propheten Mohammed, sondern auch Jesus, Moses und anderer Propheten."

Und: Nehad Selaiha resümiert das Monodrama Festival im Al-Saqia-Kulturzentrum.