Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
16.12.2002. In dieser Woche lesen Sie: Wie das Weihnachtsgeschäft für den Buchhandel läuft. Wo und wann der neue Bohlen erscheint und wie das Ding heißen soll. Und welche die besten sieben Bücher für junge Leser sind. Von Hubertus Volmer.  

Börsenblatt

Nach nur zweieinhalb Jahren verlässt Club-Chef Wulf Böttger die Bertelsmann DirectGroup. Neuer Geschäftsführer des Buchclubs wird Rainer Wittenberg. "Gleichzeitig werden die Verlags- und Online-Aktivitäten der Wissen Media Group - bisher angesiedelt bei der Arvato AG - in den Club eingegliedert. Die Wissen Media Group (unter anderem Wissen.de, Wahrig, Viamundo, Chronik) ist Teil des bisher von Wittenberg geleiteten Unternehmens Inmediaone." Das Börsenblatt wollte von DirectGroup-Sprecher Rocco Thiede wissen, ob die Wissen Media Group rentabel arbeite. Dazu habe Thiede keine Stellung nehmen wollen. "Dass es schon wieder einen neuen Club-Chef gibt, dürfte nicht zuletzt auf die schwierige wirtschaftliche Lage des Unternehmens zurückzuführen sein. 'Trotz mehrerer Anläufe hat der Club den Break-even noch nicht erreicht', räumte Thiede ein."

Sind die Kunden im Weihnachtsgeschäft bereit, auch teurere Bücher zu kaufen? Eine Umfrage des Börsenblatts unter fünf Buchhändlern ergibt ein uneinheitliches Bild. Eine Buchhändlerin aus Nordhorn vergleicht das Weihnachtsgeschäft offenbar mit dem Rest des Jahres und sagt, ihre Kunden seien "ganz klar zu Weihnachten bereit, höherpreisige Bücher zu kaufen", ein Kollege aus Weil am Rhein zieht den Vergleich mit dem Vorjahresgeschäft und meint, es werde insgesamt deutlich weniger gekauft: "Bislang muss ich leider konstatieren, dass die Kunden Bücher in diesem Jahr ganz weglassen. Aber vielleicht kommt der Run ja noch." Ein Mitarbeiter der Berliner Buchhandlung Marga Schoeller berichtet: "Selbst unsere Stammkundschaft können wir nicht davon überzeugen, dass gebundene Bücher im Vergleich zur D-Mark nicht teurer geworden sind. Wir stellen deshalb eindeutig fest, dass im Weihnachtsgeschäft verstärkt Taschenbücher gekauft werden."

Weitere Meldungen: KNO hat eine Gebührenerhöhung angekündigt. Als Gründe nennt das Börsenblatt die dritte Stufe der Ökosteuer sowie allgemeine Kostensteigerungen bei Personal und Fahrzeugen. Der Heidelberger Universitätsverlag Winter gehört jetzt dem Memminger MedienCentrum. Der Kindler Verlag nimmt Krimis in sein Programm auf. Die Verlagstagung der VVA hat über Vertreter diskutiert. Silvia Werfel spricht mit Peter Stadler von der Forschungsgemeinschaft Druck darüber, wie Fehler bei der Buchbindung vermieden werden können. Frank Magdans stellt Englischlernsoftware für Kinder vor. Arne Opitz berichtet über die österreichische Praxis der staatlichen Verlagsförderung und fragt, ob dies nicht - neben Übersetzungsförderungen, Subventionen für wissenschaftliche Publikationen etc. - auch ein Modell für Deutschland wäre. Der November lief für den Buchhandel nicht so gut. Der Leipziger Verlag Militzke hat zwei neue Taschenbuchreihen im Programm. Und die Eigentumsverhältnisse beim Aufbau Verlag bleiben ungeklärt.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Das Weihnachtsgeschäft bleibt hinter dem Vorjahr zurück - am zweiten Adventssamstag nach einer Umfrage des buchreport um 9,4 Prozent. "Ich bin jetzt seit über 30 Jahren Buchhändlerin, aber sowas habe ich noch nie erlebt", zitiert das Blatt die Husumerin Annette von Hielmcrone. 80 Prozent der Buchhändler klagen über ein Umsatzminus. Da hilft nur eines: Hoffen auf das nächste Jahr. Meint jedenfalls der buchreport. Buchhändler und Verleger seien in Gedanken schon im Frühjahr. "Nach drei Jahren mit Minuswerten muss so schnell wie möglich der Umschwung kommen, wenn - ja, wenn es nicht für viele Betriebe in alle Größenordnungen eng werden soll." Etwas verwirrend heißt es weiter: "Wenn ausgerechnet der Buchhandel aus der Klemme herauskommen sollte, dann kann er nur von einer Rückbesinnung auf das alt angestammt Medium Buch profitieren. Es wäre wieder eine antizyklische Entwicklung, wie es sie in den letzten Jahrzehnten mehrfach gegeben hat. Es wäre allerdings auch ein Wunder."

Dem Einzelhandel geht es schlecht. Falsch: Dem stationären Handel geht es schlecht. Bei Amazon.de und Co. boomen die Geschäfte. "Im laufenden Jahr, so schätzt der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), werden die Umsätze im Online-Handel in Deutschland gegenüber dem Vorjahr (fünf Milliarden Euro) um 60 Prozent auf acht Milliarden Euro steigen. Für 2003 rechnet der HDE immerhin noch mit einem weiteren Zuwachs von 38 Prozent auf elf Milliarden Euro."

"Jene 75 Prozent der Anteile, für die die Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft die Stimmrechte ausübt, gehen nicht an die Börse", hat die Frau des Patriarchen, Liz Mohn, dem Handelsblatt gesagt. Und über das Vorhaben der belgischen Groupe Bruxelles Lambert, Bertelsmann spätestens 2005 an die Börse zu bringen: "Das ist für alle Mitarbeiter ein wichtiger Ansporn. Ich persönlich begrüße die Anstrengungen, die mit dieser Vorbereitung verbunden sind, sehr." Der buchreport hat diese Aussage frei interpretiert: "Weil uns die Belgier keine andere Wahl lassen, als in 2005 an die Börse zu gehen, machen wir das Beste daraus und versuchen, dass wir beim Börsengang ein gutes Ergebnis erreichen, ansonsten jedoch bleibt alles in der Familie."

Zur Halbzeit des Weihnachtsgeschäfts werden in den USA die Gesichter länger, schreibt der buchreport. "Es fehlen die ganz großen Weihnachtshits, selbst Michael Crichtons neuer Roman 'Prey' bleibt angeblich deutlich hinter den Erwartungen zurück." Das Buch verkaufe sich gut, aber nicht so sensationell, wie es die Vorschlusslorbeeren hätten erwarten lassen.

Die Kooperation zwischen den Schweizer Buchhandlungen Lüthy, Rösslitor und Stocker ist zerbrochen. Als "Buchhaus Gruppe" wollten die drei Ex-Partner die drittstärkste Kraft im Schweizer Buchhandel werden, schreibt der buchreport, den beiden Marktführern Orell Füssli und Thalia vereint die Stirn bieten. Andrea Czepek kommentiert den Bruch: "Nicht der Wettbewerb zwischen den Sortimentern war der Grund - die Buchhandlungen sind in verschiedenen Städten ansässig und ergänzen ihre Einzugsgebiete eher, als dass sie sich überschneiden -, sondern unterschiedliche Vorstellungen über die Strategie, die sich offenbar als unvereinbar erwiesen haben. (...) Das Beispiel aus den Alpen zeigt, wie schwierig es ist, Kooperationen in der Buchbranche umzusetzen. (...) Die Konsequenz könnte sein, dass viele kleinere Unternehmen in der Branche ihre Eigenständigkeit ganz verlieren werden, denn die Konzentration wird weitergehen, aber sie wird nicht durch gleichberechtigte Kooperationen, sondern durch Übernahmen erreicht."

Weitere Meldungen: Der buchreport stellt die neue Führungsstruktur des Buchhandelsriesen Thalia (Douglas) vor. Die Libro-Gläubiger werden "praktisch leer" ausgehen. Und hier die Bestseller.

Börsenblatt

Der niederländische Wissenschaftsverlag Elsevier Science (Reed Elsevier) hat die Holtzbrinck-Verlage Urban & Fischer und Spektrum Akademischer Verlag gekauft. "Das Verkaufspaket umfasst außerdem den medizinischen Buchversand Rothacker (München / Wien) sowie die SFG Servicecenter Fachverlage GmbH (Tübingen)." Die Kartellbehörden in Deutschland und Österreich müssten dem Deal noch zustimmen, schreibt das Börsenblatt. Mit dem Verkauf schließe Holtzbrinck nach eigenen Angaben die Fokussierung auf die deutsch- und englischsprachigen Belletristik- und Sachbuchverlage, Zeitungen, Wirtschaftsinformationen sowie englischsprachigen Wissenschafts- und Bildungsverlage ab. Seine Schulbuch- und Bildungsverlage hatte Holtzbrinck bereits im November an Westermann verkauft.

Ex-Eichborn-Programmchef Wolfgang Ferchl hat bei seinem Wechsel zu Piper den Zeichner und Schriftsteller Walter Moers mitgenommen. Moers' nächster Roman "Rumo & Die Wunder im Dunkeln" erscheint im kommenden April bei Piper. Das Börsenblatt weist darauf hin, dass Moers nicht nur einer der bekanntesten Eichborn-Autoren ist, sondern auch zehn Prozent an der Eichborn AG hält. "Ob er sich davon trennen will, ist derzeit offen. Die 32,9-prozentige Beteiligung der insolventen Achterbahn AG (Kiel) hinzugerechnet, die an eine Bank verpfändet ist, könnten möglicherweise mehr als 40 Prozent der Aktien in den Verkauf gelangen."

Möglicherweise hat die schlechte Presse die Dornier-Verlagsgruppe dazu bewogen, ihre Verlage Henschel, E.A. Seemann und Edition Leipzig nicht einfach zu schließen, sondern zuvor nach einem Käufer Ausschau zu halten. Die Entscheidung, die Frühjahrsprogramm der drei Verlage noch auszuliefern, solle Kontinuität sichern und damit die Verkaufschancen erhöhen, schreibt das Börsenblatt. Rückblickend habe die Verlagsgruppe "Fehler in der Außenkommunikation" eingeräumt, nachdem die Schließungsabsichten durch eine Indiskretion aus dem eigenen Haus öffentlich geworden seien.

Im November hatte Heyne-Ullstein-List-Verleger Christian Strasser im BuchMarkt angedeutet, wie der Erfolg des Bohlen-Buches "Nichts als die Wahrheit" organisiert wurde: "Interessant ist, dass es sich hier um eine ziemlich einzigartige gemeinschaftliche Marketingaktion handelt, die ohne die Unterstützung von Hubertus Meyer-Burckhardt und Kai Diekmann auf der Seite von Springer bzw. Bild und natürlich auch ohne Thomas Gottschalk nicht funktioniert hätte." Zumindest auf Springer und Bild wird Dieter Bohlen bei seinem nächsten Buch verzichten müssen: "Hinter den Kulissen" (Arbeitstitel) erscheint im Herbst 2003 bei dem Random-House-Verlag Blanvalet. "Der Autor [!!] sei auf die Verlagsgruppe zugekommen, es habe keine Abwerbeaktionen gegeben, stellt Random-House-Sprecher Tim Arnold klar. Ob Bild-Redakteurin Katja Kessler bei dem Schreibprozess wieder Hand anlegen wird, sei noch nicht entschieden." Zu Vorschuss und Startauflage habe Arnold keine Angaben gemacht. Der buchreport schreibt von einer siebenstelligen Garantiesumme. Das ist ja wohl auch das Mindeste.

Bildungsverlage protestieren gegen Paragraf 52a der Urheberrechtsnovelle. Dieser sieht vor, dass Schulen und Universitäten Inhalte künftig für den Unterrichtsgebrauch einscannen und vervielfältigen dürfen. "Wenn dieses Gesetz Realität wird, können die Bildungsverlage in Deutschland ihren Betrieb einstellen", erklärt der VdS Bildungsmedien. Mit einer solchen "carte blanche" würde der Primärmarkt kaputtgemacht. Zahlreiche Verleger hätten die ersatzlose Streichung des "Killerparagrafen" gefordert, ergänzt das Börsenblatt.

Weitere Meldungen: Die Mediengruppe Weka hat Schadenersatzklage gegen den Süddeutschen Verlag eingereicht. Silvia Werfel schreibt über technische Innovationen bei der Buchbindung (unter anderem über die Frage, wie vermieden werden kann, dass vielen Taschenbüchern bei ersten Lesen der Rücken gebrochen werden muss). Michael Roesler-Graichen stellt den Winklers Verlag vor, der vor 100 Jahren als Selbstverlag gegründet wurde und die Schwerpunkte Rechnungswesen, Wirtschaft und Verwaltung sowie Textverarbeitung / Tastschreiben hat. 100 Jahre alt ist auch der Reiseverlag Polyglott. Ihn porträtiert Andreas Trojan.

Dem Börsenblatt liegt die Liste der sieben besten Bücher für junge Leser bei (ermittelt von 26 Juroren im Auftrag des Deutschlandfunk): Goethes "Faust", neu erzählt von Barbara Kindermann und Klaus Ensikat (Illustrationen); "Die schwarzen Brüder" von Hannes Binder; "Perfect Copy" von Andreas Eschbach; "Das Leben ist komisch" von E. R. Frank; "Winter" von John Marsden; "Dieda oder Das fremde Kind" von Renate Welsh; und "Weihnachtsalarm", herausgegeben von Christine Knödler.
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