Magazinrundschau - Archiv

Outlook India

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Magazinrundschau vom 22.04.2008 - Outlook India

Indien hat guten Grund, bei jeder China-Olympia-Kritik auch an die eigene Menschenrechtssituation zu denken, mahnen Rohit Mahajan und Ashish Kumar Sen in der sehr selbstkritischen Titelgeschichte - das ist umso relevanter, als das Land Austragungsort der Commonwealth-Spiele 2010 sein wird: "Sophie Richardson von der New Yorker Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch nimmt in ihrer Kritik an Indien kein Blatt vor den Mund. 'Indien hat seine eigenen, ausgesprochen ernst zu nehmenden Menschenrechtsprobleme. Zuallererst ist da die Kultur der Straflosigkeit zu nennen. Dass die Regierung es nicht fertigbringt, Beamte oder Sicherheitskräfte, die Menschenrechtsverletzungen begehen, zu bestrafen, sorgt für Unzufriedenheit und Wut. In Jammu und Kaschmir oder im Nordosten ist die Armee verantwortlich für massive Verbrechen wie Folter und Tötungen ohne Gerichtsurteil."

In einer gelegentlich unter die Gürtellinie zielenden Rezension beklagt Khushwant Singh die "verbale Diarrhoe" in Salman Rushdies neuem Roman "The Enchantress of Florence".

Magazinrundschau vom 15.04.2008 - Outlook India

Nicht weniger als eine Revolution erlebt der indische Cricket-Sport. Die wichtigste Neuregelung in der neuen T20-Version, die die traditionelle Form nicht ersetzen soll, aber doch zu ersetzen droht: Das Spiel dauert nicht mehr potenziell ewig, sondern nur noch maximal drei Stunden. Unsummen hat die Industrie in die Vereine der neuen T20-Liga investiert, das Fernsehen zahlt für die Übertragungsrechte und die Spiele selbst werden zu Mega-Events. Outlook India ist besorgt: "Wenn Geld der Todfeind der Seele ist, dann könnte Cricket nun seine Seele verlieren. Wenn am 18. April in Bangalore die indische Erste Liga des T20-Cricket startet, wird sich das Cricket, das die Puristen lieben - mit seiner bukolischen Schönheit und seinen schrulligen Traditionen - gewaltig verändern. Die Mischung könnte das neueste Opium für das indische Volk werden: adrenalingetriebener Sport und Herzrasen a la Bollywood, Auftritt von Tanzformationen, Sportgenies und Superstars. Natürlich muss sich der Sport von Zeit zu Zeit neu erfinden ..., aber der Tag kann kommen, an dem wir Cricket nicht mehr wiedererkennen."

Besprochen wird Patrick Frenchs autorisierte V.S.Naipaul-Biografie "The World is What it is" , die Sunil Khilnani für einen "Triumph der Biografen-Kunst" hält. Breit und genüsslich referiert Sanjay Suri das verheerende Presse-Echo in Großbritannien auf "The Enchantress of Florence", Salman Rushdies neuen Roman: "Im Cricket würde man es 'schlecht in Form' nennen."

Magazinrundschau vom 08.04.2008 - Outlook India

Die Präsenz des Dalai Lama in Indien ist eine sehr heikle Angelegenheit für die - wirtschaftlich ganz hervorragenden - Beziehungen zu China. "Ist er ein Problem für Indien?" fragt der Titel. Anjali Puri sieht vor allem die Bedeutung, die die Frage für das indische Selbstverständnis hat: "Der Wissenschaftler Srikanth Kondapalli meint: 'Es hat etwas zu bedeuten, dass der Dalai Lama, als er China verlassen musste, nach Indien kam.' Er glaubt, dass die indische Zivilgesellschaft, ohne dass es so deutlich gesagt würde, auf seiner Seite ist: 'Es könnte nie zu einer Demonstration gegen den Dalai Lama kommen.' Geht es dabei noch um etwas anderes, jenseits der Politik? Schließlich zeigt unsere Umfrage, dass 73 Prozent der Befragten ihn als geistigen, nicht als politischen Führer sehen... Könnte es sein, dass wir uns selbst peinlich wären, wenn er uns peinlich wäre?"

Zum selben Thema erklärt der Bollywood-Superstar Aamir Khan ("Lagaan"), der einer der indischen Fackelträger sein wird: "Wenn ich am 17. April die Fackel übernehme, dann nicht, um China zu unterstützen. Vielmehr werde ich es mit einem Gebet in meinem Herzen für das Volk von Tibet tun, und für alle Völker auf der Welt, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen sind."
Stichwörter: Bollywood, Dalai Lama, Tibet

Magazinrundschau vom 25.03.2008 - Outlook India

Outlook India bringt als Titelgeschichte einen Vorabdruck aus Patrick Frenchs neuer Biografie über V.S. Naipaul - der Nobelpreisträger selbst hat das Buch autorisiert und French großzügigen Zugang zu Privatarchiven gegeben, betont Outlook, und dennoch ist die Biografie nicht unkritisch. French beschreibt in einem der Auszüge Naipauls Verhältnis zu Indien: "Indien blieb für Naipaul in 'An Area of Darkness' (1964) 'das Land meiner Kindheit, eine Ära der Dunkelheit... Ich hatte meine Getrenntheit von Indien gelernt und war zufrieden ein Kolonial-Inder zu sein, ohne Vergangenheit, ohne Vorfahren'. Dies war ein voreiliger und ungenauer Schluss: Denn er war ganz und gar nicht zufrieden, ein Kolonial-Inder zu sein und würde niemals aufhören, die Vergangenheit seiner Vorfahren jenseits seiner karibischen Kindheit zu suchen." Auch der britische Daily Telegraph bringt übrigens ausführliche Auszüge aus dem Buch. Und für den Observer hat Robert McCrum Naipaul aus Anlass des Erscheinens der Biografie getroffen.

Magazinrundschau vom 18.03.2008 - Outlook India

Immer wieder gibt es Fälle brillanter indischer Ingenieursstudenten, die Selbstmord begehen, weil sie am Ende nicht gut genug Englisch können, um einen Job zu finden, berichtet Anjali Puri im Aufmacher des aktuellen Hefts. Aber Hilfe naht heran: "Der British Council hat seine Enerigen gebündelt, um Trainer für indische Englischlehrer auszubilden, sagen Kevin McLevine und Jill Coates vom Council. Eine schlaue Politik, kommentiert der Linguist N.S. Prabhu, denn sie wird britischen Ideen, Produkten, Spezialisten und Institutionen helfen, den indischen Markt zu überfluten. Der britische Premierminister Gordon Brown glaubt, dass Englischuntericht eines der wichtigsten britischen Exportgüter werden wird. Er kündigte bei seinem letzten Indienbesuch an, dass Großbritannien in den nächsten fünf Jahren 750.000 Englischlehrer aus- und weiterbilden wird. Die Boulevardzeitung The Sun nannte das 'PM Brown's English invasion'. (Nun ja, der antikoloniale Widerstand gegen das Englische ist ein für alle Mal tot.)"

Magazinrundschau vom 05.02.2008 - Outlook India

In Indien werden immer mehr Bücher gekauft, notiert Sheela Reddy, was indische Verlage reich und indische Autoren selbstbewusst macht. "Mit sechs oder sieben großen Verlagen, die alle in dem kleinen Teich von Indern fischen, die auf Englisch publizieren, sind Buchauktionen nun zu einem üblichen Bestandteil des Geschäfts geworden. Noch vor einem Jahr warteten die Verlage in Delhi normalerweise bis zu den Messen in London oder Frankfurt und hofften dort auf einen Agenten zu treffen, der großzügig - oder dumm - genug war, den Indern die Rechte für beinahe nichts abzutreten. Als Bettler galten sie wenig. 'Sie ließen sich nicht einmal herab, mit uns zu sprechen', erinnert sich ein Verleger in Delhi. Doch jetzt sind die indischen Verleger am Zug. 'Jedes Haus bekommt mindestens vier oder fünf Anfragen pro Monat von Agenten und ausländischen Verlagen, die glauben, ein Buch könnte indische Leser interessieren."

In weiteren Artikeln prophezeit Reddy, dass nach den Exilautoren nun auch einheimische Schriftsteller von den indischen Lesern die Aufmerksamkeit bekommen werden, die sie verdienen. Und sie resümiert das Jaipur Literaturfestival, das offenbar katastrophal in die Hose gegangen ist. Zu lesen ist außerdem ein Auszug aus Nayantara Sahgals Rede gegen die Verflachung der literarischen Welt.
Stichwörter: Sahgal, Nayantara, Delhi

Magazinrundschau vom 29.01.2008 - Outlook India

Arundhati Roy (mehr) hat zum ersten Jahrestag der Ermordung des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink eine Rede in Istanbul gehalten, die in Outlook India gekürzt abgedruckt wird. Roy bekennt, wäre sie vor einem Jahr in der Türkei gewesen, hätte sie Dinks Sarg begleitet und dabei an die lange Geschichte von Genozid und Vertreibung in Europa und in ihrem eigenen Land gedacht. "China vielleicht ausgenommen, hat Indien die größte Anzahl von innerstaatlichen Flüchtlingen in der Welt. Allein durch den Bau von Dämmen wurden mehr als 30 Millionen Menschen entwurzelt. Die Vertreibung wird mittels Gerichtsurteilen und den Gewehren der Polizisten durchgesetzt, mittels regierungseigenen Milizen oder den Schlägern der Unternehmen. Die Vertriebenen werden in Siedlungen, Camps und Kolonien geschickt, wo sie ohne die Möglichkeit eines Auskommens in die Abwärtsspirale der Armut geraten."

Bhaichand Patel bemerkt außerdem, dass weiße Frauen in Indien immer häufiger Opfer sexueller Übergriffe werden. Rassistisch findet er das: Einmal, weil weiße Frauen unterstellt wird, sie würden mit jedem Lümmel ins Bett gehen und zum zweiten - hier nimmt sein Artikel eine kuriose Wendung - weil indischen Frauen so deutlich gezeigt werde, dass sie für den indischen Mann weniger sexy sind als weiße.

Magazinrundschau vom 08.01.2008 - Outlook India

Outlook India lässt Autorinnen und Autoren zurückblicken auf das Jahr 2007 und "ihre Indien-Geschichte" erzählen. Eine große Klage ist die Antwort der bangladeschischen Schriftstellerin Taslima Nasrin, die im Exil in Kalkutta lebte und nach Morddrohungen untertauchen musste: "Wo bin ich? Es wird mir gewiss keiner glauben, wenn ich sage: Ich habe keine Antwort auf diese scheinbar so einfache Frage, ich weiß es wirklich nicht. Und wenn mich jemand fragte, wie es mir geht, müsste ich wiederum antworten: Ich weiß es nicht. Ich bin wie eine lebende Tote: wie taub; des Genusses der Existenz und der Erfahrung beraubt; unfähig, mich jenseits der klaustrophobischen Grenzen meines Raumes zu bewegen. Tag und Nacht, Nacht und Tag. Ja, auf diese Weise habe ich bis jetzt überlebt. Der Alptraum hat nicht mit meiner Flucht aus Kalkutta begonnen; er dauert schon eine Weile. Wie ein langsamer und schleichender Tod, als nippte ich sanft an einer Tasse langsam wirkenden Gifts, das nach und nach all meine Geistesvermögen abtötet. Es ist eine Verschwörung, die mein Wesen, mein Sein tötet, die einst so tapfer, so sehr dem Scherz zugeneigt waren."

Hier ist die Übersicht der achtzehn Artikel, daneben noch Listen zu Buzzwords, zu interessanten Büchern und Filmen des vergangenen Jahres.

Magazinrundschau vom 11.12.2007 - Outlook India

Es gibt eine neue Art von Winterfestival, schreibt Ramachandra Guha, die inzwischen rituelle Heimkehr der NRIs, also der non resident indians zum Jahreswechsel. Sie werden angebetet wie Götter, zumindest einige von ihnen, denn "wer mit den Arabern im Golf lebt oder mit den Fijis im Südpazifik ist nicht qualifiziert, noch weniger diejenigen, die mit Leuten afrikanischer Herkunft in der Karibik leben. Angebetet werde nur die NRI, die mit Leuten zusammenleben, deren Pigmentierung nach einem tamilischen Wort wie Milch ist." Übrigens gibt es unter diesen NRIs drei Hauptgottheiten: "In Analogie zu Brahma, Vishnu und Siva haben wir Salman, den Schöpfer, Amartya den Erhalter und Sir Vidia, den Zerstörer."

Priyamvada Gopal, Autorin eines Buch über "Literary Radicalism in India" und Dozentin in Cambridge attackiert die Kommunistische Partei Indiens (und nebenbei ein von Noam Chomsky mit verfasstes Manifest, das die indische Linke zur Einheit auffordert) wegen ihrer heuchlerischen Position zur Verfolgung Taslima Nasrins in Bengalien: "Viele kommunistische Parteiführer äffen die Linie der Konservativen nach und sagen, dass Taslima frei ist, in Indien zu bleiben, wenn sie sich gut benimmt und aufhört 'religiöse Gefühle zu verletzen'. Aber Menschen, die von religiösen Orthodoxien unterdrückt werden wie Frauen und Dalits haben oft gar keine andere Wahl als auszusprechen wie diese Gefühle gegen sie mobilisiert werden."

Magazinrundschau vom 04.12.2007 - Outlook India

Die islamkritische-Autorin Taslima Nasrin, die bereits aus Bangladesch ins indische Kalkutta fliehen musste, wurde nun von einem radikalen muslimischen Mob durch halb Indien gejagt. Und die Offiziellen des Landes reichen sie weiter wie eine heiße Kartoffel. Vinod Mehta ist empört: "Wie sollen wir die Geschichte Taslima Nasrin lesen? Als einen Kommentar über den Zustand der indischen Demokratie? Über die Macht der Mullahs? Über eine manipulative Autorin, die eine solche Kontroverse nutzt, um ihre Bücher besser zu verkaufen? Gut möglich, dass alle Elemente in dieser Erzählung zusammenkommen. Für mich ist es jedoch der Bankrott der drei großen Parteien (der BJP, der kommunistischen und der Kongress-Partei), die sich selbst so ängstlich in Sicherheit bringen, dass einem schlecht wird. Ihr Verhalten als 'den-Schwarzen-Peter-Weiterreichen' zu bezeichnen, täte dieser manchmal sinnvollen politischen Taktik Unrecht. Es ist eine Farce, wie alle drei Parteien behaupten, sie hätten nie etwas anderes getan, als vehement die Redefreiheit zu verteidigen. Voltaire muss sich im Grabe umdrehen!"

In weiteren Artikeln zum Thema konstatiert Saba Naqvi Bhaumik: "Frevlerische Positionen sind in Indien generell nicht gut gelitten. Gerade in den letzten 15 Jahren ist dieses Land einzigartig humorlos geworden." Und Shuddhabrata Sengupta betrachtet die Lage der Muslime in Westbengalen, zu dem Kalkutta gehört.