Der notorische
Philippe Sollers, einer der Fürsten des Pariser Literaturlebens, unter anderem weil er in
Le Monde feiern darf, wer ihm gerade in den Kram passt,
weist vielleicht mal auf eine tatsächlich interessante Neuerscheinung hin, eine auf vier Bände angelegte, von
Maurice Lever verantwortete
Anthologie der erotischen Literatur in Frankreich (
erschienen bei Laffont). Der erste Band gilt dem 18. Jahrhundert, und Sollers zeigt in seinem Artikel, wie der
Libertinismus sogar mit dem
Chauvinismus kopulieren kann: "Es war einmal ein von der Natur und Geschichte
bevorzugtes Volk, das die schnelle Lust zu leben und, besser noch, es zu sagen, entdeckt hatte. Man nennt dieses unwahrscheinliche Ereignis das französische 18. Jahrhundert. Es war der Frühling, dem ein langer Winter folgte. Nietzsche vergleicht diesen Moment mit dem
griechischen Wunder, nur dass er noch wunderbarer war. Franzosen und vor allem Französinnen,
strengt euch an, wenn ihr wissen wollt, wozu ihr fähig wart."
Nicht in
Le Monde des livres, sondern in
Le Monde selbst finden wir eine hochdramatische und messerscharfe
Polemik, die von
Pascal Bruckner, dem Politologen
Iannis Iannanakis und der Demografin
Michele Tribalat unterzeichnet wurde. Sie wendet sich gegen die Zustimmung der EU zur UNO-Resolution, die die Ermordung des
Scheichs Jassin verurteilte: "Der Tod eines
Terroristenchefs, der zum Mord an 'den Juden' aufrief, der einen, übrigens legitimen, nationalen Kampf instrumentalisierte, der ohne die geringsten moralischen Bedenken
seine eigenen Kinder dazu trieb, sich umzubringen um andere Kinder zu töten, der das Geld von Wohlfahrtsorganisationen missbrauchte, um seinen totalen Krieg zu finanzieren, verwandelt sich im offiziellen europäischen Diskurs in einen 'inakzeptablen und nicht zu rechtfertigenden' (so Jack Straw)
Mord am
geistigen Führer einer von manchen als
'politisch' bezeichneten Bewegung... Es ist bestürzend zu konstatieren, dass das Mitleid mit den Opfern in Europa aus
postkolonialem Schuldgefühl zu einer Geschichtsversion führt, die mit den selben ernsthaften Tränen, die Opfer und und ihre Mörder beweint."