Außer Atem: Das Berlinale Blog

Will nichts, wagt nichts: Lee Yoon-kis 'Come Rain, Come Shine'

Von Lukas Foerster
17.02.2011.


Im Auto, auf dem Weg zum Flughafen, kündigt die Frau dem Mann die Ehe auf. Leider fliegt der Film dann nicht mit ihr fort, sondern kehrt ins gemeinsame Domizil zurück, bleibt am Boden, in jeder Hinsicht. Mit sinnloser Geduld verfolgt er die Minutiae der Trennung: Sie packt Geschirr in Plastikfolien, er packt es wieder aus. Sie blättert in einem alten Kochbuch, er macht Reservierungen in einem Restaurant. Er ist zuvorkommend, sie wirft ihm Selbstsucht vor. Manchmal springt die Kamera zurück und rückt Möbelstücke in den Vordergrund. Die Möbel, die Rückstände der Ehe blicken auf die Scheidungswilligen. Das ist aber auch schon die einzige formale Idee, die einzige Art, auf der sich der Film zu seinem Gegenstand verhält. Nach einer Stunde ein erster Höhepunkt: Der Mann rettet eine wirklich sehr niedliche junge Katze vor dem Regen. Ach ja: der Regen. Den gibt es schon im Titel, später in fast jeder Einstellung. Ebenfalls im Titel wird er aber auch schon wieder entschärft: der Sonnenschein wird zurückkommen, nur eben nicht in diesem in ewig kaltes bläuliches Licht getauchten Film.

Am Ende werden ausführlich Spaghetti gekocht (Kulinarisches Kino, anyone?). Parallelen gibt es da zu der Tischfußball-Klimax im gestrigen türkischen Wettbewerbsfilm "Our Grand Despair". Immer wieder Kino, das seine eigene Mittelmäßigkeit unfreiwillig in der Mittelmäßigkeit der dargestellten Welt offenbart, das nichts wagt und nichts will, außer halbwegs geschmackssicher Bilder zu produzieren, die man schon tausendmal gesehen hat.



Der Regisseur ist ein Eigengewächs des Festivals und hat eine Entwicklung hinter sich, die durchaus typisch ist für die Ära Kosslick / Terhechte ("das Forum als Laboratorium für den Mainstream"). Drei seiner ersten vier Filme hatten im Forum Premiere. Dass Lee Yoon-ki kein Meisterregisseur ist und wohl auch keiner mehr werden wird, war schon vor "Come Rain, Come Shine" abzusehen, aber der direkte Vorgänger "My Dear Enemy" war zumindest eine elegante, schwungvolle Komödie. Nun ist er ausgerechnet mit seinem schwächsten Film in den Wettbewerb befördert worden.

"Come Rain, Come Shine" ist der einzige ostasiatische Wettbewerbsbeitrag. Führt man sich die geografische Repräsentionslogik von Filmfestivals vor Augen, heißt das: Lee Yoon-kis Film vertritt in der Auswahl nicht nur die südkoreanische, sondern auch die chinesische und die japanische Kinematografie, ergo drei der interessantesten und reichhaltigsten überhaupt. Hätte es noch eines dafür Beweises bedürft, dass die Berlinale in den letzten Jahren komplett den Anschluss verloren hat an das, was am Weltkino interessant und aufregend ist, er wäre wieder einmal erbracht.

"Come Rain, Come Shine" ("Saranghanda, Saranghaji Anneunda"). Regie: Lee Yoon-ki. Darsteller: Lim Soo-jung, Hyun Bin. Südkorea 2011, 105 Minuten. (Wettbewerb, Vorführtermine)