Die Buchmacher

Klassiker ohne Ende

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
28.12.2007. Warum Klassiker nicht bis zu Ende gelesen werden müssen. Weshalb es beim marebuchverlag gekracht hat. Wie das Weihnachtsgeschäft kurz vor dem Finale gelaufen ist. Und wie opulent Rowohlt das 100-jährige Bestehen bewirbt.

Börsenblatt

Der Verleger Jochen Jung plädiert im Gastkommentar dafür, Klassiker zu lesen - und offenbart dabei ein interessantes Verständnis der kanonischen Literatur: Das Schöne an den Klassikern sei, dass man sie nicht unbedingt durchlesen müsse - weil diese ihren "Zauber schon nach 20, 30 Seiten rüberbringen". Unter "Zauber" versteht der Salzburger die "innere Sorgfalt, mit der diese Bücher geschrieben wurden und die sie so widerständig gegen das Vergessen gemacht hat." Kein Wort sei überflüssig, "keine Geste, keine Episode. Und zum andern spricht jedes Wort, jede Geste, jede Episode zu Ihnen. Die Alten hatten ja immer ihren Leser, ihre Leserin vor Augen, das Erzählen, das ja immer ein Jemandem-etwas-Erzählen ist, war in diesen fernsehlosen Zeiten allen ganz selbstverständlich." Soll wohl im Umkehrschluss heißen: Heutzutage wird nur noch über den Kopf der Leser hinweg opulent geschwafelt.

Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir arbeitet die Krise des marebuchverlags auf. Nach dem Aus für den Verleger Nikolaus Hansen plane Nikolaus Gelpke (Alleingesellschafter der Mutter Dreiviertelverlag) die Konsolidierung. Der Buchverlag habe jährliche Fehlbeträge im höheren sechstelligen Bereich erwirtschaftet, die nur durch Zuschüsse aus dem Mare-Zeitschriftenverlag hätten ausgeglichen werden können. Neben den schwierigen Finanzen seien "unterschiedliche Auffassungen von Partnerschaft" (Gelpke) ausschlaggebend gewesen. Künftig sollen nur noch 12 oder 13 statt 20 Titel pro Jahr erscheinen.

Kaum ist das Weihnachtsgeschäft vorbei, warten die Onliner mit ersten Bilanzen auf: Weltbild.de rechnet mit einem Plus von 40 Prozent - dem höchsten Zuwachs seit Gründung des Shops; Amazon hat lediglich erklärt, das beste Weihnachtsgeschäft aller Zeiten absolviert zu haben, mit weltweiten Zuwachsraten von 28 bis 37 Prozent (hier die Meldung)

Weitere Themen: Laut Börsenblatt startet Brockhaus im Frühjahr einen Neuauftritt der digitalen Lexikonsubstanzen, inklusive der "Brockhaus Enzyklopädie online". Unter Berufung auf das Manager Magazin meldet das Branchenblatt, dass Bertelsmann Harper Collins übernehmen will; die Gütersloher seien bereit, eine Milliarde Dollar zu investieren, Rupert Murdochs News Corporation verlange indes das Doppelte. Jennifer Minke berichtet, dass immer mehr Verlage für ihre Bücher mit Clips im Fernsehen oder Internet werben, darunter Lübbe und Droemer Knaur. Birte Pompel gibt Empfehlungen für gelungene Newsletter. Stefan Hauck porträtiert den Illustrator Nikolaus Heidelbach, der jeden Tag von 8.30 bis 18 Uhr arbeitet und besonders von der realistischen malerischen Darstellung von Materialien fasziniert ist. Hier das Inhaltsverzeichnis.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

buchreport berichtet groß und breit über das Finale im Weihnachtsgeschäft. In der dritten Adventswoche habe der Buchhandel das Ergebnis des Vorjahres leicht (1,8 Prozent) übertreffen können (hier der Artikel). Durchschnittlich hätten die Leser 2,1 Prozent mehr für Bücher ausgegeben; anders als der Durchschnittspreis sei der Absatz leicht gefallen (0,3 Prozent). Weniger zufrieden seien die Buchhändler in den USA und Großbritannien,. "Mehr als ,solide? ist in der Zusammenfassung nach dem dritten Adventswochenende nicht drin", schreibt buchreport. Als Jahresbestseller 2007 küren die Dortmunder erwartungsgemäß im Hardcover den siebten Potter (Belletristik) und Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" (Sachbuch), im Taschenbuch "Zusammen ist man weniger allein" (Anna Gavalda, Belletristik) und "Happy Aua" (Bastian Sick, Sachbuch).

Zur Kooperation der Spiegel-Gruppe mit der Bertelsmann-Tochter Wissen Media und des populären Mitmachlexikons "Wikipedia" schreibt buchreport, dass die operative Leitung bei SpiegelNet liege. Geschäftsführer seien Hauke Janssen, Leiter Dokumentation im Spiegel Verlag, und Wissen-Media-Geschäftsführer Christoph Hünermann. Die Inhalte würden von einer zunächst achtköpfigen Redaktion aufbereitet, die Werbevermarktung solle die SpiegelNet-Tochter Quality Channel übernehmen.

Nach jahrelanger Fehde haben sich der Börsenverein und der Subito-Lieferdienst der Bibliotheken auf einen Rahmenvertrag geeinigt. Demnach können Verlage mit Subito individuelle Lizenzvereinbarungen abschließen, in denen die Versandgebühr für Artikel festgelegt wird; für die Belieferung von Studenten gilt eine einheitliche Gebühr von 3,50 Euro pro Artikel.

Im Interview kündigt Rowohlt-Marketingchef Lutz Kettmann zum 100-jährigen Bestehen des Verlags die größte Jubiläumskampagne eines Buchverlags an. Statt Titel aus der Backlist in neuem Gewand anzubieten, will der Verlag ein besonders starkes Programm komponieren und dieses opulent bewerben (u.a. acht Monate lang in den ICE-Bahnhöfen aller Großstädte).

Weiteres Thema: Amazon darf in Frankreich Bücher nicht mehr versandkostenfrei anbieten - der Buchhändlerverband hatte mit Verweis auf das so genannte "Loi Lang" gegen den Onlinehändler geklagt. Hier das Inhaltsverzeichnis und hier die Bestsellerlisten.