Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
20.10.2003. Diese Woche lesen Sie: Wie die Debatte um die Preisbindung und den Bertelsmann-Club eskaliert. Welcher Buchhändler klagt. Und warum sich "Parry Hotters" in chinesischen Supermärkten stapeln. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Volker Neumann kann aufatmen. Und mit ihm anscheinend die ganze Branche. Der erfreuliche Verlauf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse sei ein deutliches Zeichen für den wieder erwachten Optimismus, sagte der Buchmesse-Direktor in der Abschlusspressekonferenz. Mehr Aussteller (insgesamt 6638), mehr Veranstaltungen und 8,7 Prozent mehr Besucher als im Vorjahr sprechen für sich. Auch Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann blickt zuversichtlich nach vorn: "Die positive Stimmung, das große Interesse von Medien und Lesern an den Neuerscheinungen in diesem Herbst, werden den Buchhandel positiv beeinflussen."

Wie sind die auf der Buchmesse neu eingerichteten Foren angekommen? Zehn Foren gab's - vom Spiegel Bildungsforum über Forum Film & TV bis Trendforum. Unterm Strich bekamen die neuen Veranstaltungsorte gute Noten, "vor allem an den Publikumstagen sprengte der Andrang oft den kleinen Rahmen". Das ergab eine Umfrage des Börsenblatts. Weitere Ergebnisse: Der Ansatz sei lobenswert - an Programmprofil, Platzierung und Atmosphäre solle man im nächsten Jahr nachbessern.

Nach China, wo die Buchbranche zunehmend privatwirtschaftlich organisiert wird, schaut das Börsenblatt auf den Marktseiten. Chinesische Verlage seien heute eher bereit, zu kooperieren und sich unternehmerisch zu engagieren - über das reine Lizenzgeschäft hinaus. Ein immer größeres Problem für die Verlage in China sind das "wenig ausgeprägte Unrechtsbewusstsein bei Urheberrechtsverletzungen". So seien bei der Internationalen Buchmesse in Peking vor ein paar Wochen Ausstellerstücke Seite für Seite "hemmungslos" mit Digitalkameras abfotografiert worden. In großen internationalen Supermarktketten stapelten sich Raubdrucke und Plagiate a la "Parry Hotter".

Meldungen: Emine Sevgi Özdamar hat als 30. Autorin das Stadtschreiberdomizil in Bergen-Enkheim bezogen. Für Bücher in elektronischer Form wird es weiter keinen reduzierten Mehrwertsteuersatz geben.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Die Preisbindungsdebatte mit dem Bertelsmann Club ist eskaliert. Eine Einstweilige Verfügung, die der Börsenverein gegen die Buchgemeinschaft erwirkt hat, "untersagt es Bertelsmann nicht nur, preiswerte Club-Ausgaben zeitgleich mit den Originalverlagsausgaben herauszubringen, sondern stoppt auch die Millionen-Kampagne, mit der der Gütersloher Medienkonzern seinen schwer angeschlagenen Buchclub (...) aus den roten Zahlen bringen will." Was hinter den Kulissen abgeht und, welche Risiken es für die Beteiligten und die ganze Branche gibt, lesen Sie hier.

Aufregung um Random House: Die Financial Times Deutschland hatte gemeldet, die Bertelsmann-Tochter wolle der lahmenden Nachfrage von Büchern mit Preissenkungen begegnen. Darüber hinaus, so kündigte die FTD an, beabsichtige Random House, die Leistungen der Händler stärker zu berücksichtigen. Kleinsortimenter und Verlegerkonkurrenz reagierten not amused. Auf Nachfrage des Buchreports bemühte sich Random House-Geschäftsführerin Claudia Reitter, den FTD-Artikel in ein anderes Licht zu rücken: Eine flächendeckende Preissenkung sei nicht geplant. "Vielmehr haben wir eine systematische Pricing-Analyse vorgenommen, aus der wir Schlussfolgerungen für eine differenziertere Preispolitik, vor allem bei Taschenbüchern, ziehen werden." Bei den Konditionen dürfe die Größe einer Buchhandlung nicht allein eine Rolle spielen.

Buchhändler Gerald Unger ist in der Diskussion um Verlagsrabatte der Geduldsfaden gerissen. Er hat im Alleingang eine Musterklage mit dem Ziel, höhere Rabatte für das Kleinsortiment herauszuholen, gegen den Klett Verlag angestrengt. Beim Börsenverein hält sich die Begeisterung in Grenzen. Sowohl die Rechtsabteilung als auch der Sortimenterausschuss seien von der Aktion überrascht worden, erklärt der Buchreport. Der Sortimenterausschuss-Vorsitzende Rudolph Braun-Elwert glaubt nicht, dass das Urteil zu einer allgemeingültigen Aussage kommen wird. "Schade, dass die Klage so schlecht vorbereitet wurde", findet auch Manfred Queißer vom Landesverband Saar. Den ganzen Artikel finden Sie hier.

Michel Friedman hat einen neuen Job. Auf der Buchmesse wurde bekannt, dass der Rechtsanwalt und frühere Fernsehmoderator in die Verlagsbranche geht. Als Herausgeber für das politische Sachbuchprogramm soll er beim Aufbau-Verlag sechs Titel pro Jahr betreuen - darunter zwei eigene Interview-Bücher. Kann man Friedman-Talks zwischen zwei Buchdeckel pressen?

Die Neuerung des Buchverkaufs am Messemontag strapazierte die Nerven vieler Verlagsmitarbeiter. "Eine Absprache fehlte, wie auf einem orientalischen Basar war in Frankfurt an manchen Ständen alles reine Verhandlungssache", beschreibt der Buchreport das bunte Durcheinander. Die Besucher hätten häufig mit Unverständnis darauf reagiert, dass - nachdem sie doch schon Eintritt für die Messe zahlen mussten - wegen der Preisbindung immer noch die Ladenpreise galten und hartnäckig zu feilschen versucht. "Die Forderung nach einer zentralen Messebuchhandlung in Anlehnung an die Leipziger Buchmesse wurde (...) wiederholt gestellt."

Russland zieht Bilanz. Rund 4,5 Millionen Euro hat der Buchmessen-Autritt des Gastlandes gekostet. 130.000 Menschen sollen den russischen Pavillon besucht haben, und damit ist Nina Litwinetz vom Organisationskomitee zufrieden: "Das Interesse des Publikums an russischen Büchern sowie den Veranstaltungen war groß." Litwinetz bedauert jedoch, dass die russischen Verleger vorwiegend Rechte von anderen Verlagen gekauft hätten und nicht umgekehrt.

Personalien: Claudia Weinbrenner-Seibt wurde zur geschäftsführenden Gesellschafterin sämtlicher Unternehmen der Firmengruppe Weinbrenner ernannt.

Meldungen: Die Verhandlungen zwischen Verlegern und Übersetzern zur Vereinbarung gemeinsamer Vergütungsrichtlinien sind endgültig gescheitert - jetzt könnte ein Schlichtungsverfahren bevorstehen. Acht Bücher hat Elke Heidenreich in den gut 80 Minuten ihrer ersten drei "Lesen!"-Sendungen (ZDF) in die Bestsellerlisten gebracht. Welche, und welche Titel es sonst noch in die Top 50 geschafft haben, sehen Sie hier.