Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
22.03.2004. Diese Woche lesen Sie: Wer vor Gericht landet. Wer neuer Hofnungsträger der Buchbranche ist. Wie die Hörbuchbranche revolutioniert wird. Und was der Digitaldruck für Kleinverleger bedeutet. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Immer mehr Bücher landen vor Gericht. "Das hat nur am Rande mit einem Wandel der Rechtsprechung zu tun", schreibt Medienrechtler Konstantin Wegner auf der Meinungsseite des Börsenblatts. Grund sei wohl vielmehr, dass die Hemmschwelle, sich und andere in den Medien zu entblößen, bei knapper werdenden Aufmerksamkeitsressourcen stetig gesunken sei. Privatpersonen, erläutert Wegner, die sich für ihr weiteres soziales Umfeld erkennbar als Romanhelden wiederfänden, müssten sich dies nicht gefallen lassen. Es bedürfe in jedem Fall einer individuellen Prüfung.

Die technischen Möglichkeiten, die der Digitaldruck bietet, werden den Buchmarkt genauso revolutionieren wie einst die Einführung des Paperbacks. Daran glaubt Wolfram Göbel, Chef von Buch & Media. Dem Börsenblatt erzählte der Verleger, dass er sein Unternehmen dank Kleinauflagen via digitaler Print-on-Demand-Technik und schlanker Strukturen in die Gewinnzone geführt habe. Göbel sieht seine Verlagsgruppe "nicht als Konkurrenz zu den großen Publikumsverlagen, sondern als Ergänzung". An dem Punkt, an dem die Großen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eine Grenze ziehen müssten, setze er an.

Außenminister Joschka Fischer darf sich über Sonderzuwendungen freuen. Im Rahmen der vom Auswärtigen Amt initiierten Aktion "Bücher für den Irak" hatte Fischer im Januar die Verleger zu Buchspenden für das ausgebrannte Germanistische Institut der Universität Bagdad aufgerufen. Eine Liste von dringend benötigten 10.000 Titeln hätten Experten ausgemacht, berichtet das Börsenblatt, verschweigt aber, wie viele davon letztendlich zusammen gekommen sind. Nur soviel steht fest: Eine symbolische Spendenübergabe gibt's bei Leipziger Buchmesse.

Wirtschaftsromane scheinen nicht mehr so sehr gefragt. Wenn man den Verlegern Glauben schenkt, denen diese Gattung vor zwei, drei Jahren einige Bestseller beschert hat. "Der Boom ist abgeflaut", meint Campus-Lektor Olaf Meier. Das Genre pendle zwischen Roman und Sachbuch und sei den Buchhändlern und Kunden nicht leicht zu vermitteln. Vornehm hält man sich also in der Branche momentan mit Neuerscheinungen zurück. Nur der Gabal Verlag ignoriert die Warnungen und drängt Ende März mit einer neuen Reihe mit Wirtschaftsromanen auf den Markt. Gabal-Geschäftsführerin Ursula Rosengart ist optimistisch: "Der Buchhandel hat auf alle Titel sehr positiv reagiert."

Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Nur rund einen Euro pro Kopf investieren deutsche Bibliotheken in Bücher und andere Medien - in Dänemark, Finnland, Großbritannien, Singapur und den USA wird drei- bis fünfmal soviel ausgegeben. Der ehemalige DDR-Belletristikverlag Neues Leben publiziert künftig unter dem Dach der Eulenspiegel Verlagsgruppe. Das Buch "Morgenröte oder Abenddämmerung - Nationalbuch der deutschen Jugend" von Gerhard Ruben wurde auf den Index gesetzt. Erstmals vergibt das Deutsche Kulturforum östliches Europa diesen Herbst den mit 12.000 Euro dotierten Georg-Dehio-Buchpreis, hierfür können noch Kandidatenvorschläge abgegeben werden.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Sachbücher sind die neuen Hoffnungsträger der Branche. Das lässt sich aus dem Warengruppen-Ranking des Buchreports ableiten. Darin schließt das Sachbuch (12,44 Prozent Marktanteil) zur Belletristik (12,81 Prozent) auf und macht ihr den zweiten Platz des Rankings streitig. Das Taschenbuch bleibt mit 27,45 Prozent weiterhin einsamer Spitzenreiter. Sachbücher griffen aktuelle Themen auf und seien immer häufiger Ausgangspunkt für Vorabdrucke, Serien und Kampagnen. Sie ließen sich im Wettbewerb der Medien weniger leicht als schöngeistige Literatur substituieren, und Sachbuch-Autoren - abgesehen von Prominenten, die ihre Biografie schrieben - erhielten geringere Vorschüsse, Lizenzpoker fänden seltener statt, erklärt der Buchreport den Trend.

"Versuchskaninchen" sind die Kunden des Toom-Supermarkts von Alfter-Oedekoven. Dort testet Branchenriese Random House seit Jahresbeginn, welche Bücher bei SB-Käufern ankommen. Läuft der Test insgesamt zufriedenstellend, will die Verlagsgruppe sich weiter in Supermärkten ausbreiten und "permanent ein wechselndes und preiswertes Buchsortiment präsentieren". Ausgangspunkt für die Idee dieser neuen Vertriebsschiene war, die Kaufstimmung der Supermarkt-Kunden zu nutzen. Der Buchreport bemerkte bei einem Probeeinkauf die Dominanz der verlagseigenen Titel und ein Supermarkt-Personal, dessen "Freundlichkeit bei weitem die Beraterqualität übersteigt".

Einen Vergleich zwischen der gerade zu Ende gegangenen lit.Cologne (mehr) und dem diese Woche beginnenden "Leipzig liest"-Festival (mehr) wagt der Buchreport, denn "sowohl Leipzig als auch Köln warten mit erstklassigen Autoren auf, arbeiten erfolgreich, aber mit unterschiedlichem Konzept". Während im Osten klassische Autorenlesungen dominierten, werde das Lesen im Westen zum Pop-Event. In Leipzig kamen vergangenes Jahr zu 650 Veranstaltungen durchschnittlich 54 Besucher (in Köln: 87 Veranstaltungen, 483 Besucher). Die lit.Cologne sei - im Gegensatz zu "Leipzig liest" - von Anfang an ohne öffentliche Mittel ausgekommen, in 2004 werde sie sich wohl erstmals ohne Zuschüsse der Veranstalter tragen.

Hörbuch-Verlage versprechen sich viel vom Einstieg in die MP3-Technologie. Auf MP3 seien Hörbücher kostengünstiger als auf CD. Das neue Format speichere bei vergleichbarer akustischer Qualität Audio-Daten komprimiert auf rund ein Zehntel der üblichen Datenmenge, erläutert Zweitausendeins-Lektor Martin Weinmann die Vorzüge im Buchreport. Zweitausendeins startet im April als erster Verlag eine Reihe mit MP3-Hörbüchern. Fehlen den potenziellen Kunden nur noch die MP3-fähigen Abspielgeräte.

Mit dem Projekt "Bibliothek 2007" (mehr) will ein Expertenteam den deutschen Bibliotheken Wege aus der Krise aufzeigen. Am 23. März legen die Bertelsmann Stiftung und die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände beim Leipziger Kongress für Information und Bibliothek ein gemeinsam erarbeites Papier vor. Nach Buchreport-Informationen fordert das Gremium vor allem die Einrichtung einer Bibliotheks-Entwicklungsagentur, um für eine übergreifende Koordination des föderalistisch organisierten Bibliothekswesens zu sorgen. Die Agentur solle, etwa in Form einer Bundesstiftung, unternehmerisch wirtschaften.

Personalien: Gunnar Cynybulk übernimmt die Programmleitung für den Gustav Kiepenheuer Verlag. Seine Vorgängerin, Birgit Peter, ist Geschäftsführerin des "Kuratoriums Haus des Buches" in Leipzig geworden. Cathrine Fabricius-Hansen, Germanistikprofessorin in Oslo, erhält den mit 11.000 Euro dotierten Konrad-Duden-Preis für besondere Verdienste um die deutsche Sprache und deren Erforschung. Elfriede Jelinek (mehr) wird für ihr Hörspiel "Jackie" mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. Branchenneuling Dorothea Redeker ist neue Geschäftsführerin des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein.

Meldungen: Die Frankfurter Buchmesse schickt zum Gedenken an den 1995 verstorbenen Autor Michael Ende (mehr) eine 40 Exponate umfassende Wanderausstellung weltweit auf Reise. Zuguterletzt: Welche sechs Bücher neu auf den Hardcover-Bestsellerlisten sind.