Magazinrundschau - Archiv

Hakai

16 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 2

Magazinrundschau vom 02.08.2022 - Hakai

Als der Bostoner Kaufmann Thomas Hancock im 17. Jahrhundert Sable Island, eine Insel vor Nova Scotia, verließ, hinterließ er einige Pferde, die sich seitdem vermehrt haben und in der kanadischen Öffentlichkeit liebevoll als wilde Pferde romantisiert werden. Leider stehen sie inzwischen auch im Verdacht, dem Ökosystem der heute menschenleeren Insel einigen Schaden zuzufügen. Doch will das kaum jemand wahrhaben, schreibt Moira Donovan, sie sind doch selbst Teil der Natur, oder? "Wenn die Pferde auf Sable Island eine eingebürgerte Art sind, welche Version der Insel bewohnen sie dann natürlicherweise? Die vor der Ankunft der Europäer, das Sable Island der Gegenwart oder die Insel der Zukunft, die der Klimawandel wahrscheinlich auf weitaus dramatischere Weise umgestalten wird, als es die Pferde getan haben? Vielleicht ist die Insel, die in der öffentlichen Vorstellung existiert, die wichtigste und für eine so veränderliche Umwelt wie Sable Island vielleicht auch die dauerhafteste. Das weist auf die Rolle der Pferde als Gatekeeper hin: Ohne sie würden sich die Menschen wahrscheinlich nicht so sehr für eine Sandbank im Nordatlantik interessieren - und für Arten wie die winzige Sable-Island-Schweißbiene, deren Bild weder Bildbände noch Dekoschals ziert, und die nicht genug öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, um zu rechtfertigen, dass die Bundesregierung Hunderttausende von Dollar für die Forschung ausgibt. Diese Forschung, die durch die Pferde ausgelöst wurde, wird letztendlich Informationen über die weniger bekannten Arten der Insel und die planetarischen Kräfte, die die Landschaft umgestalten, liefern. Auf diese Weise haben die Pferde nicht nur ihr Ökosystem verändert, sondern auch die Menschen dazu veranlasst, einen genaueren Blick auf eine abgelegene Sandbank im Nordatlantik zu werfen, was sich als entscheidend für die Zukunft der Insel erweisen könnte."
Stichwörter: Klimawandel

Magazinrundschau vom 20.07.2021 - Hakai

Wenn in dem abgelegenen Ort Vāsco Da Gāma an der Küste des touristisch ansonsten gut erschlossenen indischen Staats Goa Regen fällt, ist das Wasser schwarz, berichtet Disha Shetty. Der Grund: der nahe Kohleabbau. Während weltweit Pläne für den Kohleausstieg geschmiedet werden, sieht die Zukunft für die Region eher noch buchstäblich schwärzer aus: In den nächsten 15 Jahren könnte sich die Menge an abgebauter Kohle noch um ein Vielfaches ansteigen, legt ein Bericht der Regierung nahe. "Dieser Bedarf könnte von der Stahlindustrie herrühren", die bei ihrem Fertigungsprozess Kohle verbrennt, schreibt Shetty. "'Die Rolle der Regierung besteht derzeit darin, private Profite zulasten nationaler Ressourcen zu vermitteln', sagt Abhijeet Prabhudesai, Mitbegründer der Protestgruppe Goyant Kollso Naka ('Wir wollen keine Kohle in Goa'). 'Sie scheint nicht den geringsten Ansporn zu haben, den Klimawandel zu bekämpfen.' Er behauptet, dass die entwickelten Industrienationen bei sich zuhause zwar keine Kohle mehr verbrennen wollen, aber eifrig Stahl importieren, der in anderen Ländern wie Indien durch Kohleverbrennung aus Eisenerz gewonnen wird - und die Regierung ermögliche dies. 'Unsere Ressourcen gehen dahin und was uns bleibt ist Umweltverschmutzung und Zerstörung', sagt er. ... Die Regierung argumentiert, dass Kohle essenziell für die Entwicklung Goas sei. Das nimmt ihr auch Gabriel Coutinho, der Gemeindepfarrer von Vāscos Kirche Heiliger Andreas, nicht ab. Bei seinen Hausbesuchen in Vāsco treffe er häufig Leute mit Lungenkrankheiten und Atemproblemen, sagt er. Und trotz der ständigen Kohleimporte habe er in den letzten 20 Jahren keine Anzeichen für eine Entwicklung der Region beobachten können. Er zweifelt an der Weitsicht einer solchen Entwicklung, die jene Kosten nicht berücksichtigt, die mit dem Verfall der allgemeinen Gesundheit einhergehen."

Magazinrundschau vom 13.04.2021 - Hakai

Boyce Upholt überlegt in einem Beitrag des Magazins, ob uns möglicherweise die Meere ein Zufluchtsort sein könnten, wenn das Festland allzu unwirtlich geworden ist. Der Bitcoin-Händler und Mitbegründer von Ocean Builders Chad Elwartowski etwa plant gerade 20 High-Tech-Wohnpods für sein feuchtes Utopia. Allerdings wirft sein Projekt auch Fragen auf: "Rechtsexperten glauben, dass es keinen praktikablen Mechanismus gibt, durch den eine schwimmende Struktur zu einer anerkannten Nation werden könnte. Surabhi Ranganathan, Juraprofessor an der Universität Cambridge, erklärt die Herausforderungen: Die nationalen Gewässer eines Landes erstrecken sich 22 Kilometer über die Küste hinaus. Dann gibt es noch einen großen Bereich, in dem die Nation die wirtschaftlichen Ressourcen des Ozeans kontrolliert. Jenseits dieser Grenze, 200 Seemeilen (370 Kilometer) von der Küste entfernt, ist man tatsächlich frei von bestehenden Staaten, und jeder kann dort etwas bauen. Doch der Bau wird allerhand Probleme machen - es gibt keinen Ankerplatz, Lebensmittel sind weit weg - und außerdem wird man als eine Art Pirat behandelt, der durch internationale Verträge nicht geschützt ist. Viel sicherer als die Aufgabe der Staatlichkeit wäre es, sich einem Staat anzuschließen, mit dessen Gesetzen man einverstanden ist. Ein Schiff ist wie ein schwimmendes Stück der Nation, dessen Flagge es führt. Deshalb wählen Kreuzfahrtschiffe und Fischereifahrzeuge 'Flaggen der Wahl' und registrieren sich in Ländern, in denen laxe Vorschriften maximalen Gewinng ermöglichen. 2017 hat das Seasteading Institute eine gewinnorientierte Schwesterfirma namens Blue Frontiers ausgegliedert, die darauf abzielte, diese Strategie weiter zu verfolgen: In Französisch-Polynesien sollte eine schwimmende Insel von einem Hektar gebaut werden. Die Gründer des Unternehmens wollten, dass die Insel zur Sonderwirtschaftszone erklärt wird. Als Gegenleistung für Arbeitsplätze und sonstige Vorteile, die die neue Insel für Französisch-Polynesien einbringen könnte, hofften sie, einen Steuersatz von null Prozent auszuhandeln."

Magazinrundschau vom 22.12.2020 - Hakai

Christopher Clark wirft einen Blick auf die Küste Kongos, wo die traditionelle Haifischfischerei die Bevölkerung wirtschaftlich und auch im Wortsinn ernährte. Jetzt droht Überfischung - nicht nur wegen der Professionalisierung des Zweigs, mangelnder Regulierung durch den Staat und der steigenden Präsenz Chinas in der Region, sondern auch, weil Haifisch mittlerweile im gesamten Land zentraler Bestandteil der Ernährung ist. Hinzu kommt: "Die Covid19-Pandemie hat internationale Handelsrouten blockiert und damit die ohnehin taumelnde Wirtschaft Kongos weiter gelähmt. Unterdessen sieht sich eine wachsende Zahl von Migranten im ganzen Land und der umgebenden Region in Richtung Küste gedrängt - die Folge einer Kombination aus Klimawandel und Konfliktherden. Der Wettbewerb um die ohnehin schon überausgebeuteten Ressourcen nimmt damit zu. Hinzu kommt, dass der Kongo weiterhin Fischer aus anderen westafrikanischen Ländern anzieht, deren Fischbestände entweder leer gefischt sind oder denen striktere Kontrollen auferlegt wurden, um genau dies zu verhindern. Sollte Kongos Fischerei kollabieren, wären die Folgen im ganzen Land und in der umliegenden Region spürbar. Angesichts der ähnlich trüben Lage bei den Sardinen, von denen ein Großteil nach China verkauft wird, um daraus Fischmehl herzustellen, würde dieser Kollaps nicht nur drückende ökonomische und ökologische Sorgen nach sich ziehen, sondern auch ein beträchtliches Risiko für die Ernährung darstellen. In einem Land, dessen Bevölkerung zum großen Teil auf Fisch - und besonders auf Haifisch - als primäre und oft einzige Eiweißquelle angewiesen ist, könnte sich das Wohlergehen des Fischereihandwerks als Sache von Leben und Tod herausstellen. Bis auf weiteres allerdings und entgegen einer Fülle internationaler Empfehlungen von Organisationen wie der Food and Agriculture Organization der UNO, verbleibt die Haifischerei de facto unreguliert."

Magazinrundschau vom 06.10.2020 - Hakai

Allein 2018 strandeten 200 nordkoreanische Fischerboote an Japans Küste - oft ohne eine Spur der Angler, gelegentlich finden sich noch einige mumifizierte Leichenreste. Mittlerweile arbeitet Japan daran, die Fischer und ihre Nussschalen, die sich teils 500 Kilometer von der eigenen Küste entfernt im Wasser tummeln, zu evakuieren. Andrea Valentino hat sich mit den Ursachen für diese tragische Geschichte befasst: Seit der großen Hungersnot in den frühen Neunzigern ist die Fischerei eine der wichtigsten Nahrungsquellen des Landes. "Und doch hat Nordkorea in jüngsten Jahren die Angelrechte vor der eigenen Küste an China abgetreten, wahrscheinlich brauchte man das Geld, nachdem das Land wegen seiner Nukleartests mit Sanktionen belegt worden war. Zwar erzielt das Regime dadurch jährlich 75 Millionen Dollar an harter Währung, schnitt damit aber auch die eigenen Fischer von ihren angestammten Gewässern ab. Dies wiederum zwingt die nordkoreanischen Angler dazu, tiefer ins Meer vorzustoßen - nicht nur für sich selbst, sondern auch im die harten Quoten des Regimes zu erfüllen. Mitglieder der Vereinten Nationen, darunter Kanada, haben Nordkorea 2017 zwar neue Sanktionen auferlegt, um das Land daran zu hindern, die Angelrechte zu verkaufen. Doch mit 800 chinesischen Fischerkuttern, die Berichten zufolge allein im letzten Jahr in nordkoreanischen Gewässern tätig waren, gibt es wenig Hinweise darauf, dass Peking und Pyöngyang diesen UN-Versuchen sonderlich Bedeutung beimessen. ... Mit ihren tuckernden Motoren von 36 Pferdestärken und ihren Planenbehausungen sind die nordkoreanischen Boote noch nicht einmal für ruhige Küstengewässer gut geeignet, geschweige denn für den Regen und die Böen vor der japanischen Küste. ... Bedenkt man noch, dass die Schiffe kein GPS haben, wird rasch klar, wie aus diesen Invasoren Geisterschiffe werden konnten: Sind sie erst einmal vom Kurs abgekommen oder nicht mehr in der Lage, den starken Gezeiten zu widerstehen, sterben die Fischer schließlich an Hunger oder Erschöpfung. Ihre Boote schlagen Wochen und Monate später in Japan auf. Kein Wunder, dass Chongjin seit kurzem einen neuen Spitznamen hat: die Stadt der Witwen."

Außerdem schreibt F. Salazar darüber, wie ein Nest auf einer norwegischen Insel nicht so recht touristisches Kapital aus dem Umstand schlagen kann, dass Forscher dieses Eiland aus durchaus guten Gründen für jenen sagenumwobenen Boden halten, den der römische Autor Pytheas einst "Ultima Thule" taufte (auch wenn die Insel so ultimativ hoch im Norden eigentlich gar nicht liegt).

Magazinrundschau vom 29.09.2020 - Hakai

Hakai ist ein kanadisches Magazin, dass sich weltweit Gesellschaften widmet, die an Küsten leben. Eine wunderbare Idee! Eine sehr schöne Reportage schickt Shanna Baker aus dem indischen Gujarat, an dessen Küsten Kamele durchs Wasser zu kleinen Inseln schwimmen, um an ihr Futter - Mangrovenwäldchen - zu kommen. Wer hätte gedacht, dass Kamele schwimmen können? Es handelt sich um Kharai-Kamele, "eine für diesen Keil der Welt einzigartige Rasse, benannt nach dem lokalen Wort für 'salzig'. Die Tiere fressen Mangroven und andere salzige Nahrung entlang des Festlandes, schwimmen aber auch regelmäßig bis zu drei oder vier Kilometer ins Arabische Meer, um Zugang zu Inselhainen zu erhalten." Kamele können sich außerdem an größte Hitze und Kälte anpassen, lernen wir. "In Regionen, die von zunehmender Dürre und Trockenheit betroffen sind, können Kamele Kühe, Schafe und andere weniger widerstandsfähige Nutztiere ersetzen. In den letzten 20 oder 30 Jahren sind Kamele zum Beispiel in Nigeria, Tansania und Uganda zu einer neuen Errungenschaft geworden. Sie sind eine Quelle für Milch, Fleisch und Wolle und werden für den Tourismus und für Rennen eingesetzt. 'Kein anderes Haustier ist in der Lage, dem Menschen so viele verschiedene Dienste zu leisten', schrieb 2015 der in Frankreich lebende Kamel-Experte Bernard Faye, der überzeugt ist, dass Kamele die Tiere der Zukunft sind.