Efeu - Die Kulturrundschau

Ich habe den Verhältnissen gekündigt

Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
24.01.2024. Die Oscarnominierungen sind raus - nominiert sind neben Barbenheimer unter anderem Sandra Hüller sowie Filme von İlker Çatak und Wim Wenders. Die FR kann sich gut vorstellen, dass Hüller am Ende gewinnt. Die NZZ amüsiert sich in Basel mit Ariane Kochs "Kranken Hunden". Die FAZ begutachtet wulstige Stirnpartien französischer Politiker in der Daumier-Ausstellung im Frankfurter Städel. Uwe Eric Laufenburg verlässt das Staatstheater Wiesbaden, meldet die FR. Außerdem trauern die Feuilletons um die Lyrikerin Elke Erb, den Filmregisseur Norman Jewison und den Popproduzenten Frank Farian.
9punkt - Die Debattenrundschau vom 24.01.2024 finden Sie hier

Literatur

Elke Erb 2014. Foto: Kritzolina, unter cc-Lizenz
Die Büchnerpreisträgerin Elke Erb ist tot. "Sie wird fehlen, sie fehlt jetzt schon", schreibt Cornelia Geißler in der FR. Sie war "eine der eigenmächtigsten, eigenwilligsten und sprachartistischsten Lyrikerinnen des Landes", hält Gerrit Bartels im Tagesspiegel fest. Für FAZ-Kritiker Andreas Platthaus war sie "eine Zentralgestalt zunächst der ost- und später dann der gesamtdeutschen Lyrikszene". In der DDR gehörte sie zur Szene im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg, hatte aber aufgrund ihrer kritischen Einstellung wenig Möglichkeit zur Entfaltung - umso mehr wurde sie in der Bundesrepublik rezipiert. In ihrem Gedicht "Sklavensprache" von 1980 "heißt es unmissverständlich: 'Ich habe den Verhältnissen gekündigt, / sie waren falsch'", schreibt Carsten Otte in der taz. "So dürfen ihre Arbeiten, die in der DDR entstanden sind, durchaus als Protest gegen staatlich normiertes Schreiben gelesen werden, sind aber auch ohne den historischen Bezug noch immer gültig: Weil es in ihren Arbeiten um grundsätzliche Fragen zur Ästhetik geht, wie etwa der Möglichkeit, den Prozesscharakter von Lyrik abzubilden. Unverständlich war ihr literarisches Schaffen eher selten. Im Gegenteil, die kunstfertige Deutlichkeit prägte ihr Werk, mit dem Elke Erb immer das Risiko einging, im Abseits zu stehen."

Außerdem: In der NZZ denkt der Schriftsteller Bora Ćosić über Lenin nach. Max Frischs Romane sind zwar wieder populär, doch ausgerechnet sein "Homo Faber" wird eher liegengelassen, beobachtet Linus Schöpfer in der NZZ. Marion Löhndorf hört für die NZZ Queen Camillas Bücherpodcast "The Queen's Reading Room".

Besprochen werden unter anderem Jens Andersens Biografie über Tove Ditlevsen (Zeit), Thomas Kapielskis "Lebendmasse" (NZZ), Stine Pilgaards "Lieder aller Lebenslagen" (NZZ), Hans Jürgen von der Wenses "Routen I" (FR) und Sergej Lebedews Erzählband "Titan oder die Gespenster der Vergangenheit" (FAZ). Mehr ab 14 Uhr in unserer aktuellen Bücherschau.
Archiv: Literatur

Film

Hat gut lachen: Sandra Hüller in "Anatomie eines Falls"

Die Oscarnominierungen stehen fest - und Sandra Hüller ist für "Anatomie eines Falls" (unsere Kritik) tatsächlich in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin" nominiert. Außerdem sind İlker Çatak (für seinen Film "Das Lehrerzimmer", außerdem hier im Gespräch mit Zeit Online) und Wim Wenders (für "Perfect Days") für den besten internationalen Film nominiert - Wenders geht allerdings für Japan ins Rennen. Das "Barbenheimer" benannte Blockbuster-Konkurrenz der letzten Sommer-Saison zwischen "Oppenheimer" und "Barbie" ist im übrigen fast schon vorab entschieden: 13 Nominierungen sind es für Nolans Atombombenverfilmung, lediglich acht für Greta Gerwigs Spielzeugverfilmung - Andrey Arnold in der Presse mit Details. Außerdem freut sich Arnold riesig über die internationale Anerkennung, die Sandra Hüller in den letzten Monaten zuteil wurde: Ihr liegt das "Rollenfach der stets Uneindeutigen. In einer Zeit, in der das Symbol- und Typenhafte regiert, lassen sich ihre Filmfiguren selten auf eine Interpretation reduzieren. Das floskelhafte Adjektiv 'vielschichtig' trifft auf sie wirklich zu. Und paart sich mit einer emotionalen Intensität, die nicht nur im deutschen Film ihresgleichen sucht, weil ihr das Deklamatorische fehlt. ... Beide mimischen Pole, das Verkrampfte, Verlegene und das Impulsive, Eruptive, beherrscht Hüller aus dem Effeff."

"Hüller darf durchaus als eine der Favoritinnen gelten", ist sich Daniel Kothenschulte in der FR sicher, "auch wenn die Konkurrenz beachtlich ist: darunter Lily Gladstone, die als erste amerikanische Ureinwohnerin als Beste Schauspielerin nominiert wurde, für ihre bezwingende Darstellung in Martin Scorseses 'Killers of the Flower Moon'. Ebenfalls nominiert sind Emma Stone, die in 'Poor Things' einer Kunstfigur zu enormer physischer Präsenz verhalf, und Carey Mulligan, die in 'Maestro' mit leiser Hand ihren Filmpartner und Regisseur Bradley Cooper geradezu an die Seite der Leinwand spielte." Heide Rampetzreiter ärgert sich in der Presse, dass "Barbie"-Regisseurin Greta Gerwig nicht für die beste Regie nominiert ist.

Georg Seeßlen schreibt auf Zeit Online zum Tod des kanadischen Hollywood-Regisseurs Norman Jewison. "Im Gedächtnis der Filmkultur wird er nicht nur wegen einiger herausragender und, wie im Falle des Südstaaten-Rassismus-Cop-Thrillers 'In der Hitze der Nacht', auch wagemutiger Filme bleiben, sondern ebenso als Repräsentant einer Zwischengeneration." Er wollte "die heiligen Kühe der Traumfabrikation nicht um jeden Preis in ihrer ewigen Unantastbarkeit bewahren, er hatte aber auch nicht vor, sie berserkerhaft zu schlachten, wie es Jewisons Nachfolgegeneration versuchte. Bei ihm wurden Stars wieder das, woraus sie ursprünglich entstanden waren, nämlich Schauspielerinnen und Schauspieler, und bei ihm wurden die Hollywood-Genremythen ebenso wie die großen Showelemente nicht zerstört, öffneten sich aber stets zu einem menschlichen und sozialen Hintergrund." Weitere Nachrufe schreiben Edo Reents (FAZ) und Harry Nutt (FR).

Weiteres: Thomas Abeltshauser spricht für den Freitag mit dem Regisseur Alexander Payne über dessen (in der taz besprochenen) Film "The Holdovers". Die Deutsche Kinemathek wird, nachdem das Berliner Filmhaus 2025 seine Tore schließen wird, zumindest fürs Erste im nahegelegenen Umspannwerk eine Übergangsheimat finden, meldet Andreas Busche im Tagesspiegel. Besprochen werden Kilian Riedhofs "Stella" mit Paula Beer (FD, SZ), die Musical-Neuverfilmung von "Mean Girls" (Welt), Dito Tsintsadzes "Roxy" (FD) und die Netflix-Serie "Boy Swallows Universe" (taz).
Archiv: Film

Bühne

"Kranke Hunde" am Schauspiel Basel ©Lucia Hunziker

Viel Freude hat NZZ-Kritiker Alfred Schlienger im Schauspiel Basel mit Ariane Kochs "Kranke Hunde", einer Krankenhausparabel, die in einer Hundewelt spielt. Hört sich seltsam an? Macht aber viel Spaß, versichert der Kritiker: "Das Theaterhaus als Doppelmetapher sowohl für den Spitaldschungel als auch für den labyrinthisch anmutenden menschlichen Körper. Das ergibt großartig surreale Bilder, vom übermüdeten Ärzteteam (Dominic Hartmann, Timur Özkan, Gala Othero Winter), das im Lastenaufzug im Stehen schläft, von durch kafkaeske Spitalgänge flüchtendem Personal, von der gepeinigten Patientin Poch (Marie Löcker), die sich vom OP-Schragen löst und mit ihrem hellsichtig-fiebrigen Bewusstsein durchs ganze Haus wabert. Da entwickelt die Inszenierung einen unwiderstehlichen Albtraum-Charme. Video wird hier nicht eingesetzt als modernistische Spielerei, sondern als sinnige Steigerung traumatisierender Empfindungen."

Uwe Eric Laufenberg ist nicht mehr Intendant am Staatstheater Wiesbaden. Die Entscheidung fiel wohl nach einem Gespräch des neuen hessischen Kunst- und Kulturministers Timon Gremmels (SPD) mit Laufenberg. Judith von Sternburg zieht in der FR Bilanz seines Schaffens. Künstlerisch gab es nicht viel auszusetzen an seiner Arbeit. Jedoch: "Der schwierigste Teil spielte sich hinter den Kulissen ab. Vor den Kulissen schrieb Laufenberg seinen Kritikern (und Kritikerinnen) böse Briefe (unorthodox, aber sein gutes Recht, selbstverständlich), aber im Hause selbst gab es solche Verwerfungen, dass bald selbst die Garderobendamen davon zu erzählen wussten. Mit dem Orchester geriet der Intendant ins Gehege, als es um Coronavorkehrungen ging, die der Intendant ja einerseits zähneknirschend mittragen musste, die er andererseits zugleich im Internet in seinen Corona-Monologen attackierte. Die Corona-Monologe, ein bizarres Genre, wurde später als private Meinungsäußerungen des Intendanten deklariert. Grotesk."

Ganz ausgestanden ist die Krise mit dem Abschied Laufenbergs möglicherweise noch nicht. Wie Christiane Lutz in der SZ schreibt, wurden auch gegen ein anderes Mitglied des Wiesbadener Vorstandsteams Vorwürfe laut: "Vergangenen September verfassten andererseits mehrere Mitarbeiter des Theaters, darunter Dramaturgin Anika Bárdos und Schauspieldirektor Wolfgang Behrens, einen öffentlichen Brief, in dem sie eine Zusammenarbeit nicht mit Laufenberg, sondern mit Geschäftsführer Holger von Berg, 'nicht mehr für möglich' erachteten. Sie warfen ihm unter anderem vor, Mitarbeiter mit 'offenbar willkürlichen, sich ändernden finanziellen Ergebnisprognosen' zu tyrannisieren und 'keine ordentlichen Etats zur Verfügung' zu stellen. Die Hilferufe an das hessische Ministerium seien ohne Erfolg geblieben. Berg wies über seine Anwälte die Vorwürfe als 'unzutreffend' zurück."

Weitere Artikel: Reinhard J. Brembeck trifft sich für die SZ mit dem Dirigenten Jordi Savall, der derzeit in Salzburg eine Mozartoper probt. Margarete Affenzeller stellt im Standard Alexander Giesche vor, einen popmusikaffinen Theaterregisseur, der bald am Volkstheater Wien inszeniert. Katrin Ullmann unterhält sich für die taz Nord mit Melanie Zimmermann, der künstlerischen Leiterin des Tanztheater-Festivals "Real Dance" über Diversität im Tanz. Ueli Bernais berichtet für die NZZ von der Generalversammlung des Schauspielhaus Zürich.

Besprochen wird das Programm "Das Restaurant" der beiden Schauspieler Manuel Rubey und Simon Schwarz im Wiener Stadtsaal (FAZ), die Kafka-Adaption "Die Verwandlung" am Wiener Akademietheater (FAZ), die Ingmar-Bergman-Adaption "Schande" am Hamburger Thalia-Theater (SZ), Wagners "Walküre" am La Monnaie, Brüssel (nmz) und Lydia Steiers Inszenierung der Leonard-Bernstein-Operette Candide im Wiener Museumsquartier (nmz).
Archiv: Bühne

Kunst

Honoré Daumier: Le Passé - le présent - l'avenir, 1834 ©Privatsammlung

Im Frankfurter Städel ist derzeit eine Auswahl der Arbeiten des französischen Karikaturisten und Malers Honoré Daumier zu bewundern. FAZ-Kritiker Stefan Trinks hält Daumier für einen der einflussreichsten europäischen Künstler des 19. Jahrhunderts überhaupt. Von Picasso bis zur Titanic hat sich praktisch alle Welt bei seinem Schaffen bedient. Kaum jemand prägte außerdem das politische Frankreichbild so sehr wie der Karikaturist: "Durch Daumier kommt die innerfranzösische Politik europaweit zur Aufführung, wird der Börsenmakler Robert Macaire zum Inbegriff des Wirtschaftsliberalen und werden der verschlagene Napoleon III., das politische Stehaufmännchen Émile Ollivier, das mehrere Regimes überlebte und zeitweilig sogar Ministerpräsident Frankreichs war, und natürlich vor allem die 'Parlamentarier' die mit ihren unverwechselbaren Charakterköpfen sowohl grafisch als auch in Bronze gegossen in der Ausstellung präsent sind, zum Stammpersonal auf allen Karikatur-Bühnen des Kontinents - sei es in der belgischen Ausgabe des Charivari oder selbst des Punch in England, der im Untertitel die Abkunft von Daumiers Hauptblatt benannte."

In der FR zeigt sich Lisa Berins vor allem fasziniert von Daumiers Arbeitsweise: "Seine detailliert ausgearbeiteten Charakterköpfe zeichnete Daumier spiegelverkehrt und mit sicherer Hand auf den Lithographiestein, der vom Kurier schnell zum Verlag gebracht wurde. Statt mit zeichnerischen Vorstudien arbeitete Daumier mit plastischen Modellen, die er selbst aus Ton entwarf und die posthum in Bronze gegossen wurden. Die physiognomischen Eigenheiten der Politiker modellierte er in kleinen Büsten überspitzt heraus: lange Nasen, Knollengesichter, verfettete Kinn-, wulstige Stirnpartien."

Nein, stellt Thomas Grist in Monopol klar, Marcel Duchamps berühmte "Fountain", das zum Kunstwerk erhobene Pissoir, ist keineswegs eigentlich ein Kunstwerk seiner Freundin Elsa von Freytag-Loringhoven, wie zuletzt unter anderem Glyn Thompson und Julian Spalding insinuierten. Sondern eben ein Kunstwerk Marcel Duchamps. Grist zeichnet die aus seiner Sicht gut belegte Genese des Werks dar und kritisiert die versuchte Umdeutung: "Bei Thompson und Spaldings versuchter Neuzuweisung steht eben nicht Aussage gegen Aussage sondern dünne Vermutungen gegen harte Fakten. So räumt [der die Geschichte aufgreifende] Rauterberg schließlich selbst ein, 'sehr wenig spricht für die Baroness als Fountain-Erfinderin'. Aber die Geschichte um das Urinal ist eben kein 'Wettbewerb der Unwahrscheinlichkeiten' und mitnichten ein vollends freies Spiel der Zuschreibungen. Vor allem war Duchamps 'Fountain' nie eine 'Heldengeschichte ohne jedes Fragezeichen', die nun erstmals angezweifelt werden darf. Die Fragezeichen hat Duchamp stets selbst zuhauf gestreut und am Helden (französisch 'héros') hat den wortspielenden Kanon-Zerschmetterer stets nur der 'Éros' interessiert." 

Weitere Artikel: Olga Kronsteiner und Katharina Rustler beschäftigen sich im Standard mit der aktuellen Lage im Wiener Mumok, das derzeit saniert wird und eine neue Leitung sucht.

Besprochen werden eine Fotoausstellung des senegalesischen Künstlers Omar Victor Diop im Berliner Fotografiska (Tagesspiegel) und die Schau "Vogelkäfig" des Kollektivs Pegasus Product in der Showroom Galerie Georg Nothelfer (taz Berlin)
Archiv: Kunst

Architektur

Rolf Dischs Heliotrop

In der FAZ gratuliert Falk Jaeger dem Solar-Architekten Rolf Disch zum 80. Geburtstag, dessen umweltschonende Bauweise er lobt, zumal Disch kein Sektierer sei, sondern Bauten entwerfe, die sich auch umsetzen lassen. Und er lebt sein eigenes Programm: "Im dauerhaften Selbstversuch bewohnt Disch mit seiner Frau das Experimentalhaus 'Heliotrop', das als Erstes mehr Primärenergie erzeugt als verbraucht. Der turmartige Bau im Süden Freiburgs ist drehbar aufgestellt und folgt dem Lauf der Sonne. Thermoelemente als Balkonbrüstungen sorgen für Warmwasser, ein großes Sonnensegel wird ebenso heliostatisch der Sonne nachgeführt. Der spektakuläre Bau gilt als Ikone der Solararchitektur und wird noch immer von Besuchern aus aller Welt besichtigt, mehr als 17.000 seit 1994 machen es zum wohl meistbesichtigten bewohnten Privathaus Deutschlands."
Archiv: Architektur

Musik

Schlagersänger und Popproduzent Frank Farian ist tot. Erst mit Boney M., später mit Milli Vanilli trennte er im Pop die Studio-Stimme vom Bühnen-Look. Bei Boney M. ging das noch weitgehend gut, bei Milli Vanilli kam der ganz große Skandal, erinnert Jan Feddersen in der taz: "Ein Musikprodukt, dessen Gesichter nicht konnten, was sie vorspielten zu können, dafür aber schöner, sexier, begehrenswerter und cooler aussahen als eben der Produzent selbst: Das warf kulturelle Vorstellungen vom Echten, Authentischen und Natürlichen nicht nur über den Haufen, sondern machten sie lächerlich. Was auf der Verpackung stand, entsprach nicht dem, was die Verpackung verhieß. Frank Farian, zeitlebens nie eine männliche Beauty, war das egal, wie ihm auch die Pop- oder gar Popdiskurskritik gleichgültig war. Er wollte Erfolg, er wollte Villen und Wohnplätze auf Ibiza, er wollte ein Diskokönig sein."



Aber Farian hat eben auch echte Hits geschaffen, unterstreicht Tobi Müller auf Zeit Online: "Die Kunst von Farian selbst lässt sich nicht spielen, nur hören. ... Die Basslinie in 'Daddy Cool', die von der Gitarre ein paar Takte verdoppelt wird, und die überdrehten Streicherakzente: Das ist schon ziemlich cool, auch wenn die dazwischen geschalteten Mariachi-Trompeten eher unfreiwillig uncool klingen. So wie die Wohnzimmer der Siebzigerjahre in vielen Kinder von damals heute gleichzeitig Wonne, Schaudern und Lachkrämpfe auslösen. Manchmal selbst bei den Kindern der Kinder. Rein musikalisch ist der Fall Milli Vanilli ähnlich komplex wie Boney M. Die ersten beiden Hits, die Frank Farian produzierte und zum Teil mitschrieb, bedienten sich zum einen klar bei den damals neuen Tanzkulturen, bei schwarzer Electro und House Music, auch bei britischem Rave." Weitere Nachrufe schreiben Nadine Lange (Tsp), Michael Pilz (Welt) und Willi Winkler (SZ).

Außerdem: Clemens Haustein berichtet in der FAZ vom Ultraschall Festival in Berlin. Besprochen werden die ARD-Dokuserie "Hiphop - Made in Germany" (Zeit Online, SZ), das neue Album der Deutschpunkband WIZO (taz) und Sleater-Kinneys neues Album "Little Rope" (Jungle World).

Archiv: Musik