Die Buchmacher

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Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
13.02.2006. In dieser Woche: Was es mit der "flexiblen Mitgliedschaft" im Bertelsmann-Club auf sich hat. Und warum das Frühjahr gut wird. Von Sandra Evertz

buchreport.express

Die klammheimliche Einführung der "flexiblen Mitgliedschaft" beim Club Bertelsmann (siehe "Buchmacher"-Archiv) lässt buchreport keine Ruhe: Das sei "der bisher gravierendste Versuch", das so genannte "Potsdamer Protokoll" (in dem die preisbindungsrechtlichen Kriterien für Buchgemeinschafts-Ausgaben geregelt wurden, hier im Wortlaut) zu unterlaufen. Vorstöße in diese Richtung habe es seit Inkrafttreten der aktuellen Fassung des "Protokolls" im Frühjahr 2004 immer wieder gegeben, erinnert das Magazin. Bei früheren Konflikten sorgten allerdings die Parallelausgaben für Ärger in der Branche - entweder hatte der Club versucht, den Zeitabstand zwischen Original- und Clubausgaben zu verkürzen oder den Preisabstand zu vergrößern. Mehr.

Bücher sind billiger geworden. In 2005 gingen sie zu einem durchschnittlich um 0,9 Prozent niedrigeren Ladenpreis gegenüber 2004 durch die Sortimenter-Kassen. Zu diesem Ergebnis kommt die buchreport-Umsatzanalyse. Spitzenreiter ist die Warengruppe Hörbuch - in doppelter Hinsicht. Mit 16,13 Euro im Durchschnitt waren Hörbücher im Warengruppen-Vergleich am teuersten. Erstaunen mag, dass die Hörbuch-Preise im Vergleich zum Vorjahr dennoch prozentual am stärksten gesunken sind: um 4,2 Prozent. Hardcover-Romane (inklusive der Billig-Bibliotheken) gehörten zu den Ausnahmen, die im Jahr 2005 vergleichsweise mehr kosteten. Hierzu erklärt buchreport: "Gebundene Romane hatten bereits 2004 durch die ersten Billig-Editionen der Presseverlage einen dramatischen Preisrutsch (- 11,4 Prozent) erlebt; von diesem gedrückten Preisniveau hat sich jetzt ein Plus von 3,5 Prozent ergeben, unter anderem ausgelöst durch den hochpreisigen 'Harry Potter VI' als meistverkauftes Buch 2005."

Amazon bleibt Deutschlands größter Buchhändler, muss dafür aber einen hohen Preis zahlen. Um den Vorsprung gegenüber Wettbewerbern zu halten, sei Amazon gezwungen, in Marketing und Technologie zu investieren (in 2005 circa 542 Millionen Euro, plus 46 Prozent), weiß buchreport. In die Bilanzen ihres deutschen Ablegers lassen sich die "Amazonen" bekanntermaßen nicht schauen. Buchreport schätzt den hiesigen Jahresumsatz zwischen 800 und 950 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Thalia Holding, Deutschlands umtriebigster Buchfilialist, erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2004/2005 461 Millionen Euro. (siehe auch Meldungen)

Dicke Fragezeichnen bleiben nach der Ankündigung, dass Börsenvereins-Vorsteher Gottfried Honnefelder im April Berlin University Press übernimmt. Denn: Ein Programm und Mitarbeiter kann der Verlag, den Ex-BertelsmannSpringer-Gesellschafter Claus Michaletz im August 2000 (!) aus dem Boden stampfte, nicht vorweisen. Honnefelder will im Frühjahr 2007 mit acht Büchern und einer Belegschaft durchstarten. Inhaltlich interessiere ihn die Schnittstelle wirtschaftlicher Themen zu Gesellschaft, Kultur und Religion, gab er an. Auch Nebeneinkünfte sind Honnefelder, der heute noch den DuMont Literatur und Kunst Verlag leitet, sicher: Ebenfalls im April wird er Berater der Cornelsen-Verlagsholding.

Personalien: Urs Breitenstein, Verleger des Schwabe Verlags, ist heißer Kandidat fürs Präsidenten-Amt des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands. Dr. Marcus Gärtner folgt auf Marcel Hartges und zeichnet künftig für die Reihe rororo Belletristik im Rowohlt Verlag verantwortlich.

Meldungen: Ein fulminanter Start ins Geschäftsjahr 2006: Die Buchhandels-Umsätze sind laut buchreport-Umsatztrend im Januar um 5,4 Prozent gestiegen. Mit 7,1 Milliarden Euro nähert sich der Amazon-Gesamtumsatz allmählich dem Volumen des deutschen Buchmarkts (9,1 Milliarden Euro in 2004) an. Am 2. März erscheint der erste Band der 15-teiligen Kinderedition zum Vorlesen der Wochenzeitung Die Zeit. Von der ersten Staffel der SZ-Cinemathek wurden nach Angaben des Süddeutschen Verlags 2,5 Millionen Einzelexemplare verkauft, davon 1,1 Millionen über den Buchhandel. Für 537,5 Millionen Dollar hat Time Warner seine Buchverlage an den französischen Mischkonzern Lagardere verkauft. Lars Brandt ("Andenken") und Tanja Kinkel ("Venuswurf") steigen diese Woche am höchsten in die Spiegel-Bestsellerlisten ein.

Börsenblatt

Wo geht die Frühjahrsreise hin? bat das Börsenblatt um eine erste Einschätzung von Verlegern und Vertriebsleitern. Erfreulich: Mehrheitlich waren die Befragten zuversichtlich mit Blick auf die Vorbestellzahlen für die Frühjahrssaison. Mehr noch, von einer Hand voll Verlagen wurde das Bestellverhalten der Sortimenter als "außergewöhnlich gut", "phantastisch in Bezug auf den Top-Titel" oder "sehr zufriedenstellend" beurteilt. Deutlich negativ schlage sich beim Einkaufsverhalten nieder, wenn Buchhändler von Filialisierung bedroht seien, bemerkte ein Verleger und gab zu bedenken, dass Kaufzurückhaltung in einem solchen Fall keinen Sinn mache. Wichtiger wäre es, dem betroffenen Sortiment ein unverwechselbares, eindeutiges Profil zu geben.

In seinem Wochen-Schwerpunkt untersucht das Börsenblatt Chancen und Risiken der Nebenmärkte. Immerhin neun Prozent des Umsatzes haben die Verlage in 2004 über Tankstellen, Discounter & Co. erwirtschaftet (Quelle: "Buch und Buchhandel in Zahlen"), Tendenz steigend. Erfolg versprechend machen sich unter anderem preisgünstige Taschenbuch-Bestseller und qualitativ hochwertige MA-Ware in diesem Vertriebskanal. "Das Buch als ganz normale Handelsware nach dem Motto 'Was nicht läuft, fliegt raus' und nicht als Kulturgut müssen die Verlage, die sich mit Nebenmärkten beschäftigen, aber erst noch verinnerlichen", glaubt das Börsenblatt. Denn, anders als in einer Buchhandlung, wird unverkaufte Ware auf dem Nebenmarkt schon nach wenigen Tagen weggeräumt und wandert - bei vollen Rückgaberecht - zurück an den "Hersteller".

Das Börsenblatt regt sich gemeinsam mit dem französischen Verlegerverband SNE über Googles "Rechteblindheit" auf. Hunderte von (nicht nur) französischen Titeln, die noch urheberrechtlich geschützt seien, ließen sich in der Volltextsuche von Google Book Search recherchieren, schreibt das Magazin. Die französischen Verleger wollten nun - wie zuvor ihre US-Kollegen - gegen den "Suchmachinen-Giganten" vorgehen. SNE-Präsident Serge Eyrolles lässt dem Vernehmen nach alle Verstöße dokumentieren und droht mit einer Klage. Auch deutsche Titel, die noch nicht rechtefrei sind, lagen schon auf dem Google-Scanner. Mehr in unserem "Virtualienmarkt".

Leipzig übertrifft sich - in Zahlen - erneut selbst. Mit mehr als 1.800 Veranstaltungen (im vergangenen Jahr: 1.500) an 250 Spielstätten und rund 1.300 Mitwirkenden (in 2005: 1.000) gewinnt das Lesefestival "Leipzig liest" als Begleitprogramm der Leipziger Buchmesse an Strahlkraft. Die rege Teilnahme am Lesefest gehe mit dem deutlichen Zuwachs an Einzelausstellern einher, erläuterte Buchmesse-Direktor Oliver Zille dem Börsenblatt. Die Chance des Publikums wolle sich keiner entgehen lassen.

Die sieben Juroren für den Preis der Leipziger Buchmesse sind um ihr Lesepensum der vergangenen Wochen nicht zu beneiden: Aus rund 700 Titeln von 144 Verlagen haben sie eine Vorauswahl von 15 Titeln in drei Kategorien (Belletristik, Sachbuch und Übersetzung) getroffen. Dass auf der Nominiertenliste Frühjahrstitel dominierten, sei kein Zufall, sagte der Jury-Vorsitzende Martin Lüdke im Börsenblatt-Interview. In der deutschen Gegenwartsliteratur lasse sich derzeit eine Zäsur erkennen, so Lüdke weiter. Der Generationswechsel sei vollzogen und die junge Generation verdiene Unterstützung. Der Preis wird am 16. März vergeben und ist mit 45.000 Euro dotiert.

Meldungen: Die Domain Literaturportal.de ist nach langen Verhandlungen in den Besitz des Deutschen Literaturarchivs Marbach übergegangen, über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Prestel und dtv bringen gemeinsam eine achtbändige "Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland" auf den Markt. Der Stuttgarter Kinderbuchverlag Nelson, Imprint des Rackjobbers Librofino, will künftig auch Titel für Erwachsene produzieren.
Archiv: Börsenblatt