9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Überwachung

624 Presseschau-Absätze - Seite 1 von 63

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.01.2024 - Überwachung

Die Schweizer Regierung hatte ihren Bürgern beim Beschluss zur sogenannten Kabelaufklärung versprochen, dass es nicht zu einer Überwachung von Schweizern kommen würde. Es kam anders, wie eine Recherche der Onlinemagazins Republik zeigt, schreibt Florian Wüstholz in der taz: "Seit das Gesetz in Kraft ist, wird mit der Kabelaufklärung der schweizerische Internetverkehr systematisch überwacht, nach Stichworten durchsucht und ausgesonderte Inhalte auf Vorrat gespeichert. Die Behörden können sämtliche Kommunikation nach Personennamen, Telefonnummern, Bezeichnungen für Waffensystemen oder sonstigen Begriffen durchforsten. Die Warnungen vor einem 'Schnüffelstaat', vor einer Schweizer 'Mini-NSA' haben sich bewahrheitet. Auch vor einem 'Fichenstaat 2.0' wurde gewarnt, in Anlehnung an den sogenannten Fichen-Skandal (vom Französischen 'fiche' für Akte) am Ende des Kalten Kriegs, als bekannt wurde, dass der Schweizer Geheimdienst fast eine Million Bürger*innen überwacht hatte. In den Jahren nach der Umsetzung des Gesetzes entstand eine besorgniserregende Diskrepanz zwischen den offiziellen Versprechungen und der tatsächlichen Umsetzung. Die anfänglich betonte Begrenzung auf konkrete Bedrohungen scheint einem umfassenderen Ansatz gewichen zu sein."
Stichwörter: Schweiz, Kabelaufklärung

9punkt - Die Debattenrundschau vom 12.12.2023 - Überwachung

Parlament, Rat und Kommission der EU haben sich auf eine Verordnung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz geeinigt. Bei der Gesichts- und Emotionserkennung gibt es zwar Einschränkungen, aber die werden nicht von Dauer sein, fürchtet Markus Reuter in netzpolitik: "Es gibt nun eine europaweite Rechtsgrundlage, um diese Technologie überall einzusetzen. Denn das Gesetz erlaubt das ja jetzt für bestimmte Fälle. Polizeien und Geheimdienste werden die gesetzlichen Möglichkeiten wie immer bis an den Rand der Unkenntlichkeit dehnen und per Salamitaktik versuchen, den Einsatz weiter zu normalisieren, während sie bei jeder Gelegenheit nach noch mehr 'intelligenter Technik' schreien. Es droht eine Zukunft, in der niemand mehr im Park sitzen oder sich durch die Stadt bewegen kann - ohne Gefahr zu laufen, dass Gesichtsbiometrie oder andere biometrische Daten permanent gerastert und abgeglichen werden. Das Gefühl, dass wir permanent beobachtet werden, wirkt sich auch auf andere sensible Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit aus. ... Das Ende der Anonymität im öffentlichen Raum ist ein herber Schlag für Europas angeknackste Demokratien".

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.12.2023 - Überwachung

Das kürzlich verabschiedete Gesetzespaket der EU, der sogenannte "AI-Act", bietet der Polizei einige Schlupflöcher, um KI zur Überwachung von Menschen einzusetzen, erklärt der Geschäftsführer der NGO  "AlgorithmWatch" Matthias Spielkamp im Spiegel-Interview mit Max Hoppenstedt. Dies könnte für Geflüchtete gefährlich werden: "Ein KI-Programm könnte etwa vorhersagen, wo an einer Grenze zu einer bestimmten Zeit eine Gruppe von Geflüchteten auftauchen wird - und dann erhöht man da eben den Zaun oder setzt mehr Polizei ein. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass durch solches sogenanntes Predictive Policing Minderheiten diskriminiert oder ausgegrenzt werden. Die EU-Kommission, das Parlament und der Rat schlagen sich gern auf die Brust und sagen, dass sie ein wertebasiertes Gesetz geschaffen haben. Aber Menschenrechte stehen bei diesem Gesetz offenkundig nicht an erster Stelle."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 10.08.2023 - Überwachung

Der Schriftsteller Giuliano da Empoli war unter anderem politischer Berater des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi, in diesem Jahr hat er mit "Der Magier im Kreml" einen Roman über die Propaganda in Russland geschrieben, drei Jahre zuvor veröffentlichte er mit "Ingenieure des Chaos" ein Sachbuch über die Social-Media-Strategien der Rechtspopulisten. Im Welt-Gespräch warnt er vor einer neuen Ära der Massenmanipulation durch künstliche Intelligenz: "China ist in dieser Hinsicht derzeit ein wirklich beeindruckendes Beispiel, und zwar viel mehr als Russland. Und es ist auch das beunruhigendste, aufgrund der Art und Weise, wie die neuen Technologien eingesetzt werden, um eine perfekte Diktatur zu erschaffen." Die sozialen Netzwerke erscheinen ihm zudem wie ein "'Failed State', in dem sogar die elementarsten demokratischen Rechte nicht mehr garantiert sind. Ein immer wichtiger werdender Teil unserer öffentlichen Debatte spielt sich innerhalb eines dekadenten Systems ab, das von digitalen Feudalherren beherrscht wird."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.06.2023 - Überwachung

Nach vielen Jahren sind wieder Google Street View-Autos in Deutschland unterwegs. Alles ist mit dem Datenschutz abgesprochen. Für die Verpixelung von Gesichtern und Autokennzeichen ist gesorgt. Dennoch gibt es Aufregung. Svenja Bergt findet das in der taz eher absurd: "Parallel dazu fotografieren unzählige Menschen an allen erdenklichen Orten mit ihrem Smartphone durch die Gegend, laden diese Bilder bei über Gesichtserkennung verfügenden Online-Plattformen hoch und - nichts. Google und zahlreiche andere Firmen und Subunternehmen, die wir nicht mal namentlich kennen, ja von deren Existenz die meisten Internetnutzer:innen nicht einmal etwas gehört haben, öffnen unsere Schränke und Medikamentenkisten, schauen ins Bad und unter die Schlafzimmerdecke, kennen Einkaufskorb und Arbeitsweg. Sie sind manchmal Ärztin und manchmal Therapeut, werten persönliche Fotoalben aus, lesen Tagebücher und mitunter auch unsere Gedanken. Aber eine auch nur in annäherndem Maße vergleichbare Empörung gibt es nicht."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.06.2023 - Überwachung

Alexander Fanta fürchtet in Netzpolitik, dass in einem Gesetz der EU gegen Staatstrojaner ausgerechnet ein solcher eingeschmuggelt werden soll. Eigentlich soll das Gesetz die Pressefreiheit stärken, doch es wurde auf Wunsch Emmanuel Macrons ein Ausnahmeparagraf hinzugefügt, der die Überwachung von Journalisten erlauben soll, falls die "nationale Sicherheit" auf dem Spiel stehe: "Das geht aus einem Textentwurf der schwedischen Ratspräsidentschaft vom 7. Juni hervor, den wir durch eine Informationsfreiheitsanfrage erhielten und im Volltext veröffentlichen. Der Rat geht damit über frühere Vorschläge zur Verwässerung des Textes hinaus, über die wir zuvor berichteten."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 14.06.2023 - Überwachung

In Bayern soll man künftig ohne Anklage zwei Monate in den Knast wandern können. So sieht es das Polizeiaufgabengesetz (PAG) Bayerns vor, das unter anderem bei "drohender Gefahr" eine Vorbeuge- beziehungsweise "Unterbindungshaft von einem Monat vorsieht, die noch mal um einen Monat verlängert werden kann, berichtet hpd. Geklagt hat dagegen der Bund für Geistesfreiheit (BfG): "Die überlange Ausdehnung des Gewahrsams auf insgesamt zwei Monate - vor der Novelle von 2017 waren es 14 Tage, vor 1989 gar nur 48 Stunden -, macht diese Präventivhaft zu einer 'Strafe auf Verdacht' und zu einer 'vorbeugenden Strafe'. Das darf es in einem Rechtsstaat nicht geben", sagt die Vorsitzende des BfG Assunta Tammelleo zu hpd. "Zudem sollte die Unterbindungshaft in Bayern doch angeblich zur Abwehr terroristischer Gefahren dienen", sagt Tammelleo weiter. "Jetzt aber werden verzweifelte Klimaschutzaktivisten der 'Letzten Generation', die mit friedlichen Sitzblockaden für ihr Anliegen demonstrieren, eingesperrt. Die Befürchtung, dass es genauso kommen könnte, hatten viele Kritiker des PAG schon 2017/18 geäußert."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.06.2023 - Überwachung

Seit ziemlich genau zehn Jahren muss Edward Snowden bei Wladimir Putin ausharren. Das Wesen von Überwachung hat sich seit seinen Enthüllungen von Grund auf verändert, schreibt Patrick Beuth beim Spiegel: "Der Überwachungstrend geht weg vom unterschiedslosen Mitschneiden riesiger Datenströme (also der Suche von Nadeln in digitalen Heuhaufen) und hin zum Kompromittieren einzelner Geräte von Verdächtigen und deren Kontakten (also gezielteren Nadelstichen). Der große Vorteil: Wer Smartphones oder Computer heimlich kontrolliert, kann Kommunikation auch dann mitlesen, wenn sie über verschlüsselte Kanäle läuft."

"Nach 13 Jahren aktualisiert Google die Straßenfotos für Street View", berichtet Daniel Ziegener bei golem.de unter Bezug auf eien Blogbeitrag von Google. Tatsächlich hat Google das Bildmaterial in den letzten Jahren kaum aktualisiert, weil es in Deutschland im Jahr 2010 Hunderttausende Einsprüche gegen die Abbildung von Adressen gegeben hatte. Nun sind die Autos wieder unterwegs: "Damit einher gehe auch die Entfernung des bisherigen Bildmaterials, erklärte das Unternehmen: 'Vor der Veröffentlichung der neuen Street View-Bilder werden wir die mehr als 13 Jahre alten Street View-Bilder inklusive der Unkenntlichmachungen entfernen.' Der Rückkehr gingen längere Verhandlungen mit Datenschützern voraus. Man befinde sich in enger Abstimmung mit dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, erklärte Google." Gesichter und Autokennzeichen werden ohnehin unkenntlich gemacht, erläutert Daniel Herbig bei heise.de.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 01.11.2022 - Überwachung

Die iranische Regierung kann offenbar problemlos kontrollieren, wer mit wem im Iran kommuniziert, berichtet bei Netzpolitik Julien Schat, der sich dabei auf eine Recherche von The Intercept beruft. "Unter anderem kann das Überwachungsprogramm Identitätsprofile und Standortverläufe von Personen ermitteln, Protestteilnehmende ausfindig machen oder bestimmte Handynutzer:innen ins unsichere 2G-Netz umleiten. Dazu müssen die Mobilfunkanbieter knapp dreißig Kontroll- und Überwachungsfunktionen bereitstellen. 'Diese Funktionen können in einem Land wie dem Iran, in dem es keine fairen Gerichtsverfahren und keine Rechenschaftspflicht gibt, zu lebensgefährlichen Situationen führen und stellen eine massive Verletzung der Menschenrechte dar', sagt Amir Rashidi, Experte für Internetsicherheit und digitale Rechte mit Schwerpunkt Iran. Sie könnten sehr einfach gegen Protestierende eingesetzt werden, die ihr Leben im Einsatz für ihre Grundrechte riskieren."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.10.2022 - Überwachung

Das Netzwerk European Digital Rights (EDRi) hat zusammen mit einer Reihe weiterer Bürgerrechtsorganisationen in Europa die Kampagne "Stop scanning me" gestartet, berichtet Emilia Ferrarese bei netzpolitik. Ihr Ziel ist es, die von der EU-Kommission geplante Chatkontrolle zu stoppen. "Darüber hinaus hat das Bündnis eine Analyse des Verordnungsvorschlags der Kommission veröffentlicht. In dem 52-seitigen Dokument legen die Autor:innen dar, warum die unter dem Namen Chatkontrolle bekannte Gesetzesinitiative gegen europäisches Recht verstößt und obendrein das Ziel des Kinderschutzes verfehlt. Die Analyse stellt zudem die Ergebnisse einer Anfrage des Irish Council for Civil Liberties (ICCL) bei der irischen Polizei vor. Die Anfrage ergab, dass das automatisierte Scannen von Nachrichten auf Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu zahlreichen Falschmeldungen führt. Diese würden nicht nur die Behörden überlasten, sondern vor allem das eigentliche Ziel des Kinderschutzes aushebeln, weil tatsächlich strafbare Inhalte dann nur unzureichend verfolgt werden können. Dem Kampagnenbündnis zufolge enthielten in Irland im Jahr 2020 lediglich 20,3 Prozent der Meldungen Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder, nur ein Drittel davon wurde verfolgt."