Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
14.03.2006. In dieser Woche: Wofür Bertelsmann fünf Milliarden Euro braucht. Wo Thalia neue Opfer fordert. Wohin Amazon expandiert. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Bertelsmann ist in den Blickpunkt der Banken gerückt. Das Börsenblatt bezieht sich auf einen Spiegel-Artikel, in dem die Investmentbanker von Goldman Sachs die einzelnen Bertelsmann-Geschäftsbereiche schätzen. Am meisten wert ist demnach die TV- und Radio-Sparte mit 9 Milliarden Euro, die Buchsparte Random House und die Zeitschriftensparte Gruner + Jahr werden mit jeweils 1,9 Milliarden Euro veranschlagt. Am wenigsten trauen die Banker dem Buchclub und Online-Geschäft (gebündelt in der Direct Group) zu: "schlappe" 500 Millionen Euro. Interessant sind die Berechnungen im Hinblick auf den von der Groupe Bruxelles Lambert (sie hält rund 25 Prozent Anteile an Bertelsmann) geplanten Börsengang. Will die Familie Mohn den Börsengang verhindern und ihr Rückkaufrecht für die GBL-Anteile nutzen, dann muss sie fünf Miliarden Euro auf den Tisch legen.

Der Thalia-Expansionskurs fordert weitere Opfer. In Darmstadt schließt - nicht als Folge, sondern vor der Einrichtung einer 2.800 Quadratmeter großen Thalia-Filiale - die Traditionsbuchhandlung K.H. Schlapp. Geschäftsführer Eckart Schlapp wechselt nicht wie Ex-Börsenvereinsvorsteher Schormann zu Thalia, sondern schmiedet mit dem Konkurrenten Buch Habel (2.300 Quadratmeter Fläche) eine Allianz. In Soest kapituliert die Buchhandlung Walter Weihs vor Thalia und Buch & Kunst. Nur im eh schon mit Buchhandlungen dicht besiedelten Regensburg (13 meist inhabergeführte Buchläden, dazu die Filialisten Pustet, Hugendubel, Lehmanns, Schweitzer, Weltbild plus und Jokers) will sich keiner von Thalia (kommt im April) einschüchtern lassen. Hier stellt Börsenblatt Online ein Forum zum Thema.

Die Internationale Abteilung der Frankfurter Buchmesse (mehr) möchte ein Buchinformationszentrum (BIZ, nicht zu verwechseln mit Berufsinformationszentrum) in der arabischen Welt einrichten. "Wir lassen derzeit eine Machbarkeitsstudie erstellen", erklärt Abteilungsleiterin Claudia Kaiser im Börsenblatt-Interview. Das Projekt passe gut zur Strategie des Auswärtigen Amts, das 50 Prozent der Kosten von Buchinformationszentren trägt, ist sich Kaiser sicher. Wann und wo ein neues BIZ eröffnet werden könnte, steht noch nicht fest.

Dem Europa Verlag steht das Wasser bis zum Hals: Das Hamburger Unternehmen (nicht betroffen ist der Europa Verlag Wien) hat Antrag auf Eröffnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens gestellt. "Die Verlagsgeschäfte werden fortgeführt; offen ist, ob das Frühjahrsprogramm wie geplant in Druck geht", berichtet das Börsenblatt. Eine Alternative zur Abwicklung des Unternehmens könnte die vom Verleger Arne Teutsch und der Beteiligungsgesellschaft der Sparkasse Leipzig gegründete Auffanggesellschaft sein. Schon Teutschs Übernahme des Verlags in 2004 stand unter keinem guten Stern: Damals war Europa bereits in den Miesen.

Beim Betreten einer Weltbild plus-Filiale mag einen das Gefühl beschleichen, in einen Gemischtwarenladen geraten zu sein. Künftig bietet Weltbild auch noch Handys und die dazugehörigen Mobilfunkverträge an. Eine Kooperation mit dem Telekommunikationsriesen T-Mobile macht's möglich. T-Mobile will von allen Weltbild-Vertriebskanälen (das sind 300 Weltbild plus-Filialen und ein umsatzstarkes Versandgeschäft) profitieren, hat das Börsenblatt erfahren.

Sehen Schulbuchverlage nach der Rechtschreibreform-Reform Handlungsbedarf? wollte das Börsenblatt diese Woche in seinem Rundruf wissen. Das neue Regelwerk hat der Rechtschreibrat auf seinen Internetseiten unter der Rubrik "Aktuelles" verpackt.

Personalien: Michael Lemling, bislang Leiter der Buchhandlung Carolus in Frankfurt, übernimmt in geschäftsführender Eigenschaft die Buchhandlung Lehmkuhl in München. Seit 2005 gehört Lehmkuhl den C.H. Beck-Verlegern Wolfgang und Hans-Dieter Beck.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Strategien des Standort-Buchhandels gegen Filialisten (siehe Börsenblatt, "Thalia-Expansionskurs") beschäftigen auch buchreport. Vor allem in Mittel- und Kleinstädten handelten Sortimenter nach der Weisheit, dass Angriff die beste Verteidigung sei, schreibt das Magazin und nennt eine Hand voll Beispiele von Unternehmen, die angesichts der "Bedrohung" durch die großen Buchketten ihre Verkaufsflächen vergrößert hätten. Andere Traditionsbuchhandlungen setzten auf ihr Können und Stammkunden. "Wer im Wettbewerb mit den Großen bestehen will, der muss sich flexibel auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen", so das Fazit des Artikels. Denn angetrieben vom rasanten Wachstum des Marktführers Thalia sei damit zu rechnen, dass auch die anderen Filialisten ihr Expansionstempo verschärften.

Das Elbe Team ist pleite. Vor zwei Wochen noch wollte Peter Wölki, Chef der Dresdner Billigbuchkette (33 Filialen, vorwiegend im ostdeutschen Raum), das Unternehmen mit einer Auffanggesellschaft in ruhige Fahrwasser steuern. Jetzt habe er, so buchreport, den Rettungsanker geworfen und ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Zum Verhängnis wurde dem Elbe Team die Ankündigung eines Hongkonger Investors, sich mit zwei Millionen Euro (40 Prozent) an der deutschen Kette zu beteiligen. "Das Beteiligungskapital ist bis dato nicht geflossen. Elbe Team verklagt (Investor) CPI im Juli 2005 über einen Fehlbetrag von 1,4 Mio. Euro. Hindernis: Die Firma ist (...) nicht auffindbar", heißt es in der buchreport-Chronik des Elbe Team-Untergangs.

Gute Aussichten für den deutschen Buchhandel: Seit zehn Monaten entwickeln sich die Umsätze im Sortiment positiv. Für Februar 2006 weist der buchreport-Umsatztrend ein Plus von 2,1 Prozent aus. Erfreulich ist dieses Ergebnis durch die direkte Vergleichbarkeit mit dem Vorjahresmonat (identische Verkaufstage im Februar 2005 und 2006). Und: Der Mehrumsatz sei durch eine vermehrte Nachfrage und nicht durch höhere Preise erzielt worden, erläutert buchreport. Der durchschnittliche Buchpreis ist mit minus 0,3 Prozent immer noch leicht rückläufig.

Traumhafte Ergebnisse erzielten die Buchhandelsabteilungen Hörbuch und Neue Medien bei der Auswertung der Umsätze nach Warengruppen: Sie erreichten im Februar 2006 plus 18,1 Prozent bzw. plus 21,1 Prozent mehr Umsatz verglichen mit dem Vorjahresmonat.

Amazon muss logistisch expandieren, soviel scheint klar. Gerüchte, dass Leipzig gute Chancen für den Zuschlag hat, wurden buchreport zwar nicht von offizieller Seite bestätigt. Das Branchenmagazin vermutet aber, dass die Amazonen, zusätzlich zu dem seit 1999 bestehenden 42.000 Quadratmeter großen Lager (entspricht sieben Fußballfeldern) in Bad Hersfeld, eine 70.000-qm-Halle in der Nähe des Leipziger Flughafens im Visier haben.

Personalien: Michael Schön, Geschäftsführer der Börsenvereins-Tochter MVB, gab seine Kündigung zum Jahresende bekannt. Für buchreport ergibt sich daraus, wie ernst die Situation für den MVB ist: "Noch bevor die langjährige Baustelle Verzeichnis lieferbarer Bücher durch die Fertigstellung des so genannten VlB-Neu am 1. Januar 2007 geschlossen werden soll, verlässt sein Chefarchitekt den Schauplatz, nachdem bereits im Herbst 2004 mehrere Führungskräfte (...) beim MVB ausgeschieden sind."

Schließlich: die Bestsellerlisten
Stichwörter: Hongkong, Bad Hersfeld