Wojciech Pieciak weiß genau, was er am
9. November 1989 gemacht hat: Er war bei Freunden in Ostberlin, wurde sogar mit der Nachricht von der Grenzöffnung geweckt, befand sie aber für zu schön, um wahr zu sein, und schlief wieder ein. Jetzt
erinnert er sich an diese Tage und Gespräche mit den Aktivisten der
DDR-Opposition und analysiert: "Noch einige Wochen zuvor, im September und Oktober, glaubten sie, die gesellschaftliche Isolation überwunden zu haben. Dass, wie es in Polen neun Jahre zuvor, Arbeiter, Studenten und Intellektuelle zusammen standen, dass die Opposition endlich Unterstützung bekommt. Schließlich kamen selbst in kleineren Städten zigtausend Menschen zu Demonstrationen.
Aber diese Kraft war eine Illusion; ja, sie haben etwas bewegt, aber nur, um einen Augenblick später wieder nutzlos zu sein".
Weiter zu diesem Thema nachzulesen ist die Aufzeichnung einer
Expertendiskussion zum Verhältnis von Polen und Ostdeutschen zu kommunistischen Zeiten. Unter anderem erinnert der Historiker
Lukasz Kaminski daran, dass die polnische Opposition schon in den 70er Jahren die
deutsche Einheit als Grundvoraussetzung für ein neues Europa ansah: "Es lohnt sich, den Hintergrund zu erforschen: Warum forderten die polnischen Oppositionellen bereits in den siebziger oder achtziger Jahren, als die Erinnerung an den Krieg noch viel lebendiger war als heute, die deutsche Einheit?" Darauf antwortet sein Kollegen Andrzej Paczkowski: "Ich glaube, einer der ersten Polen, der über die deutsche Einheit als Bedingung für die europäische Einheit geschrieben hat, war Juliusz Meiroszewski, 1954 in der Pariser Exilzeitschrift
Kultura. In einem Kommentar zum Beitritt Westdeutschlands zur Nato schrieb er, dass es ohne wiedervereinigtes Deutschland
kein freies Polen geben werde. Eine zweite Schlussfolgerung daraus könnte sein, dass es ohne eine
unabhängige Ukraine kein freies Polen geben wird, und umgekehrt. Aber das ist ein anderes Thema."
Berichtet wird ferner vom
Joseph-Conrad-Festival mit anschließender Literaturmesse in Krakau. Nachzulesen ist dazu ein
Weblog von Grzegorz Nurek. In der
Literaturbeilage von "Tygodnik"
schreibt Krzysztof Siwczyk über
Thomas Bernhards kürzlich ins Polnisch übersetzte Frühwerk "Verstörung": "Darin entwickelt sich sein Prosastil mit wiederholten Sätzen, manischen Rückgriffen auf Schlüsselwörter, fast krankhaften Steigerungen von Adjektiven, die zeigen, wie sehr er das menschliche Wesen verachtet. Schlecht, schlechter, am schlechtesten - das ist der Mensch bei Bernhard".
Hingewiesen wird ferner auf das Festival des Russischen Kinos,
"Sputnik", das zwei Wochen lang in 26 polnischen Städten gastieren wird.