Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
17.09.2003. Diese Woche lesen Sie: Warum ein Verleger nicht die Hosen runter lassen wollte, welche Bekleidungskette Bücher unter die Leute bringt und wo ein intergalaktisches Tagebuch zum Pop-Up wird. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Die Zuschauer kommen Elke Heidenreichs Aufforderung "Lesen!" nach und kaufen kräftig - ja, viel mehr als erwartet - die in der ZDF-Sendung empfohlenen Bücher. "Die Buchbranche jubelt über diesen TV-Lichtblick", schreibt das Börsenblatt. Der Erfolg der ersten Sendungen habe sogar zur Folge gehabt, dass Buchhändler die "Lesen!"-Redaktion mit der frühzeitigen Anforderung von Bücherlisten unter Druck gesetzt hätten. Der Fernsehrat schaltete sich ein: Empfehlungslisten dürfen nunmehr frühestens sechs Tage vor der Sendung veröffentlicht werden. "Lesen!" heißt es wieder am 7. Oktober und am 9. November.

Dem vor 75 Jahren in München gegründeten Carl Hanser Verlag gratuliert das Börsenblatt zum Firmenjubiläum. Beständigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Verlagsgeschichte: Seit jeher stehe das Unternehmen für die beiden Bereiche "Technisches Fachwissen" und "Schöne Literatur", seit jeher sei der Verlag in Familienbesitz, seit jeher weise er freundliche Übernahmeangebote freundlich zurück. "Legendär ist die Geschichte, als Carl Hanser zur Finanzierung eines Expansionsschritts zur Bank ging und ein Direktor in üblicher Manier und lange vor Basel II Hanser zurief: ,Na, dann lassen Sie mal die Hosen runter'. (...) Dem kultivierten Hanser verschlug es die Sprache (...) und er verließ umgehend den Ort des schmutzigen Geldes." Seitdem seien Banken bei Hanser kein Thema mehr.

Nachdem sich alle immer so sehr über die Frankfurter Hotelpreise zur Buchmesse aufregen, hat Peter J. Leitgeb mal öffentlich klargestellt, dass diese im europäischen Vergleich eher günstig sind. Mit durchschnittlich 129 Euro pro Nacht seien sie nach München (120 Euro) am preiswertesten zu haben, wird der Sprecher der Vereinigung der Fünf-Sterne-Hotels und Direktor des Frankfurter Hofs im Börsenblatt zitiert. "Zudem sind mit Messechef Volker Neumann zahlreiche Verbesserungen für die Buchmesseteilnehmer ausgehandelt worden." Welche, und ob die auch wirklich ziehen, dazu mehr hier.

Neu im Netz ist das Kinderbuchprojekt "Ollos Welt"."Das intergalaktische Tagebuch des zwölfjährigen Ollo verwandelt sich durch Bastelelemente zum Selbermachen nach und nach zu einem Pop-Up", erklärt das Börsenblatt. Eine der Ideengeberinnen, Antje von Stemm von der Firma Die Brillanten Töchter, beschreibt das interaktive Angebot, das sich an Kinder ab 9 Jahren richtet, im Interview als "'Unsere kleine Farm' auf Future". Das dazu gehörige Buch ist im Gerstenberg Verlag erschienen.

Meldungen: Für ein Literaturhaus in der Gutenberg-Stadt Mainz macht sich eine private Initiative stark - erste Gespräche mit potenziellen Partnern und der Stadt sollen schon bald geführt werden. Der Verlag Niggli hat den Zuschlag als neuer Eigentümer des defizitären Schweizer Kulturmagazins "du" erhalten.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Random House will als erster Publikumsverlag in Deutschland ab Herbst 2004 nicht nur Bücher produzieren, sondern sie auch in eigener Regie verkaufen. Voraussetzung ist, dass "die geplanten Tests in diesem Herbst und im kommenden Frühjahr die bisherigen Planungen bestätigen." Verkaufen wolle man nicht an den stationären Buchhandel und nicht in Discountern, sondern in Shops in deutschen Supermärkten, heißt es im Buchreport. "Dafür sollen ein eigenes System und eine eigene Marke entwickelt werden."

Die Pop-Sängerin und zweifache Mutter Madonna hat ihr erstes von fünf geplanten Kinderbüchern veröffentlicht, "Die englischen Rosen" (in Deutschland erschienen bei Hanser). Am Erstverkaufstag, 15. September, sollten weltweit mehr als eine Million Bücher im Handel sein. Über das Autorinnenhonorar sei nichts bekannt geworden. "Mit (Andrew) Wylie als Agenten, der für seine exorbitanten Honorarforderungen bekannt ist, ist eine hohe siebenstellige Summe wahrscheinlich", mutmaßt der Buchreport. Auf Madonnas Wunsch werde ihr Erstling auch über eine buchuntypische Schiene abfließen: in 500 Filialen von Gap Kids. Na, raten Sie mal, für welches Bekleidungsunternehmen Madonna derzeit parallel Werbung macht.

Der größte Musikkonzern der Welt, Universal, will die Preise für CDs und Kassetten um 30 Prozent senken - in den USA. Das Medienunternehmen reagiere auf eine bevorstehende Entwicklung, die den Verkauf von Musik und Filmen auf konventionellen Datenträgern stark zugunsten von Downloadservices zurückgehen lasse, so der Buchreport. Auch die deutsche Musikbranche hat bemerkt, dass die Umsätze für CDs noch mehr zurückgehen werden - und erhöht die Preise.

Buchmessen-Splitter: Die über 60 Prozent Gesellschafteranteile der Frankfurter Messegesellschaft verfügende Stadt Frankfurt will den zur Disposition stehenden 40 Prozent-Anteil des Landes Hessen übernehmen - in der Hoffnung, Frankfurt langfristig vor dem Verlust attraktiver Messen bewahren zu können. Eine Buchmesseführung mit dem Zweck angehenden Autoren eine Orientierungshilfe zu geben, bieten das Literatur- und Pressebüro Pauw & Politycki und Die Welt diesmal an. Mit dem parallel zur Buchmesse veranstalteten Festival "Leseland Hessen" zieht die Frankfurter Buchmesse (in Kooperation mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst) mit der Leipziger Messe und "Leipzig liest" gleich - allerdings mit einem deutlich abgespeckteren Programm.

Personalien: Mit dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik 2003 wurden Hans-Olaf Henkel und Günter Ederer ausgezeichnet. Dr. Jürgen Wieczorek, zuletzt Geschäftsführer der Verlage Urban & Fischer und des Spektrum Akademischer Verlag, ist jetzt bei der Thieme Verlagsgruppe für "ausgewählte strategische Projekte" zuständig.

Meldungen: Die Dresdner Buchhandelskette Buch & Kunst übernimmt die insolvente Franz Mehring-Buchhandlung in Leipzig, einst die größte Buchhandlung der DDR. Im laufenden Jahr sind, laut einer von ARD und ZDF in Auftrag gegebenen Studie, erstmals mehr Erwachsene online als offline. SciFi, ein neuer Science Fiction-Fernsehsender, ist in Deutschland und Österreich über Premiere zu empfangen. Zum Schluss: die Bestsellerlisten.