Neal Ascherson
liest gebannt
Richard Butterwicks Geschichte des polnisch-litauischen Königreiches, mit dem Russland im 18. Jahrhundert, nach Verabschiedung der "revolutionären Verfassung vom 3. Mai 1791", ähnlich umsprang wie heute mit der Ukraine (wobei natürlich auch Preußen und Habsburg ihren Anteil an der Zerschlagung Polens hatten): "Die
Schlupfwespe tötet die Raupe nicht, sondern
injiziert ihrer Beute ein Gift, das sie lähmt und gefügig macht. Russland hat sich seinen Nachbarn gegenüber immer wie eine Schlupfwespe verhalten. Katharina II. hätte es vielleicht vorgezogen, Polen gelähmt zu halten, anstatt es zu zerschlagen, aber die Raupe gab unerwartet Lebenszeichen von sich. Heute gelingt es Putin weder der Ukraine
Nachgiebigkeit einzuflößen noch sie zu annektieren. Beide Optionen erfordern einen
Kader von willigen Verrätern, die die Regierung übernehmen. In der Ukraine rechnete Putin damit, sie unter den lokalen Oligarchen und ihren politischen Lakaien zu finden, die seit vielen Jahren ihre Wetten und Investitionen zwischen Kiew und Moskau abgesichert haben. Katharina rekrutierte sich den Kader aus den größten Adelsfamilien, den Großgrundbesitzern, deren Ländereien so groß wie Belgien sein könnten. Der polnisch-litauische Adel - die '
Szlachta' - steht im Mittelpunkt dieser Geschichte. Der letzte König von Polen,
Stanisław August Poniatowski, bleibt trotz seines dreißigjährigen Kampfes um die Modernisierung seines Königreichs und die Wiederherstellung seiner Unabhängigkeit ein Nebenakteur. Die Szlachta war nicht wie der westliche Adel. Diese Gruppierung,
herrlich streitsüchtig und exzentrisch, verschaffte jedem westlichen Besucher Anekdoten für ein ganzes Leben. ... Der Meteor hob 1788 ab, als der Sejm in Warschau zusammentrat (die Sitzung ist noch als 'Großer Sejm' in Erinnerung). Er sollte vier Jahre lang tagen und
mehr als dreißigtausend Reden hören. Er war keine Revolution, aber er war revolutionär in seiner Umwandlung des polnisch-litauischen Commonwealth in etwas, das sich der Moderne annähert, und in seinem Sturmangriff auf reaktionäre Missstände, die einst als unabänderlich galten. ... Die aufgeregten, aber 'anarchischen' Adligen, die den Sejm besetzten, waren begeistert von Polens Aufbruch zu echter Unabhängigkeit, aber misstrauisch gegenüber Reformen, die ihre Goldene Freiheit untergruben. Die Magnaten schließlich (die Branickis, Potockis und Rzewuskis, die Oligarchen ihrer Zeit)
baten insgeheim um eine russische Intervention, um sie vor den jakobinischen Demokraten zu schützen und ihre Vorherrschaft wiederherzustellen. All dies gipfelte in der Verfassung vom 3. Mai 1791, die noch immer ein heiliger Tag in der nationalen Geschichte ist."
Online-Werbung ist eine Geheimwissenschaft, Donald MacKenzie hat eher vergeblich für den britischen Markt
versucht, der Spur des Geldes zu folgen: "Im Jahr 2016 testete der
Guardian die Angebote, indem er auf seiner eigenen Website Werbeplätze kaufte und stellte fest, dass manchmal
nur 30 Prozent der gezahlten Beträge
den Weg zur Zeitung fanden. Ein paar Jahre später wurde ein Team von PricewaterhouseCooper von der Incorporated Society of British Advertisers beauftragt, die Geldströme systematischer zu verfolgen. Das Team arbeitete mit fünfzehn großen Werbetreibenden - darunter Nestlé, Unilever, Vodafone und British Airways -, deren jährliche Gesamtausgaben für Online-Werbung sich im Vereinigten Königreich auf etwa 100 Millionen Pfund belaufen. Zwölf Zeitungs- oder Zeitschriftenkonzerne, die am anderen Ende der Wertschöpfungskette stehen, nahmen an der Studie teil. PwC versuchte, die von den Werbetreibenden gekauften Werbeeinblendungen mit den von den Verlegern verkauften Werbeplätzen abzugleichen. Die Verhandlungen über den
Zugang zu den Daten, die sich im Besitz der Zwischenhändler von Angebots- und Nachfrageplattformen (SSP und DSP) befinden, erwiesen sich als kompliziert - die Studie dauerte schließlich fünfzehn Monate - und Schwierigkeiten wie Unterschiede im Datenformat machten einen Abgleich oft unmöglich. Bei den 31 Millionen Impressions, die PwC vollständig abgleichen konnte, stellte es fest, dass im Durchschnitt nur 51 Prozent der von den Werbetreibenden ausgegebenen Mittel die Publisher erreichten. Zwei Drittel der verbleibenden 49 Prozent wurden von den Gebühren der Vermittler absorbiert. PwC konnte jedoch nicht feststellen, wo fast ein Drittel der 49 Prozent - das sind etwa 15 Prozent der Ausgaben der Werbetreibenden - gelandet sind."
Weiteres: Azadeh Moaveni
schildert in einer umfangreichen Reportage, wie geflüchtete Ukrainerinnen in die Gefahr von
Menschenhandel und Prostitution geraten.